OLG München: Entschädigung für Lehman-Opfer
Mit Urteil vom 22.5.2012 - 5 U 1725/11 - hat das OLG München entschieden: Wird ein von der Emissionsgesellschaft Lehmann Brothers Treasury Co. B.V. emittiertes und von der Konzernobergesellschaft Lehman Brothers Holdings Inc. garantiertes Finanzprodukt dem potenziellen Anleger im Beratungs- oder Vermittlungsgespräch und in der schriftlichen Produktbeschreibung als eine Anlage dargestellt, hinter der die US-amerikanische Investmentbank stehe, so handelt es sich um eine objektiv bedeutsame Fehlinformation über eine wesentliche Produkteigenschaft, weil - entgegen den den Entscheidungen des BGH vom 27.9.2011 (XI ZR 187/10 und XI ZR 182/10) zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen - die Garantin Lehman Brothers Holdings Inc. personenverschieden ist von der unter Lehman Brothers Inc. firmierenden US-amerikanischen Investmentbank, letztere (nur) eine Tochtergesellschaft der Investmentbank ist und dem Bankenstatus des Vertragspartners - hier dem Status einer US-amerikanischen Investmentbank - unter dem Gesichtspunkt der Risikoträchtigkeit des Anlageproduktes in der Regel ein für den Anlageentschluss bedeutsames Gewicht zukommt. Als Zeitpunkt der Anspruchsentstehung, mit dem die Verjährungsfrist des § 37a WpHG a. F. in Lauf gesetzt wird, ist der Zeitpunkt des unwiderruflichen und vollzogenen Erwerbs der Anlage anzusehen (BGH, Urteil vom 24.3.2011 - III ZR 81/10).
Eine mehrseitige, an potentielle Anlageinteressenten gerichtete Produktbeschreibung, die über die Funktionsweise des Zertifikats, die der Renditeberechnung zugrunde liegenden Bezugsfaktoren, die der Anleihe zugrundeliegende Investitionsstrategie, die Chancen und Risiken, die Partner und die steuerliche Behandlung informiert und schließlich eine 1-seitige Zusammenstellung der Eckdaten des Anlageproduktes enthält, ist als Prospekt i. S. d. höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Prospekthaftung i. e. S. (etwa BGH, Urteil vom 17.11.2011 - III ZR 103/10) zu qualifizieren.