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Wirtschaftsrecht
16.05.2014
Wirtschaftsrecht
EU-Kommission: Finanzmarktregulierung – eine Folgenanalyse

Am 15.5.2014 hat die EU-Kommission eine ausführliche wirtschaftliche Analyse der umfassenden Finanzmarktreformen in der EU seit Beginn der Finanzkrise 2007 veröffentlicht.

Darin wird dargelegt, wie diese Reformen zu einem sichereren, durch mehr Verantwortungsbewusstsein geprägten Finanzmarktsystem, zu einem besser integrierten und effizienteren Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen führen werden.

Vieles spricht dafür, dass die zu erwartenden Vorteile der Regulierung die erwarteten Kosten sowohl im Einzelfall als auch insgesamt überwiegen werden. Viele Vorschriften schaffen erhebliche positive Synergien, beispielsweise zwischen dem Gesetzespaket zu den Eigenkapitalanforderungen im Bankensektor und der Reform der Derivatemärkte. Das Finanzsystem lässt bereits jetzt Veränderungen und Verbesserungen erkennen, die sich fortsetzen werden, je mehr die Reformen Wirkung entfalten.

Kommissionspräsident José Manuel Barroso erklärte: „Der Finanzdienstleistungssektor ist einer der größten Trümpfe Europas. Wir wollen einen florierenden Finanzsektor, der Kredite für Bürger und Unternehmen bereitstellen kann und damit zur wirtschaftlichen Erholung insgesamt beiträgt. Aber der europäische Steuerzahler hat massive Finanzmittel aufgebracht, um einen Zusammenbruch des Finanzsektors zu verhindern, und verlangt daher völlig zu Recht zwei Dinge: dass der Sektor die ihm zukommende Rolle ordnungsgemäß ausfüllt und künftige Bankenkrisen sich nie mehr zu einer Krise der öffentlichen Haushalte ausweiten. Das ist eine Sache der Fairness. Deshalb hat die Kommission 2008 Sofortmaßnahmen ergriffen, damit im Finanzsektor mehr Verantwortungsbewusstsein Einzug hält. Seither haben wir über 40 Gesetzesvorschläge unterbreitet, um die Boni der Banker zu beschneiden, die Bargeldreserven der Banken aufzustocken oder das Gebaren der Hedgsfonds transparenter zu machen. Andere Vorschläge betrafen Ratingagenturen, zentrale Gegenparteien, komplexe Handelsgeschäfte und den Verbraucherschutz. Wir haben gemeinsame Regeln eingeführt, um sicherzustellen, dass im Falle einer Bankenpleite zuerst die Aktionäre und andere Investoren – und nicht die Steuerzahler – zur Kasse gebeten werden. Wir haben eine Steuer auf Finanztransaktionen vorgeschlagen, um dafür zu sorgen, dass die Akteure des Finanzsektors einen angemessenen Beitrag zu den öffentlichen Haushalten leisten. Und wir haben eine Bankenunion — mit einer zentralen Aufsicht und einem gemeinsamen, von den Banken gespeisten Fonds — für die Eurozone geschaffen, der auch anderen Ländern offensteht. Dank unserer in Rekordzeit verabschiedeten Vorschläge sind die Finanzmärkte jetzt sicherer und transparenter, und die Banken gehen mit ihren Risiken verantwortungsbewusster um.“

Beginn einer längeren systematischen Evaluierung

Binnenmarkt- und Dienstleistungskommissar Michel Barnier sagte: „Die Europäische Kommission hat mehr als vier Jahre lang ununterbrochen gemeinsam mit dem Europäischen Parlament und dem Ministerrat daran gearbeitet, unseren Fahrplan für eine grundlegende, größtenteils auf Beschlüssen der G20 fußende Finanzmarktreform umzusetzen. Jetzt, wo die meisten Regeln verabschiedet worden sind, ist es an der Zeit, ihre Auswirkungen, Kosten und Nutzen erstmalig im Gesamtzusammenhang zu untersuchen. Dabei sind viele positive Synergien zutage getreten. Die Regeln ergänzen und verstärken sich gegenseitig in ihrer Wirkung. Auch einzeln betrachtet überwiegt der Nutzen einer jeden Maßnahme ihre Kosten. Aus der Gesamtschau lässt sich bilanzieren, dass wir unser Ziel erreicht haben: unsere Regulierungsmaßnahmen haben zu einem stabileren und verantwortungsbewussteren Finanzsystem geführt. Den Nutzen haben die Wirtschaft und die Bürger in der gesamten EU.“

Zum heute von der Kommission verabschiedeten Paket zählen die Mitteilung „Ein reformierter Finanzsektor für Europa“ und eine ausführliche wirtschaftliche Analyse der durch die Reformen bewirkten Umgestaltung des Finanzsektors und der sich daraus ergebenden Vorteile. In der Mitteilung werden die von der Kommission anvisierten Ziele, ein Überblick über ihre Reformvorschläge und die wichtigsten bereits heute erkennbaren Folgen bilanziert.

Die Finanzmarktregulierung war ein gradueller Prozess. Viele gesetzgeberische Maßnahmen wurden erst vor kurzem verabschiedet, und bislang sind noch nicht alle in Kraft getreten. Für eine abschließende Bewertung ist es deshalb noch zu früh. Daher wurden in dieser wirtschaftlichen Analyse in erster Linie qualitative Gesichtspunkte beurteilt, und sie sollte vor allem als Beginn einer sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden systematischen Überprüfung und Evaluierung der Reform betrachtet werden. Kosten der Reformen halten sich in Grenzen In der Untersuchung wird hervorgehoben, dass die Aufsichtsbehörden jetzt auch Märkte in den Blick nehmen können, die ihnen zuvor verschlossen blieben, und dass Transparenz für alle Marktteilnehmer geschaffen wurde. Ambitionierte neue Normen begrenzen das exzessive Eingehen von Risiken und erhöhen die Widerstandsfähigkeit der Finanzinstitute. Bei risikoreichen Finanzgeschäften wird das Ausfallrisiko vom Steuerzahler auf jene Akteure verlagert, die aus diesen Finanzgeschäften Profit ziehen wollen. Die Reformen haben dazu geführt, dass die Finanzmärkte besser den Interessen der Verbraucher, des Mittelstands und der Wirtschaft insgesamt dienen. Zudem wurde der Finanzdienstleistungs-Binnenmarkt vertieft, insbesondere durch die Maßnahmen der zum 2011 eingerichteten Europäischen Finanzaufsichtssystem gehörenden Europäischen Aufsichtsbehörden. Die Bankenunion stellt zudem einen Meilenstein in der europäischen Integration dar. Sie ist nicht nur für die Eurozone, sondern für die EU insgesamt von größter Bedeutung. Untersucht wurden auch die Kosten der Reformen, die beim Übergang zu einem stabileren und von mehr Verantwortungsbewusstsein geprägten Finanzsystem nicht zu vermeiden sind. Dank längerer Anlauf- und Beobachtungszeiträume und einer Anpassung von Vorschriften, um prognostizierte Kosten zu senken, konnten diese jedoch in engen Grenzen gehalten werden. Zwischen 2008 und 2012 wurden öffentliche Finanzhilfen von insgesamt 1500 Mrd. Euro (mehr als 12 Prozent  der jährlichen Wirtschaftsleistung der EU) aufgebracht, um einen Kollaps des Finanzsystems zu verhindern. Die Finanzkrise löste eine tiefe Rezession aus und zog erhebliche Wachstumsverluste nach sich. Die Arbeitslosigkeit nahm drastisch zu, und viele Haushalte in Europa erlitten beträchtliche Einkommens- und Wohlstandsverluste. Das Vertrauen in das Finanzsystem war tief erschüttert. Mehr als 40 Maßnahmen wurden inzwischen vorgeschlagen, und die meisten bereits verabschiedet. Die Mitteilung und das sie begleitende Arbeitspapier bieten einen Überblick über die einzelnen Maßnahmen, ihre Folgen in der Einzel- und der Gesamtperspektive und ihre Interaktion.

(PM EU-Kommission vom 15.5.2014)

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