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WRP 2017, I
Frenz 

Beihilfenverbot gegen Trump und May!

Abbildung 1

Prof. Dr. Walter Frenz

Bei seiner Amtseinführung am 20.01.2017 betonte Präsident Trump wiederum: Amerika zuerst! Wird er diesen Anspruch auch mit Subventionen für die eigene Industrie verwirklichen, indem er etwa kriselnden Stahlunternehmen staatliche Mittel zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt zuwendet? Was ist, wenn in Reaktion darauf europäische Regierungen ihre nationalen Stahlunternehmen finanziell unterstützen, damit diese gleichziehen und im Wettbewerb mithalten können? Ergeben sich daraus Rückwirkungen für den europäischen Markt, greift das Beihilfenverbot ein. Gilt dies aber auch bei Auswirkungen nur zulasten der US-Konkurrenz? Und können über das EU-Beihilfenverbot auch Unterstützungsleistungen durch die US-Regierung eingefangen werden – jedenfalls wenn sie Auswirkungen auf den EU-Markt haben und den Wettbewerb zulasten der EU-Firmen verfälschen?

Ein paralleles Problem kann sich alsbald im Hinblick auf Großbritannien darstellen. Premierministerin May kündigte einen harten Brexit an. Selbst der Binnenmarkt wird zur Disposition gestellt. Dann greift auch das Beihilfenverbot nicht mehr ohne Weiteres. Dieses erwies sich indes als ein wirksames Instrument auch gegen systemwidrige Steuererleichterungen zugunsten international tätiger Unternehmen (Beschlüsse SA.38375 (Fiat-Bank) und SA. 38374 (Starbucks); näher Frenz, DStZ 2016, 142). Aber gelten diese Grenzen auch noch nach einem Austritt Großbritanniens aus der EU? Der Außenminister kündigte schon an, das Königreich könne sich bei einem Konfrontationskurs der EU-Staaten nach dem Brexit in eine Steueroase verwandeln. Dann würde der Steuersatz so niedrig festgelegt, dass sich andere Unternehmen ansiedeln. Für sich gesehen ist ein solches Vorgehen freilich noch nicht einmal mit dem Beihilfenverbot unvereinbar, wenn nur insgesamt und nicht spezifisch für ausländische bzw. internationale Unternehmen ein niedriger Steuersatz festgelegt wird. Dann erfolgt keine systemwidrige Begünstigung, sondern eine generelle Steuerregelung.

Andernfalls stellt sich aber sowohl im Hinblick auf die USA als auch künftig für Großbritannien die Frage nach der Geltung des Beihilfenverbots. Dieses erfasst durch die Mitgliedstaaten der EU vergebene Beihilfen. Von Staaten außerhalb der EU vergebene Beihilfen unterliegen der Aufsicht der Kommission schon nicht wegen der begrenzten, auf das eigene Gebiet beschränkten Territorialgewalt. Sie kann sich grundsätzlich nur auf Mitgliedstaaten beziehen und nicht Drittstaaten erfassen, welche an die Kommission keine Hoheitsgewalt übertragen und sich auch vertraglich nicht der Unionsaufsicht unterworfen haben. Daher greifen nur die Regeln aus völkerrechtlichen Verträgen und damit die des GATT und WTO-Übereinkommens.

Wie der Bezug von Art. 107 Abs. 1 AEUV auf die staatliche Gewährung zeigt, gilt diese Begrenzung auch dann, wenn der Wettbewerb innerhalb der EU verfälscht wird bzw. zu werden droht. Die Gewährung bildet den relevanten staatlichen Akt, der, wenn er außerhalb des Gebietes der EU vorgenommen wurde, nicht der Hoheitsgewalt der Kommission unterworfen ist. Hingegen sind sämtliche Ausfuhrbeihilfen durch EU-Staaten am Beihilfenverbot zu messen, wenn auch nur mittelbare Rückwirkungen auf den Wettbewerb und den Handel in der EU auftreten können (EuGH, 09.08.1994 – C-44/93, Slg. 1994, I-3829, 3875, Rn. 30 – Namur-Les assurances du crédit). Es bedarf also regelmäßig eines doppelten EU-Bezugs, nämlich sowohl im Ausgangspunkt als auch bezüglich der Auswirkungen, damit das Beihilfenverbot nach Art. 107 AEUV anwendbar ist (Frenz, Hdb. Europarecht 3, 2007, Rn. 51).

Weil die Gewährung von Beihilfen notwendig durch den Staat oder bei einer Einschaltung Privater unter staatlichem Einfluss erfolgt, ist die Sachlage nur bedingt mit den unternehmensbezogenen Wettbewerbsregeln vergleichbar. Diese greifen auch zulasten ausländischer Unternehmen, wenn sich die Wettbewerbsverstöße auf den EU-Markt auswirken, wie Microsoft schmerzlich erfahren musste, als es seine Plattformen anderen Unternehmen nicht zugänglich machen wollte (EuG, 17.09.2007 – T-201/04, Slg. 2007, II-3601 – Microsoft I; EuG, 27.06.2012 – T-167/08, ECLI:EU:T:2012:323 – Microsoft II). Das insoweit geltende Auswirkungsprinzip basiert auf dem weiten Wortlaut von Art. 101 f. AEUV, der an ein Verhalten bzw. eine bestimmte Stellung mit (potenziell) negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb anknüpft und nicht an einen bestimmten staatlichen Ausgangspunkt.

Damit entsteht freilich die Situation, dass ein Staat seine in der EU tätigen Unternehmen beliebig subventionieren darf, sofern er dabei die insoweit nicht sehr ausgeprägten völkerrechtlichen Grenzen einhält. Demgegenüber ist völkerrechtlich anerkannt, dass spürbare Auswirkungen in einem anderen Staat letzterem einen sinnvollen Anknüpfungspunkt für die Anwendung inländischen Wettbewerbsrechts geben können (Meng, Extraterritoriale Jurisdiktion im öffentlichen Wirtschaftsrecht, 1994, S. 541 ff.). Dies sollte auch auf das Beihilfenverbot übertragen werden.

Insgesamt fallen Unterstützungen für heimische Unternehmen durch die USA und Großbritannien nicht unter das EU-Beihilfenverbot, ebenso wenig selbst systemwidrige steuerliche Vergünstigungen für internationale Unternehmen. Insoweit läuft es daher leer. Das widerspricht seiner Bedeutung als effektives Instrument zur Sicherung des Wettbewerbs auf dem EU-Markt. Bei Auswirkungen darauf sollte es daher parallel zu den unternehmensbezogenen Wettbewerbsregeln ausgedehnt werden. Jedenfalls erfasst es selbst lediglich reagierende Ausfuhrbeihilfen durch die EU-Staaten bei möglichen Rückwirkungen auf den Binnenmarkt. Hieran zeigt sich das bestehende Ungleichgewicht.

Prof. Dr. Walter Frenz, Aachen

 
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