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Wirtschaftsrecht
15.02.2018
Wirtschaftsrecht
AG Mannheim: Filesharing – Sekundäre Darlegungslast des Internet-Anschlussinhabers und Betreibers eines WLAN-Netzes

AG Mannheim, Urteil vom 18.1.2017 – U 10 C 1780/16

Volltext: BB-ONLINE BBL2018-386-1

unter www.betriebs-berater.de

Amtliche Leitsätze

1. Nimmt ein Rechteinhaber einen Internetinhaber, zu dem mehrere Familienangehörigen Zugang haben, wegen Urheberrechtsverletzung in Anspruch, ist das Bestreiten der Verletzung unter gleichzeitiger Benennung der weiteren Zugangsberechtigten ausreichend (sog. sekundäre Darlegungslast). Fortführung von EuGH, MMR 2016, 760 – "Mc Fadden".

2. Die sekundäre Darlegungslast führt nicht zur Umkehr der Beweislast, diese verbleibt beim Anspruchsteller.

3. Konkrete Nachforschungen sind dem Anschlussinhaber im Lichte des Art. 6 GG nicht zumutbar, eine Vermutung zu seinen Lasten ist mit der allgemeinen Lebenserfahrung nicht vereinbar.

Sachverhalt

Die Klägerin fordert von den Beklagten Zahlung wegen Urheberrechtsverletzung.

Die Klägerin ist Rechteinhaberin hinsichtlich des Computerspiels „D.“ (Bl. 22 R-27), die Beklagte hat einen Internetanschluss. Die Beklagte wurde mit Schreiben vom 12.12.2012 abgemahnt (Bl. 29, 29R) sowie wegen eines anderen urheberrechtlich geschützten Werkes am 06.12.2012 (Bl. 89).

Die Klägerin trägt vor:

- mit geeigneter und zuverlässig funktionierender Software seien von einem von ihr beauftragten Dienstleister IP-Adressen ermittelt worden, welche dem Internetanschluss der Beklagtenseite zuzurechnen seien (Bl. 19-22R, 76-81),

- mit welchem am 03.11.2012 das streitgegenständliche Computerspiel zum Download in einer lauffähigen Version bereit gehalten worden sei (Bl. 27-29, 81-85),

- weshalb die Beklagtenseite die Kosten der Abmahnung auf Basis eines Gegenstandswertes in Höhe von bis zu 20.000 EUR zu erstatten habe (Bl. 30R, 90, 91),

- sowie ihr ein Schadensersatzanspruch i.H.v. 640,20 EUR zustehe (Bl. 31-33),

- die von der Beklagten benannten Personen hätten weder bei der Beklagten gewohnt noch eigenständig mit eigenen Endgeräten auf deren Anschluss zugreifen können, auch keine Tauschbörsenprogramme über den Internetanschluss der Beklagten genutzt, hätten das Computerspiel auch vor Erhalt der Abmahnung nicht gekannt, wie sie auch nicht wisse, dass der von der Beklagten genutzten Computer für die Nutzung von Tauschbörsenprogrammen ungeeignet sei (Bl. 88),

- das streitgegenständliche Computerspiel hätte durchaus erfolgreich vertrieben werden können (Bl. 89, 90).

Die Klägerin beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von EUR 859,80 nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22. Dezember 2012 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen weiteren Betrag von EUR 640,20 nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 22. Dezember 2012 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte trägt vor:

- sie habe noch nie ein PC-Spiel gespielt, sei auch an den genannten Tatzeitpunkt nicht am Computer gewesen, (Bl. 58, 59),

- in Ihrem Haushalt hätten ihr Ehemann und die volljährigen Söhne gelebt (Aufenthaltsbescheinigungen Bl. 147,149, 151) mit selbstständigem und gleichberechtigten Zugang zu dem Internetanschluss, welcher auch hinreichend gesichert gewesen sei (Bl. 59), möglicherweise Dritte dennoch auf diesen zugegriffen hätten; zu weiteren Nachforschungen unter ihren Haushaltsangehörigen sei sie nicht verpflichtet (Bl. 59, 65, 66),

- die ermittelte IP-Adresse sei fehlerhaft ihrem Internetanschluss zugeordnet worden, die ermittelten Datensätze sowie die verwendete Software seien unzuverlässig, (Bl. 61-64),

- die geltend gemachten Ansprüche deshalb nicht geschuldet,

- die Anwaltskosten schon der Höhe nach nicht, weil überzogen berechnet (Bl. 66, 67),

- wie auch der Klägerin ein Schaden im Hinblick auf den Verbot des streitgegenständlichen Spiels nicht entstanden sei (Bl. 68).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin stehen gegen die Beklagte keine Ansprüche gemäß §§ 823, 249,683, 670 BGB, 97, 97a Abs. 1 UrhG a.F. zu.

Der Klägerin hätte es oblegen zu beweisen, dass es die Beklagte war, welche als Störerin die urheberrechtlich geschützte Rechtsposition der Klägerin verletzte. Dies ist nicht der Fall, die Beklagte hat ihre Täterschaft bestritten und unwiderlegt vorgetragen, dass ihre im gleichen Haushalt lebenden, erwachsenen Familienangehörigen ebenfalls Zugriff auf den Computer hatten.

Damit ist die Beklagte ihrer sekundären Einlassungslast nachgekommen; mehr kann von der Beklagte nicht verlangt werden. Die sekundäre Einlassungslast führt nur dazu, dass der Gegner den Vortrag der beweisbelasteten Partei nicht einfach bestreiten darf, sondern im Rahmen des ihm Zumutbaren gehalten ist, die für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände darzulegen (BGH NJW 2008, 982 Rn. 16; BeckOK ZPO/Bacher ZPO § 284 Rn. 84). Der Kernbereich von Artikel 6 GG Abs. 1 GG wäre betroffen und verletzt, wenn Familienangehörige faktisch gezwungen würden, sich gegenseitig zu denunzieren, um eine vom BGH postulierte Vermutung hinsichtlich der Störereigenschaft auszuräumen, welche auf den bloßen Umstand geknüpft ist, dass der in Anspruch genommene den betreffenden Internetanschluss eingerichtet hat.

Es muss der Anspruchsteller vielmehr, wenn die Gegenseite ihrer Einlassungsobliegenheit – wie hier – genügt hat, die Voraussetzungen für eine Haftung des Gegners darlegen und gegebenenfalls beweisen. Es gereicht der Bekl. daher nicht zum Nachteil, dass sie den von ihr geschilderten Sachverhalt nicht bewiesen hat, da ihr insoweit keine Beweislast obliegt (vgl. BGH, TranspR 2008, 113 = BeckRS 2008, 03733 Rdnr. 33; NJW-RR 2009, 751 = TranspR 2009, 134 Rdnr. 15). Eine andere Beurteilung der Darlegungs- und Beweislastverteilung ergibt sich auch dann nicht, wenn der an sich darlegungs- und beweisbelasteten Partei die nähere Darlegung eines zum Wahrnehmungsbereich des Gegners gehörenden Geschehens nicht möglich ist (vgl. BGH NJW 2010, 1816).

Der Inhaber eines Internetanschlusses haftet deshalb grundsätzlich nicht als Störer auf Unterlassung, wenn volljährige Familienangehörige den ihnen zur Nutzung überlassenen Anschluss für eine behauptete Rechtsverletzung missbrauchen. Erst wenn der Anschlussinhaber konkrete Anhaltspunkte für solch einen Missbrauch hat, muss er die zur Verhinderung von Rechtsverletzungen erforderlichen Maßnahmen ergreifen. Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. Der Anschlussinhaber trägt insoweit eine sekundäre Darlegungslast. Dieser entspricht er dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und ggf. welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Insoweit ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (BGHZ 185, 330; BGH NJW 2013, 1441; Urteil vom 8.1.2014 -I ZR 169/12 m. w. N.). Diese sekundäre Darlegungslast führt indes weder zu einer Umkehr der Beweislast, noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast, § 138 Abs. 1, Abs. 2 ZPO, hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und ggf. welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Die Annahme einer derartigen tatsächlichen Vermutung begegnet in Haushalten, in denen mehrere Personen selbstständig und unabhängig Zugang zum Internet haben, jedoch bereits grundsätzlichen Bedenken. Die Aufstellung einer tatsächlichen Vermutung setzt voraus, dass es einen empirisch gesicherten Erfahrungssatz aufgrund allgemeiner Lebensumstände dahingehend gibt, dass ein Anschlussinhaber seinen Internetzugang in erster Linie nutzt und über Art und Weise der Nutzung bestimmt und diese mit Tatherrschaft bewusst kontrolliert. Ein derartiger Erfahrungssatz existiert indes nicht. Die alltägliche Erfahrung in einer Gesellschaft, in der das Internet einen immer größeren Anteil einnimmt und nicht mehr wegzudenken ist, belegt vielmehr das Gegenteil. Wenn sich der Internetanschluss in einem Mehrpersonenhaushalt befindet, entspricht es vielmehr üblicher Lebenserfahrung, dass jeder Mitbewohner das Internet selbstständig nutzen darf, ohne dass der Anschlussinhaber Art und Umfang der Nutzung bewusst kontrolliert. Der Anschlussinhaber genügt daher vorliegend seiner sekundären Darlegungslast, wenn er seine Täterschaft bestreitet und darlegt, dass ein Hausgenosse selbstständig auf den Internetanschluss zugreifen könne, weil sich daraus bereits die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufes als die seiner Alleintäterschaft ergibt. Weitergehende Angaben werden in einem Mehrpersonenhaushalt vom Anschlussinhaber nicht im Rahmen der sekundären Darlegungslast verlangt werden können, da der Anschlussinhaber ohnehin nur zu Tatsachen vortragen kann, die er üblicherweise aus eigener Anschauung vorzutragen vermag. Eigene Ermittlungen dahingehend, wer möglicherweise als Täter des behaupteten Urheberrechtsverstoßes in Betracht kommt, hat der Anschlussinhaber hingegen nicht durchzuführen. Auch eine Überwachung der Familie bei der Internetnutzung kann - ohne besondere Umstände bzw. Veranlassung, bzw. nach einer Abmahnung - vom Anschlussinhaber nicht verlangt werden, da dies mit dem grundgesetzlichen Schutz der Familie nach Art. 6 GG nicht zu vereinbaren ist. Lediglich bei einem 1-Personen-Haushalt wird man regelmäßig detailliertere Erläuterungen verlangen können. Insoweit reicht es nach hiesiger Auffassung, unter Berücksichtigung der dem Beklagten obliegenden prozessualen Wahrheitspflicht aus, dass der Anschlussinhaber vorträgt, weder die streitgegenständliche Datei, noch eine entsprechende Filesharing Software befinde sich auf seinem Rechner, da für diesen Fall eine täterschaftliche Handlung ausgeschlossen ist. Sowohl bei Mehrpersonen-, als auch bei einem 1-Personen-Haushalt ist mit der sekundären Darlegungslast des Anschlussinhabers gerade keine Beweislastumkehr verbunden. Die sekundäre Darlegungslast umfasst nicht die Pflicht des Behauptenden, diesen Sachverhalt ggf. auch zu beweisen. Ein der sekundären Darlegungslast genügender Vortrag hat vielmehr zur Folge, dass der grundsätzlich Beweisbelastete seine Behauptungen beweisen muss. Hierin ist auch keine unzumutbare Belastung des Anspruchstellers zu sehen. Es gehört vielmehr zu den rechtstaatlichen Grundsätzen des Zivilprozesses, dass die Klägerin die volle Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen trägt. Abweichungen sind nur im Einzelfall veranlasst und dürfen nicht dazu führen, dass der Beklagte sich regelmäßig zu entlasten hat. Eine anderslautende Rechtsprechung führt faktisch zu einer Gefährdungshaftung, indem dem Anschlussinhaber eine den Grundlagen des Zivilprozesses widersprechende, praktisch nicht erfüllbare sekundäre Darlegungslast auferlegt wird. Es gibt in zahlreichen Bereichen des täglichen Lebens Sachverhaltskonstellationen, in denen der Anspruchsteller sicher weiß, dass sich der Anspruch gegen eine von mehreren Personen richtet, der Anspruchsinhaber aber nicht nachweisen kann, gegen welche konkrete Person der Anspruch zu richten ist. Auch in diesen Fällen wird im Ergebnis eine Erfolg versprechende Durchsetzung des Anspruchs nicht möglich sein (vgl. AG Frankenthal Endurteil v. 24.4.2015 – 3a C 254/14, BeckRS 2015, 15463).

Die von der Rechtsprechung des BGH postulierte Vermutung zulasten des Anschlussinhabers BGH stammt aus „analoger Zeit“ und verkennt die rasante Entwicklung der heutzutage durchgehend digital geprägten Lebenswelt. Internetanschlüsse sind mittlerweile in fast jeder Wohnung zu finden, im Grunde ubiquitär verbreitet, wie auch deren Nutzung. Dabei ist es ein allgemein sozial übliches und verbreitetes Phänomen - auch im engsten Umfeld des Gerichts - dass sämtliche Besucher, Freunde, Angehörige, Freunde der Familienmitglieder und deren Besucher nach der Begrüßung umgehend Zugriff auf das hauseigene WLAN wollen. Die vom BGH dieser Lebensrealität entgegenstehenden und geforderten Kontrollmaßnahmen und Ermittlungen mögen in Studierstubenwelten so gehandhabt werden, mit der Lebensrealität hat dies allerdings nach Auffassung des erkennenden Gerichts nichts mehr zu tun.

Vergleichbar lebensfremd ist die Unterstellung des BGH, es sei in einem Privathaushalt möglich, einen Monat nach einer behaupteten Rechtsverletzung hinreichend verlässlich klären und ermitteln zu können, wer das oder mittlerweile häufig die zahlreichen vorhandenen internetfähigen Geräte zu der fraglichen Zeit benutzt hatte; dem erkennenden Gericht ist eine derartige Rekonstruktion im Nachhinein nicht einmal über nur wenige Tage möglich.

Zudem erachtet das Gericht die diesbezügliche Rechtsprechung des BGH als überholt und gegen Art. 3 GG verstoßend im Hinblick auf die Entscheidung des EuGH MMR 2016, 760 (Mc Fadden). Durch diese Entscheidung wird derjenige, welcher einen ungesicherten Internetzugang der Öffentlichkeit zugänglich macht, wie folgt privilegiert:

„Mit seiner vierten Frage, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 12 Abs. 1 der RL 2000/31 dahin auszulegen ist, dass es ihm nicht zuwiderläuft, dass derjenige, der durch eine Verletzung seiner Rechte an einem Werk geschädigt worden ist, gegen einen Anbieter, der Zugang zu einem Kommunikationsnetz vermittelt und dessen Dienste zur Begehung dieser Rechtsverletzung genutzt worden sind, Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz sowie Zahlung der Abmahnkosten und der Gerichtskosten geltend macht. Insoweit ist daran zu erinnern, dass gem. Art. 12 Abs. 1 der RL 2000/31 die Mitgliedstaaten sicherzustellen haben, dass Diensteanbieter, die Zugang zu einem Kommunikationsnetz vermitteln, für die ihnen von denjenigen, die diesen Dienst in Anspruch nehmen, übermittelten Informationen nicht verantwortlich sind, wenn die drei in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen erfüllt sind, dass die Diensteanbieter die Übermittlung nicht veranlasst haben, den Adressaten der übermittelten Informationen nicht auswählen und die übermittelten Informationen nicht auswählen oder verändern. Folglich besteht, wenn diese drei Voraussetzungen erfüllt sind, keine Haftung eines Diensteanbieters, der Zugang zu einem Kommunikationsnetz vermittelt, und ist es daher jedenfalls ausgeschlossen, dass ein Urheberrechtsinhaber von diesem Anbieter Schadensersatz verlangen könnte, weil Dritte dieses Kommunikationsnetz zur Verletzung seiner Rechte benutzt haben. Infolgedessen scheidet es jedenfalls auch aus, dass ein Urheberrechtsinhaber die Erstattung der für sein Schadensersatzbegehren aufgewendeten Abmahnkosten oder Gerichtskosten verlangen könnte. Denn ein solcher Nebenanspruch könnte nur bestehen, wenn der Hauptanspruch selbst bestünde, was Art. 12 Abs. 1 der RL 2000/31 jedoch ausschließt. Jedoch wird in Art. 12 Abs. 3 der RL 2000/31 klargestellt, dass dieser Artikel die Möglichkeit unberührt lässt, dass ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde vom Diensteanbieter verlangt, die Urheberrechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern. Daher läuft es, wenn ein Dritter eine Rechtsverletzung mittels eines Internetanschlusses begangen hat, der ihm von einem Diensteanbieter, der Zugang zu einem Kommunikationsnetz vermittelt, zur Verfügung gestellt worden ist, Art. 12 Abs. 1 der RL 2000/31 nicht zuwider, dass der dadurch Geschädigte bei einer nationalen Behörde oder einem nationalen Gericht beantragt, es diesem Anbieter zu untersagen, die Fortsetzung dieser Rechtsverletzung zu ermöglichen. Folglich ist davon auszugehen, dass es Art. 12 Abs. 1 der RL 2000/31 für sich genommen auch nicht ausschließt, dass der Geschädigte die Erstattung der Abmahnkosten und Gerichtskosten verlangen kann, die für einen Antrag wie die in den vorstehenden Randnummern genannten aufgewendet worden sind. Demnach ist auf die vierte Frage zu antworten, dass Art. 12 Abs. 1 der RL 2000/31 dahin auszulegen ist, dass es ihm zuwiderläuft, dass derjenige, der durch eine Verletzung seiner Rechte an einem Werk geschädigt worden ist, gegen einen Anbieter, der Zugang zu einem Kommunikationsdienst vermittelt, Ansprüche auf Schadensersatz und auf Erstattung der für sein Schadensersatzbegehren aufgewendeten Abmahnkosten oder Gerichtskosten geltend machen kann, weil dieser Zugang von Dritten für die Verletzung seiner Rechte genutzt worden ist. Hingegen ist diese Bestimmung dahin auszulegen, dass es ihr nicht zuwiderläuft, dass der Geschädigte die Unterlassung dieser Rechtsverletzung sowie die Zahlung der Abmahnkosten und Gerichtskosten von einem Anbieter, der Zugang zu einem Kommunikationsnetz vermittelt und dessen Dienste für diese Rechtsverletzung genutzt worden sind, verlangt, sofern diese Ansprüche darauf abzielen oder daraus folgen, dass eine innerstaatliche Behörde oder ein innerstaatliches Gericht eine Anordnung erlässt, mit der dem Diensteanbieter untersagt wird, die Fortsetzung der Rechtsverletzung zu ermöglichen.“

Weshalb zeitlich nach dieser Entscheidung noch immer ein drastisch rigideres Haftungsregime zulasten desjenigen - zudem rechtlich und geschäftlich in der Regel nicht geschulter Privatpersonen - gelten können soll, welcher die weitaus weniger gefährliche Handlungsursache setzt, nämlich einen privaten Internetanschluss zur Benutzung durch einen eng begrenzten Nutzerkreis, erschließt sich dem Gericht nicht. Es wäre schlicht jedem Privatmann anzuraten, seinen Internetanschluss öffentlich zugänglich zu machen, etwa in der Form eines Hotspots, damit die oben dargelegten Haftungsprivilegierungen griffen.

Auch konnte dem Beweisangebot der Klägerin auf Vernehmung der als Zeugen benannten Familienangehörigen nicht nachgegangen werden, (abgesehen von den vorgelegten Zeugnisverweigerungserklärungen [Bl. 146, 148, 150]). Bei dem betreffenden Vortrag der Klägerin (Bl. 88) handelt es sich um einen schlichten Vortrag ins Blaue hinein. Nach BGH NJW-RR 1997, 116-117 gilt: „eine Partei hat zwar das Recht, im Zivilprozess Tatsachen zu behaupten, über die sie keine genauen Kenntnisse haben kann, die sie aber nach Lage der Dinge für wahrscheinlich hält (BGH, Urteil vom 25. April 1995 - VI ZR 178/94 = WM 1995, 1561, 1562; zust. Anm. Baumgärtel MDR 95, 987 m.w.Nachw.). Unzulässig ist ein solches Vorgehen nur dort, wo die Partei willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt, für deren Bestehen jegliche tatsächlichen Anhaltspunkte fehlen (BGH aaO und Urteil vom 23. April 1991 - X ZR 77/89 = NJW 1991, 2707, 2709 m.w.Nachw.)“. So verhält es sich hier, umso mehr, als die Beklagtenseite vorliegend ihrer sekundären Einlassungspflicht hinreichend genügt hat.

Die Klage ist deshalb als unbegründet abzuweisen mit der Folge der §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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