Lebensmittelrecht im 21. Jahrhundert – Internet und Ethik
Im März 2017 fand der 30. Deutsche Lebensmittelrechtstag in Wiesbaden unter dem Generalthema “Lebensmittelrecht im 21. Jahrhundert – Internet und Ethik” statt. Auch bei dieser Jubiläumsveranstaltung ging der Blick nicht zurück, sondern nach vorne. Gegenwart und Zukunft des Lebensmittelrechts werden vor allem durch zwei Entwicklungen verändert, durch neue technische Möglichkeiten über das Internet und durch die zunehmende Bedeutung ethischer Fragestellungen. Dazu gehören nicht nur Big Data und individualisierte Produkte, sondern auch Anforderungen an die soziale Verantwortung der Unternehmen und an die Tierhaltung. Regionalität und Vorsorgeprinzip im Lebensmittelrecht rundeten die Themen mit ethischen Fragestellungen im Kartellrecht bis hin zur Einstufung von Stoffen ab.
Vor diesem Hintergrund hat sich der 30. Deutsche Lebensmittelrechtstag zunächst mit Big Data und Datamining im Lebensmittelrecht befasst und ausgelotet, inwieweit neben neuen Chancen für den Lebensmittelhandel auch Datenschutzgefahren für den “gläsernen Kunden” bestehen. Eng damit zusammen hängt das Thema der maßgeschneiderten Lebensmittel. Neben Apps sind dabei insbesondere auch 3D-Drucker gemeint, die es erlauben, individuell gestaltete Pfannkuchen, Schokolade oder Nudeln herzustellen. Hinter dem neuen Schlagwort der Nutrigenomics verbirgt sich eine Kombination aus Ernährung, Genetik und Molekularbiologie. Ob auf diesen Gebieten das Lebensmittelrecht wirklich alle technischen Möglichkeiten und deren Konsequenzen zu erfassen vermag, muss die weitere Entwicklung zeigen.
Ein weiterer Schwerpunkt des Lebensmittelrechtstages war das Problem der personalisierten Preise im Lebensmittelhandel. Die zunehmende Verwendung elektronischer Regalpreisetiketten und individueller Online-Angebote erlaubt es zwar einerseits, individualisierte Preise anzubieten, wirft andererseits aber auch Fragen des Verbraucherschutzes, insbesondere einer möglichen Irreführung auf. Diskutiert wurde auch der schillernde Begriff der sogenannten “Corporate Social Responsibility”, der zunächst in seiner praktischen Anwendung aus Unternehmenssicht dargestellt wurde. Dies leitete über zu dem hoch aktuellen Thema der Tierhaltung und des Tierschutzes in der Lebensmittelproduktion. Während bei Hühnereiern eine entsprechende Produktkennzeichnung die Art der Haltung einfach nachvollziehbar macht, wird gegenwärtig heftig diskutiert, inwieweit und auf welche Art eine Zertifizierung bzw. eine Kennzeichnung für mehr Verbraucherinformation und dadurch verbesserte Rahmenbedingungen bei der Haltung führen können.
Ein weiterer Schwerpunkt des Lebensmittelrechtstages waren die technischen Grundlagen und Möglichkeiten bei der Herkunftsanalytik zur Bestimmung der Identität und der Regionalität von Lebensmitteln. Hier bieten die chemisch-biologischen Analyseverfahren erstaunliche Möglichkeiten zur Überprüfung von Lebensmitteln.
Wie gewohnt werden in den folgenden Heften der ZLR wieder die wichtigsten Beiträge des letzten Deutschen Lebensmittelrechtstages veröffentlicht, um die aktuelle Diskussion nicht nur abzubilden, sondern auch weiter zu begleiten und zu fördern.
Prof. Dr. Olaf Sosnitza, Würzburg*
* | Wissenschaftlicher Leiter des 30. Deutschen Lebensmittelrechtstags, Vorsitzender des Beirats der WGL, Mitglied im Beirat von BLL und ZLR. |