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Wirtschaftsrecht
25.03.2008
Wirtschaftsrecht
: Anfechtbarkeit der Entlastung der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats bei fehlender Abgabe der Entsprechenserklärung nach § 161 AktG

LG München I, Urteil vom 31.1.2008 - 5 HK O 15082/07

Leitsätze:

1. Unterlassen der Vorstand und der Aufsichtsrat einer börsennotierten Gesellschaft die Veröffentlichung einer Entsprechenserklärung nach

§ 161 AktG

, so können die Beschlüsse über die Entlastung dieser Organe deshalb angefochten werden.
2. Die Vorschrift des

§ 314 Abs. 2 Satz 3 AktG

 verlangt die wörtliche Wiedergabe des Bestätigungsvermerks im Bericht des Aufsichtsrats; wird hiergegen verstoßen, so rechtfertigt dies die Anfechtung des Entlastungsbeschlusses.
3. Der Vertragsbericht des Vorstands nach

§ 293a Abs. 1 AktG

 muss hinreichend klare Angaben über die Bonität der herrschenden und zahlungspflichtigen Gesellschaft enthalten.
4. Ein in englischer Sprache erstellter Jahresabschluss muss den Aktionären gem.

§ 293f AktG

 in deutscher Übersetzung zur Verfügung gestellt werden.

§ 161 AktG

,

§ 293a Abs 1 AktG

,

§ 293f AktG

,

§ 314 Abs 2 S 3 AktG


sachverhaLT:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit mehrerer Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten.

I. 1. Die Beklagte, eine börsennotierte Aktiengesellschaft aus dem Bereich der B...nologie mit einem Grundkapital von € 12.884.630,--, eingeteilt in eine gleiche Anzahl von Stückaktien, die unter anderem am geregelten Markt der Wertpapierbörse in Frankfurt am Main gehandelt werden, veröffentlichte am 8.6.2007 im elektronischen Bundesanzeiger die Ladung zu ihrer Hauptversammlung am 17.7.2007. Zu dem zu Tagesordnungspunkt 6 zu fassenden Beschluss bzgl. der Ausgabe von Wandelschuld- und/oder Optionsschuldverschreibungen erstattete der Vorstand der Beklagten folgenden Bericht, der der Bekanntmachung der Einladung zur Hauptversammlung beigefügt war:

„Der Vorstand hat den nachfolgenden Bericht an die Hauptversammlung zu Tagesordnungspunkt 7 gemäß

§§ 221 Abs. 4 i.V.m. 186 Abs. 4 Satz 2 AktG

 über die Gründe für die Ermächtigung des Vorstands, das Bezugsrecht der Aktionäre bei Ausnutzung der Ermächtigung auszuschließen, erstattet.

Der Bericht liegt vom Tage der Einberufung der Hauptversammlung an in den Geschäftsräumen der Gesellschaft zur Einsichtnahme durch die Aktionäre aus. Er wird auch während der Hauptversammlung zur Einsichtnahme durch die Aktionäre ausliegen. Auf Verlangen wird der Bericht jedem Aktionär unverzüglich kostenlos übersandt. Der Bericht hat folgenden Inhalt:

Durch Ausgabe von Wandel- und/oder Optionsschuldverschreibungen kann die Gesellschaft je nach aktueller Marktlage attraktive Finanzierungsmöglichkeiten nutzen und sich potenzielles Eigenkapital durch Ausgabe von Schuldverschreibungen verschaffen. Eine angemessene Ausstattung mit Eigenkapital ist eine wesentliche Grundlage für die Entwicklung der Gesellschaft.

Den Aktionären soll grundsätzlich ein Bezugsrecht an den Wandlungs- und Optionsschuldverschreibungen zustehen. Um die Abwicklung zu erleichtern, soll der Gesellschaft die Möglichkeit eröffnet werden, die Schuldverschreibungen an ein Kreditinstitut oder einem nach § 53 Abs. 1 Satz 1 oder

§ 53b Abs. 2 Satz 1 oder Abs. 7 KWG

 tätigen Unternehmen oder einem Konsortium solcher Kreditinstitute oder Unternehmen mit der Verpflichtung auszugeben, den Aktionären diese entsprechend ihrem Bezugsrecht anzubieten (mittelbares Bezugsrecht).

Das Bezugsrecht kann jedoch mit Zustimmung des Aufsichtsrats für Spitzenbeträge ausgeschlossen werden. Dies ermöglicht die Ausnutzung der erbetenen Ermächtigung durch runde Beträge und erleichtert die Abwicklung der Kapitalmaßnahme.

Der mögliche weitere Ausschluss des Bezugsrechts zugunsten der Inhaber von Wandlungs- oder Optionsrechten oder von mit Wandlungspflichten ausgestatteten Wandelschuldverschreibungen aus einer Ausnutzung dieser Ermächtigung hat den Vorteil, dass im Falle einer Ausnutzung der Ermächtigung der Wandlungs- oder Optionspreis bereits bestehender oder zukünftiger Wandlungs- oder Optionsrechte bzw. von mit Wandlungs- oder Optionspflichten ausgestatteten Wandelschuldverschreibungen nicht ermäßigt zu werden braucht. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass in der Kapitalmarktpraxis der Verwässerungsschutz der Inhaber der von der Gesellschaft ausgegebenen Options- und Wandelschuldverschreibungen durch die Einräumung eines Bezugsrechts auf die neuen Wandel- oder Optionsschuldverschreibungen gewährt werden kann anstatt einer Anpassung der Wandel- oder Optionsbedingungen. Um nicht von vornherein auf die letztere Alternative (Zahlung eines Ausgleichsbetrags in bar, Herbsetzung eines etwaigen Zuzahlungsbetrags bzw. Anpassung des Umtauschverhältnisses) beschränkt zu sein, soll der Vorstand ermächtigt werden, das Bezugsrecht der Aktionäre mit Zustimmung des Aufsichtsrats insoweit auszuschließen, als es notwendig ist, um Inhabern von bereits ausgegebenen oder noch auszugebenden Wandlungs- oder Optionsrechten bzw. von mit Wandlungs- oder Optionspflichten ausgestatteten Wandelschuldverschreibungen ein Bezugsrecht in dem Umfang einzuräumen, wie es ihnen nach Ausübung der Wandlungs- oder Optionsrechte bzw. nach Erfüllung der Wandlungs- oder Optionspflichten als Aktionär zustehen würde.

Beide Fälle des möglichen Bezugsrechtsausschluss liegen daher im Interesse der Gesellschaft und der Aktionäre. Der Ausgabebetrag für die neuen Aktien muss jeweils 100 % des zeitnah zur Ausgabe der Anleihen ermittelten Börsenkurses oder im Fall des Delistings des durch einen Sachverständigen ermittelten anteiligen Unternehmenswerts entsprechen."

Die Beklagte schloss mit der im Jahr 2006 gegründeten E. G. B.V. am 5.6.2002 einen Beherrschungsvertrag, dessen Inhalt mit der Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger ebenfalls veröffentlicht wurde. Dieser Beherrschungsvertrag sah in § 4.1 eine Ausgleichszahlung von € 0,14 je Stückaktie und in § 5.1 eine Barabfindung in Höhe von € 1,89 je Stückaktie der Beklagten vor. Mit Beschluss des Landgerichts München I vom 22.5.2007 hatte dieses Gericht die A. R. GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, H. gemäß

§ 293 c AktG

 zur Vertragsprüferin des Unternehmensvertrages bestimmt. Der Ausgleichsvertrag wurde entsprechend einer Ergänzung vom 17.7.2007 auf € 0,16 je Stückaktie erhöht. Unter dem 17.7.2007 erklärte Frau Wirtschaftsprüferin T. von der A. R. GmbH, dass die Barabfindung in Höhe von € 1,89 sowie die garantierte jährliche Ausgleichszahlung in Höhe von € 0,16 je Aktie/Wandelanleihe angemessen seien. Der Vertragsbericht des Vorstandes (Anlage K 4 im hinzuverbundenen Verfahren 5HK O 15286/07) enthielt zur E. G. B.V. folgenden Aussagen:

„2. Wirtschaftliche Situation der M., insbesondere Grundkapital, Aktionärsstruktur, Umsatz- und Wettbewerb

2.1 ... Als Mehrheitsaktionärin hält die E. mit Sitz in B./Niederlande, eingetragen im Handelsrichter der Kamer von Koophandel von West-B. unter der Dossiernummer ..., derzeit (Stand Ende Mai 2007) 11.186.688 Stückaktien. Dies entspricht 86,82 % des Grundkapitals der M.....

3. Gründe für den Abschluss des Vertrages

Der Vorstand der M. beabsichtigt durch den Abschluss des Vertrages eine engere Anbindung der M. an die E., bei der es sich um die im Markt etablierte und strategisch gut ausgerichtete Hauptanteilseignerin handelt. Die durch den Vertrag mögliche Verbindung der Geschäftsaktivitäten von M. und E. schaffte einen Unternehmensverbund, der in Bezug auf Zahl der Kunden Marktpräsenz sowie Qualität und Breite des Dienstleistungsspektrums eine bedeutende Position im Wettbewerb einnimmt.

Der Vorstand sieht in dem Abschluss des Beherrschungsvertrages auch insoweit einen Vorteil, als hierdurch klare finanzielle und operative Voraussetzungen geschaffen werde, um die M. abzusichern und um in Zukunft die Zusammenarbeit mit der E. Gruppe vertiefen zu können. ..."

Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des Vertragsberichtes des Vorstandes der Beklagten wird in vollem Umfang auf Anlage K 4 im hinzuverbundenen Verfahren 5HK O 15286/07 Bezug genommen.

E. G. B.V. hatte keinen Vertragsbericht erstattet.

Im Zusammenhang mit dem zu Tagesordnungspunkt 8 vorgeschlagenen Beschluss über das Delisting unterbreitete E. G. B.V. den Aktionären der Beklagten ein Abfindungsangebot zum Erwerb der von diesen gehaltenen Aktien der Beklagten wegen des geplanten Widerrufs der Börsenzulassung der Aktien der Beklagten zum Handel im geregelten Markt an der Frankfurter Wertpapierbörse zum Preis von € 1,89 je Aktien. Dieses Angebot wurde in der Bekanntmachung der Tagesordnung näher erläutert; unter der Überschrift „4. Beschreibung der Mehrheitsaktionärin und M." enthielt das Angebot folgende Ausführungen:

„4.1 Beschreibung der Mehrheitsaktionärin

Die Mehrheitsaktionärin E. mit Sitz in B./Niederlande ist ein international operierendes Unternehmen, dessen Hauptaktivitäten darin bestehen, Anteile an anderen Unternehmen zu kaufen und zu veräußern.

Die E. wurde im Sommer 2006 gegründet und ist eine 100%ige Tochter der E. V. B.V., ansässig in B. (Niederlande), welche wiederum zu 100 % dem in Paris und Frankfurt gelisteten Unternehmens E. S. S.A. mit Hauptsitz N. (Frankreich) gehört.

Der Vorstand erstattete einen Bericht zu dem Kaufangebot, der in der Bekanntmachung der Einladung zur Hauptversammlung enthalten war. Darin wurde folgendes ausgeführt:

„Die Aktien der Gesellschaft werden zurzeit am geregelten Markt (General Standard) der Frankfurter Wertpapierbörse gehandelt.

Der Vorstand befürwortet - nach eingehender Erörterung und in enger Abstimmung mit dem Aufsichtsrat der Gesellschaft sowie der Mehrheitsgesellschafterin E. G. B.V. - den Widerruf der bestehenden Zulassung der Aktien durch die Frankfurter Wertpapierbörse, um den Börsenhandel mit Aktien im geregelten Markt vollständig zu beenden.

Der Grund für den beabsichtigten Rückzug von der Börse liegt in erster Linie im erheblichem Kosten- und Zeitaufwand, der mit einer solchen Börsennotierung verbunden ist. Die kapitalmarktrechtlichen Berichts- und Mitteilungspflichten für börsennotierte Gesellschaften sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich erweitert worden, zuletzt im Januar 2007 durch Inkrafttreten des Gesetzes über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) und das Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (TUG). Da die Mehrheitsgesellschafterin E. G. B.V. zur Zeit bereits 86,82 % der Aktien der Gesellschaft hält, steht der mit der Börsennotierung verbundene Aufwand außer Verhältnis zum wirtschaftlichen Nutzen aus der Aufrechterhaltung einer Börsennotierung für die Gesellschaft.

Hinzu kommt, dass das durchschnittliche Handelsvolumen mit den Aktien der Gesellschaft in den vergangenen 12 Monaten nicht sehr hoch war. Eine geringe Liquidität im Handel mit Aktien birgt die Gefahr von - durch den tatsächlichen Geschäftsverlauf nicht begründeten - Kursschwankungen selbst bei nur kleineren Kauf- oder Verkaufsaufträgen sowie von Kursmanipulationen, die der Wahrnehmung der Gesellschaft in der Öffentlichkeit schaden könnten.

Im Zusammenhang mit dem vorgeschlagenen Antrag auf Widerruf der Zulassung der Aktien der Gesellschaft zum Handel im geregelten Markt an der Frankfurter Wertpapierbörse unterbreitet die Mehrheitsaktionärin E. G. B.V. allen übrigen Aktionären ein Angebot auf Erwerb ihrer Aktien (das „ Abfindungsangebot "). Das ausführliche Abfindungsangebot ist dieser Hauptversammlungseinladung als Anlage beigefügt. Es steht unter der in Ziff. 7.1 dieses Angebots aufgeführten aufschiebenden Bedingung. Das Abfindungsangebot sieht einen Kaufpreis von EUR 1,89 je Aktie vor (die „ Barabfindung "). Vorstand und Aufsichtsrat der Gesellschaft halten diese Barabfindung für angemessen. Nach den Grundsätzen des Macroton-Urteils des Bundesgerichtshofs (vom 25. November 2002, Az.:

II ZR 133/01

) muss die Barabfindung dem vollen Wert des Aktieneigentums entsprechen. Dieses Kriterium wird durch die von der E. G. B.V. angebotene Abfindung erfüllt. Der Betrag überschreitet den durchschnittlichen gewichteten Börsenkurs für den Zeitraum von drei Monaten vor der Veröffentlichung der ad hoc-Mitteilung über den beabsichtigten Widerruf der Zulassung vom 16. Mai 2007. Dieser Betrag liegt ebenfalls über dem anteiligen Unternehmenswert je Aktie, der zwischen EUR 1,650 und EUR 1,818 liegt.

Zudem unterbreitet die Mehrheitsaktionärin E. G. B.V. den Inhabern bereits ausgegebener, noch nicht gewandelter Teilschuldverschreibungen (ISIN DE... sowie ISIN DE...) ein Angebot zum Erwerb ihrer Teilschuldverschreibungen („ Kaufangebot "). Auch das ausführliche Kaufangebot ist dieser Hauptversammlungseinladung als Anlage beigefügt. Es steht unter der in Ziff. 7.1 dieses Angebots aufgeführten aufschiebenden Bedingung. Das Kaufangebot beläuft sich auf einen Kaufpreis von EUR 1,89 je Teilschuldverschreibung.

Zur Ermittlung des anteiligen Unternehmenswertes hat der Vorstand eine Bewertung der börsennotierten Aktien per Bewertungsstichtag 30. Juni 2007 entsprechend den im Bewertungsstandard IDW S1 niedergelegten Grundsätzen durch die M. M. GmbH, H. erstellen lassen. Das zur Ermittlung des anteiligen Unternehmenswertes erstellte Bewertungsgutachten der M. M. GmbH steht jedem Aktionär der Gesellschaft auf Wunsch unentgeltlich und unverzüglich zur Verfügung. Es kommt - bezogen auf den Bewertungsstichtag 30. Juni 2007 - zu einem Ertragswert in einer Bandbreite von TEUR 22.113 und TEUR 24.371. Daraus ergibt sich ein der M. M. GmbH errechneter anteiliger Unternehmenswert zwischen EUR 1,650 und EUR 1,818 je Aktie.

Zu näheren Einzelheiten, insbesondere zu den Voraussetzungen der Annahme des Abfindungs- und des Kaufangebots und zu dessen Abwicklung, wird auf die in der Anlage beiliegenden Angebote verwiesen.

Zum weiteren Ablauf des Delisting-Verfahrens gibt der Vorstand folgende zusammenfassende Hinweise:

Sollte die Hauptversammlung die Ermächtigung des Vorstands, den Widerruf der Zulassung der Aktien der Gesellschaft zum Handel im geregelten Markt bei der Frankfurter Wertpapierbörse zu beantragen, mit der erforderlichen Mehrheit beschließen, wird der Vorstand der Gesellschaft bei Vorliegen der Voraussetzungen den entsprechenden Antrag auf Widerruf der Zulassung der Aktien gemäß

§§ 38

Abs. 4,

53 Abs. 2 BörsG

 und §§ 58, 73 BörsO der Frankfurter Wertpapierbörse bei der Börse stellen.

Die Frankfurter Wertpapierbörse wird diesen Antrag prüfen und die Zulassung sodann widerrufen, wenn der Schutz der Anleger einem solchen Widerruf nicht entgegensteht. Nach § 58 Abs. 1 BörsO der Frankfurter Wertpapierbörse steht zum Schutz der Anleger einem Widerruf der Zulassung in der Regel dann nicht entgegen, wenn das betreffende Wertpapier nach dem Wirksamwerden des Widerrufs weder an einer anderen inländischen Börse noch an einem ausländisch organisierten Markt zugelassen ist und gehandelt wird, aber nach der Bekanntgabe der Widerrufsentscheidung den Anlegern ausreichend Zeit verbleibt, die vom Widerruf betroffenen Wertpapiere über die Börse zu veräußern. Nach § 58 Abs. 2 Satz 3 BörsO der Frankfurter Wertpapierbörse wird der Widerruf in einem solchen Fall sechs Monate nach dessen Veröffentlichung wirksam. Die Zulassungsstelle kann diese Frist nach § 58 Abs. 3 BörsO der Frankfurter Wertpapierbörse auf Antrag des Emittenten aber auch verkürzen, wenn dies dem Interesse der Anleger nicht zuwiderläuft.

Der Widerruf wird nach § 58 Abs. 5 BörsO der Frankfurter Wertpapierbörse unverzüglich auf Kosten der Gesellschaft durch die Zulassungsstelle in mindestens einem überregionalen Börsenpflichtblatt veröffentlicht.

Über die jeweils bei Durchführung der Angebote notwendigen Schritte wird in einem überregionalen Börsenpflichtblatt, im elektronischen Bundesanzeiger, über ihre Depotbanken und auf der Internetseite der Gesellschaft informiert. Für die Einzelheiten der Durchführung der Angebote wird auf die als Anlage beigefügten Angebote verwiesen.

Falls die Hauptversammlung beschließt, den Vorstand zur Beantragung des Widerrufs der Zulassung der Aktien der Gesellschaft zum geregelten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse zu ermächtigen, wird der Vorstand auf der nächsten ordentlichen Hauptversammlung über den Stand des Vorhabens berichten.

Zu weiteren Einzelheiten des Widerrufsantrags und der Angebote wird der Vorstand in der Hauptversammlung vortragen."

Die Beklagte legte den Jahresabschluss der E. G. B.V. ab dem Zeitpunkt der Einberufung zur Hauptversammlung in ihren Geschäftsräumen in englischer Sprache aus. Ebenso erhielten die Aktionäre auf Wunsch den Jahresabschluss in englischer Sprache zugesandt. Dieser Abschluss in englischer Sprache lag auch während der Hauptversammlung aus; erst während des weiteren Verlaufs der Hauptversammlung wurde den teilnehmenden Aktionären eine deutsche Übersetzung verfügbar gemacht.

2. Der Vorstand und der Aufsichtsrat der Beklagten veröffentlichten keine eigenständige Erklärung zum Corporate Governance Kodex. Der Geschäftsbericht der Beklagten für das Jahr 2006 (Anlage K 5 im hinzuverbundenen Verfahren 5HK O 15525/07) enthielt auf Seite 41 folgende Aussage:

„Die nach

§ 161 AktG

 vorgeschriebene Erklärung wurde nicht abgegeben".

Der Jahresabschlussprüfer gab in seinem Bestätigungsvermerk vom 23.2.2007 folgende Einschränkung ab:

„Entgegen

§ 161 AktG

 wurde bis zur Erteilung des Bestätigungsvermerks keine Entsprechenserklärung abgegeben. Daher fehlt die vorgesehene Angabe im Anhang nach § 285 Nr. 16 HGB."

Der Vorstand der Beklagten gab im Geschäftsbericht 2006 auf dessen Seite 10 folgende Erklärung ab (Anlage K 5 im hinzuverbundenen Verfahren 5HK O 15525/07):

SONSTIGES:

        

„Der Vorstand der M. B. AG hat dem Aufsichtsrat nach

§ 312 Absatz 1 Aktiengesetz

 einen Abhängigkeitsbericht vorgelegt. Er schließt mit der Erklärung ab, dass die Gesellschaft und ihre Beteiligungsgesellschaften nach den Umständen, die in den Zeitpunkt bekannt waren, zu dem die Rechtsgeschäfte vorgenommen wurden, für alle Rechtsgeschäfte insgesamt eine angemessenen Gelegenleistung erhalten haben und das keine Maßnahmen getroffen oder unterlassen wurden, die die Gesellschaft benachteiligt hätten."

Der Aufsichtsrat erstattete im Geschäftsbericht für das Jahr 2006 seinen Bericht, in dem im Wesentlichen Folgendes ausgeführt wurde:

 „Sehr geehrte Aktionäre,

Das Geschäftsjahr 2006 hat sich die M. B. AG weiter auf ihr Kerngeschäft, die Produktion und den Vertrieb synthetischer Oligonukleotide fokussiert. Die Restrukturierung des Unternehmens wurde damit einen weiteren Schritt vorangebracht.

Sitzungen und Ausschüsse

Der Aufsichtsrat wurde im Berichtsjahr in schriftlicher und mündlicher Form über die wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung der Gesellschaft, über wichtige Geschäftsereignisse und über Strategie und Planung des Unternehmens unterrichtet. Das Gremium stand dem Vorstand bei der Leitung des Unternehmens regelmäßig beratend zur Seite und nahm seine Kontrollfunktion wahr. Der gegenwärtig bestehende Aufsichtsrat hat fünf Mal in Form von Präsenzsitzungen oder Telefonkonferenzen getagt, um sich zu beraten und die notwendigen Beschlüsse zu fassen.

Jahresabschluss festgestellt

Der Konzernabschluss der Muttergesellschaft wurde entsprechend der EU-Richtlinie nach dem International Financial Reporting Standards (IFRS) des International Accounting Standards Board (IASB) aufgestellt und von M. M. GmbH geprüft. Er wurde uns gemeinsam mit dem Lagebericht vom Vorstand vorgelegt. Der Abschluss der Muttergesellschaft, also der M. B. AG, wurde auf Grundlage der handelsrechtlichen Vorschriften (HGB) erstellt und ebenfalls von M. M. GmbH geprüft. Den Abschlüssen der M. B. AG wurde von den in der Hauptversammlung gewählten Abschlussprüfern ein eingeschränkter Bestätigungsvermerk erteilt. Die Einschränkung betrifft die Nichtabgabe der Entsprechenserklärung zum Corporate Governance Codex (

§ 161 Aktiengesetz

). Über die Prüfung hat der Abschlussprüfer dem Aufsichtsrat in der Sitzung vom 26. Februar 2007 berichtet und der Aufsichtsrat hat den ihm vorgelegten Jahresabschluss und Konzernabschluss mit dem jeweiligen Ergebnis der Prüfung gebilligt. Der Jahresabschluss und Konzernabschluss sind damit festgestellt.
Dem vom Vorstand aufgestellten und vom Abschlussprüfer geprüften Bericht über die Beziehungen zu verbundenen Unternehmen gemäß

§ 312 Aktiengesetz

 wurde vom Abschlussprüfer der uneingeschränkte Bestätigungsvermerk erteilt, wonach die tatsächlichen Angaben des Berichts richtig sind, bei den im Bericht aufgeführten Rechtsgeschäften die Leistung der Gesellschaft nicht unangemessen hoch war oder eventuelle Nachteile ausgeglichen worden sind, bei den im Bericht aufgeführten Maßnahmen keine Umstände für eine wesentlich andere Beurteilung als die durch den Vorstand sprechen. Wir haben den Bericht auch selbst geprüft. Wir erheben nach dem abschließenden Ergebnis unserer Prüfung keine Einwendungen gegen die Schlusserklärung des Vorstandes und stimmen dem Ergebnis der Prüfung durch die Abschlussprüfer zu. ..."

3. Am 17.7.2007 fand die Hauptversammlung der Beklagten ab 9.00 Uhr statt. Die Parkplätze auf dem zum Versammlungsort gehörenden Gelände waren für die Mehrheitsaktionärin gesperrt. Gleichwohl parkte der Kläger zu 3) seinen Pkw auf einem dieser Parkplätze. Während der Hauptversammlung wurde er aufgefordert, sein Fahrzeug umzustellen, was er auch tat und den Wagen auf einem benachbarten Parkplatz von „..." parkte; die Hauptversammlung wurde während dieses Zeitraums trotz eines entsprechenden Antrages des Kläger zu 3) nicht unterbrochen.

Nach der wegen der Mittagspause unterbrochenen Hauptversammlung war von der Verwaltung der Beklagten um 14.00 Uhr niemand anwesend, insbesondere auch nicht der Versammlungsleiter. Daraufhin wurde der bisherige Versammlungsleiter von den anwesenden Aktionären auf deren Antrag hin abgewählt und Herr Na. zum Versammlungsleiter bestimmt. Als dieser mit der Leitung der Versammlung beginnen wollte, betrat die Verwaltung der Beklagten den Saal und forderte Herrn Na. auf, wieder Platz zu nehmen. Der bisherige Versammlungsleiter übernahm die weitere Leitung der Hauptversammlung. Während der Hauptversammlung stellten Aktionäre eine Vielzahl von Fragen, die sich insbesondere auf die Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes mit den Einzelpunkten Basiszinssatz, Beta-Faktor, Peer Group bezogen. Weiterhin gab es Fragen nach Unternehmensplanungen, dem Ausschüttungsverhalten sowie dem maßgeblichen Börsenkurs. Der Vertreter des Klägers zu 2) frage auch danach, warum zwar der Ausgleich um mehr als 12 %, nicht aber die Barabfindung aus dem Unternehmensvertrag und der Angebotsvertrag anlässlich des Delisting erhöht worden seien. Hinsichtlich der gestellten Fragen und den gegebenen Antworten im Einzelnen wird Bezug genommen auf die Anlagen 7 bis 11 zur notariellen Niederschrift sowie die notarielle Niederschrift selbst (Anlage B1).

Die Abstimmung bezüglich der Entlastung des Aufsichtsrates erfolgte einzeln. Dabei wurde nur dem Mitglied des Aufsichtsrates ... P. Entlastung erteilt, während den Aufsichtsratsmitgliedern Dr. ... W...-... und Dr. G. M. keine Entlastung erteilt wurde. Hinsichtlich der anderen Beschlussvorschläge der Verwaltung fasste die Hauptversammlung der Beklagten jeweils mit Mehrheiten von ca. 95,9 % zustimmende Beschlüsse.

Die auf der Hauptversammlung anwesenden Kläger erklärten Widerspruch zur Niederschrift des beurkundenden Notars Dr. F. M..

II. Zur Begründung ihrer Klagen machen die Klägerin im Wesentlichen geltend, der zu Tagesordnungspunkt 7 gefasste Beschluss bezüglich der Zustimmung zum Beherrschungsvertrag mit E. G. B.V. könne angefochten werden, weil der Vertragsbericht des Vorstandes nicht ausreichend zur finanziellen Situation des herrschenden Unternehmens Stellung nehme. Auch fehle ein Hinweis auf konkrete Angaben über das Tätigkeitsfeld, den Marktanteil, wesentliche Beteiligungen und die Gesellschaftsstruktur dieser Gesellschaft. Der Vertragsbericht erläutere auch nicht das fristlose Sonderkündigungsrecht und den Umstand, dass durch den Wegfall der Ausgleichszahlungspflicht nach Kündigung des Vertrages die Aktionäre möglicherweise keine Dividende erhalten würden. Der Vertragsbericht beschränke sich gesetzwidrig auf die Erläuterung der Anwendung der Ertragswertmethode, das Benutzen von Planzahlen und die Maßgeblichkeit des Börsenkurses; dies bedeute keine nachvollziehbare Ermittlung von Ausgleich und Abfindung. Die Anfechtbarkeit resultierte zudem aus dem Fehlen eines eigenen Vertragsberichts der E. G. B.V.. Schließlich hätte angesichts der Abhängigkeit der E. G. B.V. von der E. S. S.A. eine Abfindung in Form von Aktien der E. S. S.A. angeboten werden müssen;

§ 305 Abs. 2 Nr. 1 AktG

 müsse zumindest analog angewandt werden. Ebenso hätte der Jahresabschluss der E. G. B.V. nicht nur in englischer Sprache ausgelegt und auf Anforderung versandt worden dürfen, nachdem es sich hier um Pflichten einer deutschen Aktiengesellschaft handelte. Auch habe das Stimmrecht von E. G. B.V., E. V. B.V. und E. S. S.A. wegen der nicht erfolgten Abgabe von Meldungen gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und der Beklagten geruht. Der Vorstand habe zudem die gestellten Fragen namentlich des Klägers zu 10) sowie von Herrn Ne. nicht beantwortet; auf ein Verweigerungsrecht nach

§ 131 Abs. 3 AktG

 könne er sich nicht berufen.

Letztlich aus den selben Gründen könne auch der Beschluss betreffend des Delisting angefochten werden; es fehle vor allem an der erforderlichen Information der Aktionäre über E. G. B.V. als zahlungspflichtige Gesellschaft. Die gestellten und nicht beantworteten Fragen seien auch zur Beurteilung dieses Tagesordnungspunktes von Bedeutung gewesen.

Zur Begründung der Anfechtbarkeit des zu Tagesordnungspunkt 6 gefassten Beschlusses machen die Kläger zu 1) und zu 6) im Wesentlichen geltend, der Bericht des Vorstandes zum Ausschluss des Bezugsrechts bei der Schaffung von Options- und/oder Wandelschuldverschreibungen genügen nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil er jeden Bezug zur Beklagten vermissen lasse. Es fehle namentlich eine Konkretisierung der Gründe für den Ausschluss des Bezugsrechts und der Begründung zur Bestimmung des Ausgabepreises. Der Bericht beschreibe auch nicht etwaige Alternativen oder die Nachteile für die Aktionäre.

Die von den Klägern zu 2), zu 5) sowie zu 10) erhobene Klage gegen den Beschluss über die Entlastung des Vorstandes wird zunächst auf die fehlende Abgabe einer Entsprechenserklärung nach

§ 161 AktG

 gestützt, mit der bloßen Erklärung der Nichtbeachtung aus Kostengründen könne sich der Vorstand seiner Verpflichtung aus

§ 161 AktG

 nicht entziehen. Auch resultiere die Anfechtbarkeit aus der unterbliebenen wörtlichen Wiedergabe im Lagebericht, worin eine Verletzung von

§ 312 Abs. 3 Satz 3 AktG

 liege. Zudem ergebe sich die Anfechtbarkeit aus der Verletzung des Fragerechts nach

§ 131 Abs. 1 AktG

. Soweit die Kläger zu 2), zu 5) und zu 10) einen Gesetzesverstoß hinsichtlich der Entlastung des Aufsichtsrates geltend machen, berufen sie sich ebenfalls auf einen Verstoß gegen

§ 161 AktG

 sowie die Verletzung der Vorschriften über die Erklärung zum Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers zum Abhängigkeitsbericht. Zudem genüge der Bericht des Aufsichtsrates nicht den an seinen Inhalt zu stellenden Anforderungen.

III. 1. Alle Kläger beantragen daher:

Die Beschlüsse der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 17.7.2007 zu

a. TOP 7: Beschlussfassung zur Zustimmung zum Abschluss eines Beherrschungsvertrages mit der E. G. B.V.

b. TOP 8: Beschlussfassung über die Ermächtigung zum Antrag auf Widerruf der Zulassung der Aktien der Gesellschaft zum geregelten Markt (General Standard) an der Frankfurter Wertpapierbörse (reguläres Delisting)

Die Kläger zu 1), zu 4), zu 6), zu 7), zu 8), zu 9) und zu 11) haben darüber hinaus hilfsweise folgenden Antrag gestellt:

Es wird festgestellt, dass die zu den Tagesordnungspunkten 7 und 8 gefassten Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 17.7.2007 mit dem im Hauptantrag wiedergegebenen Inhalt nichtig sind.

Die Kläger zu 4), zu 7) und zu 9) haben äußerst hilfsweise Folgendes beantragt:

Es wird festgestellt, dass die zu den Tagesordnungspunkten 7 und 8 gefassten Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 17.7.2007 mit dem im Hauptantrag wiedergegebenen Inhalt unwirksam sind.

2. Die Kläger zu 2), zu 5) und zu 10) haben darüber hinaus Folgendes beantragt, nachdem der Kläger zu 2) in seiner Klageschrift noch einen Antrag bezüglich der Anfechtung des gesamten Aufsichtsrats angekündigt hat:

Die in der Hauptversammlung der Beklagten am 17.7.2007 gefassten Beschlüsse zu

a. TOP 2: Entlastung des Vorstandes

b. TOP 3: Einzelentlastung des Aufsichtsratsmitgliedes ... P.

werden für nichtig erklärt.

3. Die Kläger zu 1) und zu 6) haben darüber hinaus folgenden Antrag gestellt:

Der in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 17.7.2007 zu TOP 6 gefasste Beschluss mit dem Inhalt

Beschlussfassung über die Ermächtigung zur Ausgabe von Wandel- und/oder Optionsschuldverschreibungen, zum Ausschluss des Bezugsrechts, zur Schaffung eines bedingten Kapitals und zur entsprechenden Satzungsänderung

wird für nichtig erklärt.

IV. Die Beklagte beantragt demgegenüber:

Klageabweisung.

Zur Begründung beruft sie sich im Wesentlich darauf, den Klägern zu 4), zu 5), zu 9) und zu 11) fehle die Anfechtungsbefugnis. Die Teilnahme der Kläger zu 5) und zu 11) an der Hauptversammlung werde ebenso bestritten wie die Aktionärseigenschaft der Kläger zu 4) und zu 9) bereits vor der Bekanntmachung der Tagesordnung im elektronischen Bundesanzeiger. Vor allem aber lasse sich eine Gesetzesverletzung nicht bejahen. E. G. B.V. treffe keine Verpflichtung zur Erstattung eines Vertragsberichtes. Angesichts der Gründung erst im Jahr 2006 genüge die Auslage bzw. Übermittlung der Abschlüsse dieses Jahres den vom Gesetz gestellten Anforderungen daran. Da der Jahresabschluss im Original auszulegen sei, könne ein Verstoß gegen die Auslegungspflichten nicht wegen der Auslegung und Übersendung lediglich des englischen Originals angenommen werden. Es bestehe keine Pflicht zur Übersetzung; dies bedeute lediglich eine Annehmlichkeit für die Aktionäre. Der Bericht des Vorstandes entspreche den Anforderungen aus

§ 293 e AktG

 namentlich auch zur angewandten Ertragswertmethode und deren Begründung. Im Rahmen von

§ 293 a AktG

 müsse

§ 243 Abs. 4 Satz 2 AktG

 zur Anwendung gelangen, was die Anfechtung im Zusammenhang mit Berichtsmängeln ausschließe. Bezüglich des Delistingbeschlusses müsse in gleicher Weise wie beim Beherrschungsvertrag die Unbeachtlichkeit von Einwänden gegen die Ermittlung der Höhe der Abfindung berücksichtigt werden; weitere relevante Beschlussmängel seien nicht vorgetragen.
Der Vorstandsbericht nach

§§ 221

Abs. 4,

186 Abs. 4 AktG

 lege die Gründe für die Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss plausibel nachvollziehbar dar und entspreche daher den gesetzlichen Anforderungen.
Der Beschluss zur Entlastung des Vorstandes könne gleichfalls nicht erfolgreich angefochten werden. Angesichts der Fülle der gestellten Fragen genüge die jeweils gegebene Antwort den an sie zu stellenden Anforderungen gerade auch unter Berücksichtigung der vorhandenen Kapazitäten zur Beantwortung bei der Beklagten. Der Lagebericht enthalte die Erklärung des Vorstandes nach

§ 312 Abs. 3 AktG

 unter „Sonstiges". Auch sei die Erklärung nach

§ 161 AktG

 der Sache nach abgegeben worden. Diese Vorschrift verpflichte die Gesellschaft bzw. deren Organe nicht zur inhaltlichen Befolgung der Empfehlungen des Kodex, sondern nur zur Erklärung über die Einhaltung der Empfehlung. Daher könne auch die Entlastung des Aufsichtsrates nicht erfolgreich mittels Anfechtungsklage angegriffen werden. Der Bestätigungsvermerk sei zutreffend referiert.

IV. Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 22.11.2007 (Blatt 49/53 d.A.) hat der Nebenintervenient seinen Beitritt zum Rechtsstreit auf Seiten der Kläger erklärt, die Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsklagen gegen die unter den Tagesordnungspunkten 7 und 8 der Hauptversammlung vom 17.7.2007 gefassten Beschlüsse erhoben haben. Die Beklagte hat bis zur Beitrittserklärung die Erhebung der Anfechtungsklagen nicht im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlichen lassen.

V. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen.

aus den gründen:

I. Die Anfechtungsklagen sind zulässig und begründet.

1. Die Kläger sind anfechtungsbefugt gemäß

§ 245 Nr. 1 AktG

. Nach dieser Vorschrift ist zur Anfechtung befugt jeder in der Hauptversammlung erschienene Aktionär, wenn er die Aktien schon vor der Bekanntmachung der Tagesordnung erworben hatte und gegen den Beschluss Widerspruch zur Niederschrift erklärt hat. Diese Voraussetzungen sind nach dem maßgeblichen Vortrag der Parteien bei allen Klägern erfüllt.

87

a. Soweit die Beklagte die Teilnahme der Klägerinnen zu 5) und zu 11) bestritten hat, ist dies aus prozessualen Gründen als unsubstantiiertes Bestreiten unbeachtlich. Die Beklagte verfügt über das Teilnehmerverzeichnis, das während der Hauptversammlung erstellt wurde. Beide betroffenen Klägerinnen haben vorgetragen, sich während der Hauptversammlung vertreten haben zu lassen. In dieser Situation wäre die Beklagte verpflichtet gewesen - gegebenenfalls unter rechtzeitiger Vorlage des Teilnehmerverzeichnisses - genau darzulegen, dass die Klägerinnen zu 5) und zu 11) auf der Hauptversammlung nicht anwesend gewesen seien. Dies gilt in Richtung auf die Klägerin zu 5) um so mehr, als diese ausdrücklich geltend gemacht hat, durch Herrn Ne. vertreten gewesen zu sein.

b. Die Kläger zu 4) und zu 9) waren Aktionäre bereits vor dem Zeitpunkt der Bekanntmachung der Einladung zur Hauptversammlung im elektronischen Bundesanzeiger am 8.6.2007. Aus der vom Kläger zu 4) im Termin vom 15.11.2007 vorgelegten Bescheinigung der N. Bank vom 22.10.2007 ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts, dass er Aktionär der Beklagten bereits vor dem 1.4.2007 war und diese Stellung auch bis zum Zeitpunkt der Erteilung der Bescheinigung inne hatte. Hinsichtlich des Klägers zu 9) hat die Kammer ebenfalls keine Zweifel an seiner Aktionärseigenschaft angesichts des Inhalts der von ihm ebenfalls im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Bescheinigung von C. vom 6.11.2007. Danach war er bereits vor dem 1.1.2007 Aktionär der Beklagten.

c. Im Übrigen hat die Beklagte weder die Teilnahme noch den Erwerb der Aktien vor der Bekanntmachung der Einladung im elektronischen Bundesanzeiger nicht (mehr) bestritten, weshalb er gemäß

§ 138 Abs. 3 ZPO

 als zugestanden gilt.
2. Die Monatsfrist des

§ 246 Abs. 1 AktG

 für die Erhebung einer Anfechtungsklage wurde eingehalten. Danach muss die Klage innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben werden. Zwar ist eine Klage aufgrund der Regelung in

§ 253 Abs. 1 ZPO

 erst mit Zustellung der Klageschrift erhoben, die hier am 24.9.2007 beim Vorstand und am 25.9.2007 bei einem Mitglied des Aufsichtsrates erfolgte. Dabei ist unschädlich, dass die Monatsfrist bereits am 17.8.2007 endete, weil die Zustellung demnächst im Sinne der im Rahmen des

§ 246 Abs. 1 AktG

 anwendbaren Vorschrift des

§ 167 ZPO

 erfolgte. Nachdem der vollständige Gerichtskostenvorschuss aus dem höchsten vorläufig festgesetzten Streitwert von € 225.000,-- bereits am 3.9.2007 vom Kläger zu 6) bei der Landesjustizkasse eingezahlt wurde und der Kläger zu 2), der zusätzlich die beiden Beschlüsse hinsichtlich der Entlastung angefochten hat, bereits am 27.8.2007 den Vorschuss eingezahlt hatte - mithin rund zwei Wochen nach Eingang der Aufforderung zur Einzahlung des Vorschusses bei den einzelnen Prozessbevollmächtigten der Kläger -, liegt die Verzögerung der Zustellung bis zum 24. bzw. 25.9.2007 ausschließlich in das Sphäre des Gerichts, weil die Verfügung des Vorsitzenden vom 7.9.2007 (Bl. 16. d.A.) zur Zustellung aller Klageschriften erst am 20.9.2007 ausgeführt wurde. Es besteht dabei auch keine Verpflichtung der einzelnen Kläger, den Gerichtskostenvorschuss bereits mit Einreichung der Klage einzubezahlen; dies gilt hier um so mehr, als kein bezifferter Klageantrag existiert.
3. Die Anfechtungsklagen sind begründet, weil die gefassten Beschlüsse das Gesetz im Sinne des

§ 243 Abs. 1 AktG

 verletzen.

a. Der zu Tagesordnungspunkt 2 gefasste Beschluss über die Entlastung des Vorstandes war wegen einer Gesetzesverletzung für nichtig zu erklären.

(1) Ein Entlastungsbeschluss ist dann anfechtbar, wenn Gegenstand der Entlastung ein Verhalten ist, das eindeutig einen schwerwiegenden Gesetzes- oder Satzungsverstoß darstellt. Dem kann auch nicht die Regelung in

§ 120 Abs. 2 Satz 2 AktG

 entgegengehalten werden. Die in

§ 243 Abs. 1 AktG

 getroffene Regelung, wonach jeder gesetzes- oder satzungswidrige Beschluss der Hauptversammlung angefochten werden kann, erfährt durch die Abtrennung des Verzichts auf Schadensersatzansprüche von der Entlastung keine Durchbrechung. Anderenfalls könnte eine zur Billigung rechtsbrechenden Verhaltens entschlossene Mehrheit gegen den Widerstand einer gesetzes- und satzungstreuen Minderheit eine Entlastung des Vorstandes jederzeit durchsetzen. Dies widerspricht indes nicht nur der Regelung in

§ 243 Abs. 1 AktG

, sondern wäre auch mit dem Gesichtspunkt der Treuepflicht der Mehrheit gegenüber der Minderheit unvereinbar (vgl.

BGH NJW 2003, 1032

, 1033 - Macrotron;

NZG 2005, 77

, 78 - ThyssenKrupp; LG München I

AG 2007, 417

 =

CR 2007, 423

 =

BB 2007, 2170

, 2172;

DB 2007, 2640

, 2641 =

WM 2008, 81

, 83 = Der Konzern 2007, 835, 838; Hüffer, AktG, 7. Aufl., Rdn. 12 zu § 120; Hoffmann in: Spindler/Stilz, AktG, 2007, Rdn. 27 zu § 120; Henze

BB 2005, 165

, 168 f.).

 (2) Unter Zugrundelegung dieses Prüfungsmaßstabes müssen die Anfechtungsklagen gegen den zu Tagesordnungspunkt 2 gefassten Beschluss Erfolg haben.

 (a) Der Vorstand hat seine Leitungspflicht verletzt, weil er den sich aus

§ 161 AktG

 ergebenden Pflichten nicht nachgekommen ist. Vorstand und Aufsichtsrat einer börsennotierten Gesellschaft erklären danach jährlich, dass der vom Bundesministerium der Justiz im amtlichen Teil des elektronischen Bundesanzeigers bekannt gemachten Empfehlung der Regierungskommission „Deutscher Corporate Governance Kodex" entsprochen wurde und wird oder welche Empfehlungen nicht angewendet wurden oder werden; die Erklärung ist den Aktionären nach Satz 2 dieser Vorschrift dauerhaft zugänglich zu machen. Diesen Verpflichtungen kam der Vorstand für das Geschäftsjahr 2006 nicht nach, weshalb der Entlastungsbeschluss anfechtbar ist (vgl. Hüffer, AktG, a.a.O., Rdn. 31 zu § 161; Seibt

AG 2002, 249

, 254; Ulmer ZHR 166 [2002], S. 150, 165).

§ 161 Satz 1 AktG

 statuiert ausdrücklich die Pflicht zur Abgabe einer Entsprechenserklärung, was nicht geschah. Dem kann die Beklagte nicht entgegenhalten, die Erklärung der Sache nach dergestalt abgegeben zu haben, dass der Vorstand - wie auch der Aufsichtsrat - die Empfehlungen nicht befolgen. Dies ist nicht genügend, um den Anforderungen von

§ 161 AktG

 gerecht zu werden. Gerade wenn die Empfehlungen der Regierungskommission an Deutscher Corporate Governance Kodex nicht eingehalten werden, schreibt

§ 161 AktG

 Angaben dazu vor, welche Empfehlungen dies sind, an die sich eine börsennotierte Aktiengesellschaft wie die Beklagte nicht hält. Nur durch die Beschreibung im Einzelnen wird die mit dem Gesetz bezweckte Transparenz in Richtung auf die Aktionäre sowie die Kapitalmarktteilnehmer erreicht. Zudem kann der Nichtabgabe der Erklärung nicht entnommen werden, ob die Empfehlungen eingehalten wurden, ob davon teilweise abgewichen wird oder ob sie überhaupt nicht beachtet wurden (vgl. Spindler in: Schmidt/Lutter, AktG, 2008, Rdn. 54 zu § 161). Abgesehen davon muss auch berücksichtigt werden, dass nicht erkennbar ist, auf welche Art und Weise die Erklärung den Aktionären dauerhaft zugänglich gemacht worden sein soll. Da sie nicht Teil des Jahres- oder Konzernabschlusses ist (vgl. Sester in: Spindler/Stilz, AktG, 2007, Rdn. 41 zu § 161), genügt auch der Hinweis auf das Fehlen der Erklärung nach

§ 161 AktG

 in den jeweiligen Jahresabschlüssen und im Geschäftsbericht nicht. Dies zeigt sich namentlich an der Überlegung, dass der Inhalt der nach

§ 161 AktG

 vorgeschriebenen Erklärung nach dem Willen des Gesetzgebers gerade nicht zum Gegenstand des Anhangs gemacht wird und auch nicht Gegenstand der Prüfung durch die Abschlussprüfer ist (vgl. BT-Drucks. 14/8769 S. 25; Merkt in: Baumbach/Hopt, HGB, 33. Aufl., Rdn. 17 zu § 285; Kirschbaum in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., Rdn. 41 zu § 161).
 (b) An der erforderlichen Kausalität bestehen keine Zweifel. Erforderlich ist eine am Zweck der verletzten Norm orientierte, wertende Betrachtung in dem Sinne, dass dem Beschluss ein Legitimationsdefizit anhaftet, das die Rechtsfolge der Anfechtbarkeit rechtfertigt (vgl.

BGH NZG 2005, 77

, 79 - ThyssenKrupp; Hüffer, AktG, a.a.O., Rdn. 13 zu § 243). Nur diese Betrachtung wird dem Zweck der Anfechtungsklage als einem auf Rechtskontrolle gerichteten Individualrecht gerecht.
Unter Zugrundelegung dieses Prüfungsmaßstabs ist die Relevanz zu bejahen. Die Erklärung ist ein wesentliches Informationsmittel für die Aktionäre, weil

§ 161 AktG

 die Publizität der Entsprechenserklärung in ihren jeweiligem Bestand bezweckt (vgl. BT-Drucks. 14/8769 S. 22). Im „Deutschen Corporate Governance Kodex" geht es um Führungsgrundsätze und deren Einhaltung durch den Vorstand, mithin letztlich um die Qualität der Unternehmensleitung. Dann aber kann sich ohne entsprechende Information über die Beachtung dieser Grundsätze der objektiv urteilende Aktionär keine hinreichende Basis dafür schaffen, ob er der Entlastung des Vorstands zustimmen soll, wenn er die entsprechende Information nicht hat.

b.Anfechtbar ist auch der Beschluss über die erfolgte Entlastung des Aufsichtsratsmitgliedes ... P.. Hinsichtlich des Prüfungsmaßstabes gelten dabei die selben Erwägungen wie bei der Entlastung des Vorstandes.

 (1) Die Anfechtbarkeit resultiert zum einen aus dem Verstoß gegen

§ 161 AktG

, weil der Aufsichtsrat in gleicher Weise Normadressat dieser Vorschrift wie der Vorstand ist. Daher kann zur Vermeidung von Wiederholungen in vollem Umfang auf die obigen Ausführungen unter I.3. a. Bezug genommen werden.
 (2) Eine Gesetzesverletzung muss aber auch im Zusammenhang mit dem Vermerk des Abschlussprüfers bejaht werden, weil die Vorschrift des

§ 314 Abs. 2 Satz 3 AktG

 verletzt wurde. Nach dieser Vorschrift ist ein von dem Abschlussprüfer erteilter Bestätigungsvermerk in den Bericht des Aufsichtsrates aufzunehmen, den der Aufsichtsrat aufgrund von

§ 314 Abs. 2 Satz 1 AktG

 zu erstellen hat. Dabei verlangt die Vorschrift des

§ 314 Abs. 2 Satz 3 AktG

 die wörtliche Wiedergabe des Bestätigungsvermerks (vgl.

BGH NJW 2003, 1032

, 1034 - Macrotron;

OLG Dresden AG 2003, 433

, 436; LG München I

ZIP 2001, 1415

, 1417;

AG 2006, 170

 f. =

DB 2006, 94

 f.; Vetter in: Schmidt/Lutter, AktG, a.a.O., Rdn. 10 zu § 314;Hüffer, AktG, a.a.O., Rdn. 5 zu § 314; Kropff in: Münchener Kommentar zum AktG, 2. Aufl., Rdn. 26 zu § 314). Dies zeigt eine Auslegung des Gesetzes. Bereits der Wortlaut des

§ 314 Abs. 2 Satz 3 AktG

 spricht für das Erfordernis der wörtlichen Widergabe. Die Formulierung „ist ... aufzunehmen" streitet für diese Auffassung; eine Aufnahme bedeutet die wörtliche Widergabe. Vor allem aber sprechen der Normzweck und damit eine teleologische Auslegung für diese Auffassung. Der Bericht des Aufsichtsrates dokumentiert das Ergebnis der Prüfung, ob die abhängige Gesellschaft durch das herrschende Unternehmen benachteiligt wurde. Damit aber bedeutet dies die Grundlage für die Information der außenstehenden Aktionäre über das Ergebnis der Prüfung, wenn ihnen das Aktienrecht nach der Wertung des

§ 313 Abs. 2 AktG

 schon keine Information über den eigentlichen Inhalt des Berichts des Abschlussprüfers gewährt. Nur mit einer hinreichenden Informationsbasis hat der außenstehende Aktionär die Grundlage für die Entscheidung, ob eine Sonderprüfung im Sinne des

§ 315 AktG

 beantragt werden soll oder nicht. Soweit in der Literatur teilweise Kritik an dieser Auffassung geübt wird (vgl. Theusinger/Liese

EWiR 2006, 357

 f.), trifft dies nur den Fall des uneingeschränkten Bestätigungsvermerks, der vorliegend gerade nicht erteilt wurde.

 (3) Hinsichtlich der Kausalität gelten die obigen Überlegungen zu § 161 AktG entsprechend auch für den Aufsichtsrat. Gerade bei dieser Vorschrift ist zu beachten, dass den Aufsichtsrat im Rahmen ihrer Anwendung eine eigenständige Pflicht trifft und dass die Qualität der Unternehmensführung auch von der Erfüllung der Überwachungsfunktion durch den Aufsichtsrat abhängt. Auch im Zusammenhang mit dem Abschlussvermerk liegt ein vom Aufsichtsrat der Beklagten herbeigeführtes deutliches Informationsdefizit auf Seiten der Aktionäre der Beklagten vor. Angesichts der Bedeutung des Berichts des Aufsichtsrates für den Aktionär ist dieser Verstoß auch hinreichend schwerwiegend. Die Information der Aktionäre durch das zuständige Organ der Gesellschaft gehört zu den tragenden Aufgaben der jeweiligen Organmitglieder.

 (4) Angesichts dessen muss die Kammer nicht mehr abschließend entscheiden, ob der Bericht des Aufsichtsrates im Übrigen den an ihn zu stellenden Anforderungen genügt, woran indes erhebliche Zweifel bestehen, weil praktisch nichts dazu berichtet wurde, wie der Aufsichtsrat seiner Kontroll- und Überwachungsfunktion nachgekommen ist.

c. Soweit es um den zu Tagesordnungspunkt 6 gefassten Beschluss geht, genügt der Bericht des Vorstandes nicht den an ihn aufgrund von

§§ 221

Abs. 4,

186 Abs. 4 AktG

 zu stellenden Anforderungen. Die Aktionäre haben auf Wandelschuldverschreibungen ein Bezugsrecht, wobei die Vorschrift des

§ 186 AktG

 sinngemäß gilt. Demzufolge hat der Vorstand für den Fall des Ausschlusses des Bezugsrechts nach

§ 186 Abs. 4 Satz 2 AktG

 einen schriftlichen Bericht über den Grund für den teilweisen oder vollständigen Ausschluss vorzulegen.
Der hier vorgelegte Bericht ist nicht ausreichend. Zwar ist davon auszugehen, dass die Anforderungen an den Vorstandsbericht nicht übersteigert werden dürfen, um der Gesellschaft die erforderliche Flexibilität zu erhalten. Demgemäß genügt in den Fällen, in denen keine weiteren Planungen vorhanden sind, die generell abstrakte Umschreibung des Vorhabens (vgl. nur

BGH NJW 1997, 2815

, 2816 - Siemens/Nold; Stadler in: Bürgers/Körber, AktG, Rdn. 64 zu § 221). Andererseits muss beim Ausschluss des Bezugsrechts im Fall von Wandel- oder Optionsanleihen die sachliche Rechtfertigung wie bei einer Kapitalerhöhung beurteilt werden, weil diese die Mitgliedschaft der anderen Aktionäre durch die mögliche Ausgabe zusätzlicher Aktien unmittelbar beeinträchtigen kann (vgl.

OLG München NJW-RR 1991, 1058

, 1059; LG München I

AG 1991, 73

, 74; Hüffer, AktG, a.a.O., Rdn. 42 zu § 221; Stadler in: Bürgers/Körber, AktG, Rdn. 67 zu § 221). Der hier abgegebene Vorstandsbericht verweist lediglich sehr allgemein auf die Möglichkeit der Gesellschaft, durch Ausgabe von Wandel- und/oder Optionsschuldverschreibungen attraktive Finanzierungsmöglichkeiten zu nutzen und sich potentielles Eigenkapital durch die Ausgabe von Schuldverschreibungen zu verschaffen. Nicht eingegangen wird auf Überlegungen der Gesellschaft, aus welchen Gründen gerade für die Beklagte die Schaffung von zusätzlichem Eigenkapital - außer dem allgemeinen Hinweis auf die Bedeutung der Ausstattung mit Eigenkapital - benötigt und daher der Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre gerechtfertigt sein soll und warum es keine Alternativen gibt, die eine Verwässerung der Beteiligung der bisherigen Aktionäre vermeiden.

d. Eine Gesetzesverletzung liegt auch hinsichtlich der zu Tagesordnungspunkt 6 gefassten Zustimmung zu dem Beherrschungsvertrag mit E. G. B.V. vor.

 (1) Der Vertragsbericht des Vorstandes der Beklagten entspricht nicht den Anforderungen, die

§ 293 a Abs. 1 AktG

 an einen solchen vom Vorstand zu erstattenden Bericht stellt.
 (a) Aufgrund dieser Vorschrift muss der schriftliche Bericht den Abschluss des Unternehmensvertrages, den Vertrag im Einzelnen und insbesondere Art und Höhe des Anspruchs und der Abfindung rechtlich und wirtschaftlich erläutern und begründen. Ausgehend vom Sinn und Zweck dieses Berichts, den Aktionär in die Lage zu versetzen, eine Plausibilitätskontrolle vorzunehmen, um eine geeignete Entscheidungsgrundlage für sein Abstimmungsverhalten in die Hand zu bekommen (vgl. nur

OLG Hamm DB 1988, 1842

;

OLG Karlsruhe WM 1989, 1134

, 1136 ff., insbesondere 1138), müssen sich die Aktionäre vom potentiellen Vertragspartner - hier also der E. G. B.V. - ein Bild machen können. Dies macht es namentlich erforderlich, hinreichend klare Angaben über die Bonität der herrschenden und zahlungspflichtigen Gesellschaft in den Bericht aufzunehmen, damit die Aktionäre darüber informiert sind und mit diesem Kenntnisstand abschätzen können, ob eine realistische Aussicht besteht, dass der andere Vertragsteil seinen Zahlungspflichten aus dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag nachkommen wird (vgl. LG München I Der Konzern 2007, 279, 289;Altmeppen in: Münchener Kommentar zum AktG, a.a.O., Rdn. 39 zu § 293 a).

 (b)Dem wird der hier vorgelegte Vorstandsbericht nicht gerecht. Er verweist lediglich auf den Sitz der E. G. B.V. sowie die weitere, in hohem Maße allgemein gehaltene Tatsache, bei ihr handele es sich um eine am Markt etablierte und strategisch gut ausgerichtete Gesellschaft. Mit diesen Angaben können die Aktionäre keinerlei Rückschlüsse auf die Liquidität und Bonität von E. G. B.V. ziehen. Dabei hat diese Gesellschaft Zahlungsverpflichtungen in Höhe von rund € 237.000,-- jährlich für die Laufzeit des Beherrschungsvertrages übernommen, wenn alle Aktionäre in der Gesellschaft verbleiben und man lediglich auf den in der Einladung bekannt gemachten Ausgleichsbetrag von € 0,14 je Stückaktie abstellt. Die Summe der Abfindung für den Fall des Ausscheidens der Aktionäre gegen Barabfindung in Höhe von € 1,89 je Stückaktie beträgt rund € 3,2 Mio. Angesichts dieses Finanzbedarfs müssen die Aktionäre Informationen beispielsweise darüber erhalten, wie sich die Ertragslage und die Liquiditätssituation der Gesellschaft darstellt, über welches Vermögen sie im Einzelnen verfügt oder auch welche Verpflichtungen sie sonst übernommen hat. Den Aktionären wurde vorliegend indes nicht einmal der Umfang des Stamm- oder Grundkapitals dieser Gesellschaft unter Beachtung der Vorgaben des niederländischen Rechts mitgeteilt. Somit erhielten sie keine hinreichende Informationsgrundlage, inwieweit E. G. B.V. die Verpflichtungen gegenüber den Aktionären der Beklagten aus dem Beherrschungsvertrag realistischerweise erfüllen kann.

Dem kann nicht entgegen gehalten werden, es bestehe die Möglichkeit, den Jahresabschluss dieser Gesellschaft anzufordern oder in den Geschäftsräumen der Beklagten und von E. G. B.V. einzusehen. Die Aktionäre können nämlich nicht darauf verwiesen werden, sich die im Rahmen der Berichterstattung nach

§ 293 a AktG

 relevanten Informationen aus anderen Quellen zu beschaffen. Ebenso wenig steht die Wertung aus

§ 243 Abs. 4 Satz 2 AktG

 entgegen, wonach auf unrichtige, unvollständige oder unzureichende Informationen in der Hauptversammlung über die Ermittlung, Höhe oder Angemessenheit von Ausgleich und Abfindung eine Anfechtungsklage nicht gestützt werden kann, wenn das Gesetz für Bewertungsrügen ein Spruchverfahren vorsieht. Diese Vorschrift wird sich bereits nicht analog auf das Berichtswesen vor der Hauptversammlung anwenden lassen, weil der Wortlaut „in der Hauptversammlung" hiergegen spricht und eine planwidrige Regelungslücke angesichts des eindeutigen gesetzgeberischen Willens, der auch im Wortlaut Ausdruck gefunden hat, nicht angenommen werden kann. In der Regierungsbegründung wurde die Problematik in dem Sinne angesprochen, dass Berichtsmängel im Vorfeld einer Hauptversammlung die Anfechtbarkeit nicht ausschließen sollen. Daher wird eine Analogie überwiegend abgelehnt (vgl. BT-Drucks. 15/5092 S. 26; Göz in: Bürgers/Körber, AktG, Rdn. 21 zu § 243; Würthwein in: Spindler/Stilz, AktG, a.a.O., Rdn. 135 zu § 243). Zum anderen liegt hier auch kein Mangel vor, der vom Anfechtungsausschluss des

§ 243 Abs. 4 Satz 2 AktG

 erfasst wäre. Die erhobenen Rügen beziehen sich gerade nicht auf die Höhe des Ausgleichs und der Abfindung, sondern auf die unterbliebene Information über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Schuldnerin der einzelnen Zahlungsansprüche. Dieser Informationsmangel unterscheidet sich grundlegend von den in

§ 243 Abs. 4 Satz 2 AktG

 genannten Rügen, die unmittelbar die Höhe des Zahlungsanspruches berühren; diese Rüge ist angesichts dessen auch einer Überprüfung im Spruchverfahren entzogen.
 (2) Zudem liegt ein Verstoß gegen

§ 293 f Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 AktG

 vor, weil der Jahresabschluss nur in englischer Sprache in den Geschäftsräumen der beteiligten Gesellschaften ausgelegt worden ist und Abschriften auf Anforderung nur in englischer Sprache versandt worden sind. Selbst wenn davon auszugehen sein sollte, dass der Jahresabschluss im Original in englischer Sprache verfasst wurde und daher möglicherweise auch so auszulegen ist, genügt diese Auslegung nicht dem Normzweck von

§ 293 f AktG

. Dieser ist darin zu sehen, den Aktionären durch das Auslegen bzw. die Übermittlung der Unterlagen auf Anforderung die Gelegenheit zur hinreichenden Information zu geben (vgl. Altmeppen in: Münchener Kommentar zum AktG, a.a.O., Rdn. 1 zu § 293 f; Veil: Spindler/Stilz, AktG, a.a.O., Rdn. 2 zu § 293 f). Dieser Zweck wird nur erfüllt, wenn die Aktionäre einer Aktiengesellschaft mit Sitz in Deutschland Gelegenheit zur Kenntniserlangung des Jahresabschlusses einer der an einem Unternehmensvertrag beteiligten Gesellschaften in deutscher Übersetzung haben. Auch in einer zunehmend globalisierten Welt muss eine in Deutschland ansässige deutsche Gesellschaft ihren Aktionären die Unterlagen in deutscher Sprache zugänglich machen. Es kann nicht erwartet werden, dass jeder Aktionär der englischen Sprache derart mächtig ist, dass er die einer Fachsprache entnommenen Ausdrücke im Jahresabschluss auch im englischen Original verstehen kann (vgl.

OLG Dresden AG 2003, 433

, 434; LG München I

ZIP 2001, 1148

, 1150 =

BB 2001, 1648

 f.; Langenbucher in: Schmidt/Lutter, AktG, a.a.O., Rdn. 5 zu § 293 f; Kubis in: Münchener Kommentar zum AktG, a.a.O., Rdn. 54 zu § 119; Schlitt in: Semler/Stengel, UM..., 2. Aufl., Anh. § 173 Rdn. 68; Deilmann/Messerschmidt

NZG 2004, 977

, 980 jeweils zu der vergleichbaren Situation der Auslage von Vertragstexten).
Ob es ausreichend war, die Übersetzung erst im Verlaufe der Hauptversammlung auszulegen oder ob dadurch zusätzlich gegen

§ 293 g Abs. 1 AktG

 verstoßen wurde, wonach die in

§ 293 f Abs. 1 AktG

 bezeichneten Unterlagen in der Hauptversammlung auszulegen sind, muss die Kammer daher nicht mehr abschließend entscheiden.

 (3) Die Verstöße gegen diese aktienrechtlichen Berichtspflichten sind auch ursächlich für die Beschlussfassung. Die entsprechenden Informationen über die Fähigkeit zur Erfüllung der übernommenen Zahlungsverpflichtungen und über die wirtschaftliche Lage des vergangenen Geschäftsjahres sind wesentlich dafür, dem Aktionär eine Entscheidung darüber zu ermöglichen, ob er an der Hauptversammlung teilnehmen und gegebenenfalls wie er dort sein Stimmrecht ausüben möchte. Daher haftet dem Beschluss ein entsprechendes Legitimationsdefizit an.

e. Die Anfechtbarkeit des zu Tagesordnungspunkt 8 gefassten Beschlusses über das Delisting resultiert aus einer Verletzung von

§ 124 Abs. 2 Satz 2 AktG

. Soll die Hauptversammlung über einen Vertrag beschließen, der nur mit ihrer Zustimmung wirksam wird, so ist der wesentliche Inhalt des Vertrages mit der Einladung bekannt zu machen.
 (1)Da beim Delisting den betroffenen Aktionären ein Kaufangebot unterbreitet werden muss und damit ein Vertrag zustande kommt, wenn die Aktionäre das Angebot annehmen, und da mit dem Delisting in die durch

Art. 14 Abs. 1 GG

 geschützte Verkehrsfähigkeit der Aktien eingegriffen wird, wird von der heute ganz überwiegend vertretenen Auffassung zu Recht ein Beschluss der Hauptversammlung verlangt (vgl. nur

BGH NJW 2003, 1032

, 1034 =

AG 2003, 273

, 274 =

ZIP 2003, 387

, 389 - Macrotron; Kubis in: Münchener Kommentar zum AktG, a.a.O., Rdn. 84 zu § 119; Hoffmann in: Spindler/Stilz, AktG, a.a.O., Rdn. 40 zu § 119). Aus dem Rechtsgedanken des

§ 124 Abs. 2 Satz 2 AktG

 muss dann aber in einem Fall wie hier abgeleitet werden, dass den Aktionären bereits im Vorfeld mitgeteilt werden muss, ob die Gesellschaft, die das Kaufangebot unterbreitet, wirtschaftlich zur Erfüllung in der Lage ist. Nur dann lässt es sich rechtfertigen, dass die Aktionäre eine sachgerechte Entscheidung über die Teilnahme sowie vor allem über die Zustimmung oder Ablehnung des Beschlussvorschlages treffen können. Gerade weil der Wegfall des geregelten Marktes gravierende wirtschaftliche Nachteile für die Aktionäre mit sich bringt und auch deswegen die Zustimmung der Hauptversammlung zu einer solchen Maßnahme verlangt wird, muss der einzelne betroffene Aktionär bereits vor der Hauptversammlung erfahren, ob die ihm zustehende Kompensation durch das Kaufangebot des Großaktionärs voraussichtlich auch realisiert werden kann. Vorliegend nannte der Bericht des Vorstandes keinerlei Einzelheiten zur wirtschaftlichen Leistungskraft von E. G. B.V.

 (2) Hinsichtlich der Kausalität gelten die selben Erwägungen wie beim Beherrschungsvertrag, so dass in vollem Umfang auf die obigen Ausführungen unter I. 3. d. (3) zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden kann.

II. 1. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf

§§ 92

Abs. 1 Satz 1,

269 Abs. 3 Satz 2 ZPO

. Hinsichtlich des Klägers zu 2) musste die Vorschrift in

§ 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO

 im Umfang seiner teilweisen Klagerücknahme angewandt werden. Die Beschränkung der Anfechtungsklage auf die Entlastung nur des Aufsichtsratsmitgliedes ... P. muss als teilweise Klagerücknahme gesehen werden, weil der Kläger zu 2) namentlich in der Klageschrift auch keine klarstellenden Ausführungen machte, wonach tatsächlich nur dem Aufsichtsratsmitglied ... P. von der Hauptversammlung im Beschlusswege Entlastung erteilt wurde.

Eine Kostenerstattung zugunsten des Nebenintervenienten konnte nicht angeordnet werden, nachdem er seinen Beitritt erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung auf Seiten der Kläger erklärt hat und folglich die Nebenintervention keine unterstützende Wirkung mehr entfalten konnte.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich für die Kläger aus

§ 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO

 sowie für die Beklagte aus

§§ 708

Nr. 11,

711

,

 709 Satz 2 ZPO

.
3. Die Entscheidung über den Streitwert hat ihre Grundlage in

§§ 247 Abs. 1 AktG

, 5 ZPO. Da mehrere Beschlüsse angefochten wurden, mussten die Werte der einzelnen Anfechtungsklagen addiert werden, wobei die Kammer unter Anwendung von

§ 247 Abs. 1 AktG

 folgende Einzelstreitwerte für angemessen hält:

- Tagesordnungspunkt 2 : € 25.000,--

- Tagesordnungspunkt 3 : € 8.500,--

- Tagesordnungspunkt 6, 7 und 8 : je € 75.000,--

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