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ZNER 2024, I
Tigges 
ZNER 2024, Heft 04, Umschlagteil S. I (I)

Editorial

Der tradierte Fördermechanismus des EEG wird nicht ewig halten. Ob und vor allem wann es insoweit zu gravierenden Änderungen kommt, wie anlässlich der vergangenen Haushaltsdebatte vage angekündigt, bleibt aber aktuell völlig offen. Es ist jedenfalls schon so einige Legislaturperioden her, dass ein Wirtschaftsminister ankündigte, mit dem „Welpenschutz“ für die Erneuerbaren Energien müsse es nun ein Ende haben. Aber noch so griffige Schlagwörter können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Politik weder national noch international den Klimawandel im Griff hat. Die Energiewende befindet sich nach wie vor in einer schwierigen Phase und die Fragen nach einer Überdimensionierung des Ausbaus der LNG-Infrastruktur und einer Lebensverlängerung für die fossile Energiewirtschaft durch CCS scheinen ebenso berechtigt wie die, ob es ein Teil der Lösung sein kann, wenn sich die etablierten Energiekonzerne verstärkt des Geschäftsmodells der Erneuerbaren Energien annehmen und dabei ihre Kapitalmacht ausspielen. Das Gegenmodell, nämlich das der konsequenten Dezentralisierung der Energieversorgung, hat jedenfalls bisher unter Berücksichtigung aller Facetten – von Akzeptanz bis Effektivität – seine Tauglichkeit unter Beweis gestellt.

Die Praxis tut gut daran, diese Fragen nicht aus dem Auge zu verlieren, gleichzeitig aber den Blick auf die aktuell vorliegenden Instrumente zu schärfen, um aus den gesetzlich definierten Zielen auch messbare Erfolge in Form von Genehmigungen und konkretem Anlagenzubau zu formen.

Dem folgend widmen sich in diesem Heft Strauch/Henning/Widmann dem Solarpaket I in einem sehr lesenswerten Übersichtsaufsatz. Ihr Seufzer, dass es angesichts der Vielzahl an Neuregelungen und der hiervon erfassten Sachverhalte schwerfalle, ein zusammenfassendes Fazit zu ziehen, das allen Änderungen gerecht werde, kann gut nachvollzogen werden. Immerhin, so die Autoren, sei es aus Sicht der Praxis erfreulich, dass sich die Gesetzgebung aktuell auf die „Niederungen des Projektalltags“ herablasse und ersichtlich darum bemüht sei, im Großen wie im Kleinen Hemmnisse für Erneuerbare-Energien-Projekte abzubauen.

Tigges/Wördenweber befassen sich mit dem Stand der Windenergieplanung nach neuem Recht und Möglichkeiten der Plansicherung. Dabei wird eines ganz deutlich: Während der Ausbau der Solarenergie nach Plan läuft, also entlang der Ausbaupfade der §§ 2, 4 EEG, kann davon beim Ausbau der Windenergie nicht im Ansatz gesprochen werden. Anstatt aber nun die nicht zuletzt auf § 2 EEG gründende Dynamik zunehmender Genehmigungszahlen zu begrüßen, entflammt neuerdings die Diskussion, ob man die anlaufenden Planungen zur Erfüllung der bundesgesetzlich vorgegebenen Flächenbeitragswerte nicht durch Zurückstellung laufender Genehmigungsverfahren „absichern“ müsse. Als ob es sich bei den darzustellenden Flächenbeitragswerten nicht um – gern auch übererfüllbare – Minimalziele handelte und als ob das Mittel der Zurückstellung nicht in der Vergangenheit leider all zu oft gerade einer politischen Verhinderungsstrategie im Sinne einer Totalverweigerung in die Karten gespielt hätte!

Der Entscheidungsteil zeigt erneut, wie präsent Klimaschutz und Erneuerbare Energien in der täglichen Rechtsprechungspraxis sind. Die Palette reicht vom EuGH über die Zivil- und Verwaltungsgerichte bis hin zu den Finanzgerichten. Und auch für das Wettbewerbsrecht stellt der BGH klar, dass die in letzter Zeit inflationär zu beobachtende Werbung mit dem Adjektiv „klimaneutral“ strengen Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Werbeaussage unterliegt und dass CO2-Vermeidung und CO2-Kompensation eben keine gleichwertigen Maßnahmen zur Herstellung von Klimaneutralität sind.

Franz-Josef Tigges

 
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