EU-Kommission: Schadenersatzklagen von Kartellopfern werden erleichtert
Parallel zu der Empfehlung für den kollektiven Rechtsschutz hat die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie angenommen, in der geregelt ist, wie Bürger und Unternehmen Schadensersatz verlangen können, wenn sie Opfer eines Kartells oder des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung geworden sind.
Mit dem Vorschlag soll eine Reihe praktischer Schwierigkeiten behoben werden, mit denen Opfer häufig konfrontiert sind, wenn sie versuchen, einen angemessenen Ersatz für den erlittenen Schaden zu erhalten. „Wir müssen dafür sorgen, dass alle Opfer dieser Zuwiderhandlungen Ersatz für den erlittenen Schaden erlangen können, insbesondere wenn eine Wettbewerbsbehörde einen solchen Verstoß festgestellt und geahndet hat", so der für Wettbewerb zuständige Vizepräsident der Kommission Joaquín Almunia. "Zwar besteht in allen Mitgliedstaaten der EU das Recht, vor den einzelstaatlichen Gerichten Schadensersatz zu verlangen, Unternehmen und Bürger sind jedoch nicht immer in der Lage, es in der Praxis auszuüben. Mit dem heutigen Vorschlag sollen diese Hindernisse beseitigt werden."
Der EuGH hat das Recht aller Opfer von Kartellrechtsverstößen anerkannt, Ersatz für den erlittenen Schaden zu erhalten. Wegen verfahrensrechtlicher Hindernisse und Rechtsunsicherheit gelingt es jedoch nur wenigen, tatsächlich Schadensersatz zu erhalten. Dies betrifft insbesondere Verbraucher und Mittelständler, die meist nicht auf Schadensersatz klagen. Nur in einem Viertel der Kartellsachen, in denen die Kommission in den letzten sieben Jahren eine Entscheidung erließ, verlangten die Opfer Schadensersatz. Zudem sind die einzelstaatlichen Vorschriften in Europa sehr unterschiedlich, so dass die Chancen für die Opfer, Schadensersatz zu erlangen, in hohem Maße davon abhängen, in welchem Mitgliedstaat sie wohnen.
Mit der vorgeschlagenen Richtlinie sollen diese praktischen Hindernisse beseitigt und es für alle, die durch Wettbewerbsverstöße geschädigt wurden, erleichtert werden, in der ganzen EU tatsächlich Schadenersatz zu erhalten. So erhalten die einzelstaatlichen Gerichte die Befugnis, die Offenlegung von Beweismitteln durch Unternehmen anzuordnen, wenn Opfer Schadensersatz verlangen. Anders als im US-amerikanischen System sollen Bestrafung und Abschreckung nicht privatrechtlichen Streitigkeiten überlassen werden. Hauptziel des Vorschlags ist vielmehr, den Opfern die Erlangung eines vollständigen, angemessenen Schadensersatzes zu erleichtern, wenn eine Behörde eine Zuwiderhandlung festgestellt und geahndet hat.
Als Orientierungshilfe für Gerichte und Parteien von Schadenersatzklagen hat die Kommission eine Mitteilung über die Ermittlung des Umfangs des kartellrechtlichen Schadens angenommen. Denn die Bestimmung der genauen Höhe des Schadens, den Verbraucher und Unternehmen erlitten haben, ist häufig kostspielig und schwierig. Die Dienststellen der Kommission haben einen Leitfaden für Opfer und einzelstaatliche Richter ausgearbeitet. Diese Dokumente sind rechtlich nicht verbindlich.
Der Vorschlag für eine Richtlinie wird nun vom Europäischen Parlament und vom Rat nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren behandelt. Sobald er von diesen Organen angenommen worden ist, haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, die Bestimmungen in innerstaatliches Recht umzusetzen.
(PM EU-Kommission vom 11.6.2013)