ICC : Neue Regeln zum Einsatz von Sachverständigen
Am 1.2.2015 sind die neuen „Expert Rules“ der Internationalen Handelskammer (ICC) in Kraft getreten. Diese Regeln sollen dazu beitragen, grenzüberschreitende Handelsstreitigkeiten durch den Einsatz von Sachverständigen und neutralen Dritten zeit- und kosteneffizient beizulegen.
Die Sachverständigen beurteilen Probleme aus allen denkbaren Bereichen, sei es z.B. Technik oder Finanzen bzw. auch rechtliche oder prozessuale Fragestellungen. Sie sind ausgewiesene Experten auf ihrem jeweiligen Fachgebiet und oft besonders für internationale Streitigkeiten qualifiziert.
Diese Sachverständigen können beispielsweise auch bei der Bewertung eines Unternehmens vor dem Hintergrund eines Verkaufs einbezogen werden oder Aussagen über die Qualität gelieferter Waren und Dienstleistungen treffen. Sofern sich die Parteien darauf einigen, kann dieses Gutachten vertraglich bindender Natur sein. Unternehmen können durch Hinzuziehen eines Sachverständigen zu einem frühen Zeitpunkt das Entstehen von Streitigkeiten vermeiden. Ebenso können Sachverständige mit ihrer Expertise bei einem Streitbeilegungsverfahrens eingebunden werden.
Die neuen Regeln wurden von einer Arbeitsgruppe innerhalb der ICC-Kommission für Schiedsgerichtsbarkeit und ADR (Alternative Dispute Resolution) entwickelt. Dieses ICC-Gremium für den Bereich der Streitbeilegung zählt insgesamt mehr als 700 Mitglieder aus rund 90 Ländern. Die für die Verwaltung aller Streitbeilegungsverfahren unter den ICC-Sachverständigenregeln zuständige Abteilung innerhalb der ICC ist das ICC International Centre for ADR mit seinem Hauptsitz in Paris.
Die ICC hat ihre neuen Expert Rules in drei Regelwerke aufgeteilt, um die unterschiedlichen Anwendungsbereiche zu verdeutlichen, d. h. die Expert Rules umfassen:
1. Regeln zum Vorschlag von Sachverständigen und neutralen Dritten (Proposal of Experts and Neutrals);
2. Regeln zur Bestellung von Sachverständigen und neutralen Dritten (Appointment of Experts and Neutrals);
3. Regeln zur Verwaltung von Sachverständigenverfahren (Administration of Expert Proceedings)
Jedem der Regelwerke ist ein Vorwort voran gestellt, das erläutert, in welchem Zusammenhang die Nutzung dieser Regeln sinnvoll sein kann. Insbesondere die Regeln zum Vorschlag von Sachverständigen und neutralen Dritten beschreiben, wie Unternehmen, Einzelpersonen, juristische Personen, Gerichte oder Schiedsgerichte diesen Service in Anspruch nehmen können.
Seit 1976 bietet die Internationale Handelskammer Streitbeilegungsverfahren mit Sachverständigen an. Über die Jahre hinweg hat die ICC ein international einmaliges Netzwerk an Sachverständigen in unterschiedlichsten Bereichen aufgebaut sowie umfassende Erfahrung im Rahmen von Sachverständigenverfahren gewonnen. Damit vervollständigt die ICC ihr Streitbeilegungsangebot im Rahmen von Schieds- sowie anderen ADR-Verfahren, wie beispielsweise Mediationen oder Schlichtungsverfahren.
Die neuen Sachverständigenregeln können unabhängig von oder in Verbindung mit anderen Verfahren der ICC-Streitbeilegung angewandt werden. Ohne zusätzliche Kosten können beispielsweise Schiedsrichter in einem Verfahren der ICC-Schiedsordnung das International Centre for ADR darum bitten, einen qualifizierten Experten vorzuschlagen, der dann zum vom Schiedsgericht ernannten Sachverständiger gewählt werden kann.
Verfügbar sind die neuen Regeln derzeit in den Sprachen Englisch, Spanisch und Französisch.
(PM ICC vom 30.1.2015)