Rechtsausschuss: Experten stellen Nutzen eines Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts in Frage
Eine Mehrheit der Experten hat sich am 21.11.2011 in einer Anhörung des Rechtsausschusses gegen zwei EU-Vorlagen für ein gemeinsames europäisches Kaufrecht ausgesprochen. Ziel der Vorschläge aus Brüssel (KOM(2011)635; KOM(2011)636) ist laut EU-Kommission, den Binnenmarkt durch die Förderung des grenzübergreifenden Handels zwischen Unternehmen und des Auslandskaufs durch Verbraucher zu stärken und funktionsfähiger zu machen. Dieses Ziel lasse sich mit einem gemeinsamen europäischen Kaufrecht erreichen, das sowohl vertragsrechtliche als auch Verbraucherschutzvorschriften enthält und als zweite Vertragsrechtsregelung neben das innerstaatliche Vertragsrecht der Mitgliedstaaten tritt, schreibt die EU-Kommission.
Der Sachverständige Hans Christoph Grigoleit von der Universität München bemängelte inhaltliche Mängel und Lückenhaftigkeit der Vorschläge aus Brüssel: Weder für Unternehmen noch für Verbraucher brächte ein europäisches Kaufrecht „einen erkennbaren Nutzen". Es sei nicht zu erwarten, dass das es eine „nennenswerte Akzeptanz" finden werde, erklärte der Sachverständige.
Eine Enttäuschung der Verbraucher, wenn die von der Europäischen Kommission in Aussicht gestellten Verbesserungen nicht realisierbar wären, sah Gerd Billen von Bundesverband Verbraucherzentralen kommen. Der Experte erwartete außerdem eine große Verunsicherung bei Verbrauchern durch das Nebeneinander von nationaler und europäischer Rechtsordnung.
Auch Christian Steinberger vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau sah keinen Bedarf, ein europäisches Kaufrecht zu schaffen. Insbesondere bestätige die Beratungspraxis des Verbandes „in keinster Weise", dass kleine und mittlere Unternehmen aufgrund der unterschiedlichen Rechtsordnungen in Europa nennenswert von grenzüberschreitenden Geschäften abgehalten werden. Da diese Annahme aber das Hauptmotiv der Kommission für ein gemeinsames europäisches Kaufrecht sei, ginge bereits der Ansatz der Kommission für dieses Projekt fehl, erklärte Steinberger. Peter Huttenlocher von der Bundesnotar-Kammer gab zu Protokoll, aus seiner Sicht weise der Entwurf der EU-Kommission Defizite auf. So könnte der Bundestag mit einer Subsidiaritätsrüge durchaus erfolgreich geltend machen, dass dieser Bereich des Rechts in nationaler Verantwortung bleiben soll.
Das Anliegen der Kommission, die Transaktionskosten für Kaufgeschäfte im Binnenmarkt durch Bereitstellung eines einheitlichen Rechtsrahmens zu senken, sei berechtigt und „aller Ehren wert", sagte hingegen Gerhard Wagner von der Universität Bonn. Auch Rainer Schulze von der Universität Münster zeigte sich zufrieden mit dem Entwurf. Ein optionales europäisches Kaufrecht entspreche grundsätzlich dem Bedarf nach Erleichterung des grenzüberschreitenden Warenverkehrs vor allem für mittelständische Unternehmer und für Verbraucher.
(hib-Meldung vom 21.11.2011)