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Wirtschaftsrecht
20.04.2023
Wirtschaftsrecht
OLG Frankfurt a. M.: Speicherung von Daten in Wirtschaftsauskunftei nach Forderungstilgung

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 18.1.2023 – 7 U 100/22

ECLI:DE:OLGHE:2023:0118.7U100.22.00

Volltext: BB-Online BBL2023-898-5

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Amtlicher Leitsatz

Die Notwendigkeit einer Speicherung von Daten in einer Wirtschaftsauskunftei entfällt nicht allein deswegen, weil die Forderung zwischenzeitlich getilgt worden ist und ein entsprechender Eintrag in das Schuldnerverzeichnis nach § 882e ZPO zu löschen wäre, wenn die Begleichung der Forderung nachgewiesen wird.

 

Sachverhalt

    I.

Die Klägerin begehrt gegenüber der Beklagten die Löschung eines Eintrags aus dem von ihr geführten Register einer Wirtschaftsauskunftei sowie klageerweiternd in der Berufungsinstanz die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes.

Auf Antrag der X AG wurde gegen den Inhaber der Klägerin am 15.11.2021 ein Vollstreckungsbescheid über 1.059,99 € wegen rückständiger Beitragszahlungen für eine Krankheitskostenversicherung erlassen. Dies wurde der Antragsgegnerin gemeldet, die einen entsprechenden Eintrag in das von ihr geführte Register vornahm. Ferner wurde dort eingetragen, dass der Vorgang am 04.01.2022 seine Erledigung durch Zahlung der offenen Forderung gefunden habe. Eine Abfrage der Dateien über die Klägerin ist derzeit infolge einer Sperrung des Eintrags nicht möglich.

Die Klägerin hat geltend gemacht, sie habe aufgrund der nach § 28 Abs. 1 BDSG a.F., § 6 BDSG n.F. vorzunehmenden Interessenabwägung einen Anspruch auf Löschung des Eintrags, da ihr ansonsten ein erheblicher Schaden drohe, zumal die Forderung verhältnismäßig geringfügig sei und sie über Immobilienbesitz in Höhe von ca. 10 Mio. Euro verfüge. Wäre der Titel im Schuldnerverzeichnis eingetragen gewesen, hätte die Beklagte die Löschung des Eintrags nach den „Verhaltensregeln für die Prüf- und Löschfristen von personenbezogenen Daten durch die Deutschen Wirtschaftsauskunfteien vom 22.05.2018“ sofort nach Zahlung vorgenommen. Sei der Titel jedoch - wie hier - nicht in das Schuldnerverzeichnis aufgenommen, erfolge die Löschung erst nach drei Jahren. Der Grund für diese Differenzierung sei nicht ersichtlich; sie stehe auch in unauflösbarem Widerspruch zu den Regelungen in § 9 InsO, § 3 InsOBekVO bezüglich der Restschuldbefreiung. In diesem Zusammenhang hat die Klägerin auf eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union durch das Verwaltungsgericht Wiesbaden hingewiesen. Eine Parallele ergebe sich insofern zu den Löschfristen für Eintragungen in das Schuldnerverzeichnis nach § 882e Abs. 3 ZPO.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen bei Meidung der Rechtsfolgen des § 890 ZPO den Schufa-Eintrag der X AG vom 01.11.2012 über die Klägerin aus ihren Registern zu löschen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, ein Anspruch auf Löschung aus § 17 DSGVO bestehe nicht, wie der Senat im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens zwischen den Parteien in seinem Beschluss vom 28.02.2022 im Verfahren ... bereits entschieden habe. Der Eintrag sei rechtmäßig erfolgt. Dem Vollstreckungsbescheid seien monatelange Bemühungen vorangegangen, eine Zahlung durch den Inhaber der Klägerin herbeizuführen. Erst nachdem dessen Konto gesperrt worden sei, sei es zu einem Ausgleich der Forderung gekommen. Dies belege eine erhebliche Unzuverlässigkeit. Sie, die Beklagte, habe auch eine Interessenabwägung durchgeführt. Der streitgegenständliche Eintrag, dessen Richtigkeit die Klägerin nicht in Frage stelle, sei für die Beurteilung der Bonität von Relevanz. Die Interessen der Klägerin müssten hier hinter die Interessen der Vertragspartner der Beklagten, der Beklagten selbst sowie der Allgemeinheit zurücktreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht Wiesbaden hat die Klage mit Urteil vom 28.07.2022 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe weder aus Art. 17 Abs. 1a) DSGVO noch aus Art. 17 Abs. 1 c) bzw. Art. 17 Abs. 1b) DSGVO einen Anspruch auf Löschung des Eintrags. Die Daten seien durch die Beklagte nicht unrechtmäßig verarbeitet worden, da das Interesse der Beklagten im Sinne von § 6 Abs. 1f) DSGVO überwiege. Die Speicherung und Weitergabe kreditrelevanter Informationen durch die Beklagte diene dazu, ihren Vertragspartnern eine sachgerechte Risikoeinschätzung im Rahmen von kreditrelevanten Geschäften zu erleichtern. Ferner entspreche dies den mit der Verbraucherkreditlinie (Richtlinie 2008/48/EG des europäischen Parlamentes und Rates vom 23.04.2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102 EWG) verfolgten Zielen. Entsprechend könne auch nicht darauf abgestellt werden, ob die eingetragene Forderung im Gesamtverhältnis als nicht erheblich einzuschätzen sei, da eine derartige Beurteilung nicht der Beklagten, sondern dem jeweiligen Kreditinstitut obliege. Die Notwendigkeit der Speicherung sei auch nicht dadurch entfallen, dass die Forderung zwischenzeitlich beglichen worden sei und ein entsprechender Eintrag in das Schuldnerverzeichnis nach § 882e ZPO zu löschen gewesen wäre. Für potentielle Vertragspartner der Klägerin sei der Umstand, dass eine, wenn auch geringfügige, Forderung erst nach Titulierung getilgt worden sei, von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. Die weitere Speicherung sei hier auch nicht unverhältnismäßig und erfülle weiterhin eine zulässige Warnfunktion. Zudem sei die Eintragung im Schuldnerverzeichnis nach § 882e ZPO auch nicht vergleichbar mit der Eintragung in einem Register bei der Beklagten. Für das Vorliegen einer atypischen Situation im Sinne von Art. 17 Abs. 1c) DSGVO habe die Klägerin nichts vorgetragen. Auch wenn sie im Rahmen von notariellen Verträgen entsprechende Zahlungsverpflichtungen eingegangen sei, die sie möglicherweise aufgrund der Eintragung bei der Beklagten nicht erfüllen könne, liege keine besondere und außergewöhnliche Situation vor. Die Frage, ob bei einer Restschuldbefreiung Löschungsansprüche früher als nach Ablauf von drei Jahre bestünden, sei nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, so dass die vom Verwaltungsgericht Wiesbaden aufgeworfenen Fragen an den Gerichtshof der Europäischen Union nicht erheblich seien.

Gegen das ihr am 28.07.2022 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 08.08.2022 Berufung eingelegt und diese am 15.08.2022 begründet.

Die Klägerin macht zur Begründung der Berufung geltend, die von dem Landgericht angeführten Gründe für eine fehlende Vergleichbarkeit von Einträgen bei der Beklagten mit solchen im Schuldnerverzeichnis seien nicht nachvollziehbar. Für potentielle Vertragspartner sei es ebenso von Interesse zu erfahren, dass ein Schuldner im Schuldnerverzeichnis eingetragen worden sei. Denn die Eintragung dort erfolge nicht durch Meldung des Vertragspartners, sondern erst durch den Gerichtsvollzieher. Hierbei sei es nicht von Interesse, dass die Einsicht in das Schuldnerverzeichnis jedermann möglich sei, Auskünfte durch die Beklagte aber nur deren Vertragspartnern erteilt würden. Es gehe nicht darum, wie groß oder wie klein der Kreis derjenigen sei, der die Auskunft bekomme, da jede Auskunft - auch eine solche aus dem Schuldnerverzeichnis - für die Beurteilung der Solvenz von erheblicher Bedeutung sei. Unter Hinweis auf das Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig-Holstein vom 03.06.2022 ist die Klägerin der Auffassung, dass die Vorgaben für die Löschung von Einträgen in dem Schuldnerverzeichnis entsprechend bei Löschungsfristen für Einträge bei der Beklagten anzuwenden seien. Durch die unterlassene Löschung sei die Klägerin schwerwiegend in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt. Eine anderweitige Wiedergutmachung stehe nicht zur Verfügung, so dass die Beklagte zur Zahlung eines Schmerzensgeldes verpflichtet sei.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen bei Meidung der Rechtsfolgen des § 890 ZPO den Schufa-Eintrag der X AG vom 01.11.2012 über die Klägerin aus ihren Registern zu löschen.

Erweiternd beantragt die Klägerin mit Schriftsatz vom 13.10.2022,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 10.100,00 €, nebst 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Klage, soweit sie in der Berufung erweitert wurde, abzuweisen.

Die Beklagte hat in die Klageerweiterung nicht eingewilligt. Im Übrigen verteidigt die Beklagte das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.

Der Senat hat im Einverständnis der Parteien mit Beschluss vom 14.11.2022 das schriftliche Verfahren angeordnet und die gemeinsame Schriftsatzfrist, die zugleich dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, auf den 07.12.2022 bestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen Bezug genommen auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die zur Gerichtsakte gereicht worden sind.

Aus den Gründen

    II.

Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Es liegt kein Berufungsgrund im Sinne von § 513 ZPO vor, da die Entscheidung des Landgerichts weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO beruht noch die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung in der Sache rechtfertigen.

Es kann dahinstehen, ob die mit Schriftsatz vom 13.10.2022 vorgenommene Erweiterung der Klage sachdienlich im Sinne von § 533 ZPO und damit zulässig ist, da die Klage insoweit unbegründet ist.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte weder ein Anspruch auf Löschung des streitgegenständlichen Eintrags noch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes zu.

Ein Anspruch der Klägerin auf Löschung des streitgegenständlichen Anspruchs besteht nicht.

Die betroffene Person hat nach Art 17 Abs. 1 DSGVO das Recht, von dem Verantwortlichen zu verlangen, dass sie betreffende personenbezogene Daten unverzüglich gelöscht werden, und der Verantwortliche ist verpflichtet, personenbezogene Daten unverzüglich zu löschen, sofern unter anderem einer der folgenden Gründe zutrifft:

 

    a) Die personenbezogenen Daten sind für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig.

 

    b) Die betroffene Person widerruft ihre Einwilligung, auf die sich die Verarbeitung gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a oder Artikel 9 Abs. 2 Buchstabe a stützte, und es fehlt an einer anderweitigen Rechtsgrundlage für die Verarbeitung.

 

    c) Die betroffene Person legt gemäß Artikel 21 Absatz 1 Widerspruch gegen die Verarbeitung ein und es liegen keine vorrangigen berechtigten Gründe für die Verarbeitung vor, oder die betroffene Person legt gemäß Artikel 21 Absatz 2 Widerspruch gegen die Verarbeitung ein.

 

    d) Die personenbezogenen Daten wurden unrechtmäßig verarbeitet.

 

    e) Die Löschung der personenbezogenen Daten ist zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung nach dem Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedstaaten erforderlich, dem der Verantwortliche unterliegt.

 

    f) Die personenbezogenen Daten wurden in Bezug auf angebotene Dienste der Informationsgesellschaft gemäß Artikel 8 Absatz 1 erhoben.

Keiner dieser Gründe aber liegt hier vor.

Die Verarbeitung durch die Beklagte erfolgte zur Wahrung ihrer eigenen sowie der berechtigten Interessen zumindest ihrer Vertragspartner als Dritte, ohne dass überwiegende Interessen der Klägerin dem entgegenstehen (Art. 6 Abs. 1f) DSGVO).

Die Datenverarbeitung durch die Beklagte in Form der Speicherung erfolgte zunächst im Interesse der Beklagten selbst als allgemeine Grundlage für ihr Geschäftsmodell. Denn sie schließt Verträge mit Unternehmen, die Leistungen anbieten, die jedenfalls auch kreditorischer Natur sein können. Entgelte erhält sie von ihren Kunden für die Möglichkeit, von ihr für kreditrelevant gehaltene Informationen über deren potentielle Kunden zu erlangen. Da alle Interessen im Sinne des Art. 6 DS-GVO berechtigt sein können, die rechtlicher, persönlicher, ideeller, aber auch rein wirtschaftlicher Natur sind, stellt auch das rein geschäftliche Interesse der Beklagten an der Speicherung grundsätzlich ein derartiges berechtigtes Interesse dar. Die Speicherung zu diesem Zweck ist auch erforderlich, weil die Beklagte ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber ihren Kunden bzgl. die Klägerin betreffenden Anfragen mangels vollständiger Datengrundlage sonst nicht erfüllen kann (OLG Stuttgart, Urteil vom 10.08.2022 - 9 U 24/22 - zit. n. Juris).

Darüber hinaus diente die Speicherung auch und insbesondere den Interessen von Vertragspartnern der Beklagten als potentielle Kreditgeber der Klägerin. Denn sie bildete die Datengrundlage für erbetene Auskünfte dieses umgrenzten Personenkreises unter Darlegung eines berechtigten Interesses, was bei einer konkret beabsichtigten Geschäftsbeziehung zur Klägerin regelmäßig vorliegen wird. Dass das Interesse der potentiellen Kunden der Beklagten nicht nur berechtigt, sondern auch von der - europäischen wie auch innerstaatlichen - Rechtsordnung als besonders schützenswert angesehen wird, ist insbesondere an den zur Umsetzung des Art. 8 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates ersichtlich, die die Vergabe von Verbraucherkrediten unter die Voraussetzung einer u. a. auf Daten wie der Beklagten basierenden Kreditwürdigkeitsprüfung stellt (vgl. OLG Köln, Urteil vom 27.01.2022 - 15 U 153/21 - zit. n. Juris).

Diese und die darauf beruhende Übermittlung der angefragten Daten, ebenfalls Verarbeitung im Sinne des Art. 4 Nr. 2 DS-GVO, sind zur Wahrung dieser berechtigten Interessen erforderlich, da die anfragenden Kunden das frühere Zahlungsverhalten auch für die eigene, potentiell beabsichtigte Geschäftsbeziehung zur Klägerin offensichtlich für vertragsrelevant halten. Andernfalls würden sie eine Auskunft über derartige, von der Beklagten typischerweise gespeicherte Daten nicht einholen.

Diese Auskünfte sind erforderlich, um die Informationsdisparität zwischen Kreditgebern und Kreditnehmern auszugleichen. Andernfalls wären die Kreditgeber ausschließlich auf die Eigenangaben potentieller Kreditnehmer angewiesen. Die Ermittlung der Kreditwürdigkeit, zu der die Kreditinstitute nicht nur aus eigenem Interesse verpflichtet sind, und die Erteilung von Bonitätsauskünften bilden das Fundament des deutschen Kreditwesens und dienen auch der Funktionsfähigkeit der Wirtschaft, sowie dem Schutz der Verbraucher vor Überschuldung (vgl. LG Aschaffenburg, Urteil vom 07.10.2020 - 15 O 46/20 - zit. n. Juris; LG Hamburg, Urteil vom 23.07.2020 - 334 O 161/19 - zit. n. Juris; siehe auch BGH, Beschluss vom 12.04.2016 - VI ZB 48/14 - zit. n. Juris; OLG Frankfurt, Urteil vom 14.12.2015 - 1 U 128/15 - zit. n. Juris).

Unter Beachtung dieser Umstände ist ein Überwiegen berechtigter Interessen der Klägerin nicht ersichtlich. Der Umstand, dass der Inhaber der Klägerin durch Vollstreckungsbescheid zu einer Zahlung verurteilt wurde, hat einen unmittelbaren Bezug zu ihrer Zahlungsfähigkeit und/ oder Zahlungsunwilligkeit. Die Klägerin verlangt so gestellt zu werden wie eine Person, gegen die niemals eine Forderung tituliert wurde. Auf diese Weise aber würde der - unzutreffende - Eindruck erweckt, dass über die Klägerin und ihren Inhaber keine Erkenntnisse über Unzuverlässigkeiten bei der Begleichung von Forderungen vorlägen. Darauf hat sie keinen Anspruch.

Der Umstand, dass die titulierte Forderung aus Sicht der Klägerin gering war, hat keine Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung durch die Beklagte. Denn das Vorliegen einer zunächst nicht erfüllten Forderung und eines darauf bezogenen Titels lassen unabhängig von ihrer Höhe Rückschlüsse auf Zahlungsfähigkeit, aber auch Zahlungswilligkeit des Schuldners zu und sind von erheblicher Bedeutung für das Kreditsicherungssystem.

Die weitere Speicherung ist nicht unverhältnismäßig und erfüllt weiterhin eine zulässige Warnfunktion. Eine vollständige Löschung wegen fehlender Notwendigkeit nach Art. 17 Abs. 1 Buchstabe a DSGVO kann die Klägerin danach nicht verlangen.

Die Notwendigkeit der Speicherung ist nicht dadurch entfallen, dass die Forderung zwischenzeitlich getilgt worden ist und ein entsprechender Eintrag in das Schuldnerverzeichnis nach § 882e ZPO zu löschen wäre, wenn die Begleichung der Forderung nachgewiesen wird. Es liegt entgegen der Ansicht der Klägerin insofern keine ungerechtfertigte oder sinnwidrige Ungleichbehandlung von Einträgen, die aus dem Schuldnerverzeichnis übernommen werden, und anderen Einträgen vor. Denn es handelt sich um unterschiedlich gelagerte Sachverhalte. In das Schuldnerverzeichnis wird nicht bereits das bloße Vorliegen eines Vollstreckungstitels eingetragen, sondern nach § 882b Abs. 1 Nr. 1 - 3 ZPO werden Eintragungen nur in den dort bestimmten Fällen vorgenommen. Die Eintragung nach § 882c ZPO ist Teil des Vollstreckungsverfahrens und setzt eine besondere Eintragungsanordnung des Gerichtsvollziehers voraus. Im Gegensatz dazu beruht die Eintragung in anderen Fällen in der Regel auf der Meldung eines Gläubigers. Die Löschung eines Eintrags im Schuldnerverzeichnis erfolgt entweder taggenau nach drei Jahren oder aber vorzeitig, wenn die Löschung des Eintrags in das Schuldnerverzeichnis durch das zentrale Vollstreckungsgericht mitgeteilt wird. Dies setzt eine besondere Löschungsanordnung des zentralen Vollstreckungsgerichts voraus (§ 882e ZPO), zu deren Erlass der Schuldner die Befriedigung des Gläubigers oder den Wegfall des Eintragungsgrundes gegenüber dem zentralen Vollstreckungsgericht nachzuweisen hat.

Eine dem Schuldnerverzeichnis vergleichbare Situation ist bei der Speicherung und Verarbeitung von Daten durch die Beklagte nicht gegeben. Diese erteilt nur ihren Vertragspartnern (Banken, Sparkassen, Genossenschaftsbanken, Kreditkarten-, Factoring- und Leasingunternehmen etc.) und auch diesen erst bei "berechtigtem Interesse" Auskünfte, wobei ein solches "berechtigtes Interesse" unter anderem vorliegt, wenn ein Unternehmen gegenüber dem betreffenden Schuldner mit einer Dienstleistung oder einer Lieferung in Vorleistung geht und damit ein wirtschaftliches Risiko trägt. Damit ist zum einen der Kreis an potentiellen Auskunftsberechtigten gegenüber demjenigen des Schuldnerverzeichnisses deutlich geringer und zum anderen wird eine Auskunft von der Beklagten als privatrechtlicher juristischer Person an diesen personell geringeren Kreis nur in bestimmten Konstellationen, nämlich bei einer finanziellen Vorleistung gegenüber dem Schuldner, aufgrund eines erkennbaren Interesses erteilt (OLG Köln, Urteil vom 27.01.2022 - 5 U 153/21 - zit. n. Juris). Für eine entsprechende Anwendung der Vorgaben für Einträge aus dem Schuldnerverzeichnis besteht angesichts dessen kein Raum (vgl. auch OLG Oldenburg, Urteil vom 23.11.2021 - 13 U 63/21 - zit. n. Juris; OLG Köln, a.a.O.; KG Berlin, Urteil vom 15.02.2022 - 27 U 51/21 - zit. n. Juris, zu der ähnlichen Konstellation der Erteilung von Restschuldbefreiung; insofern a.A. OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 03.06.2022 - 17 U 5/22 - zit. n. Juris).

Ein Anspruch auf Löschung des Eintrags folgt auch nicht aus Art. 17 Abs. 1 Buchstabe c DSGVO.

Danach ist erforderlich, dass die betroffene Person gemäß Art. 21 Abs. 1 DSGVO Widerspruch gegen die Verarbeitung eingelegt hat und keine vorrangigen berechtigten Gründe für die Verarbeitung vorliegen. Der Widerspruch dient als Korrektur, indem er eine rechtmäßige Datenverarbeitung ausnahmsweise unterbindet. Um die Wertung des Art. 6 Abs. 1 Buschstabe f DSGVO nicht auszuhöhlen, muss eine atypische Situation rechtlicher, wirtschaftlicher, ethischer, sozialer, gesellschaftlicher und/oder familiärer Natur vorliegen. Es müssen konkrete Umstände des Einzelfalls eine besondere Schutzwürdigkeit des Betroffenen begründen (Martini, in: Paal/Pauly, DS-GVO BDSG, 2021, Art 21 DS-GVO Rdnr. 30).

Solche Gründe hat die Klägerin nicht dargetan. Der von ihr angeführte Umstand, dass Schwierigkeiten bei Finanzierung ihrer Vorhaben zu erwarten seien, ist nicht Folge einer besonderen atypischen Situation, sondern vielmehr typische Folge einer Bonitätsauskunft. Weitere Umstände, die eine atypische Situation begründen könnten, sind nicht ersichtlich.

Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes zu.

Nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO hat zwar jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, gegen den Verantwortlichen Anspruch auf Schadensersatz. Im vorliegenden Falle fehlt es jedoch an einem Verstoß gegen die DSGVO, da nach obigen Ausführungen die Speicherung und Verarbeitung der streitgegenständlichen Daten rechtmäßig erfolgt ist.

Aus den gleichen Gründen liegt auch eine Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin nicht vor, so dass die Frage, ob es sich überhaupt um einen schwerwiegenden Eingriff handelt, dahinstehen kann.

Da die Klägerin mit ihrer Berufung unterlegen ist, hat sie gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung zu tragen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO zuzulassen. Die Frage, ob und inwieweit Vorgaben zur Löschung von Einträgen wie zum Beispiel in § 3 InsOBekV oder § 882e Abs. 3 ZPO Auswirkungen auf Einträge in Wirtschaftsauskunfteien haben, ist bislang nicht höchstrichterlich geklärt. Zudem ist die Rechtsprechung der Obergerichte in vergleichbaren Konstellationen nicht einheitlich (vgl. OLG Oldenburg, Urteil vom 23.11.2021 - 13 U 63/21 - zit. n. Juris; OLG Köln, a.a.O.; KG Berlin, Urteil vom 15.02.2022 - 27 U 51/21 - zit. n. Juris, zu der ähnlichen Konstellation der Erteilung von Restschuldbefreiung; insofern a.A. OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 03.06.2022 - 17 U 5/22 - zit. n. Juris).

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