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Wirtschaftsrecht
25.01.2024
Wirtschaftsrecht
OLG Hamm: Ausschließung eines Gesellschafters aus wichtigem Grund

OLG Hamm, Urteil vom 19.6.2023 – 8 U 21/23

ECLI:DE:OLGHAM:2023:0619.8U21.23.00

Volltext: BB-Online BBL2024-194-6

unter www.betriebs-berater.de

 

Amtliche Leitsätze

1. Der durch Mehrheitsbeschluss aus einer Kommanditgesellschaft ausgeschlossene Kommanditist kann unter Umständen im Wege der einstweiligen Verfügung verlangen, bis zur Entscheidung in der Hauptsache weiterhin als Gesellschafter behandelt zu werden.

2. Die Wahl des Ortes für die Durchführung der Gesellschafterversammlung einer Kommanditgesellschaft darf nicht willkürlich oder schikanös für einen Gesellschafter sein. Ein solcher Fall liegt nicht vor, wenn als Ort zwar ein Konferenzraum in Geschäftsräumen ausgewählt wird, die einer Seite der zerstrittenen Gesellschafter zuzuordnen sind, dies aber in der Vergangenheit wiederholt praktiziert wurde und hierfür sachlich Gründe sprechen.

3. Zum wichtigen Grund, der die Ausschließung eines Gesellschafters aus einer Kommanditgesellschaft rechtfertigen kann.

 

 

Sachverhalt

A.

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der von der Gesellschafterversammlung der Verfügungsbeklagten am 01.12.2022 beschlossenen Ausschließung der Verfügungsklägerin als Gesellschafterin der Verfügungsbeklagten. Die Verfügungsklägerin verlangt, der Verfügungsbeklagten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu untersagen, den Ausschließungsbeschluss zu vollziehen und der Verfügungsbeklagten aufzugeben, sie – die Verfügungsklägerin – weiterhin als Gesellschafterin zu behandeln. Hintergrund der Ausschließung ist ein Rahmenvertrag vom 06.07.2022, den die Verfügungsklägerin mit der K. N. S.à.r.l., einer Gesellschaft der Private-J.-Gruppe K., abschloss und dessen Umsetzung im Ergebnis dazu führen soll, dass K. im Wege einer mehrschichtigen Transaktion eine mittelbare Beteiligung an der Verfügungsbeklagten erwirbt.

Die Verfügungsklägerin und die Streithelferin sind (bzw. waren) mit Beteiligungsquoten von 41,60 % (die Verfügungsklägerin) [43,22 % nach Übernahme von 1,615 % der Beteiligung der Kommanditistin G. P.-Z. gem. Kauf- und Abtretungsvertrag vom 28.10.2022] und von 45,42 % (die Streithelferin) als Kommanditisten an der Verfügungsbeklagten beteiligt, einer Kommanditgesellschaft nach deutschem Recht mit Sitz in R.. Die Komplementärin P. A. Verwaltungsgesellschaft mbH hat keine Kapitaleinlage geleistet und ist daher am Haftkapital der Gesellschaft nicht beteiligt. Die Verfügungsbeklagte hält 99,9 % der Anteile an der P. Holding GmbH (im Folgenden „P. Holding“). Die P. Holding GmbH operiert als Holdinggesellschaft für sämtliche operativen Gesellschaften der P.-Gruppe im In- und Ausland.

Die Verfügungsklägerin ist eine nicht gemeinnützige Familienstiftung in der Rechtsform einer Stiftung nach deutschem Recht mit Sitz in R.. Hinter der Stiftung stehen die Familienmitglieder bzw. Abkömmlinge von S. P. (sog. „R. Stamm“).

Die Streithelferin ist eine Kommanditgesellschaft nach deutschem Recht mit Sitz in Y. an der Ruhr. An der Streithelferin sind – teilweise wiederum über entsprechende Beteiligungsgesellschaften – die Familienmitglieder bzw. Abkömmlinge von E. P. und O. C. (sog. „Y.er Stamm“) beteiligt.

Der Gesellschaftsvertrag der Verfügungsbeklagten enthält u.a. die folgenden Regelungen:

11.                             Veräußerung und Abtretung der Anteile, Ankauf, Vorkauf

11.1              Die Veräußerung von Anteilen (Komplementär- und Kommanditanteile) an der Gesellschaft oder von Teilen von Anteilen bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der Gesellschafter durch Beschluss. Der Veräußerungswillige ist stimmberechtigt.

Das gleiche gilt für jegliche sonstige Verfügungen über den Anteil, etwa die Verpfändung oder sonstige Belastung ebenso wie die Bestellung eines Nießbrauchs oder die Vereinbarung einer Unterbeteiligung oder einer Treuhand, Verfügungen über einzelne, mit dem Anteil verbundene Rechte, insbesondere die Verfügung über den Jahresgewinnanteil, sowie für den Abschluss aller sonstigen Rechtsgeschäfte und Vornahme aller sonstigen Maßnahmen, die rechtlich oder wirtschaftlich ganz oder teilweise einer Veräußerung oder Belastung gleichkommen.

 […]

11.5              Die Zustimmung ist nicht erforderlich, sofern es sich um eine entgeltliche oder unentgeltliche Veräußerung oder Belastung mit einem Nießbrauch oder Einräumung einer Unterbeteiligung handelt, die zu Gunsten einer nachfolgeberechtigten Person im Sinne von Ziff. 15.1.6 erfolgt, sofern der Empfänger nach der Verfügung - vermittelt über die Gesellschaft - mittelbar mit mehr als 1,00 % am Stammkapital der P. Holding GmbH beteiligt ist. Die Zustimmung ist außerdem nicht erforderlich, sofern es sich um die Belastung mit einem lebenslangen oder zeitlich befristeten Nießbrauch handelt, die zu Gunsten eines Ehegatten erfolgt. In diesen Fällen besteht kein Ankaufs- und Vorkaufsrecht.

15.                             Ausschließung eines Gesellschafters

15.1               Ein Gesellschafter kann durch Beschluss mit einer Mehrheit von mehr als 60 % der abgegebenen Stimmen der übrigen Gesellschafter mit sofortiger Wirkung aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Der betroffene Gesellschafter ist dabei nicht stimmberechtigt. Als wichtiger Grund gilt insbesondere,

15.1.1              wenn in der Person des Gesellschafters ein Umstand eintritt, der für die übrigen Gesellschafter nach § 133 HGB das Recht begründen würde, die Auflösung der Gesellschaft zu verlangen;

15.1.2               wenn aus einem in der Person eines Gesellschafters liegenden wichtigen Grund die Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses den übrigen Gesellschaftern unzumutbar ist;

15.1.3               wenn der Gesellschafter schwerwiegend oder trotz Aufforderung wiederholt gegen seine Verpflichtungen aus diesem Vertrag verstößt;

15.1.4               wenn über das Vermögen des betroffenen Gesellschafters rechtskräftig ein in- oder ausländisches Insolvenzverfahren oder ein damit vergleichbares Verfahren eröffnet oder die Eröffnung mangels Masse abgelehnt worden ist;

15.1.5               wenn Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in den Anteil des betroffenen Gesellschafters unternommen und diese nicht binnen drei Monaten aufgehoben werden;

15.1.6              wenn Anteile auf nicht nachfolgeberechtigte Personen übergehen. Nachfolgeberechtigte Personen sind die Abkömmlinge des betroffenen Gesellschafters. Nachfolgeberechtigt sind ferner Gesellschaften, an denen unmittelbar oder mittelbar nach Kapital mehrheitlich oder nach Stimmen beherrschend Personen beteiligt sind, die Abkömmlinge von S. P., F. P. oder O. C. sind (Familien-Gesellschafter). Eine beherrschende Beteiligung in vorstehendem Sinne setzt voraus, dass die Familien-Gesellschafter Gesellschafterbeschlüsse im Zusammenhang mit der Beteiligung an der Gesellschaft ohne Mitwirkung anderer Gesellschafter fassen und deren Umsetzung durchsetzen können. Schließlich sind nachfolgeberechtigt Stiftungen, die von einem Gesellschafter errichtet wurden;

 […]

15.1.9              wenn an einem Kommanditisten, der nicht eine natürliche Person und keine Stiftung ist, nicht mehr Familien-Gesellschafter im Sinne von Ziff. 15.1.6 beherrschend beteiligt sind.

Wegen der weiteren Einzelheiten der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen wird auf den Gesellschaftsvertrag der P. A. (Anlage AS 2, Bl. 111 eGA I) und die Satzung der P. Holding mit Stand 17.07.2012 (Anlage AS 9, Bl. 202 eGA I) Bezug genommen.

Zwischen den beiden Familienstämmen der P.-Gruppe bestehen bereits seit längerem erhebliche Differenzen über die gemeinsame Führung und Ausrichtung der P.-Gruppe, weshalb die Mitglieder des R. Stammes aus der P.-Gruppe ausscheiden möchten.

Am 06.07.2022 trafen die Verfügungsklägerin und andere Mitglieder des R. Familienstamms mit der K. N. S.à.r.l. (im Folgenden „K.“) eine Rahmenvereinbarung (Anlage AS 39, Bl. 456 eGA II), wonach K. im Wege einer mehrschichtigen Transaktion eine mittelbare Beteiligung an der Verfügungsbeklagten erwerben soll (im Folgenden „Rahmenvertrag“). Der Rahmenvertrag sieht vor, dass in den Erwerbsphasen 1 bis 3 die Verfügungsklägerin eine Tranche ihrer Anteile zunächst an eine Vorratsgesellschaft („NewCo 1 bis 3“) überträgt, die zuvor jeweils von einem der Abkömmlinge von Herrn S. P. erworben wurde (Phase 1: X. P.-W., Phase 2: Q. P., Phase 3: I. P.). Im Anschluss überträgt der jeweilige Abkömmling seine Anteile an der Vorratsgesellschaft an K.. Der Rahmenvertrag sieht vor, dass die Mitgesellschafter der P. Verfügungsbeklagten spätestens am auf den Vollzugstag folgenden Bankarbeitstag in Kenntnis gesetzt werden, um ihnen eine Entscheidung über den Ausschluss der Vorratsgesellschaft aus der Verfügungsbeklagten nach Maßgabe der Ziffern 15.1., 15.1.6 und 15.1.9 des Gesellschaftsvertrages der Verfügungsbeklagten zu ermöglichen.

Die Streithelferin erfuhr im Oktober 2022 von dem Abschluss einer Vereinbarung mit K. und forderte die Verfügungsklägerin vergeblich auf, ihr eine Kopie sämtlicher Vereinbarungen mit K. zu übermitteln.

Mit Kauf- und Abtretungsvertrag vom 28.10.2022 verkaufte die Gesellschafterin G. P.-Z. einen Teil-Kommanditanteil (1,62 % ihrer Beteiligung) an der Verfügungsbeklagten mit einer Kommanditeinlage von 115 EUR an die Verfügungsklägerin und trat diese an sie ab (Vertrag auszugsweise vorgelegt als Anlage AS 7, Bl.195 eGA I). Mit Einschreiben vom 08.11.2022 an Herrn B. P. als Vertreter der Komplementärin der Verfügungsbeklagten kündigte G. P.-Z. die Gesellschaft gemäß Ziffer 14.2 des Gesellschaftsvertrages ordentlich mit Wirkung zum 31.12.2023, hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt.

Die Streithelferin berief mit Schreiben vom 31.10.2022 (Anlage AS 5, Bl. 190 eGA I) eine außerordentliche Gesellschafterversammlung der Verfügungsbeklagten auf den 16.11.2022 ein. Diese sah unter TOP 3 lit. a) die Ausschließung der Verfügungsklägerin als Gesellschafterin der Verfügungsbeklagten aus wichtigem Grund gemäß Ziffer 15.1 des Gesellschaftsvertrags vor. Den Beschlussantrag begründete die Streithelferin mit dem durch den Abschluss des Rahmenvertrags begangenen Satzungsverstoß der Verfügungsklägerin sowie dem Verhalten der Vertreter der Verfügungsklägerin im Zusammenhang mit der geplanten Transaktion, wodurch das Vertrauensverhältnis der Gesellschafter untereinander irreparabel geschädigt und der Verfügungsbeklagten schwerer Schaden zugefügt worden sei. An der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 16.11.2022 nahm die Verfügungsklägerin mit Ankündigung nicht teil. Da nicht mehr als 60 % aller Stimmen anwesend bzw. vertreten waren, war die Gesellschafterversammlung beschlussunfähig, so dass keine Beschlüsse gefasst wurden. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 16.11.2022 (Anlage AS 21, Bl. 135 ff. eGA I) Bezug genommen.

Die Streithelferin berief sodann eine zweite außerordentliche Gesellschafterversammlung auf den 01.12.2022 ein. Die Ladung vom 16.11.2022 (Anlage AS 22, Bl. 127 eGA I und Anlage LMPS 36, Bl. 718 eGA I) übersandte sie der Verfügungsklägerin per Einschreiben unter Beifügung der Tagesordnung. Die Gesellschafterversammlung sollte in den Räumen der E. P. GmbH & Co. KG mit der postalischen Anschrift H.-straße 00 (Neubau) in Y. an der Ruhr stattfinden. Die Nutzung dieser Räumlichkeiten hatte sich während der Corona-Pandemie eingebürgert. Dies insbesondere deshalb, weil die Räumlichkeiten im Hinblick auf ihre Größe und Lüftungsmöglichkeiten sehr gut geeignet sind, um das Risiko für die Teilnehmer der Gesellschafterversammlung, sich mit dem Covid-19-Virus zu infizieren, gering zu halten.

In der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 01.12.2022, die von 10.00 Uhr bis 13:16 Uhr dauerte, wurde der Ausschluss der Verfügungsklägerin als Gesellschafterin der Verfügungsbeklagten nach Ziffer 15.1 des Gesellschaftsvertrages beschlossen (im Folgenden: Ausschließungsbeschluss). Der Beschlussfassung gingen ein umfangreicher Austausch über die rechtlichen Standpunkte und mehrmalige Beratungsunterbrechungen voraus. Wegen der von der Streithelferin vorgebrachten Ausschlussgründe wird auf die Prokollerklärung zu ihrem Beschlussvorschlag (Anlage 3 zum Protokoll, Bl. 757 eGA I) verwiesen. Die Verfügungsklägerin schlug vor, dass die Gesellschafter zur Vermeidung einer Schwebelage und des andernfalls erforderlichen einstweiligen Rechtsschutzes zumindest einen ergänzenden Beschluss des Inhaltes fassen, dass bis zu einer Klärung in der Hauptsache die Verfügungsklägerin auch im Falle eines Ausschlusses weiterhin als Gesellschafterin der P. A. behandelt werde (vgl. Beschlussvorschlag, Anlage AS 25, Bl. 152 eGA I). Für diesen Beschluss fand sich keine Mehrheit. Bei der Beschlussfassung über die Ausschließung der Verfügungsklägerin zählte die Versammlungsleiterin die Stimmen der Verfügungsklägerin nicht mit und wies darauf hin, dass die Verfügungsklägerin gemäß Ziffer 15.1 des Gesellschaftsvertrags (d.h. aufgrund des Vorliegens eines wichtigen Grundes) nicht stimmberechtigt sei.

Über den in beiden Ladungen angekündigten Beschlussantrag der Streithelferin, Frau G. P.-Z. aus wichtigem Grund auszuschließen, wurde ebenfalls abgestimmt, obwohl die Streithelferin den Ausschließungsgrund nicht mehr als gegeben ansah und den Antrag von der Tagesordnung absetzen lassen wollte (vgl. Protokollerklärung der Streithelferin zu dem Beschlussvorschlag, Anlage 7 zum Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 01.12.2022, Bl. 774 eGA I). Nachdem die Verfügungsklägerin bei einer förmlichen Abstimmung gegen die Absetzung des Beschlussgegenstandes von der Tagesordnung gestimmt hatte, fand der Antrag im Rahmen der folgenden Abstimmung keine Mehrheit (Bl. 737, 734 eGA I).

Das Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 01.12.2022 (Anlage LMPS 37, Bl. 723 eGA I) ging der Verfügungsklägerin am 06.12.2022 zu (Bl. 484 eGA I).

Auf den Antrag der Verfügungsklägerin vom 06.12.2022 erließ das Landgericht Hagen mit Beschluss vom 08.12.2022 (2 O 265/22) eine einstweilige Verfügung mit folgendem Inhalt:

 „Der Antragsgegnerin wird bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache oder bis zum Abschluss eines das Verfügungs- und/oder Hauptsacheverfahrens beendenden (gerichtlichen oder außergerichtlichen) Vergleichs untersagt, den von der LG. SI. GmbH & Co. KG mit Einladungsschreiben vom 31. Oktober 2022 angekündigten und in der Gesellschafterversammlung der Antragsgegnerin am 1. Dezember 2022 gefassten Beschluss über die Ausschließung der Antragstellerin als Gesellschafterin der Antragsgegnerin, der lautet: „Die S. P.-Familienstiftung wird aus wichtigem Grund gemäß Ziffer 15.1 des Gesellschaftsvertrags als Gesellschafterin der P. A. GmbH & Co. KG ausgeschlossen.“, zu vollziehen.

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, die Antragstellerin ungeachtet des von der LG. SI. GmbH & Co. KG mit Einladungsschreiben vom 31. Oktober 2022 angekündigten und in der Gesellschafterversammlung der Antragsgegnerin am 1. Dezember 2022 gefassten Beschlusses über die Ausschließung der Antragstellerin als Gesellschafterin der Antragsgegnerin, der lautet: „Die S. P.-Familienstiftung wird aus wichtigem Grund gemäß Ziffer 15.1 des Gesellschaftsvertrags als Gesellschafterin der P. A. GmbH & Co. KG ausgeschlossen.“, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache oder bis zum Abschluss eines das Verfügungs-und/oder Hauptsachverfahrens beendenden (gerichtlichen oder außergerichtlichen) Vergleichs weiterhin als Gesellschafterin der Antragsgegnerin zu behandeln.“

Die einstweilige Verfügung vom 08.12.2022 wurde der Verfügungsbeklagten auf Betreiben der Verfügungsklägerin am 20.12.2022 durch den Gerichtsvollzieher zugestellt (Anlage AS 37, Bl. 451 eGA II). Die Verfügungsbeklagte hat mit Schriftsatz vom 20.12.2022 (Bl. 422 eGA I) Widerspruch eingelegt und diesen mit Schriftsatz vom 05.01.2023 (Bl. 457 eGA I) begründet.

Die Verfügungsklägerin hat die Ansicht vertreten, der Ausschließungsbeschluss vom 01.12.2022 sei weder formell noch materiell wirksam. Die Abhaltung der Gesellschafterversammlung in den Räumlichkeiten der „feindlichen“ Gesellschafter sei unzumutbar gewesen; dies führe zur formellen Unwirksamkeit der Beschlüsse. Darüber hinaus hätte sie – die Verfügungsklägerin – bei dem Ausschließungsbeschluss nicht von ihrem Stimmrecht ausgeschlossen werden dürfen. Die bloße Behauptung eines wichtigen Grundes genüge nicht, um den betroffenen Gesellschafter seines Stimmrechts zu berauben. Dessen ungeachtet fehle es evident an dem für einen Ausschluss eines Gesellschafters unverzichtbaren wichtigen Grund. Ein Verstoß gegen die gesellschaftsvertraglichen Regelungen liege gerade nicht vor. Die jeweiligen Übertragungen an eine Vorratsgesellschaft seien nach dem Gesellschaftsvertrag zustimmungsfrei möglich. Jedenfalls könne man aus dem Rahmenvertrag keinen wichtigen Grund herleiten. Letztlich würden hier zwei Gesellschaftergruppen über eine ihr Gesellschaftsverhältnis betreffende Rechtsfrage streiten und dabei unterschiedliche Rechtsstandpunkte vertreten. Ein solcher Gegensatz unterschiedlicher vertretbarer Auffassungen sei durch Verhandlungen oder in einem Gerichtsverfahren zu klären; er berechtige nicht die eine Gesellschafterseite, die andere Gesellschafterseite als letztes Mittel auszuschließen.

Die Verfügungsbeklagte hat den Ausschließungsbeschluss als formell und materiell wirksam verteidigt. Die Wahl des Ortes der Gesellschafterversammlung sei zulässig gewesen. Eine Regelung betreffend den Ort, an dem Gesellschafterversammlungen der Antragsgegnerin stattzufinden haben, sehe der Gesellschaftsvertrag nicht vor. Die Verfügungsklägerin sei auch nicht in ihren Teilnahmerechten beeinträchtigt gewesen. Darüber hinaus liege ein wichtiger Grund für den Ausschluss der Verfügungsklägerin vor. So habe die Verfügungsklägerin ihre Anteile an der Verfügungsbeklagten hinter dem Rücken der Streithelferin an einen Finanzinvestor verkauft, obwohl der Gesellschaftsvertrag eine Vinkulierung vorsehe. Sie habe weder einen zustimmenden Gesellschafterbeschluss für eine Veräußerung erwirkt noch das für eine Veräußerung von Geschäftsanteilen vorgeschriebene Verfahren gemäß Ziffern 11.2 ff. des Gesellschaftsvertrages ordnungsgemäß durchgeführt. Sie – die Verfügungsbeklagte – sei als Familiengesellschaft ohne Beteiligungsmöglichkeiten für Dritte konzipiert worden. Insbesondere sollten auch mittelbare Übertragungen ausgeschlossen werden. Ziffer 11.5 des Gesellschaftsvertrages habe nur der Ermöglichung einer steuerlich begünstigten vorweggenommenen Erbfolge dienen sollen.

Die Streithelferin hat sich den Anträgen der Verfügungsbeklagten angeschlossen und den Ausschließungsbeschluss verteidigt. Sie hat darauf verwiesen, die Kammer habe im Parallelverfahren LG Hagen, Az. 2 O 243/22, bereits mit Urteil vom 07.12.2022 festgestellt, dass die Verfügungsklägerin (i) die Vinkulierungsklausel des Gesellschaftsvertrags der Verfügungsbeklagten nach einem lange vorbereiteten, mehrstufigen Plan habe umgehen wollen und (ii) dies systematisch verheimlicht habe, um vollendete Tatsachen zu schaffen und sogar den satzungsmäßig vorgesehenen Ausschluss einer familienfremden Gesellschafterin zu verhindern. Auch den Versuch der Streithelferin, ihren gesellschaftsvertraglich verbrieften Informationsanspruch geltend zu machen und mehr über den Geheimplan der Verfügungsklägerin zu erfahren, habe die Verfügungsklägerin unter erneutem Verstoß gegen den Gesellschaftsvertrag vereitelt. Damit sei erwiesen, dass die Verfügungsklägerin ihr eigenes Gewinnstreben – sie habe ihre Anteile nach eigenen Angaben weit über dem Verkehrswert an den Finanzinvestor K. verkauft – über den Gesellschaftsvertrag stelle und sich nicht um das Vertrauen innerhalb der Familiengesellschaft schere. Weitere Umstände belegten die systematisch von der Verfügungsklägerin betriebene Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zwischen den Gesellschaftern noch weiter. Nach den klaren Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag rechtfertige dies den Ausschluss der Verfügungsklägerin aus der Verfügungsbeklagten.

Durch das angefochtene Urteil vom 18.01.2023 hat das Landgericht Hagen die einstweilige Verfügung vom 08.12.2022 bestätigt. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Gesellschafterbeschluss vom 01.12.2022 sei jedenfalls materiell unwirksam, da die Verfügungsbeklagte nicht gem. Ziffer 15.1 des Gesellschaftsvertrages berechtigt sei, die Verfügungsklägerin aus der Gesellschaft auszuschließen. Zwar stelle der Abschluss des Rahmenvertrages eine Umgehung der gesellschaftsvertraglichen Pflichten in Bezug auf den Anteilsübergang an nachfolgeberechtigte Personen dar. Der Wechsel im Gesellschafterbestand der Vorratsgesellschaft führe bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zum selben Ergebnis, wie wenn K. unmittelbar Gesellschaftsanteile erworben hätte, was wegen des Zustimmungserfordernisses jedoch nicht möglich gewesen wäre. Aber ein wichtiger Grund im Sinne des § 133 HGB bzw. ein wesentlicher Verstoß gegen die gesellschaftsvertraglichen Pflichten lasse sich hieraus nicht herleiten. Es dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass die Verfügungsklägerin nicht unmittelbar Anteile an der Verfügungsbeklagten auf nicht nachfolgeberechtigte Personen übertragen habe. Sie habe vielmehr mit Hilfe anwaltlicher Beratung ein vertragliches Konstrukt entwickelt, von dem sie glaube, ihre Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag zu erfüllen. Ein beharrlicher und vorsätzlicher Verstoß gegen gesellschaftsvertragliche Pflichten liege hierin nicht. Vielmehr habe die Verfügungsklägerin versucht, aus der Gesellschaft auszuscheiden, was durchaus im Interesse beider Parteien liege. Letztlich stritten sich hier zwei Gesellschaftergruppen über eine ihr Gesellschaftsverhältnis betreffende Rechtsfrage, nämlich die Vereinbarkeit des Rahmenvertrages mit dem Gesellschaftsvertrag. Ein solcher Gegensatz unterschiedlicher vertretbarer Auffassungen sei durch Verhandlungen oder in einem Gerichtsverfahren zu klären, was ein milderes Mittel darstelle. Die Verfügungsklägerin habe auch einen Verfügungsgrund glaubhaft gemacht. Ohne die einstweilige Verfügung, bei der es sich um eine Sicherungsverfügung handele, wäre die Verfügungsklägerin bis zur Entscheidung der Hauptsache faktisch rechtlos gestellt. Ohne die Möglichkeit, ihre Gesellschafterrechte (Mitwirkungs- und Kontrollrechte) auszuüben, bestehe die Gefahr, dass die übrigen Gesellschafter bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens irreversible Fakten schafften, etwa indem sie von einem Ankaufsrecht oder einem Übertragungsrecht aus dem Gesellschaftsvertrag Gebrauch machten. Mit der Anordnung werde nicht die Unwirksamkeit des Ausschlusses festgestellt, sondern nur vorläufig dem Anschein entgegengewirkt, die Klägerin sei wirksam aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Ob dies tatsächlich der Fall sei, bleibe der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Hiergegen wendet sich die Verfügungsbeklagte mit ihrer Berufung, mit der sie die Aufhebung der einstweiligen Verfügung und die Zurückweisung des Antrags auf ihren Erlass und hilfsweise die Aufrechterhaltung nur gegen Sicherheitsleistung (Bl. 160 eGA II) anstrebt. Die Verfügungsbeklagte rügt, das Landgericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, die Schwelle für einen Gesellschafterausschluss sei insgesamt noch nicht erreicht, obwohl es erneut bestätigt habe, dass die streitgegenständliche Veräußerung an K. gegen den Gesellschaftsvertrag verstoße und die zugrundeliegende, nur in stark geschwärzter Fassung vorgelegte Rahmenvereinbarung insoweit „demaskierend“ sei. Dabei habe das Landgericht in erheblichem Umfang entscheidungsrelevanten und glaubhaft gemachten Sachvortrag der Berufungsklägerin und der Streithelferin unberücksichtigt gelassen. Neue Erkenntnisse zum geschwärzten Teil der Rahmenvereinbarung mit K. rundeten das Bild ab. Wie die Verfügungsklägerin bislang gegenüber dem Landgericht und ihren Mitgesellschaftern verschwiegen habe, habe sie sich im Rahmen der Transaktion mit K. verpflichtet, bei der Ausübung ihres Stimmrechts den Weisungen von K. zu folgen.

Die Verfügungsbeklagte und die Streithelferin beantragen,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hagen vom 18.01.2023 (Az. 2 O 265/22) die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hagen vom 08.12.2022 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichtete Antrag der Berufungsbeklagten zurückzuweisen.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

              die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil mit näheren Ausführungen. Das Landgericht habe rechtsfehlerfrei erkannt, dass der auf der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 01.12.2022 gefasste Ausschließungsbeschluss gegen sie – die Verfügungsklägerin – mit überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtswidrig und nichtig sei. Dies ergebe sich daraus, dass die geplante mittelbare Anteilsübertragung mit dem Gesellschaftsvertrag der P. A. – wie im U.-Gutachten, Anlage AS 35, nochmals ausführlich bestätigt – vollumfänglich vereinbar sei. Aber selbst wenn man

mit der 2. Zivilkammer des Landgerichts davon ausgehen wollte, dass der Rahmenvertrag zwar eine mit dem Wortlaut des Gesellschaftsvertrags übereinstimmende, aber dessen „Geist“ widersprechende „Umgehung der gesellschaftsvertraglichen Pflichten in Bezug auf den Anteilsübergang“ darstelle, würde dies – wie das Landgericht richtig gesehen habe – keinen wichtigen Grund zur Ausschließung der Verfügungsklägerin begründen.

Von der weiteren Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1, 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO abgesehen.

Aus den Gründen

B.

Die zulässige Berufung des Verfügungsbeklagten ist begründet. Das angefochtene Urteil ist gem. §§ 528, 538 Abs. 1 ZPO dahingehend abzuändern, dass die einstweilige Verfügung aufzuheben ist und die Anträge auf ihren Erlass zurückzuweisen sind.

I. Antrag zu 1 lit. a)

Der Antrag zu 1 lit. a) ist bereits unzulässig. Die Verfügungsklägerin hat für die begehrte Untersagung kein Rechtsschutzinteresse.

Bei der Ausschließung eines Gesellschafters einer Personengesellschaft handelt es sich um einen Gestaltungsakt, der selbst nicht der Vollziehung bedarf (Senat, Urteil vom 18.06.2012, 8 U 32/12, juris, Rn. 39).  Das Landgericht hat in dem angefochtenen Urteil, mit dem es die einstweilige Verfügung vom 08.12.2022 auch in Bezug auf den Antrag zu 1 a) bestätigt hat, zur Begründung ausgeführt, die Verfügungsklägerin habe in der mündlichen Verhandlung dargetan, dass durchaus Maßnahmen zur Umsetzung des Beschlusses denkbar seien, beispielsweise in Zusammenhang mit Eintragungen ins Handelsregister. Um zu vermeiden, dass dadurch in gewisser Hinsicht vollendete Tatsachen geschaffen werden könnten, habe die Kammer auch diesem Antrag stattgegeben.

Diese Begründung rechtfertigt die Bestätigung der einstweiligen Verfügung nicht. Zwar ist das mit der Ausschließung verbundene Ausscheiden des Kommanditisten nach §§ 161 Abs. 2, 143 Abs. 2 HGB im Handelsregister einzutragen. Die Anmeldung ist allerdings nicht durch die Gesellschaft, sondern durch alle Gesellschafter, unter Einschluss des ausgeschiedenen, vorzunehmen (Mock/Schmidt in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 7, 6. Aufl., § 67 Rn. 8; § 71 Rn. 30). Weigert sich ein Gesellschafter, kann die Anmeldung nicht wirksam erfolgen, er muss vielmehr von den übrigen Gesellschaftern mittels Leistungsklage auf Mitwirkung in Anspruch genommen werden (Mock/Schmidt in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 7, 6. Aufl., § 71 Rn. 31).

Feststellungen zu konkreten Vollzugsmaßnahmen, die von der hier in Anspruch genommenen Verfügungsbeklagten ergriffen werden könnten, hat das Landgericht nicht getroffen. Auch die Verfügungsklägerin hat hierzu im Senatstermin vom 19.06.2023, in dem dieser rechtliche Gesichtspunkt erörtert wurde, nicht ergänzend vorgetragen.

Im Übrigen wäre der Antrag aus den nachfolgend dagelegen Gründen auch unbegründet.

II. Antrag zu 1 lit. b)

1. Zulässigkeit des einstweiligen Verfügungsantrags

Der einstweilige Verfügungsantrag der Verfügungsklägerin ist in Bezug auf den Antrag zu 1 lit. b) gem. §§ 935, 940 ZPO zulässig.

a. Durch die einstweilige Verfügung werden Individualansprüche vorläufig gesichert (Sicherungsverfügung gem. § 935 ZPO) oder ein Rechtszustand zwischen den beteiligten Parteien vorläufig geregelt (Regelungsverfügung gem. § 940 ZPO). Die in der Praxis bedeutsame und hier in Bezug auf den Antrag zu 1 lit. a) einschlägige Unterlassungsverfügung ist in der Regel Sicherungs- oder Regelungsverfügung, wobei die Grenzen zwischen den einstweiligen Verfügungen ohnehin nicht scharf zu bestimmen sind (Vollkommer in: Zöller, ZPO, 34. Aufl., § 935 Rn. 2).

b. Der Antrag zu 1 lit. b) zielt darauf ab, dass die Verfügungsklägerin bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache weiterhin als Gesellschafterin der Verfügungsbeklagten behandelt werden soll. Auch insoweit kann offenbleiben, ob es sich um eine Sicherungs- oder um eine Regelungsverfügung handelt (vgl. Senat, Urteil vom 18.06.2021, 8 U 42/12, juris, Rn. 58 ff.). Unabhängig von der maßgeblichen Rechtsgrundlage ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung unbestritten, dass einstweiliger Rechtsschutz auf der Vollzugsebene anfechtbarer oder nichtiger Ausschließungsbeschlüsse (Senat, Urteil vom 18.06.2012, 8 U 42/12, juris, Rn. 40; OLG Hamm, Urteil vom 14.03.2000, 27 U 102/99, juris, Rn. 24) bzw. bei einem Streit über die Wirksamkeit eines Ausschlusses (OLG Karlsruhe, Urteil vom 20.12.2018, 7 U 149/18, juris, Rn. 8) zulässig ist.

2. Begründetheit des einstweiligen Verfügungsantrags

a. Aktiv- und Passivlegitimation

Die Klägerin ist aktiv- und die Beklagte passivlegitimiert.

aa. Auch bei Inanspruchnahme von einstweiligem Rechtsschutz ist dieser gegen die Partei zu richten, die im zugehörigen Hauptsacheverfahren passivlegitimiert ist. Denn das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes verfolgt keinen Selbstzweck, sondern dient der Sicherung von Rechtspositionen, die der Klärung in einem parallel geführten oder nachfolgenden Hauptsacheverfahren zugänglich sein müssen. Dies kommt insbesondere in den gesetzlichen Regelungen der §§ 936, 926 Abs. 1 ZPO zum Ausdruck, die eine Verselbständigung des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ausschließen und es dem Schuldner ermöglichen sollen, blockierende Wirkungen zeitlich zu limitieren (vgl. Drescher in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl., § 926 Rn. 1; Senat, Urteil vom 05.02.2018, 8 U 112/17, juris, Rn. 6 und Urteil vom 18.12.2019, 8 U 50/19).

bb. Für die Ausschließung von Gesellschaftern gilt im Ausgangspunkt auch bei der GmbH & Co. KG das Erfordernis der Erhebung einer Ausschließungsklage nach § 140 HGB i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB). Die Gesellschafter der P. A. haben in Ziffer 15 GV geregelt, dass die Ausschließung eines Gesellschafters bei Vorliegen eines wichtigen Grundes durch einen entsprechenden (Mehrheits-)Beschluss der Gesellschafterversammlung erfolgen kann. Dies ist zulässig, denn § 140 HGB ist dispositiv (Mock/Schmidt in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 7, 6. Aufl., § 67 Rn. 2; Roth in: Hopt, HGB, 42. Aufl., § 140 Rn. 30; BGH, Urteil vom 13.07.1981, II ZR 56/80, Rn. 15; Senat, Urteil vom 18.06.2012, 8 U 42/12, juris, Rn. 38). Der Rechtsschutz gegen den Ausschließungsbeschluss beschränkt sich dann auf die Geltendmachung der fehlerhaften Beschlussfassung mittels allgemeiner Feststellungsklage, die gegen die Gesellschafter der KG zu richten ist, soweit der Gesellschaftsvertrag für Beschlussmängelstreitigkeiten keine abweichende Regelung vorsieht (Mock/Schmidt in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 7, 6. Aufl., § 67 Rn. 2; Freitag in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl., § 119 Rn. 80).

cc. Der Gesellschaftsvertrag der Verfügungsbeklagten bestimmt in Ziffer 7.6 GV mit der notwendigen Bestimmtheit (vgl. Mock/Schmidt in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 7, 6. Aufl., § 68 Rn. 14; BGH, Urteil vom 07.06.1999, II ZR 278/98, juris, Rn. 9), dass Beschlüsse der Gesellschafter mittels fristgebundener Klage gegen die Gesellschaft angefochten werden können. Mit der einstweiligen Verfügung erstrebt die Verfügungsklägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Hauptsacheverfahrens eine vorläufige Regelung hinsichtlich ihrer Gesellschafterstellung, so dass dieser Antrag im Grundsatz gegen die Verfügungsbeklagte als passivlegitimierte Partei zu richten ist (Senat, Urteil vom 05.02.2018, 8 U 112/17, Rn. 6).

b. Verfügungsanspruch

Ein Verfügungsanspruch, gerichtet auf die (vorläufige) Beibehaltung des Gesellschafterstatus der Verfügungsklägerin, besteht nicht. Denn der Senat geht nach dem ihm unterbreiteten Sach- und Streitstand davon aus, dass die Verfügungsklägerin durch den Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 01.12.2022 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit wirksam als Gesellschafterin der Verfügungsbeklagten ausgeschlossen wurde.

aa. Kommt ein Beschluss der Gesellschafter einer KG nicht unter Beachtung aller relevanten gesetzlichen Vorgaben oder der Satzung zustande, ist dieser fehlerhaft. Im Gegensatz zum Aktienrecht (§§ 241 ff. AktG) unterscheidet das KG-Recht aber nicht zwischen einer Anfechtbarkeit und einer Nichtigkeit, sondern folgt zunächst grundsätzlich der Unterscheidung der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre in Wirksamkeit, Unwirksamkeit und Nichtigkeit. Der Nichtigkeitsbegriff orientiert sich allerdings nicht an den §§ 134, 138 BGB, sondern folgt insofern einer eigenen Diktion. Eine Nichtigkeit eines Beschlusses ist immer dann anzunehmen, wenn der Beschluss gegen materiell-rechtliche Vorschriften oder als Wirksamkeitsvoraussetzung anzusehende Verfahrensvorschriften verstößt (Freitag in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl., § 119 Rn. 78). Für die KG gelten keine Besonderheiten gegenüber der Rechtslage bei der oHG (Mock/Schmidt in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 7, 6. Aufl., § 68 Rn. 5).

bb. Nach dieser Maßgabe leidet der Ausschließungsbeschluss vom 01.12.2022 nicht an formellen Mängeln.

 (1) In Bezug auf Beschlussmängel gilt für formelle Rechtsverletzungen, dass Verstöße gegen (vertragliche) Anforderungen an die Ladung wegen ihrer erheblichen Bedeutung die Unwirksamkeit des Beschlusses zur Folge haben, falls nicht analog § 121 Abs. 6 AktG, § 51 Abs. 3 GmbHG Heilung durch rügelose Verhandlung zur Sache eintritt (BGH, Urteil vom 14.11.1994, II ZR 160/93, juris, Rn. 41). Ein Ladungsmangel wurde und wird vorliegend nicht von der Verfügungsklägerin geltend gemacht. Es ist unstreitig, dass die in Ziffer 8 GV vorgesehenen Formalien eingehalten sind. Die Streithelferin berief die Gesellschafterversammlung vom 01.12.2022 form- und fristgerecht am 16.11.2022 ein. Dazu war sie als Kommanditistin der Verfügungsbeklagten gemäß Ziffer 8.3 Satz 2 GV berechtigt. Die Einladung erfolgte per Einschreiben, wie in Ziffer 8.4 Satz 1 GV vorgesehen. Der Zeitraum zwischen dem Tag der Absendung des Einladungsschreibens am 16.11.2022 und dem Tag der Gesellschafterversammlung am 01.12.2022 betrug 14 Tage (den Tag der Aufgabe zur Post und den Tag der Versammlung nicht mitgerechnet) und stand damit im Einklang mit Ziffer 8.4 Satz 2 GV. Die Einladung enthielt auch Angaben zum Tagungsort, zur Tagungszeit und eine Tagesordnung mit u.a. dem Punkt „Beschlussfassung über die Ausschließung der S. P.-Familienstiftung als Gesellschafterin der P. A. GmbH & Co. KG“ (vgl. Ziffer 8.4 Satz 3 GV). Im Übrigen handelte es sich um eine Vollversammlung, da alle stimmberechtigten Gesellschafter erschienen oder vertreten waren (Bl. 726 eGA I). In der Versammlung wurde kein Ladungsmangel gerügt. Damit ist gleichzeitig die Beschlussfähigkeit (Ziffer 8.5 Abs. 1 GV) belegt.

 (2) Auch die von der Verfügungsklägerin beanstandete Auswahl des Versammlungsortes begründet keinen formellen Beschlussmangel.

 (2.1) Substantielle Verfahrensfehler können die Nichtigkeit begründen, doch ist hierfür erforderlich, dass sie für die Beschlussfassung kausal waren. Bei der Verletzung von Formvorschriften ist zu differenzieren. Die Behandlung bloßer Ordnungsvorschriften ist umstritten, überwiegend wird angenommen, dass insoweit durch Auslegung zu ermitteln sei, ob Verstöße als so gravierend zu erachten sind, dass die Nichtigkeitsfolge angemessen ist (Freitag in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl., § 119 Rn. 78; Enzinger in: Münchener Kommentar zum HGB, 5. Aufl., § 119 Rn. 99). Zudem wird zum Teil verlangt, dass die Verletzung von Verfahrensvorschriften unverzüglich gerügt wird. Andernfalls sei die Berufung auf die Nichtigkeit infolge Verwirkung präkludiert (Enzinger in: Münchener Kommentar zum HGB, 5. Aufl., § 119 Rn. 99).

 (2.2) Die Heilung eines etwaigen Verfahrensmangels durch rügelose Einlassung ist vorliegend ausgeschlossen. Die Verfügungsklägerin, vertreten durch ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten, widersprach bereits im Vorfeld der ersten angesetzten Gesellschafterversammlung (vgl. das Schreiben vom 13.11.2022, Anlage AS 20, Bl. 131 eGA I) und erneut in der Versammlung vom 01.12.2022 der Durchführung der außerordentlichen Gesellschafterversammlung in den Räumlichkeiten der E. P. GmbH & Co. KG und teilte mit, die Verfügungsklägerin nehme nur unter Protest teil.

 (2.3) Ein Verfahrensfehler liegt allerdings nicht vor, und zwar weder unter dem Aspekt eines Verstoßes gegen eine gesellschaftsvertragliche oder –rechtliche Ordnungsvorschrift noch wegen der Unzumutbarkeit des Versammlungsortes. Der Gesellschaftsvertrag der Verfügungsbeklagten sieht keinen bestimmten Ort für die Durchführung der Gesellschafterversammlung vor. Es kann offenbleiben, ob eine analoge Anwendung des § 121 Abs. 5 Satz 1 AktG, die im GmbH-Recht anerkannt ist (vgl. BGH, Urteil vom 28.01.1985, II ZR 79/84, juris, Rn. 9 für § 121 Abs. 4 AktG a.F.; Beschluss vom 24.03.2016, IX ZB 32/15, juris, Rn. 24), für Personengesellschaften, die nicht einer vergleichbaren Formenstrenge unterliegen, in Betracht kommt. Hierfür könnte sprechen, dass der Zweck der Regelung, die Gesellschafter vor einer willkürlichen Wahl des Versammlungsortes und einer daraus folgenden Beeinträchtigung ihres Teilnahmerechts zu schützen (BGH, Urteil vom 28.01.1985, II ZR 79/84, juris, Rn. 9), auch bei anderen Gesellschaftsformen Geltung beanspruchen kann. Jedenfalls durfte die Streithelferin auch nach Maßgabe der zu § 121 Abs. 5 Satz 1 AktG ergangenen Rechtsprechung einen vom Sitz der Gesellschaft abweichenden Versammlungsort auswählen.

 (2.3.1) Zumindest in einer Gesellschaft mit einem überschaubaren Gesellschafterkreis darf ein vom Sitz der Gesellschaft abweichender Ort gewählt werden, von dem von vornherein feststeht, dass er die Teilnahme nicht erschwert, weil ihn die Gesellschafter leichter als den Sitz der Gesellschaft erreichen können (BGH, Urteil vom 28.01.1985 (II ZR 79/84, juris, Rn. 9). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, weil der im Ruhrgebiet in Y. gelegene Versammlungsort für die Gesellschafter und ihre Vertreter leichter erreichbar ist als das im Sauerland gelegene R.. Eine konkrete Erschwerung der Teilnahme ist auch nicht dargelegt.

 (2.3.2) Der ausgewählte Versammlungsort und das Versammlungslokal dürfen darüber hinaus nicht willkürlich oder schikanös oder für einen Gesellschafter unzumutbar sein (vgl. Altmeppen in Altmeppen, GmbHG, 11. Aufl., § 51 Rn. 10). Eine solche unzumutbare Auswahl, auf die sich ein Gesellschafter nicht einlassen muss, kann gegeben sein, wenn verfeindete Gesellschafter in die Wohnung des einen Gesellschafters eingeladen werden. Für die Einladung zerstrittener Mitgesellschafter in die Kanzleiräume des Rechtsanwalts der Gegenpartei gilt nichts Anderes. Der betroffene Mitgesellschafter würde sich dann von vornherein in einer Umgebung befinden, in der sich der andere Mitgesellschafter, mit dem er im Streit liegt, im Gegensatz zu ihm vertraut bewegen kann (BGH, Beschluss vom 24.03.2016, IX ZB 32/15, juris, Rn. 25). Auch diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Selbst wenn unterstellt wird, dass die Räumlichkeiten der E. P. GmbH & Co. KG dem Y.er Stamm „zuzuordnen“ sind, ist die Wahl des Versammlungsortes – auch unter Berücksichtigung der erheblichen Differenzen der Gesellschafter und des angekündigten Beschlussgegenstandes – nicht als treuwidrig zu bewerten.

 (2.3.2.1) Zum einen ist unstreitig, dass nicht nur während der Corona-Pandemie, sondern auch zuvor Gesellschafterversammlungen der Verfügungsbeklagten in den Räumlichkeiten der E. P. GmbH & Co. KG stattfanden, und zwar konkret am 03.07.2014, am 07.07.2016 und am 28.06.2018 (Anlage STH 7, Bl. 934 ff. eGA I). Der Versammlungsort war den Gesellschaftern des R. Stammes damit bereits seit längerem vertraut. Die Verfügungsklägerin behauptet auch nicht, dass die Verfügungsbeklagte über eigene Räumlichkeiten verfüge, die als „ständiger“ Versammlungsort zu qualifizieren seien. Es handelt sich bei dem Versammlungsort um Büroräumlichkeiten und nicht um eine Privatwohnung oder Kanzleiräume eines anwaltlichen Beistandes einer Gesellschafterin. Die E. P. GmbH & Co. KG ist eine Beteiligungsgesellschaft der P. Holding, an der beide Gesellschaftergruppen beteiligt sind. Die Differenzen zwischen den Gesellschaftern bestanden im Übrigen schon seit einiger Zeit, auch wenn die Ausschließung aus wichtigem Grund eine weitere Eskalation der Auseinandersetzungen bedeutet. Bei dieser Sachlage bedurfte es entgegen der Auffassung der Verfügungsklägerin nicht ihrer Zustimmung zum gewählten Versammlungsort.

 (2.3.2.2) Darüber hinaus hatte sich während der Corona-Pandemie die Nutzung der Räumlichkeiten der E. P. GmbH & Co. KG für Gesellschafterversammlungen der Verfügungsbeklagten eingebürgert, weil die Räumlichkeiten im Hinblick auf ihre Größe und Lüftungsmöglichkeiten sehr gut geeignet sind, um das Risiko für die Teilnehmer der Gesellschafterversammlung, sich mit dem Covid-19-Virus zu infizieren, gering zu halten (S. 9 des angefochtenen Urteils). Die (erneute) Auswahl dieses Versammlungsortes ist vor diesem Hintergrund nicht willkürlich oder schikanös, sondern sachlich begründet. Denn Maßnahmen zum Infektionsschutz im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie waren im Dezember 2022 noch nicht völlig entbehrlich. Zwar waren viele Auflagen zu diesem Zeitpunkt bereits weggefallen, die letzten staatlichen Maßnahmen liefen allerdings erst im Frühjahr 2023 aus. Gerade in den Wintermonaten – auch im Jahr 2022 – kam es in Deutschland noch zu Infektionsgeschehen. Auch wenn wegen der zunehmenden Immunisierung der Bevölkerung in den meisten Fällen keine schweren Krankheitsverläufe mehr drohten, war eine Infektion wegen der Isolierungspflichten für Corona-Infizierte gemäß der Corona-Test- und Quarantäneverordnung NRW gerade für im Geschäftsleben tätige Personen mit gravierenden Einschränkungen für die persönliche Bewegungsfreiheit verbundenen. Die Quarantänepflicht lief in Nordrhein-Westfalen erst zum 01.02.2023 aus.

 (2.3.2.3) Schlussendlich ist auch nicht dargelegt, dass sich die Wahl des Versammlungsortes auf den Ablauf der Gesellschafterversammlung, die Verteidigungsmöglichkeiten der Verfügungsklägerin oder das Stimmverhalten der Gesellschafter ausgewirkt hat; eine solche Beeinflussung kann vielmehr nach Lage der Dinge ausgeschossen werden. Die Verfügungsklägerin, deren anwaltlichem Beistand die Teilnahme an der Gesellschafterversammlung gestattet wurde, konnte sich umfangreich zur Sache einlassen und einen eigenen Beschlussvorschlag einbringen. Die Gesellschafter zogen sich mehrfach zur Beratung zurück, um ihre weitere Vorgehensweise zu besprechen. Die nur behauptete, aber nicht glaubhaft gemachte „Einschüchterungstaktik“ durch die Durchführung an einem Versammlungsort, der dem „feindlichen“ Lager zuzuordnen sei, spiegelt sich im Versammlungsprotokoll und den Darlegungen der Parteien zum Ablauf der Versammlung nicht wider.

 (3) Auch die Vorgaben des Gesellschaftsvertrages zur Willensbildung innerhalb der P. A. sind eingehalten.

 (3.1) Diese erfolgt nach Maßgabe von Ziffern 7 und 8 GV durch Gesellschafterbeschlüsse, stimmberechtigt sind nur die Kommanditisten, denn nach Ziffer 8.6 GV gewährt 1,00 EUR Festkapitalbeteiligung eine Stimme. Die Komplementärin der P. A. ist nach Ziffer 4.1 GV zu einer Kapitaleinlage weder berechtigt noch verpflichtet und hat daher kein Stimmrecht. Entsprechend stimmten in der Gesellschafterversammlung nur die Kommanditisten über die Ausschließung ab. Die Durchführung einer gemeinsamen (zeitgleichen) Gesellschafterversammlung mit der P. Holding (vgl. Ziffer 8.1 GV) war hier entbehrlich, da der Ausschluss eines Gesellschafters der Verfügungsbeklagten keine Angelegenheit mit Bezug auf die P. Holding ist.

 (3.2) Es bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung, ob die Verfügungsklägerin bei der Abstimmung über ihre Ausschließung abstimmen durfte oder die gleichwohl abgegebene Stimme von der Versammlungsleiterin zu Recht nicht mitgezählt wurde. Nach Ziffer 15.1 Satz 2 GV ist der betroffene Gesellschafter bei der Beschlussfassung über die Ausschließung nicht stimmberechtigt. Dies entspricht dem – allerdings bei OHG und KG gesetzlich nicht geregelten – Grundsatz des Stimmverbots bei Interessenkonflikten (Roth in: Hopt, HGB, 42. Aufl., § 119 Rn. 8; BGH, Urteil vom 21.04.1969, II ZR 200/67, juris, Rn. 25; Urteil vom 20.12.1982, II ZR 110/82, juris, Rn. 9; Urteil vom 04.04.2017, II ZR 77/16, juris, Rn.10). In der Literatur ist umstritten, ob das Stimmverbot schon dann besteht, wenn über die Ausschließung aus wichtigem Grund zu entscheiden ist, oder ob es erst eingreift, wenn ein wichtiger Grund objektiv vorliegt und der Versammlungsleiter dies im Rahmen einer materiellen Prüfung feststellt (vgl. zum Meinungsstand bei der Abberufung oder Kündigung des Anstellungsverhältnisses eines GmbH-Geschäftsführers aus wichtigem Grund BGH, Urteil vom 04.04.2017, II ZR 77/16, juris, Rn. 11 ff.). Der Meinungsstreit hat im vorliegenden Zusammenhang keine Auswirkungen. Denn wenn ein abstimmungserhebliches Stimmverbot in Frage steht, kommt es im Rechtsstreit allein auf das tatsächliche Vorliegen des wichtigen Grundes an (BGH, Urteil vom 04.04.2017, II ZR 77/16, juris, Rn. 15), bei dessen Fehlen der Ausschließungsbeschluss schon aus diesem Grund nichtig ist.

cc. Ein materiell-rechtlicher Beschlussmangel, der grundsätzlich zur Unwirksamkeit des Beschlusses führt (Freitag in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl., § 119 Rn. 78), kann ebenfalls nicht festgestellt werden.

 (1) Die Ausschließung durch Mehrheitsbeschluss findet im Gesellschaftsvertrag der P. A. eine hinreichende Rechtsgrundlage. Wie bereits dargelegt, kann der Gesellschaftsvertrag abweichend von der dispositiven Regelung in § 140 HGB bestimmen, dass die Ausschließung eines Gesellschafters bei Vorliegen eines wichtigen Grundes in seiner Person durch Gesellschafterbeschluss ausgesprochen wird (BGH, Urteil vom 09.05.2005, II ZR 29/03, juris, Rn. 32; Senat, Urteil vom 18.06.2012, 8 U 42/12, juris, Rn. 38). Auch gegen die Zulässigkeit einer Regelung mit „Sofortgeltung“ bestehen keine durchgreifenden Bedenken; insbesondere stehen weder schützenswerte Interessen Dritter noch solche des betroffenen Gesellschafters entgegen. Dessen Belangen wird vielmehr durch die satzungsgemäß eingeräumte Möglichkeit der Herbeiführung einer gerichtlichen Entscheidung über die Wirksamkeit des Beschlusses hinreichend Rechnung getragen. Stellt sich im Gerichtsverfahren die Unwirksamkeit des Ausschließungsbeschlusses heraus, so haben die anderen Gesellschafter auf eigene Gefahr gehandelt und sich gegebenenfalls auch gegenüber dem zu Unrecht Ausgeschlossenen schadensersatzpflichtig gemacht (BGH, Urteil vom 09.05.2005, II ZR 29/03, juris, Rn. 33). Die gesellschaftsvertraglichen Regelungen über die Ausschließung sind auch hinreichend bestimmt (vgl. Roth in: Hopt, HGB, 42. Aufl., § 140 Rn. 30; § 119 Rn. 37). Zudem sind potentielle wichtige Gründe in einer Art von Regelbeispielen näher konkretisiert.

 (2) Die in Ziffer 15.2 GV vereinbarte Frist von sechs Monaten nach Kenntnis aller Gesellschafter von dem Ausschließungsgrund ist eingehalten, da der Abschluss des Rahmenvertrages mit K. von der Verfügungsklägerin erstmals am 25.10.2022 eingeräumt wurde. Es bedarf daher keiner Erörterung, ob diese Beschränkung des Ausschließungsrechts im Gesellschaftsvertrag wirksam vereinbart ist.

 (3) Es lag auch ein wichtiger Grund für die Ausschließung, bei dessen Fehlen der Beschluss fehlerhaft und damit nichtig wäre (vgl. K. Schmidt/Fleischer in: Münchener Kommentar zum HGB, 5. Aufl., § 140 Rn. 93), vor.

 (3.1) Der Gesellschaftsvertrag der P. A. verwendet in Ziffer 15.1 GV als Oberbegriff den wichtigen Grund, der für die Personengesellschaften in §§ 133, 140 HGB eine gesetzliche Regelung erfahren hat. Diese Systematik greift Ziffer 15.1.1 GV auf, indem dort als erstes Regelbeispiel das Eintreten eines Umstandes in der Person eines Gesellschafters genannt ist, der für die übrigen Gesellschafter nach § 133 HGB das Recht begründen würde, die Auflösung der Gesellschaft zu verlangen.

 (3.1.1) Wichtiger Grund i.S.d. § 133 HGB ist ein Sachverhalt, der das Zusammenwirken der Gesellschafter zur Erreichung des Gesellschaftszwecks beeinträchtigt und dem die Auflösung betreibenden Gesellschafter die Fortsetzung der Gesellschaft unzumutbar macht. Hierfür bedarf es stets einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls unter Abwägung der betroffenen Interessen, wie es § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB in verallgemeinerungsfähiger Form zum Ausdruck bringt (Roth in: Hopt, HGB, 42. Aufl., § 133 Rn. 5; K. Schmidt/Fleischer in: Münchener Kommentar zum HGB, 5. Aufl., § 133 Rn. 11). Gesellschafterbezogene Gründe rechtfertigen nach § 140 HGB (auch) die Ausschließung des betreffenden Gesellschafters. Die Besonderheit des wichtigen Grundes besteht nämlich im Fall des § 140 HGB darin, dass dieser wichtige Grund dem auszuschließenden Gesellschafter zuzurechnen ist (K. Schmidt/Fleischer in: Münchener Kommentar zum HGB, 5. Aufl., § 133 Rn. 11). Diesen Zusammenhang stellt auch Ziffer 15.1.1 GV her, indem der Umstand, der ein Auflösungsverlangen begründen kann, in der Person des auszuschließenden Gesellschafters eingetreten sein muss. § 133 Abs. 2 HGB nennt beispielhaft den Fall, dass ein Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende Pflicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt.

 (3.1.2) Vor dem Hintergrund dieser Definition hat der in Ziffer 15.1.2 GV geregelte Ausschließungsgrund („wenn aus einem in der Person eines Gesellschafters liegenden wichtigen Grund die Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses den übrigen Gesellschaftern unzumutbar ist“) gegenüber Ziffer 15.1.1 GV keine eigenständige Bedeutung. Denn das Vorliegen eines wichtigen Grundes i.S.v. § 133 HGB setzt per definitionem die Feststellung voraus, dass die Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses mit dem Auszuschießendem für die übrigen Gesellschafter unzumutbar ist.

 (3.1.3) Aus dem gleichen Grund verfängt auch die Auffassung der Verfügungsbeklagten, wegen der Festlegung bestimmter Tatbestände bedürfe es keiner gesonderten Interessenabwägung, nicht. Denn die Bezugnahme auf eine gesetzliche Generalklausel, wie in Ziffern 15.1.1 und 15.1.2 GV erfolgt, führt dazu, dass deren Voraussetzungen bei der Prüfung des wichtigen Grundes vollständig erfüllt sein müssen, hier also auch einschließlich der von Gesetzes wegen vorzunehmenden Interessenabwägung. Es handelt sich gerade nicht um die Benennung absoluter Ausschließungsgründe im Sinne eines bestimmten Sachverhaltes, bei deren Vorliegen ohne Hinzuteten weiterer Umstände ein wichtiger Grund anzunehmen ist. Typische Beispiele hierfür sind das Erreichen einer Altersgrenze, Vermögensverfall (vgl. Ziffern 15.1.4 und 15.1.5 GV), Berufszulassungsentzug, Beendigung der Mitarbeit oder das Abreißen verwandtschaftlicher Beziehungen (Roth in: Hopt, HGB, 42. Aufl., § 140 Rn. 30). Die von der Verfügungsklägerin herangezogene Entscheidung (BGH, Urteil vom 07.07.1988, I ZR 78/87, juris) zur außerordentlichen Kündigung eines Handelsvertretervertrages gibt für ihre Rechtsauffassung nichts her.

 (3.1.4) Die Auffassung des Landgerichts, der Ausschluss eines Kommanditisten unterliege strengen Anforderungen (vgl. dazu Roth in: Hopt, HGB, 42. Aufl., § 140 Rn. 10; BGH, Urteil vom 12.12.1994, II ZR 206/93, juris, Rn. 8), teilt der Senat in dieser Allgemeinheit nicht. Maßgeblich sind vielmehr die das Verhältnis der Gesellschafter bestimmende Realstruktur der konkreten Gesellschaft und die Möglichkeit der Einflussnahme des Gesellschafters (K. Schmidt/Fleischer, Münchener Kommentar zum HGB, 5. Aufl., § 140 Rn. 33). Es ist zu prüfen, inwiefern sich die geltend gemachten Ausschließungsgründe auf die Zusammenarbeit im Gesellschafterkreis auswirken. Bei der Verfügungsbeklagten treffen die Kommanditisten durch Gesellschafterbeschlüsse alle wesentlichen Entscheidungen, auch in Bezug auf Beteiligungsunternehmen wie die operativ tätige P. Holding. Die Komplementärin verfügt über kein Stimmrecht, sondern die Kommanditisten leiten die Geschicke der Gesellschaft. Meinungsverschiedenheiten und Vertrauensverlust im Kreis der Kommanditisten haben daher erhebliche Auswirkungen auf die Tätigkeit der Gesellschaft. Hinzu tritt, dass jeder Stamm über eine Sperrminorität verfügt und daher alle anstehenden Entscheidungen blockieren kann. Aus diesem Grund sind erhöhte Anforderungen an die Ausschließung eines Kommanditistenhier nicht zu stellen.

 (3.2) Auf der Grundlage des aktuellen Sach- und Streitstandes sind die Voraussetzungen der Ausschließung gem. Ziffern 15.1.1, 15.1.2 GV i.V.m. § 133 Abs. 2 HGB erfüllt. Den Gesellschaftern des Y.er Stammes ist wegen des Verhaltens der Verfügungsklägerin im Zusammenhang mit dem Abschluss des Rahmenvertrages vom 06.07.2022 eine weitere Zusammenarbeit mit der Verfügungsklägerin nicht zumutbar.

 (3.2.1) Die Verfügungsklägerin verletzte wesentliche Verpflichtungen aus dem Gesellschaftsvertrag, Ziffer 15.1.1 GV i.V.m. § 133 Abs. 2 HGB.

 (3.2.1.1) Schon der Abschluss des Rahmenvertrages vom 06.07.2022 stellt einen Verstoß der Verfügungsklägerin gegen die schuldrechtlichen Pflichten dar, die die Vinkulierungsklausel in Ziffer 11.1. Abs. 2 GV begründen, und beinhaltet damit eine Treuepflichtverletzung.

 (3.2.1.1.1) Die in dem Rahmenvertrag vom 06.07.2022 vorgesehene Transaktionsstruktur soll im Ergebnis dazu führen, dass K. eine mittelbare Beteiligung an der Verfügungsbeklagten eingeräumt wird. Eine an Wortlaut, Systematik und Interessenlage orientierte Auslegung des Gesellschaftsvertrages der Verfügungsbeklagten gem. §§ 133, 157 BGB führt zu dem Ergebnis, dass dies dem Zweck der in Ziffer 11.1 GV umfassend vereinbarten Vinkulierung der Anteile an der Verfügungsbeklagten zuwiderläuft. Wegen der Einzelheiten der Auslegung des Gesellschaftsvertrages und der Bewertung der Zulässigkeit der geplanten Transaktion verweist der Senat auf den Inhalt seines Urteils vom 19.06.2023 in dem Parallelverfahren 8 U 177/22, an dem die Verfügungsklägerin und die Streithelferin als Parteien beteiligt sind. Der Senat geht davon aus, dass der Verfügungsbeklagten des hiesigen Verfahrens dieses Urteil ebenfalls bekannt ist, so dass er davon absieht, den Inhalt vollständig wiederzugeben.

 (3.2.1.1.2) Die nach Ziffer 11.1 GV erforderliche Zustimmung durch Mehrheitsbeschluss der Gesellschafter liegt nicht vor und wird, wie die Verfügungsklägerin bei Abschluss des Vertrages auch wusste, nicht erteilt werden. Es kann offenbleiben, ob das Fehlen der Zustimmung dazu führt, dass die in allen Erwerbsphasen (§§ 4, 9 und 14 des Rahmenvertrages) vorgesehene Übertragung von Anteilen der Verfügungsbeklagten auf eine Vorratsgesellschaft („NewCo 1 bis 3“) bereits von der dinglich wirkenden Vinkulierung in Ziffer 11.1 Abs. 1 GV erfasst würde und schwebend unwirksam wäre. Dies hängt davon ab, ob die in Ziffer 11.5 GV geregelte Ausnahme für zustimmungsfreie Übertragungen an nachfolgeberechtigte Personen eingreift; der Senat hat diesbezüglich, wie in dem Urteil vom 19.06.2023 in dem Parallelverfahren 8 U 177/22 ausgeführt, erhebliche Zweifel. Jedenfalls unterfällt die geplante Transaktion dem schuldrechtlich wirkenden Verbot gem. Ziffer 11.1 Abs. 2 GV, der auch die mittelbare Beteiligung erfasst, wenn mit ihr bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Vinkulierungszweck gefährdet wird. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Auffassung der Verfügungsklägerin, die Regelungen über die Ausschließung in Ziffern15.1.6 GV und Ziffer 15.1.9 GV stellten eine exklusive Sonderregelung für den Fall einer mittelbaren Beteiligung dar, hält der Senat für falsch; für ein solches Verständnis gibt es keinen Beleg. Im Gegenteil ist die Ausschließung eines Mitgesellschafters – nicht zuletzt wegen der dann zu zahlenden Abfindung –  mit erheblichen Belastungen verbunden, so dass bereits die Herbeiführung eines vertragswidrigen, zur Ausschließung berechtigenden Zustandes jedem Gesellschafter schuldrechtlich verboten ist (Liebscher, ZIP 2003, 825, 828). Nach dem Plan des Rahmenvertrages wird dieser Zustand vorsätzlich von der Verfügungsklägerin und K. herbeigeführt.

 (3.2.1.1.3) Die Verfügungsbeklagte und die Streithelferin weisen zu Recht darauf hin, dass der Vinkulierungsklausel in der als Familiengesellschaft konzipierten Verfügungsbeklagten wesentliche Bedeutung zukommt.

 (3.2.1.1.3.1) Die Analyse der Struktur der P. A. führt zu dem Ergebnis, dass es der Interessenlage und den Zielen der Gesellschafter entspricht, die Gesellschaft nicht für familienfremde Dritte zu öffnen, was auch eine mittelbare Beteiligung eines Finanzinvestors ausschließt. Denn bei der P. A. handelt es sich um eine sog. Familiengesellschaft, zahlreiche der in der Literatur (Ulmer ZIP 2010, 549, 552; Holler in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 7, 6. Aufl., § 75 Rn. 15 ff.) genannten Kriterien sind erfüllt. Die Gesellschaftsverträge der Verfügungsbeklagten und der P. Holding beinhalten eine Vinkulierungsklausel und weitere flankierende, schuldrechtlich wirkende Maßnahmen zur Beschränkung des Gesellschafterkreises. Typisch sind auch die Einteilung der Gesellschafter nach Familienstämmen und die Einrichtung eines Beirats bei der P. Holding einschließlich Vorschlagsrecht für beide Familienstämme. Zum Zwecke der Selbstfinanzierung sind freie Entnahmerechte und der Abfindungsanspruch eines ausscheidenden Gesellschafters beschränkt. Auch insoweit verweist der Senat auf die Ausführungen in seinem Urteil vom 19.06.2023 (8 U 177/22). Die Gründungsgesellschafter verfolgen damit eine weitreichende closed-shop-Strategie.

 (3.2.1.1.3.2) Zwar zeigen die Verträge mit den Vorschriften zu Ankaufs- und Vorkaufsrechten einen Weg auf, wie mit möglichen Veräußerungswünschen eines Anteilseigners umzugehen ist. Es bleibt aber dabei, dass eine Anteilsübertragung nur mit Zustimmung der notwendigen Mehrheit der Gesellschafter von 60 % erfolgen darf, wenn der Versuch einer einvernehmlichen Regelung scheitert. Indem die Verfügungsklägerin ihre eigenen Interessen an einem wirtschaftlich möglichst lukrativen Ausscheiden – der Weg der Kündigung, der ihr nach Ziffer 14 GV offensteht, würde zu einer Beschränkung der Abfindung nach Ziffer 17 GV führen – über die Interessen der Gesellschaft an der Einhaltung des Vinkulierungszwecks stellt, handelt sie der Treuepflicht zuwider und gefährdet einen wesentlichen Grundgedanken der Gesellschaftsverträge (vgl. Liebscher, ZIP 2003, 825, 828; Schmidt GmbHR 2011, 1289, 1291; Reichert, GmbHR 2012, 713, 722; Verse in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl., § 15 GmbHG Rn. 88). Mit dem Eintritt eines familienfremden Investors – sei es auch nur als Minderheitsgesellschafter – wäre der Charakter als Familienunternehmen, bei dem ausschließlich Abkömmlinge der Gründer mittelbare oder unmittelbare Gesellschafter sind – unwiederbringlich verloren.

 (3.2.1.2) Erschwerend tritt die auf Verheimlichung angelegte Vorgehensweise der Verfügungsklägerin hinzu. Diese handelte bewusst dem erklärten Willen der Mitglieder des Y.er Stammes zuwider, die mit einer Beteiligung des Finanzinvestors K. nicht einverstanden waren und sind.

 (3.2.1.2.1) Die Behauptung der Verfügungsklägerin, sie habe jederzeit proaktiv und transparent kommuniziert, trifft in Bezug auf den Abschluss des Rahmenvertrages vom 06.07.2022 nicht zu. Richtig ist, dass die Mitglieder des R. Stammes ihren Ausstiegswunsch in der Vergangenheit offen mitgeteilt und ihre Anteile zum Verkauf angeboten haben. Ob die Offerte aus August 2020 den Anforderungen des Gesellschaftsvertrages entsprachen, kann offenbleiben; jedenfalls hatten die Mitglieder des Y.er Stamm kein Interesse an einem Erwerb, denn sonst hätte das Angebot vom 13.08.2020 Anlass für Verhandlungen geboten. Auch verschiedene Ansätze, im Verhandlungsweg entweder die Zusammenarbeit gesellschaftsvertraglich neu zu strukturieren („New P.“) oder sich einvernehmlich zu trennen („UBO“-Projekt) scheiterten. Es kann auch festgestellt werden, dass ein Teil der Gesellschafter einer Öffnung für familienfremde Investoren offen gegenüberstand bzw. gegenübersteht (so die Ergebnisse des sog. May-Workshops und die Vorschläge zu „New P.“). Allerdings hatten die Vertreter des Y.er Stammes daran kein Interesse, und dies bezog sich, wie das Schreiben vom 11.08.2021 (Anlage AST 2, Bl. 39 eGA I der Akte 8 U 177/22) zeigt, explizit auf die Interessenbekundung durch K..

 (3.2.1.2.2) Zwar warben die Mitglieder des Y.er Stammes (insbesondere M. P.) für eine Zusammenarbeit mit K. und boten mehrfach das Gespräch an. Es kann derzeit auch nicht ausgeschlossen werden, dass eine mögliche Transaktionsstruktur, die die Übernahme nur der Anteile der Verfügungsklägerin ohne Zustimmung der Mehrheit der Gesellschafter vorsah, Gegenstand von Gesprächen war. Dies ergibt sich nicht nur aus der in dem Urteil des Landgerichts Hagen vom 07.12.2022 (2 O 243/22) zitierten E-Mail M. P.s vom 11.04.2021 („Ich habe Dir gesagt, dass wir einen Weg gefunden haben, wie wir ohne Zustimmung der Gesellschafter verkaufen können, nicht wie der geht. Das ist dann ja auch unwichtig, da wir den einfach machen könnten, ohne jegliche Rücksprache.“). Auch in der E-Mail vom 10.08.2021 (Anlage AS 43, Bl. 574 eGA II) verwies M. P. auf eine mögliche Übernahme „nur“ der Anteile der Verfügungsklägerin (und ggf. derjenigen von G. P.-Z.), die nach der Satzung nicht zu verhindern sei. Dies soll Gegenstand eines Gesprächs vom 10.08.2021 zwischen M. P. sowie den Herren B. P., T. C. und Herrn DD. von der Sozietät YD. gewesen sein. Der „100 % satzungskonforme Weg“ wird auch in der E-Mail vom 20.03.2022 (Anlage AS 13, Bl. 102 eGA I) erwähnt, aber nicht näher beschrieben. Gleiches gilt für die E-Mail vom 24.03.2022 (Anlage AS 17, Bl. 107 eGA I) von M. P. an den anwaltlichen Berater der Streithelferin Rechtsanwalt XT.. Auch in dieser E-Mail wirbt M. P. nachdrücklich für eine Zusammenarbeit mit K.. Die erwünschte Rolle der Streithelferin wird als „passives stressfreies Begleiten, wenn ein aktives befürworten nicht möglich ist“ beschrieben.

 (3.2.1.2.3) Im Rahmen der summarischen Prüfung im einstweiligen Verfügungsverfahren kann nicht festgestellt werden, ob der letztlich mit K. vereinbarte Weg (mittelbarer Anteilserwerb) in persönlichen Gesprächen offengelegt wurde. Die Streithelferin bestreitet in ihrem letzten Schriftsatz vom 14.06.2023, dass die Transaktionsstruktur vorgerichtlich erläutert oder ein diesbezügliches Gesprächsangebot unterbreitet worden sei. Demnach habe es zwar Telefonate zwischen dem R. Familienstamm bzw. der K.-Gruppe und deren jeweiligen anwaltlichen Beratern und ihrem Prozessbevollmächtigten, Herrn Rechtsanwalt XT., gegeben; diese hätten aber gerade keine Erläuterung der Transaktionsstruktur beinhaltet und es sei systematisch jegliche Information hinsichtlich der Transaktionsstruktur und des Stands der Gespräche zwischen K. und dem R. Familienstamm verweigert worden. Ein völlig anderes Gepräge würde eine mündliche Erläuterung des gefassten Plans dem Verhalten der Verfügungsbeklagten aber nicht verleihen, so dass eine Klärung im einstweiligen Verfügungsverfahren entbehrlich ist. Denn die Vertreter des Y.er Stammes hielten diese Ankündigungen, wie durch die Eidesstattliche Versicherung von T. C. (Anlage STH 2, Bl. 908 eGA I) glaubhaft gemacht ist, für einen „Bluff“, da allen Beteiligten klar gewesen sei, dass dies dem Gesellschaftsvertrag widerspreche und ohne Rechtsverstoß nicht möglich sei. Diese nachvollziehbare Haltung wird unterstrichen durch den Inhalt der E-Mail von M. P. vom 24.03.2022 an den Rechtsberater der Streithelferin Rechtsanwalt XT. (Anlage AS 17, Bl. 107 eGA I), die mit den Worten „Ich hoffe, dass Sie In den Gesprächen mit den o.g. Herren bestätigt bekommen haben, dass wir nicht bluffen“ eingeleitet wird. Der Erklärungsversuch der Verfügungsklägerin (Bl. 965 eGA I) bzw. von M. P. (vgl. eidesstattliche Versicherung, Anlage AS 27, Bl. 983 eGA I), seine Hinweise auf einen gefundenen Ausstiegsweg hätten als „Türöffner“ dienen und weitere Gespräche anstoßen sollen, überzeugt vor dem Hintergrund der weiteren Ereignisse nicht.

 (3.2.1.2.4) Im Ergebnis sind keine Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht, aus denen sich ergibt, dass den Gesellschaftern vor der ersten veröffentlichten Meldung der Kartellbehörden im Oktober 2022 bekannt war, dass die geplante Transaktion zwischen der Beklagten und der K.-Gruppe praktisch ausgehandelt war. Unstreitig informierten die Vertreter des R. Stammes die Vertreter des Y.er Stammes zu keinem Zeitpunkt, dass sie tatsächlich beabsichtigten, den Rahmenvertrag vom 06.07.2022 abzuschließen. Erst im Termin zur mündlichen Verhandlung des Landgerichts Hagen in dem Auskunftsverfahren 21 O 10.2022 am 25.10.2022 erfuhr mit der Streithelferin erstmals ein anderer Gesellschafter von dem Abschluss des Rahmenvertrages (Anlage LMPS 25, Bl. 646 eGA I). Der Senat ist in einer Gesamtschau davon überzeugt, dass der Abschluss der Vereinbarung mit K. bewusst so spät wie möglich offenbart wurde, um den Vollzug des Rahmenvertrages nicht zu gefährden, da man offensichtlich – zu Recht, wie die weitere Entwicklung zeigt – befürchtete, dass die Vertreter des Y.er Stammes, deren ablehnende Haltung bekannt war, Maßnahmen ergreifen würden, um die Umsetzung zu verhindern.

 (3.2.1.2.5) Auch liegt der Verfügungsbeklagten und der Streithelferin bis heute keine vollständige Abschrift des Rahmenvertrages vom 06.07.2022 vor. Das auf Ziffer 11.3.2 gestützte Herausgabeverlangen der Streithelferin vom 29.10.2022 (Anlage LMPS 29, Bl. 679 eGA I) lehnte die Verfügungsklägerin mit Schreiben vom 31.10.2022 (Bl. 681 eGA I) ab und reagierte auch auf eine weitere Aufforderung vom 04.11.2022 (Anlage LMPS 32, Bl. 684 eGA I) nicht. Erst in dem einstweiligen Verfügungsverfahren 2 O 243/22 Landgericht Hagen (= Senat, 8 U 177/22) legte die Verfügungsklägerin mit ihrer Widerspruchsbegründung vom 30.11.2022 als Anlage AG 1 eine Ablichtung des Rahmenvertrages vor, in dem umfangreiche Schwärzungen vorgenommen wurden; dieses Exemplar des Vertrages reichte sie als Anlage AS 1 (Bl. 45 eGA I) auch mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 06.12.2022 im vorliegenden Verfahren ein. Auf die prozessleitende Verfügung des Senats vom 22.05.2023 (Bl. 294 eGA II) reagierte die Verfügungsklägerin, indem sie als Anlage AS 39 (Bl. 456 eGA II) für die Gegenseite eine Fassung vorlegte, in der weitere Passagen des Rahmenvertrages offenbart wurden. Es muss nicht entschieden werden, ob die Streithelferin einen materiellrechtlichen Anspruch auf Einsichtnahme in den vollständigen Rahmenvertrag hat. Entscheidend für die Bewertung des Verhaltens der Verfügungsklägerin im Zusammenhang mit der Offenbarung des Vertragsinhalts ist, dass die Verfügungsklägerin zu dem Inhalt der geschwärzten Passagen im Rahmen der gerichtlichen Auseinandersetzungen wahrheitswidrig vorgetragen hat und hierdurch weiteres Vertrauen einbüßte. Denn die Verfügungsklägerin hat versichert, die in den Anlagen AG 1 und AS 1 vorgenommenen Schwärzungen beschränkten sich auf Vereinbarungen, die ausschließlich das Innenverhältnis zwischen dem R. Familienstamm und der K.-Gruppe beträfen (etwa Kaufpreis etc.) und die für das Verständnis der Transaktion sowie deren rechtliche Bewertung mit Blick auf die Auseinandersetzungen der Parteien keine Rolle spielten. Dies war unzutreffend, denn aus der Anlage AS 39 ergibt sich, dass der Rahmenvertrag in § 30.2 Vereinbarungen enthält, die K. gegenüber dem R. Stamm Weisungsrechte in Bezug auf die Ausübung von Gesellschafterrechten (einschließlich der Ausübung des Stimmrechts) in der Verfügungsbeklagten und in Gesellschaftern der Verfügungsbeklagten (d.h. den Vorratsgesellschaften) einräumt. Diese Vereinbarung weist zum einen einen Bezug zu dem gesellschaftsvertraglichen Verhältnis der Verfügungsklägerin und der Streithelferin und zu den Kommanditanteilen der Verfügungsbeklagten auf und spielt zum anderen für die rechtliche Bewertung der Zulässigkeit der geplanten Transaktion eine wichtige Rolle.

 (3.2.1.3) Auch die Vorgänge um die Besetzung des frei gewordenen Beiratspostens, auf die die Streithelferin ihren Ausschließungsantrag ebenfalls stützte, beinhalten eine Treuepflichtverletzung der Verfügungsklägerin. Die Vereinbarungen mit K. zur Ausübung des Vorschlagsrechts für den Beirat (vgl. § 7.3 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der P. Holding) und die nicht offenbarte Ausübung des Vorschlagsrechts zugunsten eines von K. ausgewählten Kandidaten verletzten wesentliche Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag.

 (3.2.1.3.1) Die Ausübung der Gesellschafterrechte aus Beteiligungen an Beteiligungsgesellschaften, zu denen die P. Holding nach Ziffer 6.5 GV gehört, gehört zum Aufgabenkreis der Gesellschafter der Verfügungsbeklagten, wie sich beispielsweise aus Ziffer 7.1.2 GV ergibt, und unterliegt daher der Pflichtenbindung aus der Gesellschafterstellung in der Verfügungsbeklagten. Daher können auch Verletzungen der Treuepflicht, die sich aus der Verletzung von Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages einer Beteiligungsgesellschaft ergeben, einen wichtigen Grund zur Ausschließung aus der Verfügungsbeklagten darstellen.

 (3.2.1.3.2) Der Beirat der P. Holding übt wichtige Funktionen im Interesse der Gesellschafter aus, indem er u.a. die Geschäftsführung überwacht und für die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern zuständig ist. Die Einzelheiten ergeben sich aus dem Aufgabenkatalog in § 7.2 der Satzung der P. Holding. Das in § 7.3 Abs. 1 der Satzung verankerte Vorschlagsrecht dient dazu, dass jeder Familienstamm ein von ihm ausgewähltes Beiratsmitglied seines Vertrauens in dieses Gremium bringen kann. Allerdings handelt es sich nicht um ein Ernennungsrecht, denn auch die von einem Stamm vorgeschlagenen Beiratskandidaten müssen von der Gesellschafterversammlung mit einer Mehrheit von 2/3 der abgegebenen Stimmen gewählt werden, § 7.3 Abs. 2 der Satzung. Damit muss ein Kandidat, um in den Beirat gewählt zu werden, das Vertrauen und die Unterstützung beider Gesellschafterstämme genießen. Daher stellte sich der Kandidat GG. auch den Mitgliedern des Y.er Stammes vor.

 (3.2.1.3.3) Die Vereinbarung in § 30.1 des Rahmenvertrages, nach der K. ein Vorschlagsrecht für ein Mitglied für den Beirat der P. Holding zusteht, dient bei dieser Sachlage dazu, K. eine Einflussnahme auf dieses wichtige Gremium zu sichern, zumal K. das Recht hat, den R. Stamm anzuweisen, den von K. vorgeschlagenen Kandidaten notfalls gerichtlich durchzusetzen. Die Unterwerfung unter diese Klausel stellte bereits eine Treuepflichtverletzung dar, da eine Einflussnahme familienfremder Dritter nach dem Inhalt der Gesellschaftsverträge nicht gewollt ist und dem Vinkulierungszweck zuwiderläuft. Das den Gesellschaftern eingeräumte Vorschlagsrecht für den Beitrat dient dazu, über die Besetzung dieses Gremiums mittelbar Einfluss auf die Geschicke der operativ tätigen P. Holding zu nehmen. Das an die Stammeszugehörigkeit gebundene Vorschlagsrecht darf daher ohne Zustimmung der Mitgesellschafter nicht durch Dritte ausgeübt werden. Ob die Auffassung der Streithelferin, die zugrundeliegende schuldrechtliche Vereinbarung mit K. unterfiele als „Verfügung über einzelne, mit dem Anteil verbundene Rechte“ der in § 14.1 der Satzung der P. Holding festgeschriebenen Vinkulierung, kann offenbleiben. Denn jedenfalls verletzte die Verfügungsklägerin mit der Vereinbarung im Innenverhältnis die schuldrechtlich wirkenden Treuepflichten gegenüber ihren Mitgesellschaftern.

 (3.2.1.3.4) Auch der Vorschlag der Verfügungsklägerin, GG. in den Beirat zu wählen, stellte eine treuwidrige Ausübung von Gesellschafterrechten dar, da dessen Verbindungen zu K. und die Tatsache, dass GG. von K. vorgeschlagen worden war, dabei von den Mitgliedern des R. Stammes nicht offengelegt wurden. GG. hatte zu diesem Zeitpunkt noch einen Beratervertrag mit K. und war, wie er selbst einräumt, von Seiten Tritons angesprochen worden, ob er sich eine Tätigkeit als Mitglied des Beirats der P. Holding vorstellen könne. Die Verfügungsklägerin bestreitet nicht, dass ihr bekannt gewesen sei, dass GG. über Verbindungen zu K. verfügte, sondern stellt lediglich eine „Detailkenntnis“ in Abrede. Die Auffassung der Verfügungsklägerin, sie sei zu einer entsprechenden Aufklärung nicht verpflichtet gewesen, teilt der Senat nicht. Die Mitglieder des Y.er Stammes hätten einen von K. ausgewählten Kandidaten nicht gewählt, was die Mitglieder des R. Stammes auch wussten. Der Y.er Stamm stand einem Einstieg dieses Investors bekanntermaßen ablehnend gegenüber.

 (3.2.1.4) Gleiches gilt für die mit K. in § 30.2 Satz 1 des Rahmenvertrages getroffenen Vereinbarungen zur Ausübung von Stimmrechten in der Verfügungsbeklagten und ihren Gesellschaftern (zu denen nach der geplanten Transaktion auch die Vorratsgesellschaften „NewCo 1 bis 3“ zählen).

 (3.2.1.4.1) Das neue Vorbringen zu der Stimmbindung kann in der Berufungsinstanz berücksichtigt werden, da der Inhalt des Rahmenvertrages als solcher unstreitig ist und unstreitiges neues Vorbringen nie nach § 531 Abs. 2 ZPO präkludiert ist (Heßler in: Zöller, ZPO, 34. Aufl., § 531 Rn. 20). Streitig ist zwischen den Parteien nur, ob M. P. in einem Gespräch vom 24.03.2023 andeutete, die nach der Darstellung der Verfügungsbeklagten dringend notwendige P. USA-Transaktion werde möglicherweise an einer fehlenden Zustimmung von K. scheitern. Diese Frage kann im Rahmen des Verfügungsanspruchs offengelassen werden, denn hier ist zu bewerten, ob die Verfügungsklägerin durch die Vereinbarungen in §§ 28, 30 des Rahmenvertrages gegen die Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag verstieß. Die aus einer Stimmbindung resultierenden Folgen sind dabei abstrakt-generell in die Bewertung einzubeziehen.

 (3.2.1.4.2) Die erst nachträglich offenbarte Stimmbindungsvereinbarung kann von der Streithelferin als wichtiger Grund „nachgeschoben“ werden, auch wenn der Ausschließungsbeschluss vom 01.12.2022 nicht auf diesen Punkt gestützt ist.

 (3.2.1.4.2.1) Für die Ausübung von Gestaltungsrechten wie der Ausschließung eines Gesellschafters, dem Widerruf einer Organstellung, der Kündigung aus wichtigem Grund und der Einziehung eines Geschäftsanteils gilt, dass Umstände, die zum Zeitpunkt der Erklärung bereits vorgelegen haben, im Rechtsstreit unter bestimmten Voraussetzungen zur Begründung nachgeschoben werden können (BGH, Urteil vom 14.10.1991, II ZR 239/90, juris, Rn. 12; Urteil vom 20.02.1995, II ZR 46/94, juris; Urteil vom 01.12.2003, II ZR 161/02, juris, Rn. 12). Ein erneuter Gesellschafterbeschluss ist immer dann entbehrlich, wenn die nachgeschobenen Gründe mit den ursprünglich geltend gemachten Gründen so eng zusammenhängen, dass sie lediglich den Tatbestand abrunden, mit dem sich die Gesellschafterversammlung schon auseinandergesetzt hat (Strohn in: Münchener Kommentar zum GmbHG, 4. Aufl., § 34 Rn. 137; BGH, Urteil vom 10.06.1991, II ZR 234/89, juris, Rn. 10). Im Einzelfall kann das Nachschieben gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn der betroffene Gesellschafter darauf vertrauen durfte, der nachgeschobene Grund werde nicht geltend gemacht (Strohn in: Münchener Kommentar zum GmbHG, 4. Aufl., § 34 Rn. 137).

 (3.2.1.4.2.2) Nach dieser Maßgabe können die „nachgeschobenen“ Gründe auch ohne erneuten Gesellschafterbeschluss im einstweiligen Verfügungsverfahren bei der Prüfung der Frage, ob ein wichtiger Grund für die Ausschließung der Verfügungsklägerin aus der Verfügungsbeklagten vorlag, berücksichtigt werden. Denn die Stimmbindung gem. § 30.2 des Rahmenvertrages ist Bestandteil der Vereinbarungen mit K., mit der sich die Gesellschafterversammlung bereits befasste und die sie als wichtigen Grund für die Ausschließung der Verfügungsklägerin ansah. Die Stimmbindung liegt auf einer Linie mit dem Vorschlagsrecht für den Beiratskandidaten; beide Maßnahmen dienen dazu, K. gegen den Willen des Y.er Stammes Einfluss auf die Entscheidungsbildung innerhalb der Gesellschaften zu verschaffen. In ihrem Beschlussvorschlag für die Ausschließung (Anlage 3 zum Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 01.12.2022, Bl. 759 eGA I) bewertete die Streithelferin die beanstandete schuldrechtliche Vereinbarung mit K. zur Bestimmung des Beiratsmitglieds wie einen Stimmbindungsvertrag. Die Mitglieder des Y.er Stammes kannten die vergleichbare Regelung in § 30.2 des Rahmenvertrages zu diesem Zeitpunkt ohne Verschulden nicht, da die Verfügungsklägerin den entsprechenden Passus des Rahmenvertrages vom 06.07.2022 erst mit der Anlage AS 39 offenlegte. Bei dieser Sachlage konnte die Verfügungsklägerin auch nicht darauf vertrauen, dass die Gegenseite diesen Grund nicht mehr geltend machen würde.

 (3.2.1.4.3) Die Stimmbindung gegenüber K. in § 30.2 Satz 1 des Rahmenvertrages ist rechtswidrig und verstößt gegen den Gesellschaftsvertrag der P. A..

§ 30.2 Satz 1 des Rahmenvertrages lautet:

 „Soweit rechtlich zulässig, wird der R. Familienstamm ab Vorliegen der Fusionskontrollrechtlichen Freigaben gemäß § 20 ihm etwa zustehende Rechte als Gesellschafter der P. A. KG und der P. Holding GmbH gegenüber diesen Gesellschaften (einschließlich der Ausübung des Stimmrechts) oder ihren Gesellschaftern gemäß den Weisungen des Investors ausüben, sofern dies nach vernünftiger Einschätzung des Investors und unter angemessener Berücksichtigung der Interessen des R. Familienstamms für die Durchführung der Transaktion nach Maßgabe dieses Vertrags erforderlich ist. […]

Insbesondere bei der Ausübung des Stimmrechts sind die Mitglieder des R. Stammes damit im Grundsatz an die Weisungen von K. gebunden. Diesem Weisungsrecht hätte sich die Verfügungsklägerin nicht unterwerfen dürfen.

 (3.2.1.4.3.1) Ziffer 7.3 GV beschränkt den Personenkreis, durch den die Gesellschafter ihre Gesellschafterrechte ausüben lassen können, auf Abkömmlinge, Ehegatten und Berufsgeheimnisträger. K. als Finanzinvestor wird von dieser Regelung ersichtlich nicht erfasst.

 (3.2.1.4.3.2) Stimmbindungen gegenüber Dritten sind nach der herrschenden Lehre in der Literatur mit dem Charakter einer Personengesellschaft grundsätzlich nicht zu vereinbaren und erheblichen rechtlichen Bedenken ausgesetzt (Roth in: Hopt, HGB, 42. Aufl., § 119 Rn. 18; Freitag in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl., § 119 Rn. 43; Enzinger in: Münchener Kommentar zum HGB, 5. Aufl., § 119 Rn. 37; Schäfer in: Staub, Großkommentar HGB, 5. Aufl., § 119 Rn. 72). Demgegenüber halten eine Mindermeinung in der Literatur (Fundstellen bei Enzinger in: Münchener Kommentar zum HGB, 5. Aufl., § 119 Rn. 37 und Freitag in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl., § 119 Rn. 43) und die Rechtsprechung Stimmbindungsvereinbarungen für zulässig. Allerdings betreffen die veröffentlichen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs Stimmbindungen bei der GmbH (BGH, Urteil vom 29.05.1967, II ZR 105/66, juris; Urteil vom 20.01.1983, II ZR 243/81, juris). Keinesfalls zulässig sind Stimmbindungsvereinbarungen ohne Zustimmung der Mitgesellschafter, wenn auch die Anteilsübertragung nur mit ihrer Zustimmung zulässig ist (Roth in: Hopt, HGB, 42. Aufl., § 119 Rn. 18). Die streitgegenständliche Vinkulierungsklausel enthält eine entsprechende Regelung, denn in Ziffer 11.1 Abs. 2 GV heißt es: „Das gleiche gilt für […] Verfügungen über einzelne, mit dem Anteil verbundene Rechte […]“. Zu den angesprochenen Rechten dürfte auch das Stimmrecht als untrennbarer Bestandteil der Mitgliedschaft gehören (Enzinger in: Münchener Kommentar zum HGB, 5. Aufl., § 119 Rn. 13). Eine schuldrechtliche Vereinbarung, die dazu führt, dass die Ausübung des Stimmrechts von einem gesellschaftsfremden Dritten vorgegeben wird, ist eine Maßnahme, die jedenfalls nach Ziffer 11.1 Abs. 2, 2. HS GV verboten ist. Denn es handelt sich um ein Rechtsgeschäft oder eine Maßnahme, das bzw. die wirtschaftlich zu einem vertragswidrigen Ergebnis führt. Die Einräumung einer mittelbaren Beteiligung an K. verstößt deshalb gegen den Gesellschaftsvertrag, weil dieser darauf angelegt ist, die Einflussnahme Dritter zu unterbinden. Die Stimmbindung gegenüber K. unterminiert den Zweck der umfassenden Vinkulierung zusätzlich, und zwar zeitlich vorgelagert.

 (3.2.1.4.3.3) Der Vorbehalt in § 30.2 Satz 1 des Rahmenvertrages „soweit rechtlich zulässig“ ist für die Beurteilung irrelevant. Die Verfügungsklägerin meint, durch diese Klausel werde eine Subsidiarität der Kooperations- und Informationspflichten aus dem Rahmenvertrag gegenüber den gesellschaftsrechtlichen Pflichten der Verfügungsklägerin statuiert. Allerdings ist schon die durch § 30.2 Satz 1 des Rahmenvertrages eingeräumte Möglichkeit einer Einflussnahme auf Entscheidungen der Gesellschafterversammlung vertragswidrig, so dass für § 30.2 Satz 1 des Rahmenvertrages bei diesem Verständnis kein Anwendungsbereich verbliebe.

 (3.2.1.4.3.4) Auch das Argument der Verfügungsklägerin, derartige Regelungen fänden sich standardmäßig in Unternehmenskauf- und -anteilskaufverträgen und mit ihnen finde kein „Ausverkauf“ einer Gesellschafterstellung statt, sie dienten vielmehr ebenso wie allgemeine Kooperations- und Informationspflichten der Absicherung und Unterstützung des Vertragsvollzugs und trügen damit der unterschiedlichen Interessenlage der Vertragsparteien Rechnung, verfängt nicht. Diese Auffassung beruht auf der Prämisse der Satzungskonformität der geplanten Transaktion, die der Senat nicht teilt: Da bereits das mit dem Rahmenvertrag verfolgte Ziel der Einräumung einer mittelbaren Beteiligung für K. nicht mit dem Gesellschaftsvertrag der Verfügungsbeklagten zu vereinbaren ist, gilt das Gleiche für Regelungen, die seinen Vollzug absichern sollen. Aus diesem Grund kommt es nicht darauf an, ob die Auffassung der Verfügungsklägerin zutrifft, bei der entsprechenden Passage des Rahmenvertrags handele es sich ohnehin nur um eine reine Schutzklausel und die entsprechende Pflicht greife nur, wenn es um Entscheidungen gehe, die die Durchführung der Transaktion verhindern könnten. Abgesehen davon findet dieses Verständnis der Regelung in dem Wortlaut von § 30.2 Satz 1 des Rahmenvertrages keine hinreichende Stütze. Das Weisungsrecht soll vielmehr immer dann eingreifen, wenn dies nach vernünftiger Einschätzung des Investors für die Durchführung der Transaktion erforderlich ist, mit anderen Worten: seinen Interessen dient. Damit ist dem Investor K. gleichzeitig die Deutungshoheit darüber überlassen, welche Angelegenheiten der Verfügungsbeklagten er beeinflussen will.

 (3.2.2) Der Senat ist auch davon überzeugt, dass die Vertreter der Verfügungsklägerin schuldhaft handelten.

 (3.2.2.1) Zum einen wussten die Mitglieder des R. Stammes, dass die Mitglieder des Y.er Stammes nicht mit einer Beteiligung durch den Finanzinvestor K. einverstanden waren, und dies schloss selbstverständlich auch eine mittelbare Beteiligung mit ein. Ansonsten hätte kein Anlass bestanden, den Abschluss des Rahmenvertrages und die geplante Transaktionsstruktur zu verheimlichen, was ebenfalls auf bewussten Entscheidungen beruhte.

 (3.2.2.2) Auch der in dem Abschluss des Rahmenvertrages liegende Verstoß gegen die Vinkulierungsklausel erfolgte mit bedingtem Vorsatz. Der Senat hält den von der Verfügungsklägerin eingenommenen Rechtsstandpunkt nicht für vertretbar. Die Mitglieder des R. Stammes wussten bei Abschluss des Rahmenvertrages, dass eine weitreichende closed-shop-Strategie die Grundlage des Gesellschaftsvertrages der Verfügungsbeklagten ist.

 (3.2.2.2.1) Allen Gesellschaftern der Verfügungsbeklagten war bekannt, dass die Vinkulierung einer freien Übertragung der Anteile entgegensteht. Im Mai 2020 kündigte der Familienstamm S. P. an, über eine Anteilsveräußerung diskutieren zu wollen. In dem Schreiben des R. Stammes an die Gesellschafter der LG., der A. und die Destinäre der W. P. Familienstiftung vom 21.05.2020 (Anlage STH 10, Bl. 355 eGA II) heißt es wörtlich: „Dies mag durch Kauf unserer Anteile durch heutige Gesellschafter geschehen oder durch Kauf unserer Anteile durch Externe, wofür wir die Genehmigung der Gesellschafter benötigen. Noch lieber würden wir über Alternativen sprechen. Und solche umzusetzen, die sicherstellen, dass einheitliche (und ggf. wechselnde) Mehrheiten auf Gesellschafterebene geschaffen werden können. Dafür käme z.B. auch eine Satzungsänderung der A. oder/ und auch die Aufnahme eines weiteren fremden Gesellschafters in Frage.“

 (3.2.2.2.2) Die Verfügungsklägerin bestreitet nicht, dass sie in der Vergangenheit die Zustimmung zu einer Anteilsübertragung für erforderlich hielt. Sie trägt dazu lediglich vor, sie halte eine Zustimmung der Mitgesellschafter zu einer mittelbaren Übertragung nicht für erforderlich. Das ist nicht glaubhaft und schließt bedingten Vorsatz nicht aus.

 (3.2.2.2.2.1) Auf der Grundlage des nicht hinreichend bestrittenen Sachvortrags der Verfügungsbeklagten und der Streithelferin kann festgestellt werden, dass die Verfügungsklägerin die Hinweise der bei den Verhandlungen hinzugezogenen rechtlichen Berater zu substantiellen Risiken der Transaktion ignorierte und damit einen Verstoß gegen wesentliche Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag der Verfügungsbeklagten billigend in Kauf nahm. Die Verfügungsbeklagte und die Streithelferin tragen im Kern übereinstimmend vor, es sei nicht vorstellbar, dass die hinzugezogenen Rechtsberater die Verfügungsklägerin und K. nicht auf das Risiko hingewiesen hätten, ein Gericht könne darin einen Verstoß gegen die Vinkulierungsklausel sehen. Eine derartige Warnung sei schon aus Gründen der anwaltlichen Haftungsprävention unerlässlich. Diese Schlussfolgerungen zu der Erfüllung der anwaltlichen Beratungspflichten sind naheliegend, angesichts der Sach- und Rechtslage teilt der Senat deren Prämissen. Die Verfügungsklägerin trägt in der Berufungserwiderung zu diesem Punkt lediglich vor, sie habe sorgfältig anwaltlich prüfen lassen, ob die im Rahmenvertrag anvisierte Transaktion mit den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags vereinbar sei bzw. welche Schritte sie ggf. unternehmen müsse, um die Transaktion im Einklang mit ihren gesellschaftsvertraglichen Pflichten durchführen zu lassen. Vor diesem Hintergrund seien sämtliche Beteiligte zu dem klaren Befund gekommen, dass die überzeugenden Gründe für die Vereinbarkeit mit dem Gesellschaftsvertrag sprächen. Damit stellt die Verfügungsklägerin lediglich das Ergebnis eines Bewertungsvorgangs dar, nicht aber den Inhalt des Bewertungsvorgangs und den dazu erteilten Rechtsrat. Die Verfügungsklägerin bestreitet nicht, auf Risiken der Transaktion hingewiesen worden zu sein, sondern stellt sich lediglich auf den Rechtsstandpunkt, die überzeugenden Gründe sprächen für die Vereinbarkeit mit dem Gesellschaftsvertrag. Die ohne Substantiierung aufgestellte Behauptung, man sei von der Zulässigkeit der Transaktion überzeug gewesen, ist damit nicht glaubhaft gemacht.

 (3.2.2.2.2.2) Zudem erlauben die detaillierten Regelungen in § 31 des Rahmenvertrages – die Klausel liegt in der Anlage AS 39 in der Berufungsinstanz erstmals weitgehend ungeschwärzt vor – den Rückschluss, dass die Verfügungsklägerin und K. sich darauf eingestellt haben, dass es zu rechtlichen Auseinandersetzungen über die Transaktion kommt, was jedenfalls in diesem Detailreichtum nicht nötig gewesen wäre, wenn die Transaktion über jeden Zweifel erhaben wäre, wie die Verfügungsklägerin vertritt. Vom Wortlaut der Regelung erfasst sind dabei ausdrücklich auch Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes.

 (3.2.3) Die Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses mit der Verfügungsklägerin ist den übrigen Gesellschaftern nicht zuzumuten, Ziffer 15.1.2 GV.

 (3.2.3.1) Die Verfügungsbeklagte hat durch Vorlage der eidesstattlichen Versicherungen von T. C. (Anlage STH 2, Bl. 908 eGA I) und von ZF. C. (Anlage STH 4, Bl. 918 eGA I) – beide sind mittelbar bzw. unmittelbar als Gesellschafter an der Streithelferin beteiligt – glaubhaft gemacht, dass aus Sicht der Mitglieder des Y.er Stammes das Vertrauensverhältnis zum R. Stamm derart beschädigt und zerrüttet sei, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich sei. Die Gesellschafter der Mitgesellschafterin sind als maßgebliche Entscheidungsträger diejenigen natürlichen Personen, auf deren persönliches Vertrauen es in diesem Zusammenhang ankommt. Gleiches gilt umgekehrt für die Frage, welche Personen auf Seiten der Verfügungsklägerin – neben ihrem gesetzlichen Vertreter – bzw. des R. Stammes in den Blick genommen werden müssen. Der Standpunkt der Verfügungsklägerin, M. P. sei nicht zu ihrer Vertretung befugt und sein Verhalten sei ihr nicht zurechenbar, greift dabei zu kurz. Auch wenn die organschaftliche Struktur der Verfügungsklägerin dem Senat nicht bekannt ist, verfügt M. P. als Vorsitzender des Familienrates der Verfügungsklägerin offensichtlich über bestimmenden Einfluss innerhalb des R. Stammes, zahlreiche der in beiden Berufungsverfahren 8 U 177/22 und 8 U 21/23 vorgelegten E-Mails stammen von ihm. In den schriftlichen Verlautbarungen wird deutlich, dass M. P. nicht nur seinen eigenen Standpunkt darlegt, sondern quasi als deren „Sprecher“ die Interessen und Ziele der Mitglieder des gesamten R. Stammes formuliert und auch – wie in den E-Mails vom 22.12.2021 (Anlage LMPS 16, Bl. 605 eGA I) und vom 18.03.2022 (Anlage AS 26, Bl. 106 eGA I) – Maßnahmen und Entscheidungen des R. Stammes ankündigt. Weiter wird auf die E-Mail vom 10.08.2021 (Anlage 43, Bl. 574 eGA II) verwiesen, in der durchgehend von „unseren Anteilen“ die Rede ist. Weitere Beispiele sind die E-Mails vom 09.03.2022 (Anlage AS 10, Bl. 90 eGA I), vom 20.03.2022 (Anlage AS 13, Bl. 102 eGA I und LMPS 19, Bl. 629 eGA I) und vom 24.03.2022 (Anlage AS 17, Bl. 107 eGA I) Nicht zuletzt ist M. P. auch Mitunterzeichner der UBO Einverständniserklärung vom 15.02.2018 (Anlage LMPS 9, Bl. 568 eGA I) und des Rahmenvertrages vom 06.07.2022 mit K..

 (3.2.3.2) Die Einschätzung, das Verhältnis sei nunmehr vollständig zerrüttet, ist nachvollziehbar und beruht auf Umständen, die durch das Verhalten der Mitglieder des R. Stammes herbeigeführt wurden. Auch wenn das Vertrauensverhältnis zwischen den Gesellschafterstämmen schon seit Jahren gestört ist und in vielen Punkten Uneinigkeit herrscht, hat die Verfügungsklägerin die Auseinandersetzungen durch ihr jüngstes Verhalten derart eskaliert, dass auch nur noch gering ausgeprägtes Vertrauen vollständig zerstört werden konnte. Denn sie hat sich vorsätzlich über den ausdrücklich geäußerten Willen hinweggesetzt, dem Finanzinvestor K. eine Beteiligung an der Verfügungsbeklagten einzuräumen. Die Umsetzung des Rahmenvertrages soll dazu führen, dass den Mitgesellschaftern über eine mittelbare Beteiligung ein Mitgesellschafter aufgezwungen wird, mit dem sie nicht einverstanden sind. Zudem droht der unwiederbringliche Verlust des Charakters als Familiengesellschaft, der in den Gesellschaftsverträgen der Verfügungsbeklagten und der P. Holding fest verankert ist.

 (3.2.3.3) Auch die heimliche Vorgehensweise wirkt sich hier aus. Die Verfügungsklägerin informierte nicht freiwillig über den Abschluss des Rahmenvertrages vom 06.07.2022, was offenbar dazu diente, die Mitgesellschafter vor vollendete Tatsachen zu stellen. Auch das mit K. vereinbarte Vorschlagsrecht für den Beiratskandidaten und die Stimmbindung wurden nicht offenbart. Beide Maßnahmen sollen K. eine Einflussmöglichkeit verschaffen, die im Widerspruch zum Vinkulierungszweck steht und die bereits vor der Umsetzung des Rahmenvertrages eingreifen sollte.

 (3.2.3.4) Es ist nach derzeitigem Sach- und Streitstand auch nicht zu erwarten, dass die Verfügungsklägerin in der nahen Zukunft freiwillig zur Vertragstreue zurückkehrt. In der Gesellschafterversammlung vom 01.12.2022 verhandelten die Gesellschafter der Verfügungsbeklagten über ein Moratorium für den Fall eines Ausschließungsbeschlusses (Anlage AS 25, Bl. 152 eGA I). Rechtsanwalt XT. als anwaltlicher Berater der Streithelferin erklärte, dass man sich mit dem ergänzenden Beschlussantrag der Verfügungsklägerin ernsthaft nur dann beschäftigen könne, wenn sich die Verfügungsklägerin im Gegenzug verpflichten würde, für die Zeit bis zur endgültigen gerichtlichen Klärung über ihre wirksame Ausschließung aus der Gesellschaft den Vollzug der Vereinbarung mit K. nicht weiter voranzutreiben. Hierzu war die Verfügungsklägerin selbst in Ansehung der drohenden Ausschließung nicht bereit, sondern gab dem Festhalten an dem Rahmenvertrag den Vorzug.

 (3.3) Mildere Mittel als die Ausschließung der Verfügungsklägerin standen den Mitgesellschaftern nicht zur Verfügung.

 (3.3.1) Die Ausschließung darf, auch wenn ein wichtiger Grund vorhanden ist, nicht unverhältnismäßig sein (Übermaßverbot). Die Ausschließung ist ultima ratio, so dass ein milderes Mittel Vorrang hat, wenn es den Beteiligten zuzumuten ist (BGH, Urteil vom 31.03.2003, II ZR 8/01, juris, Rn. 25; Urteil vom 01.03.2011, II ZR 83/09, juris, Rn. 30; K. Schmidt/Fleischer, Münchener Kommentar zum HGB, 5. Aufl., § 140 Rn. 28; Kilian in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl., § 737 BGB Rn. 5; Lorz in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl., § 140 Rn. 8). Es dürfen für die den Ausschluss betreibenden Gesellschafter keine Mittel zur Verfügung stehen, die ihr Fortsetzungsinteresse ebenso befriedigen, aber nicht ebenso stark in den Bestand der Mitgliedschaft des auszuschließenden Gesellschafters eingreifen. Als solche Mittel kommen vor allem in Betracht: die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht (§§ 117, 127 HGB), die Umwandlung der Beteiligung in einen Kommanditanteil oder die eines stillen Gesellschafters, die Anteilsübertragung auf Treuhänder oder im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, der Austausch von Organen, wenn juristische Personen Gesellschafter sind. Die Voraussetzungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in § 140 HGB decken sich mit denen im Rahmen des § 737 BGB (Klöhn in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl., § 140 HGB Rn. 15; Kilian in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl., § 737 BGB Rn. 5). Auch durch die Möglichkeit einer zumutbaren Vertragsänderung – zu der der Auszuschließende allerdings auch bereit sein muss – kann der Ausschließungsgrund zurückgedrängt werden (Lorz in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl., § 140 Rn. 9). Die fehlende Bereitschaft zu einer die Ausschließung abwendenden zumutbaren Vertragsänderung kann auch die Notwendigkeit einer Ausschließung unterstreichen (K. Schmidt/Fleischer, Münchener Kommentar zum HGB, 5. Aufl., § 140 Rn. 28).

 (3.3.2) Der Auffassung des Landgerichts, ein Gegensatz unterschiedlicher vertretbarer Auffassungen sei durch Verhandlungen oder in einem Gerichtsverfahren zu klären, was ein milderes Mittel darstelle, teilt der Senat nicht.

 (3.3.2.1) Zunächst erschöpft sich das Verhalten der Verfügungsklägerin nicht darin, dass sie einen vermeintlich vertretbaren Rechtsstandpunkt einnahm und danach handelte. Vielmehr verstieß sie bedingt vorsätzlich gegen wesentliche Grundgedanken der Gesellschaftsverträge und damit gegen die gesellschafterliche Treuepflicht.

 (3.3.2.2) Was die Möglichkeit von Verhandlungen angeht, so haben sich die Parteien bereits seit Jahren bemüht, entweder die Gesellschafterstämme mittels einer „echten“ Familienverfassung zusammenzuführen oder aber sich einvernehmlich zu trennen. Diese Versuche wurden durch externe Berater kompetent begleitet, führten aber zu keinem Ergebnis. Die Verfügungsklägerin ging daher dazu über, hinter dem Rücken der Streithelferin ihren Ausstieg über eine mittelbare Beteiligung von K. vorzubereiten. Die in dem Rahmenvertrag vorgesehene Transaktionsstruktur, die bewusst geheim gehalten wurde, ist darauf angelegt, die Mitgesellschafterin vor vollendete Tatsachen zu stellen. Der Vertrag ist so gestaltet, dass die Streithelferin sich nur noch mittels der Ausschließung der Vorratsgesellschaften nach Ziffer 15.19 GV gegen die geplante mittelbare Beteiligung von K. zu Wehr setzen könnte – mit ungewissem Ausgang, da die Sperrminorität des R. Stammes zu jedem Zeitpunkt erhalten bliebe und daher im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung über die Treuwidrigkeit der Stimmabgabe der weiteren Gesellschafter des R. Stammes gestritten werden müsste. Im Übrigen scheiterten Verhandlungen zwischen den Gesellschaftern zuletzt in der Gesellschafterversammlung vom 01.12.2022, als die Verfügungsklägerin sogar in Anbetracht der drohenden Ausschließung nicht bereit war, vorübergehend auf eine Vollziehung des Rahmenvertrages zu verzichten, um hinsichtlich der Ausübung ihrer Gesellschafterrechte ein Moratorium mit den Mitgesellschaftern vereinbaren zu können. Dieses Verhalten unterstreicht daher die Notwendigkeit der Ausschließung

 (3.3.2.3) Auch eine gerichtliche Klärung kann die Probleme im Gesellschafterkreis nicht lösen. Durch ein Urteil in einem streitigen Verfahren kann verlorenes Vertrauen nicht wiederhergestellt werden. Im Übrigen war das Verhalten der Verfügungsklägerin darauf ausgelegt, eine Klärung im Vorfeld der Vollziehung der Transaktion zu vermeiden und vollendete Tatsachen zu schaffen. Wenn die Verfügungsklägerin den Rahmenvertrag sofort nach seinem Abschluss offengelegt und die Frage der Zulässigkeit einer mittelbaren Beteiligung von K. mittels einer Feststellungsklage einer gerichtlichen Klärung zugeführt hätte, wäre die Sach- und Rechtslage in Bezug auf die Ausschließung möglicherweise anders zu beurteilen. Diesen Weg hat die Verfügungsklägerin aber nicht beschritten, sondern die Streithelferin vorsätzlich in die Situation gebracht, sich mittels einstweiliger Verfügung gegen die Vollziehung des Rahmenvertrages zur Wehr setzen zu müssen.

 (3.3.3) Ziffer 15.6 GV sieht statt der Ausschließung die Möglichkeit vor, dass der Anteil des betroffenen Gesellschafters ganz oder teilweise auf eine zur Übernahme bereite Person übertragen wird, die dann den Abfindungsanspruch nach näherer Maßgabe von Ziffer 17 GV schuldet. Es ist nicht ersichtlich, dass es eine zur Übernahme bereite Person oder Gesellschaft gibt. Im Übrigen wären die Folgen für die Verfügungsklägerin dieselben (Verlust der Mitgliedschaft, Beschränkung auf den Abfindungsanspruch), so dass diese Möglichkeit als milderes Mittel zur Vermeidung der Ausschließung ausschied.

 (3.3.4) Die übrigen in der Literatur diskutierten Alternativen kommen angesichts der Realstruktur der betroffenen Gesellschaft nicht in Betracht. Die Kommanditisten stimmen über alle wesentlichen Beschlussgegenstände ab, jeder Gesellschafterstamm verfügt über eine Sperrminorität, so dass über alle zu treffenden Maßnahmen Einvernehmen erzielt werden muss. Die Sorge der Streithelferin, über die zunächst nicht offengelegte Stimmbindung mit K. werde die Verfügungsbeklagte fremdbestimmt, ist vor diesem Hintergrund berechtigt. Die Vertragsverletzungen der Verfügungsklägerin und das verlorene Vertrauen wirken sich daher unmittelbar auf die Zusammenarbeit der Gesellschafter aus.

 (3.4) Auch die Billigkeitsprüfung, der wegen der mit der Ausschließung verbundenen Belastung eines einzelnen Gesellschafters besondere Bedeutung zukommt (K. Schmidt/Fleischer, Münchener Kommentar zum HGB, 5. Aufl., § 140 Rn. 29), geht zu Lasten der Verfügungsklägerin aus.

 (3.4.1) Bei der Entscheidung über die Ausschließung eines Gesellschafters ist ein Abwägungsprozess anzustellen, in dessen Rahmen die Gesamtheit der gesellschafterlichen Beziehungen der Beteiligten umfassend zu würdigen ist (Lorz in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl., § 140 Rn. 15). In die grundsätzlich notwendige Gesamtabwägung einzubeziehen sind neben Art und Schwere des eigentlichen Fehlverhalten des oder der Auszuschließenden die Stellung des ausgeschlossenen Gesellschafters in der Gesellschaft, die Verdienste für das gemeinsame Unternehmen und das Maß der Zerstörung des Vertrauensverhältnisses (BGH, Urteil vom 31.03.2003, II ZR 8/01, juris, Rn. 25; Urteil vom 01.03.2011, II ZR 83/09, juris, Rn. 30; Kilian in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl., § 737 BGB Rn. 5).

 (3.4.2) Die Interessen der Mitgesellschafter an einer Ausschließung überwiegen die Interessen der Verfügungsklägerin an ihrem Verbleib in der Verfügungsbeklagten.

 (3.4.2.1) Das Fehlverhalten der Verfügungsklägerin wiegt schwer, der Verstoß erfolgte mit direktem Vorsatz, was die Übertragung an K. als von der Gegenseite nicht erwünschten Finanzinvestor angeht, und bedingt vorsätzlich, was den Verstoß gegen die Vinkulierung betrifft. Die Bewahrung des Charakters als Familiengesellschaft, der hier auf dem Spiel steht, ist ein zentrales Anliegen des Gesellschaftsvertrages der Verfügungsbeklagten. Fehlverhalten auf Seiten der Streithelferin wurde bislang nicht dargelegt. Das ohnehin gering ausgeprägte Vertrauen wurde aus Sicht der Streithelferin zerstört, was nach der Bewertung des Senats nachvollziehbar ist. Das Argument des Landgerichts, ein Ausscheiden der Verfügungsklägerin liege im Interesse beider Parteien, spricht im Rahmen der Abwägung daher eher für und nicht gegen eine wirksame Ausschließung. Der Verbleib der Verfügungsklägerin in der Verfügungsbeklagten wäre für die Streithelferin belastend, zumal angesichts der drohenden Einflussnahme von K. auf das Stimmverhalten der Verfügungsklägerin (vgl. K. Schmidt/Fleischer, Münchener Kommentar zum HGB, 5. Aufl., § 140 Rn. 33). Es droht eine Blockade wichtiger, im Interesse der Unternehmensgruppe notwendiger Entscheidungen.

 (3.4.2.2) Auf Seiten der Verfügungsklägerin wiegen der Ausschluss und der damit einhergehende Rechtsverlust schwer. Dabei ist relativierend in den Blick zu nehmen, dass die Verfügungsklägerin schon seit einigen Jahren den „Ausstieg“ aus der Verfügungsbeklagten anstrebt und M. P. sie als unmotivierte Gesellschafterin beschrieb, die unbedingt „raus“ wolle. Die der Verfügungsklägerin drohenden Beeinträchtigungen verengen sich daher weitgehend auf die wirtschaftlichen Folgen der Ausschließung. Diese sind gravierend, da der Abfindungsanspruch nach Maßgabe von Ziffer 17.2 GV beschränkt ist. In diesem Zusammenhang gewinnt Bedeutung, dass der Gesellschaftsvertrag der Verfügungsbeklagten eine freie Anteilsübertragung gerade nicht zulässt und die Verfügungsklägerin an einer wirtschaftlichen Verwertung des vollen Wertes ihrer Anteile – jedenfalls ohne Zustimmung der Gegenseite – gehindert ist. Die Beschränkung der Verkehrsfähigkeit ist den Anteilen immanent, da sie nicht ohne Zustimmung der Mitgesellschafter überwurden werden kann. Ein Ausscheiden darf, wie das Landgericht in dem Parallelverfahren zutreffend erkannt hat, nicht wie im Rahmenvertrag vereinbart dadurch bewerkstelligt werden, dass einem familienfremden Dritten eine mittelbare Beteiligung eingeräumt wird. Dass die rechtswidrig vereinbarte Transaktion mit K. zu „platzen“ droht, bleibt im Rahmen der Folgenabwägung daher außer Betracht, denn die Verfügungsklägerin hat kein durch die Rechtsordnung anzuerkennendes Interesse an deren Durchführung. Die Verfügungsklägerin hätte daher, wenn sie denn unbedingt ausscheiden wollte, ihre Mitgliedschaft nur nach Ziffer 14 GV kündigen können. Dann wäre aber ebenfalls die Abfindungsbeschränkung aus Ziffer 17.2 GV zum Tragen gekommen.

 (3.4.2.3) Der Aufbau des Unternehmens durch den Firmengründer und Namensgeber der Verfügungsklägerin S. P. ist ein historischer Verdienst. Diesem kommt gegenüber dem Vertrauensverlust zwischen den aktuell maßgeblichen Personen allenfalls nur noch geringe Bedeutung zu.

 (4) Der Senat kann nicht feststellen, dass die Verfügungsbeklagte die infolge der Ausschließung geschuldete Abfindung (vgl. Ziffer 17 GV) nicht zahlen kann. Die nicht näher substantiierte Behauptung der Verfügungsklägerin im Senatstermin ist bestritten. Aus den Auseinandersetzungen mit dem ausgeschiedenen Kommanditisten AL. P. können keine Rückschlüsse gezogen werden, denn insoweit scheinen maßgeblicher Hinderungsgrund für eine zeitnahe Erfüllung nicht wirtschaftliche Schwierigkeiten, sondern Auseinandersetzungen im Gesellschafterkreis zu sein. Diese finden mit der Ausschließung der Verfügungsklägerin ihr Ende, so dass der Y.er Stamm in Bezug auf die Abfindung der Verfügungsklägerin leichter disponieren kann. Es kann daher offenbleiben, ob und wenn ja welchen Einfluss die fehlende Möglichkeit zur Aufbringung der Abfindung auf die Wirksamkeit des Ausschließungsbeschlusses hätte.

dd. Diese Ausschließung wurde sowohl nach allgemeinen Grundsätzen (BGH, Urteil vom 09.05.2005, II ZR 29/03, juris, Rn. 32; Senat, Urteil vom 18.06.2012, 8 U 42/12, juris, Rn. 38) als auch nach dem Inhalt des Gesellschaftsvertrages der Verfügungsbeklagten (Ziffer 15.4 Satz 2 GV) mit dem Zugang des Ausschließungsbeschlusses am 06.12.2022 wirksam. Es gibt daher keine Grundlage dafür, die Verfügungsklägerin weiterhin als Gesellschafterin zu behandeln.

c. Verfügungsgrund

Neben einem Verfügungsanspruch fehlt auch ein Verfügungsgrund.

aa. Das Vorliegen eines Verfügungsgrundes setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats in Konstellationen wie der vorliegenden eine Dringlichkeit bzw. Eilbedürftigkeit voraus, die nicht schon aufgrund bloßer abstrakter Erwägungen angenommen werden kann, sondern konkret im Einzelfall begründet werden muss (vgl. z.B. Senat, Urteil vom 10.03.2021, 8 U 151/20). Dies folgt aus der grundsätzlichen Verbindlichkeit von Gesellschafterbeschlüssen (Senat, Urteil vom 18.09.2019, 8 U 35/19, juris, Rn. 81), deren besondere Bedeutung für die streitgegenständliche Gesellschaft die Gesellschafter hier durch die Regelungen in Ziffer 15.1 Satz 1 GV („mit sofortiger Wirkung“) und Ziffer 15.4 GV unterstrichen haben. Eine wie hier nach § 940 ZPO begehrte Eilregelung setzt die Notwendigkeit der Abwendung wesentlicher Nachteile des Antragstellers voraus. „Nötig" i.S.v. § 940 ZPO ist die Regelung nur dann, wenn sie nicht ihrerseits gewichtigere Interessen des Schuldners verletzt. Bei der Interessensabwägung ist auch die Frage des Vorliegens eines Verfügungsanspruchs von Bedeutung. Je eindeutiger die Begründetheit des materiellrechtlichen Anspruchs feststeht, desto höhere Bedeutung gewinnt das Interesse des Antragstellers, seine Rechtsposition vorläufig gesichert zu sehen (OLG Karlsruhe, Urteil vom 20.12.2018, 7 U 149/18, juris, Rn. 9).

bb. Gemessen an diesen Vorgaben ist ein Verfügungsgrund nicht glaubhaft gemacht.

 (1) Ein Verfügungsgrund wäre unzweifelhaft nicht gegeben, wenn sich die Verfügungsklägerin nicht rechtzeitig gerichtlich gegen ihre Ausschließung zur Wehr gesetzt hätte und der Beschluss vom 01.12.2022 damit bestandskräftig geworden wäre. Dies ist indes nicht der Fall. Die Anfechtungsfrist beträgt einen Monat und beginnt mit dem auf den Zugang des Ergebnisprotokolls folgenden Tag, Ziffer 7.6 Satz 2 GV. Es steht es den Gesellschaftern auch in einer Personengesellschaft frei, die Berufung auf Beschlussmängel durch eine angemessene (BGH, Urteil vom 13.02.1995, II ZR 15/94, juris) materielle Ausschlussfrist für die Klageerhebung im Gesellschaftsvertrag zu beschränken (BGH, Urteil vom 07.06.1999, II ZR 278/98, juris, Rn. 4). Das Protokoll vom 01.12.2022 ging der Verfügungsklägerin am 06.12.2022 zu (Bl. 484 eGA I), so dass die Anfechtungsfrist am 07.12.2022 zu laufen begann und am 06.01.2023 endete. Im Senatstermin vom 19.06.2023 hat der Prozessbevollmächtigte der Verfügungsklägerin unwidersprochen erklärt, die Beschlussmängelklage sei noch im Dezember 2022 bei dem Landgericht Hagen eingereicht worden.

 (2) Die Verfügungsklägerin hat zum Verfügungsgrund u.a. vorgetragen, sie könne ohne Suspensiveffekt trotz der Nichtigkeit ihres Ausschlusses bis zu einer womöglich erst in mehreren Jahren rechtskräftigen Feststellung der Nichtigkeit keinerlei Gesellschafterrechte wahrnehmen und sie werde keine Gewinnausschüttungen erhalten. Dabei handelt es sich allerdings um typische Folgen der Ausschließung, die ohne das Hinzutreten weiterer Umstände die besondere Dringlichkeit nicht begründen können. Ein Sachvortrag der Verfügungsklägerin zu solchen Umständen fehlt.

 (2.1) Im Gegenteil führt hier die Abwägung der widerstreitenden Interessen zu dem Ergebnis, dass der Verlust des Stimmrechts der Verfügungsklägerin im Interesse der Gesellschaft und der Streithelferin liegt. Die Verfügungsklägerin hat in der Vergangenheit selbst eingeräumt, kein Interesse mehr an ihrer Gesellschafterstellung zu haben, sie will unbedingt ausscheiden und M. P. hat sie vorgerichtlich als „unmotiviert“ beschrieben. Die Verfügungsklägerin droht damit endgültig zu einer lästigen „Gesellschafterin“ zu werden, die infolge ihrer Sperrminorität alle anstehenden Entscheidungen blockieren könnte. Ein eigenes Interesse der Verfügungsklägerin, auf die zu treffenden Entscheidungen und die Geschicke der Gesellschaften Einfluss zu nehmen, ist nicht dargetan. Im Gegenteil ist nach dem derzeitigen Sachstand davon auszugehen, dass K. bereits jetzt das Abstimmungsverhalten der Verfügungsklägerin beeinflussen würde, um die eigenen Interessen wahrzunehmen. Aufgrund der Regelung in § 30.2 des Rahmenvertrages droht die Einflussnahme eines gesellschaftsfremden Dritten, der mit den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages der Verfügungsbeklagten nicht in Einklang steht.

 (2.2) Im Übrigen zeigen Ziffer 15.1 Satz 1 GV („mit sofortiger Wirkung“) und Ziffer 15.4 GV, dass es dem Willen der Gesellschafter entspricht, einen durch Beschluss ausgeschlossenen Gesellschafter bis zur endgültigen gerichtlichen Klärung, die nach Maßgabe von Ziffer 7.6 GV mittels fristgebundener Beschlussmängelklage zeitnah einzuleiten ist, vorläufig als ausgeschlossen zu behandeln. Diese Regelung, mit der die Abweichung vom gesetzlichen Leitbild der § 133, 140 HGB (Ausschließung nur im Klageweg) nochmals unterstrichen wird, hat sich auch die nunmehr ausgeschlossene Verfügungsklägerin freiwillig unterworfen. Diese Vereinbarung der Gesellschafter ist im Rahmen der Prüfung eines Verfügungsgrundes von dem Gericht zunächst zu respektieren (KG Berlin, Urteil vom 10.12.2015, 23 U 99/15, juris, Rn. 33; Thüringer OLG, Urteil vom 24.08.2016, 2 U 168/16, juris, Rn. 36; jeweils zur Einziehung von GmbH-Anteilen).

 (2.3) Soweit der Senat die Rechtslage in dem Berufungsverfahren 8 U 42/12 mit Urteil vom 18.06.2012 (juris, Rn. 60) anders beurteilt und einen Verfügungsgrund angenommen hat, war dafür u.a. leitend, dass die gerichtliche Überprüfung zu dem Ergebnis kam, dass eine wirksame Ausschließung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gerade nicht vorlag. Ein besonderes Interesse der Beklagten an der Durchsetzung eines nichtigen Ausschließungsbeschlusses bis zu einer endgültigen Klärung, so der Senat, sei in diesem Zusammenhang nicht anzuerkennen. Hier ist der Ausschließungsbeschluss nach jetzigem Sach- und Streitstand mit überwiegender Wahrscheinlichkeit wirksam, was auch Auswirkungen auf den Verfügungsgrund hat.

 (2.4) Auch in Bezug auf die Gewinnausschüttung hat die Verfügungsklägerin keine besonderen Umstände dargetan, die ausnahmsweise eine vorläufige Regelung rechtfertigen. Soweit fiskalische Interessen berührt sind, ist die Verfügungsklägerin auf die Möglichkeit des späteren Schadenersatzes zu verweisen.

 (3) Weiter hat die Verfügungsklägerin behauptet, ohne die Ausübung ihrer Mitwirkungs- und Kontrollrechte könnten die übrigen Gesellschafter versuchen, trotz der in der Schwebe stehenden Unsicherheit über die Wirksamkeit des Ausschlusses die Gesellschaftsanteile nach § 15.5 GV anzukaufen oder sogar weiterzuübertragen und damit sie – die Verfügungsklägerin – auch bei einem Obsiegen in der Hauptsache vor vollendete Tatsachen zu stellen. Dabei handelt es sich um rein abstrakte Überlegungen, wie auch die Verfügungsbeklagte in ihrer Widerspruchsbegründung und die Streithelferin in ihrem Schriftsatz vom 06.01.2023 zutreffend gerügt haben. Die streitige Behauptung der Verfügungsklägerin, die Y.er Gesellschafter führten ihrerseits Gespräche mit einem Finanzinvestor, ist nicht glaubhaft gemacht.

 (4) Darüber hinaus, so die Verfügungsklägerin, wäre bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache ohne suspendierende einstweilige Verfügung ein Vollzug der Transaktion an die K.-Gruppe nicht möglich, was für sie – die Verfügungsklägerin – nicht nur weitere Kosten bedeute, sondern auch das Risiko beinhalte, dass die Transaktion „platze“ und ihr damit einen erheblichen Schaden zufüge. Die Abwägung der beiderseitigen Interessen führt zu dem Ergebnis, dass die von der Verfügungsklägerin geplante Transaktion mit K. den Erlass einer einstweiligen Verfügung zugunsten der Verfügungsklägerin nicht rechtfertigt, sondern ihr im Gegenteil entgegensteht.

 (4.1) Zunächst sind insoweit vorrangig fiskalische Interessen der Verfügungsklägerin berührt, für die die Verfügungsklägerin auf die Möglichkeit des späteren Schadenersatzes zu verweisen ist. Die wirtschaftlichen Interessen der Verfügungsklägerin sind auch aus anderen Gründen nicht schützenswert. Denn die Verfügungsklägerin ist das Risiko eines Scheiterns der Transaktion, deren Zulässigkeit erheblichen rechtlichen Bedenken ausgesetzt ist, ganz bewusst eingegangen. Es erscheint ausgeschlossen, dass die rechtlich beratenen Vertreter und Mitglieder der Verfügungsklägerin nicht über die rechtlichen Risiken aufgeklärt wurden. Abgesehen davon kann ein schutzwürdiges Interesse der Verfügungsklägerin an der Durchführung der Transaktion mit K. auch deshalb keine Berücksichtigung finden, weil der Verfügungsklägerin die weitere Vollziehung des Rahmenvertrages in dem einstweiligen Verfügungsverfahren 2 O 243/22 LG Hagen aufgrund des Senatsurteils vom heutigen Tag zu dem Aktenzeichen 8 U 177/22 rechtskräftig untersagt wurde. Die Erwartung der Verfügungsklägerin, der Senat werde die Untersagungsverfügung aufheben und damit zugleich bestätigen, dass die Transaktion mit überwiegender Wahrscheinlichkeit satzungskonform ist, hat sich damit nicht erfüllt. Der Verfügungsklägerin kann kein vorläufiger Rechtsschutz gewährt werden, um ihr die Durchführung einer rechtswidrigen Vereinbarung zu ermöglichen.

 (4.2) Demgegenüber haben die Mitgesellschafter auch deshalb ein schützenswertes Interesse an der Ausschließung der Verfügungsklägerin, weil auf diese Weise der von dem Gesellschaftsvertrag nicht gedeckte Eintritt von K. als mittelbarer Gesellschafterin sicher verhindert werden kann. Es ist zumindest fraglich, ob die Vinkulierungsklausel im Gesellschaftsvertrag gegen die hier geplante Transaktion einen dinglichen Schutz vermittelt oder nur schuldrechtliche Wirkung hat.

 (4.3) Ob durch das Verhalten der Verfügungsklägerin aktuell operative Risiken drohen, kann angesichts der sich widersprechenden Darstellungen der Parteien im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht sicher beurteilt werden. Dies kann aber dahinstehen, denn entsprechende Gefahren könnten allenfalls ein weiteres Argument gegen den Erlass einer einstweiligen Verfügung darstellen, das aber angesichts der übrigen Umstände nicht zusätzlich herangezogen werden muss.

 (5) Das weitere Argument der Verfügungsklägerin, der durch die Ausschließung eingetretene Schwebezustand schade nicht nur der Verfügungsklägerin, sondern letztlich allen Gesellschaftern und auch der Verfügungsbeklagten selbst, da niemand wisse, ob die Gesellschafter der Verfügungsbeklagten zukünftig wirksame Beschlüsse gleich welchen Inhalts fassen könnten, hält der Senat ebenfalls nicht für durchgreifend. Dabei handelt es sich um eine typische Folge eines im Beschlusswege vorgenommenen Ausschlusses, bei dem die übrigen Gesellschafter auf eigenes Risiko handeln (BGH, Urteil vom 09.05.2005, II ZR 29/03, juris, Rn. 33). Im Übrigen bestünde auch im Fall der Bestätigung der einstweiligen Verfügung eine unsichere Rechtslage in Bezug auf die in der Zwischenzeit gefassten Gesellschafterbeschlüsse. Denn ein wirksamer Ausschluss, wie er hier mit überwiegender Wahrscheinlichkeit beschlossen wurde, führt zur sofortigen Beendigung der Gesellschafterstellung. Ob eine an die Gesellschaft adressierte gerichtliche Anordnung, den wirksam ausgeschlossenen Gesellschafter weiter als Gesellschafter zu behandeln, diese Rechtsstellung vorübergehend wieder einräumen kann, erscheint zumindest in Bezug auf das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung zweifelhaft. Das Stimmrecht sichert dem Gesellschafter die Teilnahme an der internen Willensbildung. Es zählt zu den zentralen Mitverwaltungsrechten und ist mit der Mitgliedschaft untrennbar verbunden, § 717 BGB (Enzinger in: Münchener Kommentar zum HGB, 5. Aufl., § 119 Rn. 13). Ob das sog. Abspaltungsverbot durch eine gerichtliche Anordnung überwurden werden kann, erscheint fraglich, denn es hätte zur Folge, dass die übrigen Gesellschafter an Beschlüsse gebunden wären, die während des Schwebezustandes unter Mitwirkung eines Nicht-Gesellschafters gefasst wurden. Endgültige Rechtssicherheit würde daher mit dem Erlass einer einstweiligen Verfügung jedenfalls in Bezug auf Beschlussfassungen nicht hergestellt werden.

III. Hilfsantrag

Da der Senat die einstweilige Verfügung aufgehoben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückgewiesen hat, erübrigt sich die von der Verfügungsbeklagten hilfsweise beantragte Entscheidung über eine Sicherheitsleistung.

C.

Die Entscheidungen zur Kostentragung und zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 708 Nr. 6, 711, 713 ZPO.

 

Auf Antrag der Verfügungsklägerin erging ein Berichtigungsbeschluss vom 24.07.2023.

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