OLG Frankfurt a. M.: Musterentscheid im KapMuG-Verfahren gegen die Deutsche Telekom wegen des 2. Börsengangs erlassen
Der 23. Zivilsenat des OLG Frankfurt a. M. hat am 3.7.2013 in einem weiteren Verfahren nach dem Kapitalanleger
-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) gegen die Deutsche Telekom u. a. (Az.: 23 Kap 2/06) einen Musterentscheid erlassen. Das OLG hat damit über die mit dem Vorlagebeschluss des LG Frankfurt a. M. vom 22.11.2006 zur Entscheidung bestimmten Tatsachen- und Rechtsfragen entschieden. Der Vorlagebeschluss war während des seit 2013 beim OLG verhandelten Verfahrens durch eine Reihe von Ergänzungsbeschlüssen nach § 13 KapMuG erweitert worden. Vorangegangen war die Entscheidung des OLG im ersten Verfahren nach dem KapMuG (Beschluss vom 16.5.2012, 23 Kap 1/06), das den 3. Börsengang der Deutschen Telekom zum Gegenstand hatte.
Einen Fehler im Prospekt der Telekom anlässlich des 2. Börsengangs (DT 2) hat das OLG dabei nicht festgestellt. Die Hauptaspekte, mit denen die Kläger Unrichtigkeiten des Prospekts rügten, waren - ähnlich wie im Verfahren 23 Kap 1/06 - :
- die Darstellung zu den Immobilien der Telekom und deren Bewertung sowie
- die Übernahme der Prospekthaftung durch die Telekom und schließlich
- das Bestehen einer sog. Eventualverbindlichkeit (Ansprüche von Anlegern aus dem vorherigen Börsengang 1996).
Die Darstellung im Prospekt zu diesen Punkten hat das OLG im Ergebnis nicht beanstandet.
In der Bewertung der Immobilien der Telekom sowie der entsprechenden Darstellung im Prospekt sah das OLG unverändert keine Unrichtigkeiten. So entsprach die Bewertungsmethode, das sog. Cluster-Verfahren, bei dem nicht jede einzelne von mehreren tausend Immobilien bewertet wurde, sondern diese zu Bewertungseinheiten zusammengefasst wurden, der damaligen Gesetzeslage. Auch die Anwendung dieses Bewertungsverfahrens hat nach Ansicht des OLG zu keinen rechtlich relevanten Abweichungen geführt, da eine gewisse Spannbreite in der Wertermittlung - gerade bei der Vielfalt der von der Telekom gehaltenen Immobilien - unvermeidlich und daher zulässig sei. Auch über die Anwendung dieses Verfahrens habe im Prospekt nicht ausdrücklich berichtet werden müssen, da die Methode als solche gesetzlich zulässig gewesen sei und eine entsprechende Information für den Anleger mit keinem Wissensgewinn verbunden gewesen wäre.
Soweit die Telekom in dem Prospekt die Haftung für Fehler desselben übernommen hatte, hat sich das OLG mit der Frage beschäftigt, ob dies einer besonderen Erwähnung im Prospekt bedurft hätte, und zwar im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 31.5.2011, II ZR 141/09, wonach diese Übernahme ohne eine Kompensation durch Bund bzw. Kreditanstalt für Wiederaufbau als aktienrechtlich unzulässig angesehen wurde. Diese Frage hat das Gericht jedoch verneint, da sich aus dem Prospekt diese Haftungsübernahme ergebe und der Anleger nicht darüber im Unklaren gelassen werde, dass die Telekom zunächst allein und in vollem Umfang hafte. Ob ein Rückgriffsanspruch gegen Dritte bestehe, sei dagegen nicht in den Prospekt aufzunehmen.
Die Rüge der Kläger, aus dem 1. Börsengang der Telekom im Jahr 1996 möglicherweise bestehende Prospekthaftungsansprüche hätten im Prospekt für den 2. Börsengang (DT 2) dargestellt werden müssen, hat das OLG ebenfalls für nicht durchgreifend erachtet. Insoweit sei aus Rechtsgründen eine entsprechende Darstellung nicht geboten, was auch für die Frage gelte, ob in dem Prospekt über Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche der Telekom hätte berichtet werden müssen.
Das OLG hat sich schließlich auch mit der Frage beschäftigt, ob gegen die Telekom aus einem delikts- oder strafrechtlich relevanten Verhalten Schadensersatzansprüche bestehen und dies verneint.
Weitere Fragen, die vom OLG ebenfalls entschieden wurden, betrafen die Wirkung der Werbemaßnahmen der Telekom für die Aktie und deren Auswirkung auf den Verständnishorizont des Anlegers bezüglich des Prospektinhalts. Das OLG hat hier seine Entscheidung ausdrücklich auf das Jahr des Börsengangs (1999) bezogen und auf einen Anleger abgestellt, der Bilanzkenntnisse hat.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Gegen sie können alle Beteiligten Rechtsbeschwerde einlegen, über die der BGH in Karlsruhe zu entscheiden hat.
(PM OLG Frankfurt a. M. vom 3.7.2013)