Editorial
Der Klimaschutzvertrag von Paris (dazu Schafhausen, ZNER 2016, 175) setzt Maßstäbe. Diese müssen freilich von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden, was Deutschland mit eher minderem Elan gemacht hat (vgl. Schafhausen, ZNER 2016, 443). Ein Hauptschwachpunkt dieses Plans ist der Rückbau der Kohleverstromung, den die Lobbyisten stark entschleunigt haben, ein offenes Ohr bei Ex-Minister Gabriel erheischend und erhaltend.
Cornelia Ziehm, Atomrechtsexpertin im Redaktionsteam, hat sich daher das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Atomausstieg vorgenommen und „Konsequenzen für den Kohleausstieg“ abgeleitet. Die Klimaschutzziele von Paris seien nur mit einer „vollständigen Abkehr […] von dem Energieträger (Braun)Kohle“ erreichbar. Denn „die Verstromung von Braunkohle ist die mit Abstand klimaschädlichste Form der Energieerzeugung“.
Wie schon die Atomkonzerne verteidigen auch die Braunkohleverstromer – insbesondere RWE und Vattenfall – ihre Anlagen unter Verweis auf das Eigentumsgrundrecht aus Artikel 14 GG. Ziehm weist nach, dass der „Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Emissionsschutzrechts einen besonders weiten Gestaltungsspielraum [hat], auch gegenüber bestehenden Eigentumspositionen, sprich Bestandsanlagen“. Deswegen könne der Gesetzgeber in die Kohleverstromung mit „grundsätzlicher Entschädigungslosigkeit“ eingreifen. Es gebe insbesondere „keine Garantie der Erfüllung aller Investitionserwartungen“.
Die Botschaft: Es bedarf nur eines entschlossenen Gesetzgebers. Florian Emanuel, Mitarbeiter des Atomrechtlers Alexander Roßnagel (Universität Kassel), befasst sich mit dem Abschlussbericht der „Kommission Lagerung hochradioaktiver Abfallstoffe“. Der Untertitel heißt „Guter Kompass, wegweisender Laserstrahl oder irrwitziges Irrlicht?“, ein Untertitel, der den Leser richtig anfüttert. Der Aufsatz greift weit aus, beleuchtet die Geschichte der Standortsuche, untersucht die Arbeit der Kommission und kommt zu dem Fazit, dass die Vorschläge der Kommission „eine gute Grundlage zur weiteren Befassung mit der Thematik“ bieten. Gut ist auch, dass Emanuel eine Lanze für die Arbeit einer derartigen Kommission bricht und dem Vorwurf entgegentritt, dass Politikberatung zur Selbstentmündigung des Parlaments führe. Abgesehen davon, dass dieser Vorwurf das Engagement der Parlamentarier trotz ihrer notorischen Überlastung nicht ernstnimmt, sind jedenfalls der Abschlussbericht der Kommission und die Verständnishilfe von Emanuel (der Aufsatz hat 126 Fußnoten!) eine ausgezeichnete Informationsgrundlage.
Im Aufsatzteil befasst sich schließlich Buchmüller mit der „Rückwirkende[n] Befreiung von Scheibenpachtmodellen von der EEG-Umlage“. Ein „Scheibenpachtmodell“, was ist das überhaupt? Es handelt sich um mehrere Nutzer derselben Stromerzeugungsanlage, die diese Versorgung als „Eigenverbrauchsmodell“ ansehen. Das hat der Gesetzgeber aber bisher nicht anerkannt. Erst mit der Neuregelung des § 104 Abs. 4 EEG 2017, eine Art „Amnestie-Regelung“, werden die „Scheibenpächter“ sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft unter bestimmten Voraussetzungen vollständig von der EEG-Umlage entlastet.
Buchmüllers Aufsatz ist für die Praxis extrem wichtig, insbesondere für die immer mehr zunehmenden Mieterstrommodelle (es fehlt allerdings das Plädoyer für eine entsprechende Rechtsverordung).
Buchmüllers Aufsatz füllt eine Lücke. Bisher hat sich – soweit ersichtlich – noch kein Autor mit dem erst im parlamentarischen Verfahren eingebauten Übergangsparagrafen 104 Abs. 4 EEG 2017 befasst. Die Vorschrift ist unübersichtlich, weil sie keine abschließende rechtliche Klarheit dafür schafft, was eigentlich „Eigenverbrauch“ im Sinne dieser Regelung ist und weil die Vorschrift eine Differenzierung für Modelle schafft, die vor dem 1. August 2014 ans Netz gegangen sind, und die danach. Die Vorschrift ist auch deswegen wichtig, weil sie für die „Altfälle“ eine Ausschlussfrist bis zum 31. Mai 2017 schafft.
Wiederum ein Mikrokosmos, der dank Buchmüller erhellt wird.
Peter Becker