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ZNER 2016, 173
Becker 

Editorial

Ein spannendes Heft, auf das die Redaktion geradezu stolz ist: Mit dem Kopfaufsatz von Schafhausen wird der Bericht eines Insiders über die Klimakonferenz von Paris vorgelegt. Die zuständige Ministerin hatte an der gesamten Konferenz teilgenommen, was sehr eindrucksvoll war. Schafhausen berichtet, wie er in enger Zusammenarbeit mit den Franzosen eine so dichte Vorbereitung hinbekommen hat, dass der Abschluss eines völkerrechtlich bindenden Vertrages die fast zwingende Folge war.

Folgender Hinweis der Redaktion: Schafhausen hat gerade die Altersgrenze erreicht. Er ist ein alter Fahrensmann (seit 1983 im Ministerialdienst) und hat mit Hendricks neun Umweltministern/innen gedient. Vorher war er Geschäftsführer der Gesellschaft zur Förderung der finanzwissenschaftlichen Forschung, Trägerin des Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstituts an der Universität zu Köln mit den Themen „Umwelt und Energie, Umweltpolitische Instrumente, Ökonomische Instrumente“. Man darf sagen, dass er die nationale Klimaschutzpolitik von Beginn an bis heute gestaltet, den Emissionshandel in Deutschland eingeführt und sich auf europäischer wie internationaler Ebene für eine ambitionierte Klimaschutzstrategie einsetzt hat. Zwischen 2009 und Ende 2013 war er außerdem mit für die Energiewende verantwortlich. Irgendwer müsste ihm die Ehrentitel „Klima- und umweltpolitisches Urgestein“ oder „Vater des Emissionshandels in Deutschland“ verleihen. Natürlich rennt die Industrie gegen die Beschlüsse von Paris an („überzogene Klimaschutzansprüche“, FAZ vom 18.03.2016). Aber: Schafhausen bleibt im Ring. Die ZNER freut sich über seine aktuellen und zukünftigen Beiträge.

Ein weiteres Highlight ist die Auszeichnung des früheren japanischen Premierministers Naoto Kan, der während Fukushima Ministerpräsident war. Ihm ist die Abschaltung aller japanischen Atomkraftwerke zu danken. Er hat außerdem, nachdem er während seiner Entscheidungen unter einem unglaublichen politischen Druck geraten war, seine Zusage zurückzutreten, mit der Forderung verbunden, ein japanisches EEG einzuführen. Damit hat er sich durchgesetzt. Alles nachzulesen in seinem Buch Als Premierminister während der Fukushima-Krise, erschienen in deutscher Sprache im Jahr 2015. Für seine Leistungen erhielt er den von der Elektrizitätswerke Schönau GmbH gestifteten und mit 10.000 Euro dotierten Preis „Courage beim Atomausstieg“, verliehen im Frankfurter Römer am 30. April. Die Laudatio hielt Jürgen Trittin. Die ZNER berichtet und druckt Trittins Laudatio ab.

Trittin war auch einer der Co-Vorsitzenden der Kommission zur Finanzierung des Atomausstiegs. Die Atomexpertin der Redaktion, Dr. Cornelia Ziehm, die für die Kommission begutachtet hat, sieht die Empfehlungen kritisch.

Unter der Vielzahl abgedruckter oder mit Leitsätzen wiedergegebener Urteile ragt die Entscheidung des Europäischen Gerichts (Erste Instanz) zum EEG 2012 heraus. Das EuG hält das EEG 2012 für eine verbotene Beihilfe, und zwar mit zwei Begründungen:

  • Ein Standbein der Entscheidung ist die Begünstigung der stromintensiven Unternehmen, die darin liegt, dass diese Unternehmen von der EEG-Umlage freigestellt sind. Dabei handele es sich um eine verbotenen Beihilfe;

  • zweitens sieht das Gericht – in Abweichung von der PreussenElektra-Entscheidung des EuGH – in der strengen Reglementierung der ÜNBs, die „als Verwalter einer aus staatlichen Mitteln gewährten Beihilfe [handeln], die einer eine staatliche Konzession in Anspruch nehmenden Einrichtung gleichgestellt sind“.

Die Entscheidung ist sensationell. Deswegen wird die Bundesrepublik sie anfechten. Allerdings ist zumindest derjenige Teil der Anfechtung kritisch zu sehen, der sich gegen die Privilegierung der stromintensiven Unternehmen wendet. Die ZNER hat mehrfach die Auffassung vertreten, dass es sich bei der Begünstigung der stromintensiven Unternehmen aus Gründen der Erhaltung ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit um eine Begünstigung aus staatlichem Interesse handele, die vom Steuerzahler zu tragen sei, analog zu den Grundsätzen des „Kohlepfennig-Urteils“. Strukturell vergleichbar argumentiert jetzt das EuG, indem es die Begünstigung der stromintensiven Unternehmen als Beihilfe einordnet.

Peter Becker

 
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