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ZFWG 2019, 201
Ennuschat 

Online-Casinos: Ist der Föderalismus überfordert?

Abbildung 1

„Das Internet ist für uns alle Neuland“, so äußerte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel am 19.6.2013 und zog viel Spott der jungen Generation, der sog. Digital Natives, auf sich. Aber so falsch ist der Satz überhaupt nicht. Viele Bürger, wohl vor allem der mittleren und älteren Generation, nutzen zwar das Internet, ohne aber dabei auch nur annähernd eine Vorstellung zu haben, welche Angebote das Internet in der Breite und in der Tiefe bereithält und welche Aktivitäten dort möglich sind. So geht es jedenfalls dem Autor dieser Zeilen. Sind die glücksspielpolitischen Entscheidungsträger so viel besser informiert?

Wenn der Gesetzgeber etwas nicht kennt, jedoch Probleme befürchtet, entsteht schnell der regulatorische Reflex, das Unbekannte zunächst einmal zu verbieten. So versuchte es der Gesetzgeber beim Online-Glücksspiel mit dem Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV. Wenn das Totalverbot nicht taugt, das Neue zu verhindern, stellt sich als nächster regulatorischer Reflex ein, die bereits praktizierte Regulierung mit einigen Anpassungen auf das Neue zu erstrecken, so in gewisser Weise im Bereich von Lotterien und Pferdewetten im Internet.

Bei den Sportwetten führte das neue Phänomen Internet letztlich dazu, dass die bisherige Regulierung weder für das Alte noch das Neue funktionierte. Ein neues Regulierungsmodell musste deshalb gefunden werden – und ist nach einigen Irrungen und Wirrungen mittlerweile wohl gefunden worden. Wenngleich die Ministerpräsidentenkonferenz vom 21.3.2019 ihre glücksspielpolitischen Beschlüsse der Öffentlichkeit nur äußerst zurückhaltend mitteilte, zeichnet sich eine Liberalisierung des Sportwettenmarktes ab, sowohl im terrestrischen Bereich als auch im Internet.1

Bleiben als ungelöstes Regulierungsproblem die Online-Casinos – welcher Regulierungsansatz soll hier verfolgt werden? Soll das Totalverbot aufrecht erhalten bleiben? Dann müssten die Länder die Kraft aufbringen, das Verbot konsequent durchzusetzen, und zwar alle Länder gemeinsam. Schleswig-Holstein will indessen nach Auslaufen der bereits erteilen Erlaubnisse für Online-Casinos wohl nicht zum Totalverbot zurückkehren. Einige weitere Länder tendieren, so ist zu hören, ebenfalls zur künftigen Ermöglichung der Zulassung von Online-Casinos. Andere Länder hingegen wollen am Verbot der Online-Casinos festhalten. Ernsthaft erwogen wird deshalb wohl ein glücksspielpolitischer Kompromiss, wonach beide Regulierungsansätze möglich sein sollen: Jedes Land soll seinen eigenen Weg bestimmen. Dieses Nebeneinander grundverschiedener Online-Regulierungen mag im Bundesstaat ein notwendiger politischer Ausgleich sein, wäre dennoch ein regulatorischer Irrweg.

Die Länder müssen deshalb aufpassen, dass die Erkundung des Neulandes sie nicht überfordert – und der Bund die weitere Kartierung übernehmen muss.

Prof. Dr. Jörg Ennuschat, Bochum*

1

Vgl. LT NRW, Vorlage 17/1760 vom 1.3.2019.

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