OLG Frankfurt: Kein Schadensersatzanspruch der Corealcredit Bank gegen ehemalige Vorstandsmitglieder wegen angeblicher Pflichtverstöße durch Zinsgeschäfte
Mit Urteil vom 22.3.2011 - 5 U 29/06 -hat das OLG Frankfurt der Klage der Corealcredit Bank (Klägerin) auf Schadensersatz gegen ehemalige Vorstandsmitglieder (Beklagte) wegen angeblicher Pflichtverstöße durch Zinsgeschäfte auch in der Berufung eine Absage erteilt und damit das vorausgehende Urteil des LG bestätigt.
Der Hintergrund der Klage
Die Beklagten waren Mitglieder des Vorstands der Klägerin, nachdem diese durch die Fusion zweier Vorgängerinstitute Anfang 2001 entstanden war. Die Dienstverträge der Beklagten wurden in den Jahren 2002 bis 2003 einvernehmlich aufgehoben. In den Jahren 2001/2002 entschieden die Beklagten, dass für die Klägerin - neben deren originären Hypothekenbankgeschäft - auch derivative Zinsgeschäfte vorgenommen werden sollten, u.a. Zinsswap-Geschäfte und Forward Rate Agreements. Diese Geschäfte überstiegen nach Bezugsbeträgen das Volumen des Bilanzgeschäfts erheblich, ohne dass für drohende Verluste Rückstellungen gebildet worden waren.
Mit der Klage hat die Klägerin von den Beklagten Schadensersatz in Höhe von über 250 Mio. € wegen des negativen Ergebnisses von 52 vorzeitig aufgelösten Derivategeschäften verlangt sowie die Feststellung, dass die Beklagten zudem für 147 weitere, noch nicht beendete Geschäfte schadensersatzpflichtig seien.
Die Vor-Entscheidung des Landgerichts
Das Landgericht hatte die Klage durch Urteil vom 25.1.2006 abgewiesen. Hiergegen hatte die Klägerin Berufung zum Oberlandesgericht eingelegt. Sie sieht in dem Handeln ihrer ehemaligen Vorstandsmitglieder eindeutige Pflichtverstöße, da die von ihnen abgeschlossenen Derivategeschäfte unzulässig gewesen seien.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts
Dieser Auffassung folgt der für die Berufung zuständige 5. Zivilsenat nicht. In seinem heute verkündeten Urteil stellt er fest, dass der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Schadensersatzanspruch zusteht. Im Wesentlichen führt der Senat dazu aus:
Die Klage scheitere bereits daran, dass es der Klägerin nicht gelungen sei, überhaupt einen Schaden darzulegen, der durch die Entscheidungen der Beklagten verursacht worden sei. Der Abschluss eines Derivategeschäfts selbst könne noch nicht als Vermögensminderung zum Nachteil der Klägerin begriffen werden. Derivategeschäfte seien - jedenfalls als Hilfsgeschäfte - auch nicht grundsätzlich verboten (wird ausgeführt). Zu einem Schaden durch diese Geschäfte könne es nur dann gekommen sein, wenn sich die Vermögenslage der Klägerin im Vergleich zur hypothetischen Situation ohne Abschluss dieser Geschäfte besser dargestellt hätte.
Bei diesem Vergleich könne nicht isoliert auf das negative Ergebnis eines einzelnen Geschäfts abgestellt werden. Es sei zu berücksichtigen, dass die Beklagten nicht über den Abschluss von Einzelgeschäften, sondern ganzer Pakete entschieden hätten, von denen einzelne auch Vermögensvorteile einbrachten. Die Klägerin hätte deshalb für jeden einzelnen Beschluss der Vorstände - nicht nur zu den Geschäften mit negativem Ergebnis - vortragen müssen, zu welchem Ergebnis er geführt habe. Erst wenn sich bei einer Saldierung aller Geschäfte eines Paketes ein negatives Ergebnis ergeben hätte, wäre ein Schaden möglich.
Selbst dann aber wäre ein Schaden noch nicht gegeben. Es müsse nämlich berücksichtigt werden, dass die Klägerin für das sich aus mehreren Einzelgeschäften ergebende Gesamtrisiko Sicherungsgeschäfte abgeschlossen habe (sog. "Makro-Hedging"). Ein Schaden durch die beanstandeten Anlageentscheidungen der Beklagten könne deshalb nur dann vorliegen, wenn sich die Gesamtvermögensposition der Klägerin bei Berücksichtigung aller Geschäfte verschlechtert hätte. Dies habe die Klägerin indes nicht dargelegt.
(PM OLG Frakfurt vom 22.3.2011)