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Wirtschaftsrecht
09.01.2014
Wirtschaftsrecht
Hess. VerwG: Abwicklung von Einlagegeschäften

Hess. VerwG, Beschluss vom 1.11.2013 - 6 B 1876/13


leitsätze


Bei der Abwicklungsanordnung nach § 37 Abs. 1 Satz 1 KWG handelt es sich um eine gesetzlich vorgezeichnete öffentlich rechtliche Maßnahme im aufsichtsrechtlichen Verhältnis der Behörde zu den betroffenen Unternehmen, die unabhängig von zivilrechtlichen Vereinbarungen mit den Anlegern ergehen kann (BVerwG, Urteil vom 23. November 2011 8 C 18.10 , BKR 2011, 208).


Daraus schließt der Senat, dass eine rückwirkende Schuldübernahme auch dann unbeachtlich ist, wenn sie nach Anhörung des Unternehmens und vor Erlass der Abwicklungsanordnung vereinbart wurde, ohne dass es insoweit einer weitergehenden höchstrichterlichen Klärung bedarf.


Aus den Gründen


I. Die Beteiligten streiten über die sofortige Vollziehbarkeit eines Bescheids vom 11. Dezember 2012, mit dem die Antragsgegnerin u.a. die unverzügliche Abwicklung von Einlagengeschäften i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Kreditwesengesetzes - KWG - durch die Antragstellerin angeordnet hat.


Als Darlehensnehmerin schloss die Antragstellerin in der Vergangenheit mit einer Vielzahl von Personen formalisierte Darlehensverträge ab, in denen sie für die darlehensweise Geldüberlassung Zinsen zwischen 4 % und 8,5 % pro Jahr versprach. Im Verlauf des Verwaltungsverfahrens übersandte der vormalige Bevollmächtigte der Antragstellerin mit Schreiben vom 30. August 2012 eine Aufstellung über die zum damaligen Zeitpunkt noch laufenden Darlehen; die Gesamtsumme der angenommenen Gelder belief sich danach auf 271.169,00 € (Bl. 54 des Verwaltungsvorgangs [Q 34-QF 5000-2012/0062], Bd. 1).


Der neue Bevollmächtigte der Antragstellerin teilte mit Schreiben vom 30. Oktober 2012 u.a. mit, dass sich alle eingegangenen Vertragsverhältnisse zwischenzeitlich in Abwicklung befänden. Gleichzeitig übersandte er der Antragsgegnerin vorformulierte Erklärungen von Darlehensgebern sowie Vereinbarungen zwischen den Darlehensgebern, der Antragstellerin - vertreten durch den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH, Herrn XY - und Herrn XY persönlich, wonach Letzterer rückwirkend auf den Zeitpunkt des Abschlusses des jeweiligen Darlehensvertrages in die Rechte und Pflichten der Antragstellerin als Darlehensnehmer eintritt und die Antragstellerin rückwirkend aus dem jeweiligen Darlehensvertrag ausscheidet.


Gleichwohl erließ die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin unter dem Datum des 11. Dezember 2012 eine Verfügung, deren Inhalt u.a. wie folgt lautete:


„I. a) Gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) gebe ich Ihnen auf, das Einlagengeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG, das Sie betreiben, indem Sie auf der Grundlage mit Dritten geschlossenen Darlehensverträgen fremde Gelder als Einlagen oder andere unbedingt rückzahlbare Gelder des Publikums angenommen haben, unverzüglich durch Rückzahlung aller angenommenen Gelder abwickeln.


b) Gemäß § 37 Abs. 1 Satz 2 KWG weise ich Sie an, die Rückzahlungen jeweils durch Überweisung auf ein Konto des Darlehensgebers vorzunehmen.


c) Darüber hinaus weise ich Sie an, an die Darlehensgeber ein Schreiben mit folgendem Wortlaut zu übermitteln:


„Die A. GmbH & Co. KG betreibt mit der Annahme von unbedingt rückzahlbaren Geldern des Publikums nach den Feststellungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) das Einlagengeschäft gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG). Über die hierfür erforderliche Erlaubnis der BaFin verfügt die A. GmbH & Co. KG nicht. Die BaFin hat der A. GmbH & Co. KG daher aufgegeben, das unerlaubt betriebene Einlagengeschäft zu beenden, indem die angenommenen Gelder unverzüglich durch Überweisungen auf ein Bankkonto des Darlehensgebers zurückgezahlt werden. Die aktuelle Vermögenslage der A. GmbH & Co. KG ist der BaFin nicht bekannt."


II. Gemäß § 44c Abs. 1 KWG gebe ich Ihnen auf, über den Umfang der erfolgten Abwicklung des Einlagengeschäfts zu berichten und die Rückzahlungen durch Übersendung von geeigneten Nachweisen (Überweisungsträger und Kopien der dazugehörigen Kontoauszüge) zu belegen.


III. Für den Fall, dass Sie nach Zustellung dieses Bescheids der Abwicklungsanordnung und der Weisung zu I. innerhalb einer Frist von zwei Wochen oder dem Auskunfts- und Vorlegungsersuchen zu II. innerhalb einer Frist von drei Wochen nicht, nicht richtig oder nicht vollständig nachkommen sollten, drohe ich Ihnen hiermit gemäß § 13 des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes (VwVG) in Verbindung mit § 17 des Gesetzes über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (FinDAG) jeweils die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von


50.000,-- Euro


(in Worten: fünfzigtausend Euro)


an.


IV. Für die Verfügung zu Ziffer I. setze ich gemäß § 14 Abs. 1 und 2 FinDAG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Erhebung von Gebühren und die Umlegung von Kosten nach dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz (FinDAGKostV) unter Ziffer 1.1.16.1.1 des Gebührenverzeichnisses zu dieser Verordnung eine Gebühr von


10.000,-- Euro


(in Worten: zehntausend Euro)


fest."


Gegen den am 15. Dezember 2012 zugestellten Bescheid legte der Bevollmächtigte der Antragstellerin am 15. Januar 2013 Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der sofortigen Vollziehung. Gleichzeitig reichte er vorformulierte Erklärungen von und Vereinbarungen mit weiteren Darlehensgebern ein.


Die Antragsgegnerin lehnte den Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung mit Schreiben vom 7. Mai 2013 ab und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom selben Tag zurück.


Am 7. Juni 2013 hat die Antragstellerin bei dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der gleichzeitig erhobenen Anfechtungsklage gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 11. Dezember 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 7. Mai 2013 gestellt.


Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 6. August 2013 - dem Bevollmächtigten der Antragstellerin zugestellt am 14. August 2013 - abgelehnt. Dagegen richtet sich die vom Bevollmächtigten der Antragstellerin am 26. August 2013 eingelegte und am 13. September 2013 begründete Beschwerde.


II. Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig (§ 146 Abs. 1 und 4 VwGO); in der Sache hat sie allerdings keinen Erfolg.


Die Darlegungen der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung vom 13. September 2013, auf deren Überprüfung der Senat gem. § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen eine Änderung der angegriffenen Entscheidung nicht.


Das Verwaltungsgericht hat das Begehren der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 11. Dezember 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 7. Mai 2013 zu Recht abgelehnt.


Das Verwaltungsgericht ist in dem angegriffenen Beschluss vom 6. August 2013 davon ausgegangen, dass der Eilantrag in der Sache keinen Erfolg habe, da sich die angegriffenen Maßnahmen als offensichtlich rechtmäßig erwiesen und die Interessenabwägung zu Gunsten der öffentlichen Belange ausfalle. Hinsichtlich der im Widerspruchsbescheid festgesetzten Verwaltungsgebühr hat das Verwaltungsgericht den Eilantrag gem. § 80 Abs. 6 VwGO als unzulässig erachtet, weil die Antragstellerin insoweit nicht zuvor die Aussetzung der Vollziehung bei der Antragsgegnerin beantragt habe.


Durchgreifende Bedenken gegen die Argumentation des Verwaltungsgerichts ergeben sich aus der Beschwerdebegründung vom 13. September 2013 nicht.


Die Antragstellerin begründet ihre Beschwerde damit, dass das Verwaltungsgericht fehlerhaft die offensichtliche Rechtmäßigkeit der angegriffenen Maßnahmen bejaht und ebenso fehlerhaft und unter Verstoß gegen Art. 103 GG ausgesprochen habe, dass die vorzunehmende Interessenabwägung zu Gunsten der öffentlichen Belange ausfalle.


Die Antragstellerin macht in erster Linie - Punkt A der Beschwerdebegründung - geltend, das Verwaltungsgericht hätte den Umstand, dass sie - die Antragstellerin - keine neuen Darlehen mehr zur eigenen Finanzierung aufnimmt, sowie ihren Vortrag, dass sie Insolvenzantrag stellen müsse, wenn sie die aufgenommenen Darlehen sofort zurück zu zahlen hätte, zum Anlass nehmen müssen, die öffentlichen Belange im Rahmen der Interessenabwägung zurücktreten zu lassen. In diesem Zusammenhang rügt die Antragstellerin auch, das Verwaltungsgericht habe in mehrfacher Hinsicht gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG) verstoßen, indem es ausgeführt habe, die Antragstellerin habe nicht einmal ansatzweise nachvollziehbar dargestellt, dass sie im Falle des Sofortvollzugs Insolvenzantrag stellen müsse.


Der von der Antragstellerin geltend gemachte Verfahrensfehler der Gehörsverletzung ist - für sich genommen - nicht geeignet, eine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung zu rechtfertigen. Dabei können die Fragen, ob das Verwaltungsgericht den Beteiligten zuvor hätte Gelegenheit zur Äußerung geben müssen und ob es entscheidungserheblichen Vortrag der Antragstellerin zur eigenen Insolvenz zwar zur Kenntnis genommen, aber nicht erwogen hat, dahingestellt bleiben. Jedenfalls hatte die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren ausreichend Gelegenheit, in Kenntnis des angegriffenen Beschlusses zur Sache Stellung zu nehmen; etwaige Verstöße des Verwaltungsgerichts gegen die Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs wären damit geheilt.


Das Verwaltungsgericht hat die Vollziehung der Abwicklungsanordnung, des Auskunfts- und Vorlegungsersuchens und der Zwangsgeldandrohung auch zu Recht als eilbedürftig bewertet.


Dabei ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber in § 49 KWG einen grundsätzlichen Vorrang des Vollzugsinteresses für eine auf § 37 Abs. 1 Satz 1 KWG gestützte Abwicklungsanordnung sowie ein auf § 44 Abs. 1 KWG gestütztes Auskunfts- und Vorlegungsverlangen einschließlich der Androhung von Zwangsmitteln angeordnet hat und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine davon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Hat der Gesetzgeber sich schon für den Sofortvollzug entschieden, sind die Gerichte - neben der Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache - zu einer Einzelfallbetrachtung nur im Hinblick auf solche Umstände gehalten, die von den Beteiligten vorgetragen werden und die Annahme rechtfertigen können, dass im konkreten Fall von der gesetzgeberischen Grundentscheidung ausnahmsweise abzuweichen ist. Derjenige Antragsteller, der die Aufhebung des Sofortvollzugs begehrt, muss die Wertung des Gesetzgebers mit Besonderheiten seiner Situation entkräften und Wege aufzeigen, die gleichwohl den öffentlichen Belangen noch Rechnung tragen. Allerdings sind die Folgen, die sich für den einzelnen Antragsteller mit dem Sofortvollzug verbinden, nur insoweit beachtlich, als sie nicht schon als regelmäßige Folge der gesetzlichen Anordnung des Sofortvollzugs in der gesetzgeberischen Grundentscheidung Berücksichtigung gefunden haben (Hess. VGH, Beschluss vom 23.04.2004 - 6 TG 3495/03 -, unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 10.10.2003 - 1 BvR 2025/03 -, NVwZ 2004, 93; Hess. VGH, Beschluss vom 06.11.2012 - 6 B 1267/12 -, LKRZ 2013, 127).


Der Antragstellerin ist es in der Beschwerdebegründung nicht gelungen, die Wertung des Gesetzgebers in § 49 KWG mit Besonderheiten ihrer Situation zu entkräften. Das Argument der Antragstellerin, sie nehme keine neuen Darlehen auf, rechtfertigt es nicht, zu ihren Gunsten vom gesetzlichen Vorrang des Vollzugsinteresses abzuweichen. Dem Umstand, dass die Antragstellerin keine neuen Darlehen mehr aufnimmt, hat die Antragsgegnerin bereits dadurch Rechnung getragen, dass sie in der angegriffenen Verfügung vom 11. Dezember 2012 davon abgesehen hat, der Antragstellerin das Betreiben des Einlagengeschäfts gem. § 37 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG zu untersagen und für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld anzudrohen. Dagegen hat der Umstand, dass neue Darlehen nicht aufgenommen werden, keinen Einfluss darauf, dass die bereits in der Vergangenheit abgeschlossenen Darlehensverträge nach dem Willen des Gesetzgebers unverzüglich abgewickelt werden und Widerspruch bzw. Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben sollen.


Auch das weitere Argument der Antragstellerin, im Falle des Sofortvollzugs sei sie gezwungen, Insolvenzantrag zu stellen, ist nicht geeignet, den gesetzlich angeordneten Sofortvollzug der Abwicklungsanordnung außer Kraft zu setzen. Selbst wenn nach dem Vorbringen der Antragstellerin im erstinstanzlichen Verfahren und im Beschwerdeverfahren genügend Anhaltspunkte für eine drohende Insolvenz gegeben wären, rechtfertigte dies nicht die Annahme, im konkreten Fall ausnahmsweise von der gesetzgeberischen Entscheidung abzuweichen. Dabei kann die Frage, ob die Gefahr der Insolvenz in der gesetzgeberischen Wertung bereits berücksichtigt ist - wie die Antragsgegnerin behauptet - und damit als Besonderheit im Rahmen der Interessenabwägung ausscheidet, offen bleiben. Jedenfalls hat die Antragstellerin keine Wege aufgezeigt, die den öffentlichen Belangen noch Rechnung tragen. Die öffentlichen Belange sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dadurch gekennzeichnet, dass nach dem Wortlaut des § 37 Abs. 1 Satz 1 KWG die Maßnahme darauf gerichtet ist, die Geschäftstätigkeit schnellstmöglich zu beenden und eine umgehende Abwicklung der getätigten Geschäfte zu bewirken (BVerwG, Urteil vom 15.12.2010 - 8 C 37/09 -, juris, Rdnr. 15 = BKR 2011, 208 ff.). Allein die von der Antragstellerin - unter Punkt C II der Beschwerdebegründung - erklärte Bereitschaft, laufend mitzuteilen, welche Möglichkeiten der Darlehensrückführungen beständen, genügt nicht, um den öffentlichen Belangen ausreichend Rechnung zu tragen.


Der Antragstellerin ist es - unter Punkt B der Beschwerdebegründung - auch nicht gelungen, die Annahme des Verwaltungsgerichts ernsthaft in Zweifel zu ziehen, wonach sich die angegriffenen Maßnahmen - also die Abwicklungsanordnung, das Auskunfts- und Vorlegungsersuchen und die Zwangsgeldandrohung in Höhe von jeweils 50.000,00 € - als offensichtlich rechtmäßig erwiesen.


In diesem Zusammenhang stützt die Antragstellerin ihre Beschwerde in erster Linie darauf, dass die Abwicklungsanordnung nicht hinreichend bestimmt und damit formell rechtswidrig sei. Demgegenüber ist das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Beschluss zu Recht davon ausgegangen, dass den Bestimmtheitsanforderungen i. S. d. § 37 Abs. 1 VwVfG dadurch Genüge getan ist, dass die Antragstellerin auf Seite 5 des Ausgangsbescheids auf das Schreiben des vormaligen Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 30. August 2012, insbesondere die als Anlage dazu eingereichte Aufstellung über die zum damaligen Zeitpunkt noch laufenden Darlehen, Bezug genommen hat.


Das Bundesverwaltungsgericht hat im Urteil vom 22. September 2004 - 6 C 29/03 - (BVerwGE 122, 29) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass zur Bestimmung des Regelungsinhaltes eines Verwaltungsakts nicht nur der Entscheidungssatz und die beigefügte Begründung, sondern auch die sonstigen bekannten und ohne weiteres erkennbaren Umstände heranzuziehen sind. Durch die Bezugnahme auf die im Verwaltungsverfahren eingereichte Aufstellung, die Bestandteil der Behördenakten ist, kann der Regelungsgehalt der Anordnung eindeutig bestimmt werden. Auf die Fragen, ob die Darlehensgeber ihre Betroffenheit erkennen können, ob die Antragstellerin aktuell noch Darlehensnehmerin ist und die Darlehensverbindlichkeiten noch existieren, kommt es für das Merkmal der Bestimmtheit der Anordnung i. S. d. § 37 Abs. 1 VwVfG nicht an.


Die Einwände der Antragstellerin gegen die materielle Rechtmäßigkeit der Verfügung vom 11. Dezember 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 7. Mai 2013 rechtfertigen eine Änderung der angegriffenen Entscheidung ebenfalls nicht.


Gegen die materielle Rechtmäßigkeit der Abwicklungsanordnung wendet die Antragstellerin in erster Linie ein, sie selbst sei nicht die richtige Adressatin der angeordneten Maßnahme, nachdem sie - rückwirkend - aus den Darlehensverträgen ausgeschieden sei. Eine Unbeachtlichkeit der Schuldübernahme sei höchstrichterlich noch nicht geklärt und - ausweislich eines Aktenvermerks (Bl. 30 ff. des Widerspruchsvorgangs [Q 31-QR 4011-2013/0003]) - auch im Hause der Antragsgegnerin nicht unumstritten.


Das Verwaltungsgericht hat sich dagegen auf den Standpunkt gestellt, der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere im Urteil vom 23. November 2011 (8 C 18.10), lasse sich entnehmen, dass eine Abwicklungsanordnung ohne Rücksicht darauf zulässig sei, welche nachträglichen Veränderungen die ursprünglichen Einlagengeschäfte erfahren hätten. Der Senat teilt diese Rechtsauffassung. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der vorbezeichneten Entscheidung unter Hinweis auf die damit übereinstimmende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei der Abwicklungsanordnung nach § 37 Abs. 1 Satz 1 KWG um eine gesetzlich vorgezeichnete öffentlich-rechtliche Maßnahme im aufsichtsrechtlichen Verhältnis der Behörde zu den betroffenen Unternehmen handele, die unabhängig von zivilrechtlichen Vereinbarungen mit den Anlegern ergehen könne. Die durch § 37 Abs. 1 Satz 1 KWG eingeräumte Ermächtigung der Behörde, das der Aufsicht unterworfene Unternehmen öffentlich-rechtlich zur sofortigen Rückzahlung der Einlagen zu verpflichten, lasse den Bestand der zivilrechtlichen Vereinbarungen des Unternehmens mit den Anlegern unberührt; aber auch umgekehrt könne sich das Unternehmen seiner öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen nicht durch zivilrechtliche Vereinbarung mit den Anlegern entziehen (BVerwG, a.a.O., juris, Rdnrn. 17 bis 19). Daraus schließt der Senat - ebenso wie das Verwaltungsgericht -, dass eine rückwirkende Schuldübernahme auch dann unbeachtlich ist, wenn sie nach Anhörung des Unternehmens und vor Erlass der Abwicklungsanordnung vereinbart wurde, ohne dass es insoweit einer weitergehenden höchstrichterlichen Klärung bedarf.


Auch der Einwand der Antragstellerin, sie betreibe kein Bankgeschäft in der Form des Einlagengeschäfts, da sie nie unbedingte Rückzahlungsverpflichtungen eingegangen sei und nicht gewerbsmäßig gehandelt habe, ist nicht geeignet, Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verfügung vom 11. Dezember 2012 aufkommen zu lassen.


Die Gelder sind - entgegen der Behauptung der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung - unbedingt rückzahlbar i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG. Unbedingt rückzahlbar sind Gelder dann, wenn die Verlustteilnahme ausgeschlossen ist; nimmt die Einlage am Verlust teil, so handelt es sich um eine bedingte Rückzahlbarkeit (Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kreditwesengesetz, Kommentar, 4. Aufl., 2012, § 1 KWG Rdnr. 42). Ausweislich der in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Musterverträge hat die Antragstellerin Darlehensverträge mit den jeweiligen Darlehensgebern geschlossen, wonach die Rückzahlung des Darlehens nebst Zinsen zu einem bestimmten Zeitpunkt erfolgen sollte; von einer Verlustteilnahme ist in den Musterverträgen keine Rede. Auch die von der Antragstellerin im Verwaltungsverfahren eingereichten - vorformulierten - Erklärungen der Darlehensgeber (vgl. Bl. 83 f. der Behördenakte) ändern nichts an der vertraglichen Verpflichtung zur unbedingten Rückzahlung der jeweiligen Darlehenssumme.


Dass es sich bei den Darlehensgebern um Privatpersonen handelt, steht der Einstufung der Darlehensverträge als Annahme von Geldern des Publikums ebenfalls nicht entgegen (vgl. dazu: OLG Celle, Urteil vom 14.10.2004 - 4 U 114/04 -, OLGR Celle 2005, 96). Die Formulierung in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG - zweite Tatbestandsvariante -, wonach es sich um Gelder des Publikums handeln muss, dient nur der Klarstellung, dass die Hereinnahme rückzahlbarer Gelder von verbundenen Unternehmen nicht als Einlagengeschäft in diesem Sinne anzusehen ist (vgl. hierzu die Begründung des Gesetzentwurfs: BT-Drs. 13/7142 S. 63).


Die Antragstellerin betreibt das Bankgeschäft in der Form des Einlagengeschäfts auch gewerbsmäßig i. S. d. § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG. Gewerbsmäßiges Handeln in diesem Sinne liegt bereits dann vor, wenn die Tätigkeit auf eine gewisse Dauer angelegt ist und der Betreiber mit der Absicht der Gewinnerzielung handelt (BGH, Urteil vom 11.07.2006 - 6 ZR 339/04 -, ZIP 2006, 1761). Die Tätigkeit der Antragstellerin war bereits dadurch auf eine gewisse Dauer angelegt, dass sie Darlehensverträge im Zeitraum von 2001 bis 2012 abschloss, deren Laufzeit zum Teil bis in das Jahr 2021 hineinreichte. Die Antragstellerin handelte auch mit Gewinnerzielungsabsicht. Gerade die von der Antragstellerin eingereichten - vorformulierten - Erklärungen der Darlehensgeber belegen, dass der Geschäftsführer der Antragstellerin die Darlehenssummen benötigte, um seine berufliche Existenz als Versicherungs- und Immobilienmakler aufrecht zu erhalten mit dem Ziel, die gewährten Darlehen aus erwirtschafteten Provisionen zurück zu zahlen. Das deutet darauf hin, dass die Antragstellerin die Gelder entgegen genommen hat, um sie in irgendeiner Art und Weise - zumindest mittelbar - gewinnbringend für eigene Zwecke zu nutzen; das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit ist damit erfüllt.


Auch die übrigen Einwände der Antragstellerin rechtfertigen eine Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung nicht.


Die Antragstellerin hält die angeordneten Maßnahmen, insbesondere die Abwicklungsanordnung, für unangemessen und ungeeignet. Sie beruft sich in diesem Zusammenhang darauf, dass ihre Geschäfte zwar rentierlich seien und ihr die Einhaltung der Darlehensrückzahlungen - wie vereinbart - ermöglichten. Die zwangsweise sofortige Rückabwicklung hätte allerdings zur Folge, dass sie ihr werbendes Geschäft aufgeben müsse und weder sie selbst noch ihr Geschäftsführer - als neuer Darlehensnehmer - in der Lage wäre, die Darlehen zurück zu zahlen.


Die Abwicklungsanordnung verstößt - auch unter Berücksichtigung der vorbezeichneten Argumente der Antragstellerin - nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie ist insbesondere nicht deshalb ungeeignet, weil die Antragstellerin vorträgt, nicht über die notwendigen finanziellen Mittel zur sofortigen vollständigen Rückzahlung der angenommenen Gelder zu verfügen und gegebenenfalls Insolvenzantrag stellen zu müssen. Die Antragsgegnerin hat im Widerspruchsbescheid vom 7. Mai 2013 zu Recht darauf abgestellt, dass eine wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit die Verpflichtung zur Rückzahlung nicht entfallen lasse (so auch: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 23.11.2011, a.a.O., juris, Rdnr. 24). Ein weniger einschneidendes Mittel als die sofortige Rückzahlung der Darlehenssummen zur Behebung des gesetzwidrigen Zustandes ist nicht ersichtlich; ein Zuwarten und Dulden der weiteren Vertragsdurchführung ist zudem mit der Gefahr einer Intensivierung des Ausfallrisikos behaftet (so auch: BVerwG, Urteil vom 15.12.2010, a.a.O., juris, Rdnr. 24).


Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.


Bei der Festsetzung des Streitwertes orientiert sich der Senat an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 23.11.2011 - 8 C 18/10 -, juris) und bemisst die wirtschaftliche Bedeutung der Abwicklungsanordnung für die Antragstellerin mit 10 % der zurück zu zahlenden Einlagen, also mit 27.116,90 €. Wird in dem angefochtenen Bescheid neben einer Grundverfügung zugleich ein Zwangsgeld angedroht, das höher ist als der für die Grundverfügung selbst zu bemessende Streitwert, so ist dieser höhere Streitwert festzusetzen (Nr. 1.6.2 Satz 2 des Streitwertkatalogs in der Fassung vom 7./8. Juli 2004, NVwZ 2004, 1327). Mit Rücksicht darauf, dass in dem Bescheid vom 11. Dezember 2012 die Festsetzung eines Zwangsgeldes von jeweils 50.000,00 € für Zuwiderhandlungen gegen die Abwicklungsanordnung nebst Weisungen unter Punkt I - einerseits - und gegen das Auskunfts- und Vorlegungsersuchen unter Punkt II - andererseits - angedroht worden ist, resultiert daraus ein Streitwert von 2 x 50.000,00 €. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in dem vorbezeichneten Beschluss bringt der Senat auch die im Erstbescheid (10.000,00 €) und im Widerspruchsbescheid (1.000,00 €) festgesetzten Gebühren streitwerterhöhend in Ansatz. Daraus resultiert ein Gesamtstreitwert von 111.000,00 €, der im Eilverfahren lediglich zur Hälfte - also mit 55.500,00 € - veranschlagt wird (Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs). Die Befugnis des Senats zur Abänderung der erstinstanzlichen Wertfestsetzung von Amts wegen resultiert aus § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG.


Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 66 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG).

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