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ZNER 2021, IV
Becker 
ZNER 2021, Heft 03, Umschlagteil S. IV (IV)

Editorial

Das vorliegende Heft wird von zwei Polen beherrscht: dem visionären „Paukenschlag“ aus Karlsruhe und der schnöden Wirklichkeit, wie sie Jarass/Siebels in ihrem Aufsatz zum Netzentwicklungsplan (NEP) 2035 aufzeigen.

Der Karlsruher Beschluss zum Klimaschutzgesetz (KSG) ist aus mehreren Gründen sensationell:

  • der Sorgfalt im Sachbericht zu den „tatsächlichen Gründen des Klimawandels und Klimaschutzes“,

  • den Darstellungen der Vorträge der Beschwerdeführenden und der angehörten Instanzen (Bundestag, Bundesregierung, Fraktionen),

  • der Annahme, dass aus dem in Art. 2 GG festgelegten Schutz des Lebens auch eine Verpflichtung zur „intertemporalen Freiheitssicherung“ folgt, also der Interessen der nachfolgenden Generationen,

  • der „klimawandelbezogenen Schutzpflicht“, für die auch Art. 20a GG herangezogen wird

  • und es werden sogar „Schutzpflichten gegenüber in Bangladesch und Nepal Beschwerdeführenden“ untersucht.

Die ZNER druckt den unbedingt in Gänze lesenswerten Beschluss nicht in voller Länge ab (110 Seiten Umbruch mit 270 Randziffern!), sondern begnügt sich mit dem Abdruck der Leitsätze, der Gliederung und der gerichtlichen Pressemitteilung.

Der Beschluss ist übrigens einstimmig ergangen; ein Beleg für die Durchsetzungskraft der Verfassungsrichterin Prof. Britz, die Berichterstatterin war. Sie gehört dem Wissenschaftlichen Beirat der ZNER an.

Ein Kompliment gebührt auch Prof. Felix Ekardt, der einer der Prozessvertreter war. Er hat mit den Erkenntnissen aus seiner Habilitationsschrift die Entscheidung wesentlich beeinflusst. Er ist auch in diesem Heft mit Co-Autorinnen wieder vertreten, mit einem Aufsatz zu Power to X.

Jarass/Siebels zeigen auf, wie risikoreich die Annahmen des NEP 2035 sind: Mit dem Atom- und dem Kohleausstieg fehlen bei „Dunkelflauten“ 40 GW gesicherte Leistung. Sie plädieren daher für den Zubau von Reservekraftwerken, die übrigens nur auf Basis von Erdgas denkbar sind, statt sich auf Importe von – etwa – französischem Atomstrom zu verlassen. Auch Frankreich betreibt ja einen Atomausstieg. Anlass genug für die Bereitstellung von zusätzlichem Erdgas aus Nord Stream 2, das ja nicht nur der Versorgung Deutschlands dienen soll, sondern Europas insgesamt, womöglich auch Polens, einem der vehementen Opponenten.

Die verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen, für deren Zusammenstellung in der Redaktion Franz-Josef Tigges sorgt, werden wieder dominiert durch die Streitigkeiten um die Windkraft, die ja ein Standbein der Energiewende sein soll, aber nach wie vor intensiv beklagt wird. Anlass für Rückenwind, für den eine neue Bundesregierung sorgen müsste.

Im Vorgängerheft ist der – überaus lesenswerte – Aufsatz der Autor*innen Nina Grube, Eva-Maria Hoyer, Caren Vortmeyer, Philipp Kreye, Steffen Kanitz, Lisa Seidel und Dr. Wolfram Rühaak zur Phase I des Standortauswahlverfahrens für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle erschienen. Im Editorial hatten wir die Autoren versehentlich dem BASE – also der Rechtsaufsicht – zugeordnet. Sie gehören jedoch zur BGE – der Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH, dem Vorhabenträger.

Peter Becker

 
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