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Wirtschaftsrecht
12.11.2014
Wirtschaftsrecht
BGH: Kalkulationsirrtum bei Abgabe eines Angebots gegenüber öffentlichem Auftraggeber

Der für Rechtsstreitigkeiten über Vergabeverfahren zuständige X. Zivilsenat hat mit Urteil vom 11.11.2014 – X ZR 32/14 – entschieden, unter welchen Voraussetzungen es einem öffentlichen Auftraggeber verwehrt ist, auf ein Angebot den Zuschlag zu erteilen, das nur infolge eines Kalkulationsirrtums des Anbieters außerordentlich günstig ausgefallen war.

Der BGH hat entschieden, dass der öffentliche Auftraggeber gegen die ihm durch § 241 Abs. 2 BGB auferlegten Rücksichtnahmepflichten verstößt, wenn er den Bieter an der Ausführung des Auftrags zu einem Preis festhalten will, der auf einem erheblichen Kalkulationsirrtum beruht. Der BGH hat dabei klargestellt, dass nicht jeder noch so geringe diesbezügliche Irrtum ausreicht und dass auch sichergestellt sein muss, dass sich ein Bieter nicht unter dem Vorwand des Kalkulationsirrtums von einem bewusst sehr günstig kalkulierten Angebot loslöst, weil er es im Nachhinein als für ihn selbst zu nachteilig empfindet. Die Schwelle zum Pflichtenverstoß durch Erteilung des Zuschlags zu einem kalkulationsirrtumsbehafteten Preis ist im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge aber ausnahmsweise dann überschritten, wenn vom Bieter aus Sicht eines verständigen öffentlichen Auftraggebers bei wirtschaftlicher Betrachtung schlechterdings nicht mehr erwartet werden kann, sich mit dem irrig kalkulierten Preis als einer noch annähernd äquivalenten Gegenleistung für die zu erbringende Bau-, Liefer- oder Dienstleistung zu begnügen. Verhält es sich so und führt der Auftraggeber gleichwohl den Vertragsschluss herbei, kann er vom Bieter weder Erfüllung des Vertrages noch Schadensersatz verlangen, wenn die fraglichen Arbeiten im Ergebnis nur zu einem höheren Preis als dem vom Bieter irrig kalkulierten ausgeführt werden konnten. Die Voraussetzungen für einen nach diesen Maßstäben erheblichen Kalkulationsirrtum hat das Berufungsgericht zu Recht bejaht, wobei dem besonders großen Abstand zwischen dem irrtumsbehafteten Angebot und dem zweitgünstigsten Angebot besondere Bedeutung zukommt.

(PM BGH vom 11.11.2014)

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