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Wirtschaftsrecht
30.03.2012
Wirtschaftsrecht
EU: Regulierung des außerbörslichen Handels mit Derivaten

Eine neue Verordnung, die den außerbörslichen Derivatenhandel sicherer und transparenter machen soll, wurde am 29.3.2012 vom EU-Parlament mit überwältigender Mehrheit verabschiedet. Der Handel mit Derivaten gilt als einer der Hauptauslöser der weltweiten Finanzkrise. Rat und Parlament haben sich schon am 9.2. auf den Verordnungsentwurf geeinigt.

Der Entwurf sieht vor, dass außerbörsliche oder OCT-Derivate über als zentrale Kontrahenten (Gegenparteien) fungierende Clearinghäuser (CCP) abgewickelt werden müssen, um das Risiko eines einseitigen Kreditausfalls für Anleger zu verringern.

In den Verhandlungen konnten die Abgeordneten durchsetzen, dass sämtliche Derivatverträge - nicht nur OTC - zentralen Datenbanken oder „Transaktionsregistern" gemeldet werden müssen, die Informationen zur Gesamtposition von Derivatklassen veröffentlichen, um den Marktakteuren einen klareren Überblick zu verschaffen.

Europäische Wertpapieraufsicht spielt eine zentrale Rolle

Die Arbeit der Transaktionsregister soll von der europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA überwacht werden, die für deren Zulassung oder den Entzug der Lizenz verantwortlich zeichnen wird.

Das Verhandlungsteam des Parlaments hat die Rolle der ESMA dahingehend gestärkt, dass sie einem CCP (Central Counterparty) die Zulassung für den europäischen Binnenmarkt künftig leichter entziehen kann. Die ESMA soll nach Wunsch der Abgeordneten auch eine gesetzliche Vermittlerrolle bei Differenzen über die Zulassungen von CCPs zwischen nationalen Aufsichtsbehörden spielen.

Sonderregelung für Altersvorsorgesysteme

Die Abgeordneten haben für Erleichterungen in Hinblick auf die Clearingspflicht für Systeme der Altersvorsorge gesorgt. Pensionsversicherungssysteme sind von der Verpflichtung in den ersten drei Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung entbunden. Wenn gerechtfertigt, kann dieser Zeitraum auf zwei weitere und ein zusätzliches Jahr verlängert werden.

Anerkennung von Clearinghäusern aus Drittstaaten

CCPs aus Drittländern sollen nur dann in der EU zugelassen werden, wenn das Rechtssystem des jeweiligen Landes über ein effektiv gleichwertiges Zulassungssystem verfügt. Dies sollte jedoch keinen Präzedenzfall für andere Gesetzgebungen zur Überwachung der Infrastrukturen der Finanzmärkte schaffen.

Revision nach drei Jahren

Rat und Kommission haben dem Vorschlag des Parlaments zugestimmt, dass die Kommission die Implementierung der neuen Regeln einer Bewertung unterzieht. Sie soll bewerten, wie effektiv die Clearinghäuser überwacht werden und das Abstimmungsverhalten des Überwachungsrates sowie die Rolle der ESMA bei der Zulassung der Clearinghäuser prüfen.

Die Kommission wird Parlament und Rat spätestens drei Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung einen Bericht und, wenn notwenig, einen entsprechenden Novellierungsvorschlag vorlegen.

Hintergrund

Die neue Gesetzgebung ist eine Umsetzung der in Pittsburgh beim G-20 Gipfel im September 2009 getroffenen internationalen Vereinbarungen - ein Jahr nach dem Kollaps von Lehmann Brothers, einem der Hauptakteure des OTC-Derivatmarkts. Im Jahr 2009 betrug der Gesamtwert des OTC-Derivatmarkts rund 425 000 Mrd. Euro.

Die neue Gesetzgebung wird 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft treten.

(PM EU-Parlament vom 30.3.2012)

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