DAI: Finanz-Beipackzettel verdrängt Banken aus der Aktienberatung
Wegen der Pflicht, im Beratungsgespräch ein Produktinformationsblatt bereitstellen zu müssen, hat fast jede zweite Bank oder Sparkasse den Umfang der Aktienberatung reduziert. So lautet das zentrale Ergebnis einer Umfrage des Deutschen Aktieninstituts (DAI) unter rund 1.600 deutschen Kreditinstituten. „Fast 15 % der Umfrageteilnehmer haben die Aktienberatung sogar vollständig eingestellt", erläutert DAI-Chefin Christine Bortenlänger. „Dies ist ein herber Rückschlag für die private Aktienanlage." Insbesondere für kleinere Institute, deren Kundenstamm überschaubar ist, ist der Aufwand zur Bereitstellung von Produktinformationsblättern zu Einzelaktien unverhältnismäßig hoch. Deshalb kann fast jede vierte Bank mit einer Bilanzsumme von bis zu 500 Mio. Euro keine Aktien mehr empfehlen.
„Insgesamt verfügen nur rund 74 % der Banken über Produktinformationsblätter für Einzelaktien, die sich in der Regel auf Unternehmen des DAX beschränken", erläutert Bortenlänger weiter. Bei den anderen Indizes gibt es erhebliche Lücken: Unternehmen des MDAX werden nur von 15 % der Banken vollständig abgedeckt, die sonstigen Unternehmen von rund 5 %.
„Vor der Verdrängung der Banken aus der Aktienberatung hatte das Deutsche Aktieninstitut bereits im Gesetzgebungsverfahren gewarnt", stellt Bortenlänger fest. Wer direkt in Aktien investieren will, kann jetzt vielfach keine Beratung mehr in Anspruch nehmen. Dies widerspricht dem vermögenspolitischen Ziel, die Aktienakzeptanz in breiten Bevölkerungsschichten zu erhöhen. Gerade im jetzigen wirtschaftlichen Umfeld sind Aktien als Substanzwerte und aufgrund ihrer stabilen Dividendenrendite eine attraktive Anlagealternative. Der Gesetzgeber muss daher dringend umsteuern.
„Einzelaktien sollten von der Pflicht, ein Produktinformationsblatt bereitzustellen, ganz ausgenommen werden", fordert Bortenlänger. Eine Alternative hierzu wäre ein Aktienbeipackzettel, der in allgemeiner Form die Chancen und Risiken der Aktienanlage beschreibt. „Ein Produktinformationsblatt für jede Einzelaktie bietet letztendlich ohnehin keinen Zusatznutzen, da börsennotierte Unternehmen schon jetzt im großen Umfang ihre Aktionäre kontinuierlich informieren", so Bortenlänger.
Die Pflicht zur Bereitstellung eines Produktinformationsblattes (PIB) besteht seit Mitte 2011. Nach § 31 Abs. 3a Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) müssen Banken vor dem Abschluss eines Geschäfts über Finanzinstrumente ihren Privatanlegern ein kurzes und leicht verständliches Informationsblatt zur Verfügung stellen, auf das sich die Kaufempfehlung bezieht. Das PIB soll die wesentlichen Merkmale des Finanzprodukts kurz und verständlich beschreiben sowie die Vergleichbarkeit verschiedener Finanzprodukte verbessern.
(PM DAI vom 6.11.2012)