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Wirtschaftsrecht
17.03.2010
Wirtschaftsrecht
OLG München: Amtslöschung eines Geschäftsführers

OLG München , Beschluss  vom 22.02.2010 - Aktenzeichen 31 Wx 162/09 (Vorinstanz: AG München vom 11.11.2009 - Aktenzeichen HRB 54822; )
Amtliche Leitsätze: Ein in das Handelsregister eingetragener Gesellschafterbeschluss über die Bestellung eines Geschäftsführers kann als nichtig gelöscht werden, wenn er durch seinen Inhalt zwingende Vorschriften des Gesetzes verletzt und seine Beseitigung im öffentlichen Interesse liegt. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, wenn die Verletzung der Vorschriften über die Einberufung bzw. Abstimmung gerügt werden.
  Amtliche Normenkette: FamFG § 398;
Gründe: 
I. Gegenstand des Verfahrens ist die vom Beteiligten zu 4 angeregte Amtslöschung des Geschäftsführers M.N. der beteiligten Gesellschaft, einer GmbH mit einem Stammkapital von 50.000 DM. In der Gesellschafterliste zum 1.10.2009 sind ebenso wie in der vorhergehenden vom 5.9.2000 als Gesellschafter der Beteiligte zu 2 mit einem Anteil von 40.000 DM und seine Mutter, die Beteiligte zu 3, mit einem Anteil von 10.000 DM aufgeführt. 
M.N. wurde am 29.7.2008 als weiterer Geschäftsführer in das Handelsregister eingetragen. 
Bei der Beschlussfassung über die Bestellung am 1.7.2008 war ausweislich des mit der Anmeldung vorgelegten Protokolls mit den Beteiligten zu 2 und 3 "das Gesellschaftskapital vollständig vertreten". Mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 7.9.2009 regte der Beteiligte zu 4 die Löschung des Geschäftsführers an mit der Begründung, die Beteiligte zu 3 sei bei der Beschlussfassung nicht mehr Gesellschafterin gewesen. Die Gesellschafter, denen sie mit Geschäftsanteilsabtretung vom 25.2.2004 ihre Anteile übertragen habe - darunter der Beteiligte zu 4 - seien nicht beteiligt worden. Mit diesem Vertrag hatte die Beteiligte zu 3 von ihrem Geschäftsanteil Teilgeschäftsanteile an den Beteiligten zu 2 (5.000 DM), dessen Ehefrau (1.000 DM) und deren beiden Kinder (jeweils 2.000 DM) im Wege der Schenkung übertragen. Die beiden minderjährigen Kinder waren durch ihre Eltern vertreten worden "vorbehaltlich der Genehmigung eines noch zu bestellenden Ergänzungspflegers" und vorbehaltlich der Genehmigung durch das Familiengericht. Der Beteiligte zu 4 (geb. 1988) genehmigte den Vertrag am 24.8.2007. Für den minderjährigen J. (geb. 1997) lehnte der bestellte Ergänzungspfleger mit Schreiben an das Vormundschaftsgericht vom 19.11.2007 die Genehmigung ab. 
Die Gesellschaft und die Beteiligten zu 2 und 3 sprachen sich gegen die angeregte Löschung aus mit der Begründung, der Überlassungsvertrag vom 25.2.2004 sei insgesamt nichtig, weil mangels Genehmigung die Schenkung an den minderjährigen J. unwirksam sei und die Beteiligte zu 3 ein einheitliches Rechtsgeschäft im Rahmen einer vorweggenommen Erbfolge gewollt habe. Der Beteiligte zu 4 vertrat dagegen die Auffassung, jedenfalls die Übertragung an ihn sei mit seiner Genehmigung wirksam geworden. Im Übrigen sei der Erwerb des Anteils an der Gesellschaft mit beschränkter Haftung ein lediglich vorteilhaftes Geschäft, zu dessen Wirksamkeit es ohnehin nicht der Mitwirkung eines Ergänzungspflegers bedurft habe. 
Mit Beschluss vom 11.11.2009 lehnte das Registergericht die Löschung des Geschäftsführers M. N. ab mit der Begründung, über seine Bestellung hätten die richtigen Gesellschafter entschieden. Die Annahme der Schenkung der GmbH-Anteile sei wegen der Ausfallhaftung nicht nur lediglich rechtlich vorteilhaft. Die erforderliche Genehmigung für den minderjährigen J. liege nicht vor. Die Schenkerin habe insbesondere ihre Enkel einheitlich und gleichzeitig beschenken wollen. 
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 4, der das Registergericht nicht abgeholfen hat. 
II. Die Beschwerde ist zulässig (§ 398 i.V.m. § 395 Abs. 3, § 393 Abs. 3 Satz 2, § 58 Abs. 1, § 59 Abs. 1, § 63 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 FamFG), jedoch nicht begründet. 
Das Registergericht hat im Ergebnis zu Recht die angeregte Löschung von Amts wegen abgelehnt. Allerdings hatte das Registergericht die zwischen den Beteiligten streitige Frage sachlich nicht zu prüfen, ob die Übertragung des Geschäftsanteils der Beteiligten zu 3 durch den Anteilsabtretungsvertrag vom 25.2.2004 ganz oder teilweise wirksam ist mit der Folge, dass vor der Beschlussfassung vom 1.7.2008 weitere Gesellschafter hätten beteiligt werden müssen, denn formale Mängel eines Gesellschafterbeschlusses können nicht zu seiner Löschung führen. 
1. Nach § 398 FamFG kann (wie nach § 144 Abs. 2, §§ 142, 143 FGG für vor dem 1.9.2009 eingeleitete Verfahren) ein in das Handelsregister eingetragener Beschluss der Gesellschafterversammlung einer GmbH gemäß § 395 FamFG als nichtig gelöscht werden, wenn er durch seinen Inhalt zwingende gesetzliche Vorschriften verletzt und seine Beseitigung im öffentlichen Interesse erforderlich erscheint. Hierzu gehören auch Beschlüsse über Bestellung und Abberufung eines Geschäftsführers (h. M. und st. Rspr., vgl. BayObLGZ 1991, 337/342; BB 1991, 1729; GmbHR 1996, 441/442 jeweils zu § 144 FGG; Keidel/Heinemann FamFG 16. Aufl. § 398 Rn. 11; a. A. MünchKommZPO/Krafka 3. Aufl. § 398 FamFG Rn. 3). 
Während im Anmeldeverfahren das Registergericht weitgehende Prüfungsrechte und -pflichten hat, die das Ziel verfolgen, zum Schutz des Rechtsverkehrs unrichtige Eintragungen im Handelsregister möglichst zu vermeiden, gilt für die erfolgte Eintragung der Grundsatz der Erhaltung der Eintragung (Keidel/Heinemann § 398 Rn. 3). Daraus folgt ein gegenüber einer Anmeldung zur Eintragung stark eingeschränktes Prüfungsrecht des Registergerichts. Bei einer Anmeldung hat das Registergericht darüber zu wachen, dass Erklärungen, die den gesetzlichen Erfordernissen und der Rechtslage nicht entsprechen, nicht Aufnahme in das Handelsregister und mit amtlicher Hilfe Verbreitung finden (vgl. BayObLGZ 1991, 337/340; BayObLG GmbHR 1996, 441/442 m.w.N.). Der Prüfungsumfang ändert sich aber, sobald die Anmeldung im Handelsregister eingetragen ist. Das Löschungsverfahren ist ein selbständig ausgestaltetes Verfahren und dient nicht dazu, etwaige Fehler des Anmeldeverfahrens zu korrigieren. 
Die Löschung soll nicht bewirken, das Register von unwirksamen und unrichtigen Eintragungen zu befreien; sie hat vielmehr den Zweck, im öffentlichen Interesse erlassene Vorschriften durchzusetzen (BayObLG BB 1991, 1729; GmbHR 1996, 441/442; m.w.N.; OLG Frankfurt a.M. FGPrax 2002, 35/36). Ob der Beschluss einer Gesellschafterversammlung über die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern nicht im Handelsregister hätte eingetragen werden dürfen, ist deshalb nicht Gegenstand der Prüfung, wenn es darum geht, ob die entsprechende Eintragung zu löschen ist. 
Nach § 398 FamFG muss der als nichtig zu löschende Beschluss seinem Inhalt nach und nicht durch die Art seines Zustandekommens zwingende gesetzliche Vorschriften verletzen. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, wenn der Gesellschafterbeschluss unter Verletzung der Vorschriften über die Einberufung der Versammlung oder über die Abstimmung zustande gekommen ist oder weil der Inhalt des Beschlusses gegen Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags verstößt. Für die Geltendmachung der Nichtigkeit von Beschlüssen allgemein steht den Gesellschaftern das Anfechtungsverfahren zur Verfügung (vgl. BayObLG BB 1991, 1729; GmbHR 1996, 441/442; OLG Frankfurt FGPrax 2002, 35/36; Bassenge/Roth/Walter FamFG 12. Aufl. § 398 Rn. 3). 
2. Es ist hier weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass der Gesellschafterbeschluss vom 1.7.2008 inhaltliche Mängel aufweist. Solche kommen bei der Geschäftsführerbestellung ohnehin nur ganz ausnahmsweise in Betracht, etwa bei Nichtigkeit wegen Geschäftsunfähigkeit des Bestellten oder wegen sonstiger Verstöße gegen § 6 Abs. 2 GmbHG (vgl. BayObLG BB 1991, 1729/1730; Baumbach/Hueck/Zöllner GmbHG 19. Aufl. Anh. § 47 Rn. 58). Hierfür bestehen nicht die geringsten Anhaltspunkte. Der Beteiligte zu 4 stützt seine Löschungsanregung ausschließlich darauf, dass aufgrund des Anteilsübertragungsvertrages vom 25.2.2004 Veränderungen im Kreis der Gesellschafter eingetreten seien mit der Folge, dass an der Beschlussfassung am 1.7.2008 nicht alle Gesellschafter beteiligt und auch nicht eingeladen gewesen seien. Er rügt damit ausschließlich Mängel des Beschlusses vom 1.7.2008, die die Art des Zustandekommens betreffen. Diese sind jedoch, wie oben ausgeführt, im Amtslöschungsverfahren grundsätzlich unbeachtlich. Die darauf gestützte Nichtigkeit des Gesellschafterbeschlusses ist ausschließlich im Anfechtungsverfahren geltend zu machen. 
III. Die Entscheidung über die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten beruht auf § 84 FamFG. Danach soll das Gericht die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat. Im vorliegenden Fall besteht kein Anlass, von diesem Grundsatz abzuweichen. 
Für die Festsetzung des Geschäftswerts ist maßgeblich das wirtschaftliche Interesse des Beschwerdeführers am Erfolg seines Rechtsmittels (§ 131 Abs. 4, § 30 Abs. 1 KostO). Das Interesse des Beteiligten zu 4 an der angeregten Amtslöschung schätzt der Senat auf 10.000 €. 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 70 Abs. 2 FamFG). 
 

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