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Wirtschaftsrecht
23.04.2018
Wirtschaftsrecht
EuGH : Ausgleichs- und Schadensersatzanspruch auch bei Beendigung des Handelsvertretervertrags während der Probezeit

In seinem Urteil vom 19.4.2018 – Rs. C-654/16 – stellt der Gerichtshof zunächst fest, dass die in der Handelsvertreter-Richtlinie nicht geregelte Vereinbarung einer Probezeit unter die Vertragsfreiheit fällt und nach der Richtlinie nicht per se verboten ist. Sodann führt der Gerichtshof auf der Grundlage einer Auslegung des Wortlauts der Richtlinie aus, dass die in der Richtlinie vorgesehene Ausgleichs- und Schadensersatzregelung keine Sanktion für die Vertragsauflösung sein soll, sondern den Handelsvertreter für die von ihm erbrachten Leistungen, aus denen der Unternehmer über die Beendigung des Vertragsverhältnisses hinaus Vorteile zieht, oder für die Kosten und Aufwendungen, die ihm für diese Leistungen entstanden sind, entschädigen soll. Daher darf dem Handelsvertreter der Ausgleich oder Schadensersatz, wenn die in der Richtlinie genannten Voraussetzungen erfüllt sind, nicht allein deshalb versagt werden, weil die Beendigung des Handelsvertretervertrags während der Probezeit eingetreten ist. Folglich besteht der Anspruch auf Ausgleich und auf Ersatz des erlittenen Schadens auch dann, wenn die Beendigung des Vertragsverhältnisses zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter während der Probezeit eintritt. Der Gerichtshof fügt hinzu, dass dieses Ergebnis durch das Ziel der Richtlinie bestätigt wird, das u. a. im Schutz des Handelsvertreters in seiner Beziehung zum Unternehmer besteht, und dass in Anbetracht dessen jede Auslegung der Richtlinie, die sich für den Handelsvertreter als nachteilig erweisen könnte, ausgeschlossen ist. Würde man die Gewährung einer Entschädigung ohne Berücksichtigung der Leistung des Handelsvertreters oder der ihm entstandenen Kosten und Aufwendungen von der Vereinbarung oder Nichtvereinbarung einer Probezeit im Handelsvertretervertrag abhängig machen, würde er benachteiligt, weil ihm jegliche Entschädigung nur deshalb versagt würde, weil sein Vertrag mit dem Unternehmer eine Probezeit enthält.

(PM EuGH vom 19.4.2018)

 

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