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Wirtschaftsrecht
31.12.2010
Wirtschaftsrecht
BMJ: Mit wegweisenden Reformen in das neue Jahr

Anfang 2011 treten wichtige Gesetzesänderungen aus dem Bereich des Bundesjustizministeriums in Kraft. Zu den Neuregelungen erklärt Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger:

Wir gehen mit wegweisenden Reformen in das neue Jahr. Die Gesetzesänderungen zeigen, dass auch ein schwieriges Umfeld rechtspolitische Akzente erlaubt. Die konsequente Orientierung an Bürger- und Menschenrechten zeigt sich in einer grundlegenden Reform der Sicherungsverwahrung und einem verbesserten Schutz von Berufsgeheimnisträgern. Mit einem konsolidierten Wirtschaftsrecht ziehen wir die Lehren aus der Wirtschaftskrise. Die Verjährungsfristen für die Vorstandshaftung bei börsennotierten Unternehmen werden verlängert und so die juristische Aufarbeitung von Managementfehlern verbessert. Ein neues Restrukturierungsverfahren schafft Sanierungsmöglichkeiten für angeschlagene Banken und entlastet die Steuerzahler.


Zu den Neuregelungen im Einzelnen:

Verlängerte Vorstandshaftung und Bankenrestrukturierung:

Die Verjährungsfristen für die Haftung von Vorständen und Aufsichtsräten börsennotierter Aktiengesellschaften werden von bisher fünf auf zehn Jahre verlängert. Damit bleibt für die Durchsetzung von Ersatzansprüchen bei Managementfehlern künftig genügend Zeit, auch wenn diese Ansprüche spät bekannt werden oder sich erst personell neu aufgestellte Gesellschaftsorgane zur Durchsetzung entscheiden.

Auch das neue Restrukturierungsverfahren für Banken zieht die richtigen Lehren aus der Finanzmarktkrise - und bietet gleichzeitig eine klare Alternative zur Enteignung, indem Bankinstitute in einem geordneten Verfahren frühzeitig saniert werden können. Das Restrukturierungsgesetz setzt auf Privatautonomie und stärkt die Eigenverantwortung der Unternehmer. Das Modell bietet die Chance, eigenverantwortlich und zunächst ohne Eingriffe in Aktionärs-rechte die Sanierung von Kreditinstituten einzuleiten. Ziel ist, die Schieflage einer systemrelevanten Bank ohne Gefahr für das Finanzsystem zu bewältigen und dafür zu sorgen, dass Restrukturierung und geordnete Abwicklung einer solchen Bank nicht, wie in der Vergangenheit, durch die öffentliche Hand, und damit vom Steuerzahler, sondern vorrangig vom Finanzsektor selbst finanziert werden.

Das Gesetz tritt am 1.1.2011 in Kraft. Nähere Informationen dazu finden Sie auf www.bmj.de


Besserer Vertrauensschutz zwischen Anwalt und Mandant

Künftig können sich alle Mandanten sicher sein, dass das Gespräch mit ihrem Anwalt vertraulich bleibt - unabhängig davon, in welcher Angelegenheit sie die Beratung des Rechtsanwalts in Anspruch nehmen. Die künstliche Aufspaltung in Strafverteidiger einerseits und alle übrigen Anwälte andererseits hat damit ein Ende. Alle Rechtsanwälte werden gleich behandelt - und erhalten den Schutz, den vorher nur die Strafverteidiger hatten: Sie können nicht mehr abgehört, Mandantenakten nicht mehr beschlagnahmt werden. Diese Gesetzesänderung ist zum Jahresende im Gesetzblatt veröffentlicht worden und wird ab dem 1.2.2011 gelten.

Bei dieser Stärkung der Freiheitsrechte soll es aber nicht bleiben. Noch in dieser Legislaturperiode soll auch der Schutz anderer Berufsgeheimnisträger vor staatlicher Überwachung verbessert werden.


Sicherungsverwahrung:

Das Gesetz, das Anfang Dezember im Bundestag mit den Stimmen von Union, FDP und SPD verabschiedet worden ist, ist die erste grundlegende Reform der Sicherungsverwahrung für verurteilte Straftäter seit 1970. Der Wildwuchs zahlreicher Verschärfungen der letzten Jahre wird beschnitten und durch ein stimmiges Gesamtkonzept ersetzt. In Zukunft werden Richter schon bei der Verurteilung von Straftätern verstärkt nachdenken, ob für die Zeit nach der Haft eine Sicherungsverwahrung vorbehalten wird. Dieser Ausbau der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung ermöglicht zugleich, die nachträgliche Sicherungsverwahrung weitgehend abzuschaffen. Die nachträgliche Sicherungsverwahrung war rechtlich umstritten und unpraktikabel. Außerdem soll die Sicherungsverwahrung künftig vor allem auf hochgefährliche Sexual- und Gewalttäter konzentriert werden.

Ergänzt wird die grundlegende Neuordnung der Sicherungsverwahrung durch die Einführung einer elektronischen Aufenthaltsüberwachung sowie durch ein neues Gesetz zur Therapierung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter. Dieses Gesetz kann künftig für die Fälle angewendet werden, die infolge eines seit Mai 2010 rechtskräftigen Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aus der Sicherungsverwahrung entlassen wurden oder werden. Unter den Vorgaben des Grundgesetzes und der Europäischen Menschrechtskonvention ist es damit künftig in Einzelfällen möglich, Gewalt- und Sexualstraftäter, die wegen einer psychischen Störung weiterhin gefährliche nach doppelter Begutachtung in geeigneten Einrichtungen unterzubringen, um sie dort zu therapieren.

Die Neuregelung tritt am 1.1.2011 in Kraft. Die wichtigsten Fragen und Antworten rund um die Neuordnung der Sicherungsverwahrung finden Sie auf www.bmj.de

(PM BMJ 30.12.2010)

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