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Wirtschaftsrecht
12.09.2012
Wirtschaftsrecht
EU-Kommission: Neue EZB-Befugnisse für Bankenaufsicht im Rahmen einer Bankenunion vorgeschlagen

Die EU-Kommission hat am 12.9.2012 Vorschläge für einen einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism - SSM) für Banken im Euroraum vorgestellt. Im Rahmen des neuen einheitlichen Mechanismus wird die Zuständigkeit für spezifische Aufsichtsaufgaben, die die Finanzstabilität aller Banken im Euroraum betreffen, in letzter Instanz bei der Europäischen Zentralbank (EZB) liegen. Die nationalen Aufsichtsbehörden werden bei der alltäglichen Beaufsichtigung sowie bei der Vorbereitung und Umsetzung von EZB-Beschlüssen weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Außerdem schlägt die Kommission vor, dass die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) ein einheitliches Aufsichtshandbuch entwickelt, um die Integrität des Binnenmarkts zu erhalten und eine übereinstimmende Bankenaufsicht in allen 27 EU-Ländern sicherzustellen.

Die Kommission fordert das Europäische Parlament und den Rat auf, die Verordnungsvorschläge zusammen mit den drei anderen Komponenten einer integrierten „Bankenunion" - den einheitlichen Eigenkapitalvorschriften (s. IP/11/195), der harmonisierten Einlagensicherung (s. IP/10/918) und dem einheitlichen europäischen Rahmen für die Bankensanierung und -abwicklung (vgl. IP/12/570) ‑ noch vor Ende 2012 zu verabschieden.

Innerhalb des Euroraums werden spezifische Aufsichtsaufgaben auf die europäische Ebene verlagert, insbesondere jene, die für die Erhaltung der Finanzstabilität und die Aufdeckung von Risiken für die Existenzfähigkeit von Banken eine entscheidende Rolle spielen. Die EZB erhält fortan die Zuständigkeit für Aufgaben wie die Zulassung von Kreditinstituten, die Überwachung der Einhaltung von Eigenkapital-, Leverage- und Liquiditätsanforderungen und die Beaufsichtigung von Finanzkonglomeraten. Die EZB kann frühzeitig eingreifen, wenn eine Bank gegen die gesetzlichen Eigenkapitalanforderungen verstößt oder zu verstoßen droht, indem sie die betroffene Bank zu Abhilfemaßnahmen auffordert.

Die EZB wird im Rahmen des Europäischen Finanzaufsichtssystems mit der EBA zusammenarbeiten. Die EBA wird ähnliche Aufgaben wahrnehmen wie heute: Sie wird das für alle 27 Mitgliedstaaten geltende einheitliche Regelwerk weiterentwickeln und eine unionsweit übereinstimmende Aufsichtspraxis sicherstellen.

Für grenzübergreifende Banken, die sowohl in Mitgliedstaaten, die sich am einheitlichen Aufsichtsmechanismus beteiligen als auch in anderen Mitgliedstaaten tätig sind, werden die bestehenden Koordinierungsverfahren zwischen den Aufsichtsbehörden von Herkunfts- und Aufnahmemitgliedstaat unverändert weitergelten. Sofern die EZB Aufsichtsaufgaben übernommen hat, wird sie für alle teilnehmenden Mitgliedstaaten die Funktion der Herkunfts- und der Aufnahmelandbehörde wahrnehmen.

Die Kommission schlägt vor, dass der einheitliche Aufsichtsmechanismus bis 1.1.2013 errichtet sein soll. Um einen reibungslosen Übergang zum neuen Mechanismus zu ermöglichen, ist eine stufenweise Einführung vorgesehen. Als ersten Schritt wird die EZB ab dem 1.1.2013 die Möglichkeit haben, auf eigenes Betreiben die volle Aufsichtsverantwortung für jedes beliebige Kreditinstitut zu übernehmen, insbesondere wenn es öffentliche Unterstützung erhält oder beantragt hat. Ab 1.7.2013 werden dann alle systemrelevanten Banken unter Aufsicht der EZB gestellt. Die stufenweise Einführung sollte bis 1.1.2014 abgeschlossen sein: Der einheitliche Aufsichtsmechanismus wird dann für alle Banken gelten.

(PM EU-Kommission vom 12.9.2012)

Hinweis der Redaktion: Vgl. zur Einführung einer Bankenunion auch Fahrenschon, RdF 2012, Heft 5, Editorial.

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