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Wirtschaftsrecht
20.02.2014
Wirtschaftsrecht
EuGH: Zur Befugnis eines nationales Schiedsgerichts, dem Gerichtshof Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen

Der Gerichtshof prüft in seinem Beschluss vom 13.2.2014 - Rs. C-555/13 - zunächst, ob ein nationales Schiedsgericht (im konkreten Fall ein portugiesisches Schiedsgericht - Tribunal Arbitral necessário) als Gericht eines Mitgliedstaats angesehen werden kann und demzufolge befugt ist, dem Gerichtshof Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen. Hierzu stellt der Gerichtshof auf eine Reihe von Merkmalen ab, wie z. B. die gesetzliche Grundlage der Einrichtung, ihr ständiger Charakter, ihre Unabhängigkeit, ihre obligatorische Gerichtsbarkeit, das streitige Verfahren und die Anwendung von Rechtsnormen.


In diesem Zusammenhang weist der Gerichtshof darauf hin, dass ein vertragliches Schiedsgericht kein Gericht eines Mitgliedstaats darstellt, da für die Vertragsparteien weder eine rechtliche noch eine tatsächliche Verpflichtung besteht, ihre Streitigkeiten vor ein Schiedsgericht zu bringen, und die Träger der öffentlichen Gewalt des betreffenden Mitgliedstaats weder in die Entscheidung, den Weg der Schiedsgerichtsbarkeit zu wählen, einbezogen sind noch von Amts wegen in den Ablauf des Verfahrens vor dem Schiedsrichter eingreifen können.


Im Fall des Tribunal Arbitral necessário hält der Gerichtshof jedoch alle Voraussetzungen, um als Gericht angesehen werden zu können, für erfüllt. Seine Zuständigkeit beruht nämlich nicht auf dem Willen der Parteien, sondern auf einem portugiesischen Gesetz, wonach dieses Gericht zwingend dafür zuständig ist, im ersten Rechtszug Rechtsstreitigkeiten über gewerbliche Schutzrechte in Bezug auf Referenzarzneimittel und Generika zu entscheiden. Außerdem wird der Schiedsspruch, wenn er nicht vor dem zuständigen Berufungsgericht angefochten wird, rechtskräftig und hat die gleichen Wirkungen wie Entscheidungen der ordentlichen Gerichte. Hinzu kommt, dass die Schiedsrichter genauso unabhängig und unparteilich wie die Richter der ordentlichen Gerichte sein müssen, und schließlich beachtet das Tribunal Arbitral necessário im Umgang mit den Parteien die Grundsätze der Gleichbehandlung und des kontradiktorischen Verfahrens und erlässt Entscheidungen in Anwendung des portugiesischen Rechts des gewerblichen Rechtsschutzes.


Andererseits weist der Gerichtshof darauf hin, dass Form, Zusammensetzung und Verfahrensvorschriften des Tribunal Arbitral necessário je nach dem Willen der Parteien unterschiedlich sein können und dass es, sobald es seine Entscheidung erlassen hat, aufgelöst wird. Diese Gesichtspunkte könnten demnach Zweifel hinsichtlich seines ständigen Charakters aufkommen lassen. Da es jedoch auf einer gesetzlichen Grundlage errichtet wurde, über eine dauerhafte zwingende Zuständigkeit verfügt und die anzuwendenden Verfahrensvorschriften durch die nationale Gesetzgebung festgelegt und in einen Rahmen gefasst werden, sieht der Gerichtshof auch die Voraussetzung des ständigen Charakters als erfüllt an.


(PM EuGH vom 20.2.2014)

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