OLG Stuttgart: Zur Anfechtbarkeit von Entlastungsbeschlüssen
Mit Urteil vom 17.11.2010 - 20 U 2/10 - hat das OLG Stuttgart entschieden: Der Anfechtungskläger muss innerhalb der Frist des § 246 Abs. 1 AktG die Gründe, auf welche er die Anfechtung stützt, zumindest in ihrem wesentlichen tatsächlichen Kern darlegen. Wird ein Entlastungsbeschluss wegen schwerwiegender und eindeutiger Rechtsverstöße des zu Entlastenden angefochten, gehört zu dem wesentlichen tatsächlichen Kern des Vorbringens die Benennung der konkreten Handlungen des zu Entlastenden, aus denen der Anfechtungskläger die Rechtsverstöße ableitet. Wird ein Beschluss wegen der Verletzung des Auskunftsrechts des § 131 AktG angefochten, muss der Anfechtungskläger innerhalb der Frist des § 246 Abs. 1 AktG die Fragen im Einzelnen bezeichnen, auf deren unzureichende Beantwortung er seine Anfechtung stützt. Macht er die unrichtige Beantwortung einer Frage geltend, muss er grundsätzlich auch die Antwort, die er für unrichtig hält, innerhalb der Anfechtungsfrist bezeichnen; jedenfalls kann er die Unrichtigkeit der Auskunftserteilung nicht nach Ablauf der Anfechtungsfrist aus der Antwort auf eine andere Frage ableiten, deren unzureichende Beantwortung er nicht fristgerecht gerügt hatte. Da sich die Anfechtbarkeit von Entlastungsbeschlüssen wegen schwerwiegender und eindeutiger Rechtsverstöße der zu Entlastenden aus der Treuwidrigkeit der Entlastungserteilung durch die Hauptversammlungsmehrheit ableitet, müssen die Rechtsverstöße, auf welche die Anfechtung gestützt wird, den Teilnehmern der Hauptversammlung entweder bekannt oder für sie auf der Grundlage der ihnen vorliegenden Informationen erkennbar gewesen sein. Die Erforderlichkeit der Auskunftserteilung im Sinne von § 131 Abs. 1 AktG bemisst sich danach, welche Informationen ein objektiv urteilender Durchschnittsaktionär für die Beurteilung eines Tagesordnungspunkts benötigt. Für die Beurteilung der Entlastung der Verwaltung benötigt der Durchschnittsaktionär zwar gegebenenfalls Informationen über die Auswirkungen künftig ungewisser Ereignisse, um beurteilen zu können, ob sich die Verwaltung kaufmännisch vernünftig verhalten hat oder ob sie unvertretbare Risiken eingegangen ist. Dazu bedarf er aber nicht der Information über die Auswirkungen von Ereignissen, deren Eintritt zwar theoretisch denkbar, aber höchst unwahrscheinlich ist. Bei der Prüfung eines Auskunftsverweigerungsrechts nach § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AktG ist zu bedenken, dass die Offenlegung von Informationen trotz damit für die Gesellschaft verbundener Nachteile geboten sein kann, wenn das Interesse an der Aufklärung von Pflichtverletzungen überwiegt. Ein das Geheimhaltungsinteresse überwiegendes Aufklärungsinteresse ist allerdings nur dann anzunehmen, wenn zur Aufklärung der Pflichtverletzungen gerade die vom Fragesteller begehrten Informationen geeignet und erforderlich sind.