OLG Naumburg: Persönliche Haftung des GmbH-Geschäftsführers wegen Verstoßes gegen interne Zuständigkeitsregelungen für Organe
OLG Naumburg, Urteil vom 23.1.2014 – 2 U 57/13
Amtliche Leitsätze
1. Die ausschließliche interne Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung für alle das Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers betreffenden Vereinbarungen erfasst - vorbehaltlich abweichender individueller Satzungsregelungen - auch andere Rechtsgeschäfte, die mit der Organstellung des Geschäftsführers in unmittelbarem Zusammenhang stehen.
2. Schließt der Geschäftsführer einer GmbH mit sich selbst bzw. mit einer Gesellschaft, in welcher er als Gesellschafter-Geschäftsführer fungiert, einen Vertrag über Dienstleistungen, welche typischerweise in einem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag geregelt werden oder zumindest im unmittelbaren inhaltlichen Zusammenhang mit der Geschäftsführung stehen (z. Bsp. Analyse der Betriebsabläufe in Unternehmen und Beratung über deren Optimierung), so fällt dieser Vertrag ebenso in die originäre Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung, wie ein Geschäftsführer-Anstellungsvertrag selbst.
3. Ein Geschäftsführer, der im Widerspruch zu den Vermögensinteressen der Gesellschaft auf der Grundlage eines mit sich selbst geschlossenen Vertrages Vergütungsleistungen auf deren Kosten in Anspruch nimmt, ohne hierfür äquivalente Gegenleistungen zu erbringen, verletzt die sich aus seiner Organstellung ergebenden Unterlassungspflichten und macht sich nach § 43 Abs. 2 GmbHG schadenersatzpflichtig.
§ 43 Abs 2 GmbHG, § 46 Nr 5 GmbHG
Sachverhalt
A.
Die Klägerin nimmt den Beklagten als ihren ehemaligen Geschäftsführer in Regress.
Die Klägerin wurde mit Beschluss der Gesellschafterversammlung zu UR Nr. D 1029/2011 des Notars P. D. in Q. vom 15.09.2011 mit einem Stammkapital von 25.000 € vom Beklagten (Anteil: 12.000 €) und von V. N. (Anteil: 13.000 €) gegründet; ihr Gesellschaftszweck besteht gemäß § 1 des Gesellschaftsvertrags vor allem im Betreiben von Hotels und Gesundheitshotels. Sie wurde am 15.12.2011 im Handelsregister eingetragen. Es war vorgesehen, dass der Mehrheitsgesellschafter der Klägerin in der Startphase erhebliche Darlehen gewährt.
Zugleich mit der Gründung wurde der Beklagte zum alleinvertretungsberechtigten, von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten Geschäftsführer der Klägerin bestellt.
Die Klägerin erwarb am 01.11.2011 aus einer Insolvenzmasse das H. Hotel in A. und verfolgte das Ziel, dieses Hotel in eine Gesundheits- und Wellnesseinrichtung umzuwandeln und so zu betreiben. Noch im November 2011 kam es jedoch zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Gesellschaftern über die weitere Vorgehensweise.
Unter dem Datum des 15.01.2012 vereinbarte der Beklagte als Geschäftsführer der Klägerin zwei mittelfristige Beratungsverhältnisse:
Danach schloss die Klägerin mit der M. GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagte selbst war (künftig: M. ), einen „Dienstleistungsvertrag Projektbegleitung“ (künftig: Projektsteuerungsvertrag), wonach die Auftragnehmerin eine Untersuchung und Analyse der aktuellen Betriebsführung des Hotels im Hinblick auf die beabsichtigte Entwicklung, eine Potenzialanalyse des Standorts, sodann eine Wirtschaftlichkeitsberechnung des beabsichtigten Wellnessbetriebs und schließlich eine Prüfung der vorhandenen Planungen zur Erarbeitung von Optimierungsansätzen schuldete. Für die Erbringung dieser „Markteinführungsleistungen“ wurde eine Vertragslaufzeit von „zunächst“ fünf Jahren mit Verlängerungsoption um jeweils ein Jahr für den Fall der Nichtkündigung vereinbart. Als Vergütung wurden eine monatliche Pauschale i.H.v. 9.700 €, eine jährliche Zahlung von weiteren 25.000 € („… wenn die in der jährlichen Budgetplanung für das Projekt ermittelten Umsätze erreicht werden …“) sowie eine monatliche pauschale Vergütung i.H.v. „maximal 1.300 €“ für Fahrt- und Reisekosten der Teammitglieder nach Maßgabe des Bundesreisekostengesetzes in der höchsten Stufe, alle Zahlungen zzgl. MwSt., vereinbart.
Mit der L. GmbH, an deren Stammkapital der Beklagte einen Anteil von 50 % hielt und deren alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer er war (künftig: L. ), schloss die vom Beklagten vertretene Klägerin den „Vertrag zur Teilnahme an ´The L. Hotes & Resorts´ für das H. Hotel“ (künftig: Teilnahmevertrag), wonach Leistungspflichten der Auftragnehmerin nicht festgelegt wurden, sondern der Auftraggeberin lediglich die Möglichkeit zum Erwerb der Mitgliedschaft und zur Nutzung einer Qualitätsmarke für medizinisch betreute Wellness eröffnet werden sollte, sofern sie „innerhalb von 12 bzw. 24 Monaten“ eine „entsprechende Zertifizierung“ erlangt. Für den Fall des Erwerbs der Mitgliedschaft bot die Auftragnehmerin diverse Dienstleistungen, u.a. die Präsentation des Hotels auf einer webbasierten Plattform sowie auf zwei internationalen und relevanten deutschsprachigen Messen, die Nutzung der Marke und Buchungen/ Beratungen/ Direktverkauf über ein Call-Center an. Der Vertrag wurde mit einer Laufzeit von „zunächst“ fünf Jahren mit Verlängerungsoption um jeweils sechs Monate bei Nichtkündigung geschlossen. Als Vergütung wurde eine Jahrespauschale i.H.v. 9.900 € sowie eine monatliche Servicepauschale i.H.v. 495 €, jeweils zzgl. MwSt., vereinbart.
Der Beklagte informierte den Mehrheitsgesellschafter über diese Vertragsabschlüsse nicht; die Vertragsurkunden wurden der Klägerin erst im Verlauf des Rechtsstreits vorgelegt.
Mit eMail vom 07.02.2012 forderte der Mehrheitsgesellschafter den Beklagten auf, spätestens bis zum 17.02.2012 eine Gesellschafterversammlung einzuberufen; als Tagesordnungspunkte sollten u.a. ein Bericht des Geschäftsführers über die bisherigen Geschäftsaktivitäten einschließlich Umsatz- und Erlösplanung für das Geschäftsjahr 2012 (TOP 1), die Vorlage und Erläuterung eines Geschäftsführer-Anstellungsvertrages (TOP 2) sowie die Beschlussfassung über die Änderung bzw. Aufhebung dieses Vertrages (TOP 3) vorgesehen werden. Des Weiteren sollten die Abberufung des Geschäftsführers (TOP 4) sowie die Neuberufung eines Geschäftsführers (TOP 5) Gegenstand der Gesellschafterversammlung sein und als TOP 6 schließlich die Beschlussfassung über den Geschäftsführer-Anstellungsvertrag. Der eMail war zu entnehmen, dass zwischen den Gesellschaftern auch Streitigkeiten um die Bedingungen des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages bestanden. Auf diese eMail antwortete der Beklagte mit eMail vom 08.02.2012. Die drohende Insolvenz der Klägerin sei durch eine Einlage des Mehrheitsgesellschafters abgewendet worden, so dass Zeit gewonnen worden sei. Er, der Beklagte, werde die Gelegenheit der Verabschiedung des bisherigen Direktors des Hotels von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nutzen, diese weiter darüber zu informieren, dass er, der Beklagte, „die Geschäftsführerposition sofort beende“. Sodann erklärte der Beklagte seine Bereitschaft zur Veräußerung seiner Geschäftsanteile an der Klägerin an den Mehrheitsgesellschafter. Weiter heißt es:
„Wie gewünscht, werde ich meine Tätigkeit als Geschäftsführer der Betriebsgesellschaft sofort beenden, bitte leiten Sie die notwendigen Schritte ein. …“.
Darauf hin wurde eine Gesellschafterversammlung für den 14.02.2012 einberufen, deren TOP 2 die Abberufung des Beklagten als Geschäftsführer und TOP 3 die Bestellung eines neuen Geschäftsführers vorsahen. Der Zeitpunkt des Zugangs dieser Einladung beim Beklagten ist nicht bekannt.
Am 13.02.2012 nahm der Beklagte als Geschäftsführer der Klägerin zu deren Lasten je eine Überweisung in Höhe von 3.500 € an die M. und an die L. vor; zu diesem Zeitpunkt lagen keine Rechnungen der beiden Auftragnehmerinnen vor.
In der Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 15.02.2012 wurde der Beklagte durch einstimmigen Gesellschafterbeschluss mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer abberufen. Ebenfalls einstimmig wurde der neue Geschäftsführer der Klägerin bestellt. In einer weiteren Gesellschafterversammlung vom 29.02.2012 wurde unter TOP 4 beschlossen, der neue Geschäftsführer solle für die Klägerin Schadenersatzansprüche gegen den Beklagten wegen der Verletzung von Geschäftsführerpflichten im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Geschäftsführer-Anstellungsvertrages, der beiden vorgenannten Verträge sowie eines weiteren Dienstleistungsvertrages sowie mit den beiden vorgenannten Überweisungen außergerichtlich und gerichtlich durchsetzen.
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen der widerstreitenden Rechtsauffassungen der Parteien des Rechtsstreits und wegen des Verlaufs des Verfahrens in erster Instanz, nimmt der Senat auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Das Landgericht hat den Beklagten mit seinem am 26.03.2013 verkündeten Urteil zur Leistung von Schadenersatz in Höhe von 7.000 € nebst Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe seit dem 22.03.2012 verurteilt und diese Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass der Beklagte nicht substantiiert vorgetragen habe, aufgrund welcher Leistungen der beiden Auftragnehmerinnen M. und L. er die Zahlungen an diese vorgenommen habe; er habe vor Fälligkeit geleistet.
Der Beklagte hat gegen das ihm am 08.04.2013 zugestellte Urteil mit einem am 03.05.2013 beim Oberlandesgericht vorab per Fax eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese Berufung innerhalb der ihm bis zum 24.06.2013 verlängerten Berufungsbegründungsfrist auch begründet.
Er meint, dass die Überweisungen von jeweils 3.500 € nicht sorgfaltswidrig gewesen seien, selbst wenn die Auftragnehmerinnen keine entsprechenden Leistungen erbracht hätten. Bei der Zahlung an M. habe es sich um einen Teilbetrag der monatlichen pauschalen Vergütung für Januar 2012 gehandelt. Hinsichtlich der L. sei es „Sache der Auftragnehmerin gewesen, entsprechend ihres Tätigkeitsumfangs Abschlagszahlungen auf diese Jahrespauschale in Rechnung zu stellen“.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils
die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und vertieft den erstinstanzlichen Vortrag.
Der Senat hat am 15.01.2014 mündlich zur Sache verhandelt; wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls des Senats vom selben Tag Bezug genommen.
Aus den Gründen
B.
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht darauf erkannt, dass die Klägerin gegen den Beklagten einen Anspruch auf Schadenersatz in Höhe von insgesamt 7.000 € nebst Verzugszinsen hat. Der Anspruch ist nach § 43 Abs. 2 GmbHG begründet im Hinblick auf Pflichtverletzungen des Beklagten als Geschäftsführer der Klägerin bei Abschluss der beiden Verträge vom 15.01.2012.
I. Nach § 43 Abs. 2 GmbHG haftet der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung persönlich für deren Vermögensschäden, wenn und soweit er in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns außer Acht gelassen hat (§ 43 Abs. 1 GmbHG). Der Begriff des ordentlichen Geschäftsmanns wird in ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung mit demjenigen des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters in § 93 Abs. 1 S. 1 AktG gleichgesetzt, wonach die Sorgfalt geschuldet wird, welche ein ordentlicher Geschäftsmann in verantwortlich leitender Position bei selbständiger Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen zu beachten hat. Diese Sorgfaltspflicht schließt die Beachtung der gesellschaftsinternen Kompetenzverteilung, d.h. der Verteilung der Entscheidungszuständigkeiten zwischen den Organen – hier: Geschäftsführer und Gesellschafterversammlung – sowie der Treueverpflichtungen des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft ein.
II. Die Klägerin hat gegen den Beklagten nach § 43 Abs. 2 GmbHG einen Anspruch auf Ersatz der Vermögensschäden, die aus dem unbefugten Abschluss des Projektsteuerungsvertrages resultieren; dieser Anspruch umfasst den Ersatz der am 14.02.2012 an die M. gezahlten 3.500 €.
1. Der Beklagte durfte nach den internen Zuständigkeitsregelungen für die Organe der Klägerin den Projektsteuerungsvertrag nicht abschließen oder er hätte vor dem Abschluss zumindest eine Zustimmung der Gesellschafterversammlung herbeiführen müssen.
a) Nach § 46 Nr. 5 GmbHG unterliegen die Bestellung und die Abberufung des Geschäftsführers sowie die Entlastung des Geschäftsführers der ausschließlichen Kompetenz der Gesellschafterversammlung. Nach einhelliger Rechtsprechung wird diese Vorschrift dahin ausgelegt, dass die Gesellschafterversammlung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung eine umfassende und primäre Zuständigkeit für alle Fragen des Anstellungsverhältnisses des Geschäftsführers inne hat (vgl. BGH, Urteil v. 21.01.1991, II ZR 144/90, NJW 1991, 1680; Urteil v. 25.03.1991, II ZR 169/90, BGHZ 113, 237 = NJW 1991, 1727 für einen eingetragenen Verein; Urteil v. 03.07.2000, II ZR 282/98, NJW 2000, 2983), d.h. nicht nur für die Begründung und Beendigung des Anstellungsverhältnisses sowie für die Entlastung des Geschäftsführers, sondern auch für alle sonstigen das Anstellungsverhältnis betreffende Vereinbarungen, so u.a. die Höhe der Vergütung (vgl. auch Hüffer in: Ulmer/ Habersack/ Winter, GmbHG, 2006, §46 Rn. 52 und 55). Diese ausschließliche interne Zuständigkeitszuweisung an die Gesellschafterversammlung gilt unabhängig davon, ob der Geschäftsführer in seiner Außenvertretungsmacht von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit ist; sie ist der Frage des Umfangs der Vertretungsmacht vorgelagert (vgl. BGH, Urteil v. 25.03.1991, a.a.O.).
b) Die sog. Annexkompetenz der Gesellschafterversammlung nach § 46 Nr. 5 GmbHG erfasst – vorbehaltlich abweichender individueller Satzungsregelung, an der es hier jedoch fehlt – neben dem Abschluss bzw. der Änderung oder Beendigung des Anstellungsvertrags auch andere Rechtsgeschäfte, welche in unmittelbarem Zusammenhang mit der Organstellung des Geschäftsführers stehen. Für solche Rechtsgeschäfte besteht in gleicher Weise die Notwendigkeit der Vorbeugung von Interessenkonflikten und des Schutzes der Gesellschaft vor befangener Vertretung. Schließt daher der Geschäftsführer einer GmbH, wie hier der Beklagte, mit sich selbst bzw. mit einer Gesellschaft, in welcher er als Gesellschafter-Geschäftsführer fungiert, wie hier die M. , einen Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen, welche typischerweise in einem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag geregelt werden oder zumindest im unmittelbaren inhaltlichen Zusammenhang mit der Geschäftsführung stehen, so fällt dieser Vertrag ebenso in die originäre Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung, wie ein Geschäftsführer-Anstellungsvertrag selbst (vgl. Leinekugel/ Heusel GmbHR 2012, 309, 312 für einen Beratungsvertrag der GmbH mit einem Geschäftsführer).
c) Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
aa) Der Projektsteuerungsvertrag, den der Beklagte für die Klägerin mit der M. geschlossen hat, beinhaltet Leistungen der Geschäftsführung, denn die der Auftragnehmerin übertragene Analyse der bestehenden Betriebsabläufe im Unternehmen und deren Optimierung gehört zum originären Pflichtenkatalog eines Geschäftsführers. Allein dieser Umstand führt in der vorliegenden Konstellation abstrakt zu Interessenkonflikten beim Beklagten hinsichtlich der Abgrenzung der Verantwortungs- und Leistungsbereiche zwischen Klägerin und Auftragnehmerin, deren Gefährdungspotenzial für die Klägerin zu einer ausschließlichen Entscheidungskompetenz der Gesellschafterversammlung führt. Die vorgenannten abstrakten Interessenkonflikte haben sich im vorliegenden Projektsteuerungsvertrag auch niedergeschlagen, denn dem Vertrag ist die gebotene eindeutige Abgrenzung zwischen den Leistungen des Beklagten als Geschäftsführer der Klägerin und den Leistungsverpflichtungen der M. als Auftragnehmerin der Klägerin nicht zu entnehmen. Es scheint so, dass die Verantwortung für die Erarbeitung des Erstkonzepts der Klägerin obliegen soll, während die Auftragnehmerin das Konzept lediglich optimieren soll, indem sie ihre eigene – ausführlichere? – Ist-Analyse mit den grundsätzlich von der Klägerin zu entwickelnden, von ihr jedoch auch beeinflussten Soll-Vorstellungen vergleicht und eine Bewertung der Geeignetheit und Effizienz der beabsichtigten Maßnahmen vornimmt. Was in welchem Umfang in welchen Leistungszeiten erbracht werden soll, bleibt nach dem Vertragstext unklar. Maßgebliche, auch vergütungsrelevante Zielvorgaben, wie etwa die ausdrücklich erwähnte Budgetplanung bzw. der Zeitplan, sind im Vertrag nicht enthalten. Letztlich ist aus dem Vertragstext nicht zu erkennen, ob und ggf. inwieweit der Vertragsgegenstand sich auf eine spezifische Zusatzleistung gegenüber den Aufgaben eines Geschäftsführers bezieht.
bb) Der Abschluss des Projektsteuerungsvertrages führt in der vorliegenden Konstellation weiter dazu, dass der Beklagte wegen seiner Stellung als Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Auftragnehmerin eine gesonderte Vergütung für Leistungen erhält, welche er der Klägerin schon aufgrund seiner Bestellung als Geschäftsführer schuldet. Hieraus resultiert ungeachtet des tatsächlichen Umfangs der zusätzlichen aktuellen Einnahmen des Beklagten auch deshalb ein unmittelbarer inhaltlicher Bezug zum Geschäftsführer-Anstellungsverhältnis bei der Klägerin, weil diese Konstellation einen Präzedenzfall für künftige Geschäftsführer schaffen könnte. Des Weiteren wird für die Klägerin die Gefahr begründet, dass die Vergütung der Auftragnehmerin steuerrechtlich als verdeckte Gewinnausschüttung i.S. von § 8 Abs. 3 KStG bewertet werden könnte, wenn das mit der M. vereinbarte Honorar nicht dem Maßstab der Fremdüblichkeit entspricht. Es ist daher allein Sache der Gesellschafterversammlung, über die Höhe der Vergütungen an die Auftragnehmerin zu entscheiden.
cc) Der Abschluss des Projektsteuerungsvertrages mit einer Mindestlaufzeit von fünf Jahren beeinträchtigt schließlich auch das Recht der Gesellschafterversammlung, originär über die Beendigung des Anstellungsverhältnisses des Geschäftsführers zu entscheiden. Die Übertragung wesentlicher Bestandteile der Geschäftsführung, hier insbesondere der gesamten strategischen Ausrichtung des Unternehmens, auf eine Auftragnehmerin „in der Hand“ des z. Zt. des Vertragsabschlusses bestellten Geschäftsführers der Klägerin führt dazu, dass die Klägerin für mindestens fünf Jahre an den Beklagten gebunden bleibt, unabhängig von der Dauer des Anstellungsverhältnisses als Geschäftsführer, bzw. bei vorzeitiger Auflösung des Vertrags finanzielle Verluste in Kauf nehmen muss. Das zeigt auch der vorliegende Fall: Obwohl der Beklagte bereits ca. einen Monat nach Abschluss des Projektsteuerungsvertrages als Geschäftsführer abberufen worden ist, schuldet die Klägerin der von ihm geführten und ihm gehörenden Auftragnehmerin mindestens fünf Jahre lang eine hohe Vergütung für die Wahrnehmung von Geschäftsführeraufgaben selbst dann, wenn sie die Leistung nicht mehr in Anspruch nehmen möchte.
2. Ohne die Überschreitung der ihm als Geschäftsführer eingeräumten Kompetenzen, d.h. bei Beachtung der Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung, wäre es nicht zum Abschluss des Projektsteuerungsvertrages gekommen. Der Mehrheitsgesellschafter hätte dem Vertragsschluss nicht zugestimmt.
3. Der Beklagte verletzte seine gegenüber der Klägerin bestehende Verpflichtung als Geschäftsführer, die interne Zuständigkeitsverteilung zu beachten, zumindest fahrlässig. Bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt hätte er erkennen können, dass der Abschluss des streitgegenständlichen Projektsteuerungsvertrages einer Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung hätte vorbehalten werden müssen.
4. Die schuldhafte Nichtbeachtung der ausschließlichen Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung für den Abschluss des Projektsteuerungsvertrags führt zur Haftung des Beklagten nach § 43 Abs. 2 GmbHG für diejenigen Schäden, die der Klägerin durch die Kompetenzüberschreitung entstanden sind und entstehen werden. Beim Abschluss von schuldrechtlichen Verträgen unter Kompetenzüberschreitung haftet der Geschäftsführer grundsätzlich auf Freistellung von den für die Gesellschaft begründeten Verbindlichkeiten (vgl. BGH, Urteil v. 09.12.1996, NJW 1997, 741; KG Berlin, Urteil v. 17.12.2004, 14 U 226/03, GmbHR 2005, 477) bzw. auf (Rück-)Zahlung bereits erbrachter Geldleistungen. Dies schließt die hier streitgegenständliche erste Abschlagszahlung an die M. vom 13.02.2012 ein, so dass es auf die weitere – vom Landgericht beurteilte – Frage einer Überweisung ohne Geltendmachung der Forderung in Gestalt der Rechnungsstellung, ohne Prüfung der sachlichen Richtigkeit der begehrten Zahlung und zeitlich unmittelbar vor der als sicher gelten könnenden Abberufung als Geschäftsführer nicht (mehr) ankommt.
III. Die Klägerin hat gegen den Beklagten nach § 43 Abs. 2 GmbHG weiter einen Anspruch auf Ersatz derjenigen Schäden, die ihr aus dem Abschluss des Teilnahmevertrags entstanden sind bzw. entstehen werden. Zwar fiel der Abschluss des Teilnahmevertrages in die Kompetenz des Beklagten als Geschäftsführer, er verletzte hierdurch jedoch das Verbot der missbräuchlichen Ausnutzung seiner Organstellung als Geschäftsführer.
1. Dem Geschäftsführer einer GmbH ist wegen der ihm obliegenden Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft verboten, die ihm eingeräumte Organstellung zum eigenen Vorteil zu missbrauchen (vgl. insbesondere Paefgen in: Ulmer/ Habersack/ Winter, GmbHG, 2006, § 43 Rn. 35a ff.). Das Verbot der Selbstbegünstigung gilt auch für denjenigen Geschäftsführer, welcher von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit ist.
Der Abschluss des Teilnahmevertrages ist als unternehmerische Entscheidung des Beklagten als Geschäftsführer der Klägerin zu qualifizieren und unterliegt im Rahmen der Prüfung einer persönlichen Verantwortlichkeit des Geschäftsführers für deren Folgen besonderen rechtlichen Maßstäben.
Grundsätzlich steht dem Geschäftsführer einer GmbH bei unternehmerischen Entscheidungen ein erhebliches Handlungsermessen zu (vgl. BGH, Urteil v. 21.04.1997, II ZR 175/95, BGHZ 135, 244; Urteil v. 03.12.2001, II ZR 308/99, DB 2002, 473). Bei sog. In-sich-Geschäften i.S. von § 181 BGB, zu deren Abschluss der Beklagte hier bevollmächtigt worden war, ist dieses Handlungsermessen hinsichtlich der Bewertung der Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung jedoch ausnahmsweise vollständig reduziert (vgl. Paefgen, a.a.O., Rn. 35b), weil der Geschäftsführer zur Wahrung der Vermögensinteressen der Gesellschaft auch im Verhältnis zu sich selbst verpflichtet ist. Ein Geschäftsführer, der im Widerspruch zu den Vermögensinteressen der Gesellschaft Vergütungsleistungen auf deren Kosten in Anspruch nimmt, ohne hierfür äquivalente Gegenleistungen zu erbringen, verletzt die sich aus seiner Organstellung ergebenden Unterlassungspflichten und macht sich nach § 43 Abs. 2 GmbHG schadenersatzpflichtig (ähnlich OLG Naumburg, Urteil v. 30.11.1998, 11 U 22/98, zitiert nach juris).
2. Nach diesen Maßstäben verletzte der Beklagte die ihm obliegende Treuepflicht durch den Abschluss des Teilnahmevertrages, denn der Vertrag verpflichtete die Auftragnehmerin zumindest in der Anfangszeit zu keinerlei Leistungen; etwaige künftige Leistungspflichten waren überwiegend so unbestimmt definiert, dass sie nicht durchsetzbar gewesen wären. Dem gegenüber schuldete die Klägerin eine fortlaufende pauschale Vergütung in Form eines fixen Jahresbetrages und einer fixen monatlichen Servicepauschale.
a) Hinsichtlich des Erwerbs der Mitgliedschaft der Klägerin im D. Verband e.V. ist schon nicht ersichtlich oder vorgetragen, dass es hierzu des Abschlusses eines entgeltlichen Vertrags mit der L. bedurfte.
b) Die im Vertrag aufgeführten Leistungspflichten der Auftragnehmerin werden erst ab dem Zeitpunkt des vollzogenen Erwerbs einer Zertifizierung („innerhalb von 12 bzw. 24 Monaten“) und erst nach Erfüllung der (weiteren) Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft der Klägerin an der markenrechtlichen Vereinigung begründet. Bis zu diesem Zeitpunkt kann die Klägerin nach dem Vertragsinhalt für die von ihr gezahlte Vergütung keine Gegenleistung verlangen.
c) Nach dem Erwerb der Mitgliedschaft werden Mitgliedschaftsrechte der Klägerin gegen die Auftragnehmerin begründet, deren Vergütung durch die Zahlung der Jahrespauschale abgegolten wird. Eine Rechtfertigung der zusätzlich geschuldeten monatlichen Servicepauschale unabhängig von der konkreten Inanspruchnahme von Serviceleistungen ist nicht erkennbar oder vom Beklagten vorgetragen worden. Zudem sind die Mitgliedschaftsrechte überwiegend als Absichtsbekundungen und ohne Bestimmung des konkreten Leistungsumfangs und der jeweiligen Leistungszeit formuliert worden, so dass erhebliche Bedenken gegen die Einklagbarkeit von Leistungsrechten bestehen.
3. Das in der Verletzung des Verbots der Selbstbegünstigung liegende pflichtwidrige Verhalten des Beklagten ist als schuldhaft, zumindest als fahrlässig, zu bewerten und setzte sich in der Überweisung des Betrages von 3.500 € an die L. fort. Für diese Zahlung lag weder eine Rechnung der L. vor noch war sie in zeitlicher Hinsicht (vor Ablauf des ersten Monats bei Vereinbarung einer Jahrespauschale ohne Fälligkeitstermin) oder hinsichtlich ihres Betrages (29,71 % der Jahresvergütung i.H.v. 11.781 € brutto) angemessen.
4. Der im Vermögen der Klägerin bereits entstandene Schaden aus dieser Pflichtverletzung umfasst die Zahlung von 3.500 € am 13.02.2012 an die L. .
IV. Die beiden Hauptforderungen der Klägerin hat der Beklagte ab Eintritt der Rechtshängigkeit durch Zustellung des Mahnbescheids in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes zu verzinsen (§§ 291, 288 BGB).
C.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 26 Nr. 8 EGZPO i.V. mit §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1, 713 sowie 543, 544 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
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