Vorschläge zum Bürokratieabbau
Die Ergebnisse einer Umfrage unter Verbänden zum Bürokratieabbau wurden unlängst vom BMJ veröffentlicht. Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Justiz (BMJ) Benjamin Strasser, Koordinator der Bundesregierung für Bessere Rechtsetzung und Bürokratieabbau, lud im Januar 2023 Spitzenverbände aus der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft ein, an einer Verbändeabfrage zum Bürokratieabbau teilzunehmen. 57 Verbände nahmen im Rahmen der Online-Befragung teil und reichten 442 Vorschläge ein. Das statistische Bundesamt wertete die eingereichten Vorschläge quantitativ und qualitativ aus und kategorisierte diese nach dem möglichen Entlastungspotential. Es wurden fünf Kategorien gebildet und priorisiert.
Auch der Deutsche Steuerberaterverband e. V. (DStV) beteiligte sich an der Umfrage und stellte neun Forderungen auf, wesentlich an kleine und mittlere Kanzleien adressiert:
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Keine Anzeigepflicht für nationale Steuergestaltungen
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Anhebung der Buchführungsgrenzen sowie der Grenze für die Ist-Besteuerung
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Verkürzung der Aufbewahrungsfristen
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Erleichterung bei den Kurzarbeitergeld (Kug)-Abschlussprüfungen
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Weiterentwicklung des Verfahrens bei der Einfuhrumsatzsteuer hin zu einem Verrechnungsmodell
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Erklärungspflichten für umsatzsteuerliche Kleinunternehmer vereinfachen – insbesondere durch Verzicht auf die Umsatzsteuerjahreserklärung
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Weiterentwicklung der “One in, one out”-Regelung hin zu einem “One in, two out”-Prinzip
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Klarstellungen zu den Vertretungsbefugnissen im Kug-Verfahren
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Ablehnung des EU-Richtlinienvorschlags zur Bekämpfung der Rolle von Vermittlern von aggressiver Steuerplanung und Steuerhinterziehung (“SAFE”)
Sechs DStV-Vorschläge wurden als unmittelbare gesetzliche Maßnahmen angesehen. Sie schafften die Einordnung in die Kategorie 1 “Potenziell geeignet für unmittelbare gesetzliche Maßnahmen der Ressorts oder in einem weiteren Bürokratieentlastungsgesetz (“BEG IV”)”. Die Kategorie umfasst Vorschläge, die einen klaren Bezug zu einer bestehenden Rechtsnorm aufweisen und ein konkreter Lösungsansatz durch Rechtsetzung erkennbar ist. Es handelt sich um die folgenden Maßnahmen:
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Anhebung der steuerlichen Buchführungsgrenzen und Anhebung der Grenze für die Ist-Besteuerung bei der Umsatzsteuer (Rang 3)
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Verkürzung der handels- und steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen (Rang 27)
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Erklärungspflichten für umsatzsteuerliche Kleinunternehmer vereinfachen (Rang 42)
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Klarstellungen zu den Vertretungsbefugnissen im Kug-Verfahren (Rang 43)
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Weiterentwicklung des Verfahrens bei der Einfuhrumsatzsteuer (Rang 46)
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Verzicht auf Anzeigepflicht für nationale Steuergestaltungen (Rang 89)
Der DStV-Vorschlag, die Anhebung der steuerlichen Buchführungsgrenzen auf 1 000 000 € Jahresumsatz bzw. 100 000 € Jahresgewinn bei gleichzeitiger Anhebung der Grenze für die Ist-Besteuerung bei der Umsatzsteuer auf 1 000 000 € Jahresumsatz, schaffte es auch in die Kategorie 1. Dies wäre für kleine und mittlere Unternehmen eine erhebliche Erleichterung. Der Vorschlag des DStV zur Umsatzsteuer hat es auf die Liste der aktuellen steuerpolitischen Forderungen geschafft. Der Antrag zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland durch Bürokratieabbau (BT-Drs. 20/6408) der Bundestagsfraktion CDU/CSU enthält eine deutliche Anhebung der Umsatzgrenze der Ist-Besteuerung auf 1 500 000 €.
Die weiteren DStV-Forderungen finden sich in den Kategorien 2, 4 und 5 wieder. Die Einführung einer Bagatellgrenze für Korrekturrechnungen beim Kurzarbeitergeld wurde innerhalb der Kategorie 2 “Prüferfordernis, ob mit entsprechender gesetzlicher Regelung oder mit einer untergesetzlichen Maßnahme die Rahmenbedingungen für Verfahrensverbesserungen geschaffen werden können” mit Rang 12 eingeordnet. In der Kategorie 4 “Weitergabe der Vorschläge an außerhalb der Bundesregierung zuständige Stelle zur Prüfung (z. B. Bundesländer, EU, Selbstverwaltungsorganisationen)” wurde der DStV-Vorschlag zur EU-Richtlinie zur Bekämpfung der Rolle von Vermittlern von aggressiver Steuerplanung und Steuerhinterziehung (“SAFE”)” erfasst. Schließlich schaffte es der Vorschlag zur Weiterentwicklung der “One in, one out”-Regelung hin zu einem “One in, two out”-Prinzip in die Kategorie 5 “Weiterentwicklung von Werkzeugen und Methoden der besseren Rechtsetzung”. Eine Priorisierung der Vorschläge in den Kategorien 4 und 5 wurde nicht vorgenommen.
An das BFM wurden ferner beispielsweile in der Kategorie 1 noch die folgenden Vorschläge adressiert:
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Novellierung des Außensteuergesetzes
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Textform statt Schriftform
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Nationale Implementierung der globalen Mindestbesteuerung
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Ausweitung Übergang Steuerschuldnerschaft bei der Umsatzsteuer
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Anhebung der GWG-Grenze
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Anhebung des Gewerbesteuerfreibetrags bzw. Ausweitung des Freiberuflerprivilegs auf Soloselbstständige
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Verkürzen von Aufbewahrungsfristen
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Erbschaftssteuerliche Betrachtung von PV-Freiflächenanlagen bei Hofübergabe
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Digitalisierung bei Jahresabschlüssen verbessern (Aufbewahrung, Unterzeichnung, Prüfung)
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Erhöhung der Bemessungsgrenze zur Bilanzierungspflicht
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Zeitnahe Betriebsprüfung
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Verbindliche Auskünfte im Steuerrecht
Ob und welche Vorschläge es tatsächlich in das Bundesgesetzblatt schaffen, bleibt abzuwarten.
Prof. Dr. iur. Michael Stahlschmidt, M.R.F., LL.M., MBA, LL.M., RA/FAStR/FAInsSanR/FAMedR/StB, Dipl.-Betriebswirt/FH, lehrt an der FHDW Paderborn Steuerrecht, Rechnungswesen und Controlling und ist Ressortleiter des Ressorts Steuerrecht des Betriebs-Berater und Chefredakteur Der SteuerBerater, Frankfurt am Main/Medebach.