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Wirtschaftsrecht
08.06.2015
Wirtschaftsrecht
Dr. Thomas A. Jesch, LL.M./RA/FAStR: Lohnen sich Loan Funds in Deutschland? Die Ausgangslage nach Änderung der BaFin-Verwaltungspraxis

In einem Schreiben vom 12.5.2015 zur „Änderung der Verwaltungspraxis zur Vergabe von Darlehen sowie zur sog. „Restrukturierung“ und Prolongation von Darlehen für Rechnung des Investmentvermögens“ vollzieht die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) einen Paradigmenwechsel: War es bisher grundsätzlich nicht möglich, für Rechnung von deutschen Fondsvehikeln z.B. originär Darlehen zu vergeben, soll dies nunmehr unter bestimmten Prämissen und außerhalb einer KWG-Erlaubnis zulässig sein.

Die Restrukturierung von Darlehen umfasst dabei Tätigkeiten, durch die nachträglich, d.h. nach der Darlehensvergabe bzw. nach dem Erwerb einer unverbrieften Darlehensforderung die Bedingungen des Darlehensvertrages geändert werden (z.B. i.R.e. Konditionenanpassung bzw. Darlehensstundung).

Nach geänderter BaFin-Verwaltungspraxis ist die Vergabe, die Restrukturierung und die Prolongation von Darlehen durch AIF als Teil der kollektiven Vermögensverwaltung anzusehen und damit i.R.d. KAGB-Produktregelungen zulässig. Das KAGB verdrängt damit als lex specialis das KWG, da die Bereichsausnahmen des § 2 Abs. 1 Nr. 3b (Kapitalverwaltungsgesellschaften und extern verwaltete Investmentgesellschaften mit ihrem Kerngeschäft gelten weder als Kreditinstitut …) und Abs. 6 Nr. 5a KWG (… noch als Finanzdienstleistungsinstitut) zum Tragen kommen.

Das BaFin-Schreiben empfiehlt – ggf. auch im Hinblick auf eine bevorstehende KAGB-Revision – als Struktur den geschlossenen Spezial-AIF (s. unter IV.1.a)(1)), erklärt aber an anderer Stelle auch den Darlehenserwerb für allgemeine offene Spezial-AIF, Hedgefonds sowie jene Spezial-AIF und Publikums-AIF, die unter die Regelungen des § 2 Abs. 4, 4a und 4b KAGB fallen, für zulässig (s. unter IV.1.).

Ob sich die entsprechenden deutschen Strukturoptionen für Loan Originating Funds (originäre Darlehensvergabe) bzw. Loan Participation Funds (Darlehenserwerb) für den Initiator lohnen, dürfte aber auch maßgeblich davon abhängen, ob Darlehensvergabe oder Darlehenserwerb in Reinform, also zu 100 Prozent, durch den Fonds betrieben werden dürfen.

Die vehikelübergreifende Aussage des BaFin-Schreibens hierzu ist wohl (mangels expliziter Restriktion), dass 100 Prozent grundsätzlich darstellbar sind. Für den Fall offener Spezial-AIFs soll ein Erwerb unverbriefter Darlehensforderungen allerdings nicht überwiegend sein, d.h. nicht mehr als 50 Prozent des Wertes des offenen Spezial-AIF „sollte“ in unverbrieften Darlehensforderungen investiert sein (s. unter IV.1.a)(1)).

Will man die Tauglichkeit von deutschen Loan Funds für die Zwecke institutioneller Anleger prüfen, kommt man an den Versicherungsunternehmen und der für sie jedenfalls 2015 noch maßgeblichen, jüngst revidierten Anlageverordnung nicht vorbei. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 16 AnlV sind erwerbbar Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen i.S.d. § 284 KAGB. Grundsätzlich sollten über diese Struktur Darlehensfonds erwerbbar sein, die bis zu 100 Prozent in unverbriefte Darlehensforderungen investieren.

Weitergehende Beschränkungen könnten sich für Versicherer aus dem Kapitalanlagerundschreiben 4/2011 (VA) ergeben, welches aber in der derzeitigen Fassung (s. dort unter B.4.12) mindestens mit seinen Verweisen auf InvG und alte AnlV „in der Luft hängt“ bzw. auch nach Verständnis des Verf. insgesamt nicht mehr anwendbar ist. Ohnehin wird für die meisten Versicherer die AnlV ab 1.1.2016 wohl nur noch als Hilfsmittel i.R.d. eigenen Risikomanagements herangezogen werden.

Insgesamt ist das BaFin-Schreiben vom 12.5.2015 zum Themenkomplex „Investmentvermögen und Darlehen“ sehr zu begrüßen, es bedarf derzeit aber zumindest noch konkretisierender Hinweise auf den Ebenen „AIF-Struktur“ und „prozentuale Grenze“, um deutsche Darlehensfonds im europäischen Wettbewerb gerade auch für deutsche institutionelle Anleger wie Versicherer konkurrenzfähig zu machen. 

 

Dr. Thomas A. Jesch, LL.M. (Georgetown), ist als Senior Manager in der Praxisgruppe Bank-, Versicherungs- und Investmentrecht der PricewaterhouseCoopers Legal AG Rechtsanwaltsgesellschaft, Frankfurt am Main, tätig. Er ist Mitherausgeber des seit Frühjahr 2015 in der dfv Mediengruppe im Fachbereich Recht und Wirtschaft erscheinenden dreibändigen Frankfurter Kommentars zum Kapitalanlagerecht. 

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