BT: Experten äußern Bedenken gegen Zustimmungsgesetz für Europäische Bankenunion
Im Europaausschuss haben Experten verfassungs- und europarechtliche Bedenken im Zusammenhang mit der rechtlichen Ausgestaltung einer Europäischen Bankenunion in Deutschland geäußert. Grundlage ist ein Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP (17/13470). Das Gesetz sieht vor, dass der deutsche Vertreter im Rat der Verordnung für den SSM (Single Supervisory Mechanism) erst dann zustimmen darf, wenn ein entsprechendes Gesetz auf der Grundlage von Art. 23 Abs. 1 des Grundgesetzes erlassen wurde. Die SSM-Verordnung regelt die „Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank".
Professor Franz Mayer von der Universität Bielefeld und Professor Ulrich Hufeld von der Universität der Bundeswehr in Hamburg bezeichneten den Gesetzentwurf als nicht verfassungsgemäß. Professor Mayer führte an, dass Art. 23 Abs. 1 keine „taugliche Kompetenzgrundlage" für ein solches Zustimmungsgesetz darstelle. Er warnte zugleich davor, dass ein „überflüssiges Gesetz keinesfalls rechtlich gegenstandslos" sei. „Sie können davon ausgehen, dass die Sache nach Karlsruhe" geht, sagte er. Er wage aber keine Prognose, was beim Bundesverfassungsgericht geschehen werde. „Die Chancen sind 50:50", sagte er. Er schlug vor, das Gesetzgebungsverfahren abzubrechen und anstelle eines Zustimmungsgesetzes eine Stellungnahme in Form eines Plenarbeschlusses herbeizuführen. Dabei wies er auf das Problem hin, wenn „Mitgliedstaaten Europarecht mit Sonderregeln flankieren".
Rechtsanwalt Benedikt Wolfers von der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer sprach von einer „relativ einzigartigen Situation". Er erklärte, dass das geplante Gesetz zwar nicht erforderlich, aber verfassungsrechtlich zulässig sei. Man müsse fragen, ob es stimme, dass bereits 1993 mit dem Vertrag von Maastricht die Bankenaufsicht ganz an die Europäische Union übertragen worden sei. Wolfers äußerte zudem Zweifel, ob der Artikel 127 Absatz 6 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) die entsprechende Rechtsgrundlage sei.
Eine Frage, zu der Professor Hufeld zuvor klar Stellung bezogen hatte, in dem er sagte: „Die Kompetenz über die Bankenaufsicht ist bereits 1993 ausgewandert." Der Artikel 127 Absatz 6 gehöre nach seiner Meinung zudem nicht zu den Kompetenzerweiterungsklauseln, die das Bundesverfassungsgericht im Lissabon-Urteil erwähnt. Er warnte gleichzeitig vor mögliche Risiken. „Es ist ein heikles Exempel, wenn es nicht veranlasst ist", erklärte Hufeld, da damit die Verordnungsgebung in der Europäischen Union drastisch erschwert werden könne. Bereits am Anfang hatte er daher den Abgeordneten gesagt: „Ich rate Ihnen ab, dieses Mandatsgesetz zu beschließen."
(hib-Meldung vom 5.6.2013)