OLG Braunschweig: Untreue durch Aufsichtsratsmitglieder
Der 1. Strafsenat des OLG Braunschweig hat mit Beschluss vom14.6.2012 –Ws 44/12, Ws 45/12 – entschieden: Ein Aufsichtsratsmitglied trifft auch in eigenen Vergütungsangelegenheiten eine Vermögensbetreuungspflicht, wenn sich der Vorwurf nicht auf das Aushandeln einer überhöhten Vergütung durch das Aufsichtsratsmitglied, sondern auf die Abrechnung und Auszahlung einer Vergütung unter bewusstem Verstoß gegen eine Satzung i. S. d. § 113 AktG richtet. Der Untreuetatbestand ist weder durch das Merkmal einer gravierenden Pflichtverletzung noch aus anderen Gründen einzuschränken, wenn die gebotene Verfahrensweise durch eine Satzung vorgegeben ist, die keinen Handlungsspielraum zulässt. Aufsichtsratsmitglieder haben eine Garantenstellung imSinne des auf den Untreuetatbestand anwendbaren § 13 StGB. Erlangt der Aufsichtratsvorsitzende Kenntnis von bevorstehenden, satzungswidrigen Zahlungen an andere Aufsichtsratsmitglieder, dann muss er in Erfüllung seiner Garantenpflicht den Aufsichtsrat gem. § 110 Abs. 1 AktG einberufen, um einen Beschluss (§ 108 Abs. 1 AktG) zu erwirken, der den Vorstand zur Änderung der rechtswidrigen Vorgehensweise anhält. Einfache Aufsichtsratsmitglieder sind in solchen Fällen gehalten, den Aufsichtsratsvorsitzenden zur Einberufung des Kontrollgremiums zu veranlassen oder – bei Weigerung des Vorsitzenden – den Aufsichtsrat selbst gem. § 110 Abs. 2 AktG einzuberufen. Aufsichtsratsmitglieder können sich nicht darauf berufen, dass bei einer Aufsichtsratssitzung die erforderliche Stimmenmehrheit verfehlt worden wäre. Von der strafrechtlichen Mitverantwortung werden sie nur befreit, wenn sie alles Zumutbare tun, um die notwendige Kollegialentscheidung herbeizuführen.