Rüdiger Weiß, Düsseldorf *
Das Schutzschirmverfahren als Mittel zur Insolvenzverhinderung – falsa demonstratio non nocet
Nunmehr ist es über 10 Jahre her, dass es dem Gesetzgeber mit Inkrafttreten des ESUG gelungen ist, die Eigenverwaltung, insbesondere in Ausgestaltung des Schutzschirmverfahrens, salonfähig zu machen und aus ihrem Schattendasein zu führen. Im Zuge der Vorfelddiskussion zum ESUG hat der Verfasser gemeinsam mit seinem Kanzleipartner Dr. Jürgen Wallner einen alternativen Gesetzesentwurf in Textform verfasst, diesen an alle Bundestagsabgeorneten geschick und mit dem damaligen sächsischen Justizminster, Dr. Jürgen Martens, besprochen.
Neben einer partiellen Universalsukzession die Gesellschaftsanteile im Insolvenzplan betreffend, sah der Entwurf unter anderem vor, die Regelungen im Rahmen eines eigenen Sanierungsgesetzes, also außerhalb der Insolvenzordnung, zu treffen oder alternativ hierzu zumindest eine eigene Verfahrensart, das Sanierungsverfahren mit dem Kürzel IS als Abgrenzung zu IN für Regelinsolvenzverfahren und IK für Verbraucherinsolvenzverfahren, einzuführen. Leider hat der Gesetzgeber die Anregungen, welche von zahlreichen Fachkreisen in der ein oder anderen Ausformung Unterstützung fanden, nicht aufgenommen, so dass Schutzschirmverfahren und Eigenverwaltung ihren Niederschlag in der Insolvenzordnung finden und zu den Regelinsolvenzverfahren zählen.
Ganz anders als im Rahmen des Restrukturierungsverfahrens muss also der drohend Zahlungsunfähige die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragen und alle negativen Folgen – u. a. die sofortige Herabsetzung seines Bonitätsindex auf 500 – 600 durch die Creditreform, die Kündigung seiner Kreditverträge usw. – in Kauf nehmen, obwohl die Übergänge meist fließend sind. Verfügt der Unternehmer zum Beispiel über einen einzigen Gläubiger, wie es bei Steuerfestsetzungen der Fall ist, welche er nicht befriedigen kann, so bietet das StaRUG aufgrund der notwendigen Bildung von mindestens zwei Gruppen hierfür keine Sanierungslösung an, so dass dem Unternehmer lediglich die Gestaltungsmöglichkeiten verbleiben, welche ein Schutzschirmverfahren bietet.
Das Restrukturierungsverfahren wird von der Öffentlichkeit und insbesondere den Unternehmern als ein Verfahren akzeptiert, mit welchem einzelne Gläubiger zur Einigung bei nachweislich best möglicher Befriedigung gezwungen werden können, wodurch eine drohende Insolvenz abgewendet wird. Das Schutzschirmverfahren hingegen wird gerade aktuell von Teilen der Öffentlichkeit als höchst manipulativ empfunden. Dem Unternehmern hingegen fällt der Schritt in die Insolvenz und sei es auch im Rahmen eines Schutzschirmverfahrens trotz der damit verbunden Vorteile aufgrund der mit dem Insolvenzverfahren verbundenen negativen Konsequenzen sowie der Unsicherheit, welche mit der Einleitung eines solchen Verfahrens einhergeht, wesentlich schwerer als im Restrukturierungsverfahren.
Im Rahmen meiner Tätigkeit als gerichtlich bestellter Gutachter und Insolvenzverwalter kommt es nicht selten vor, dass mich Gläubiger fragen, warum der Schuldner kein Schutzschirmverfahren oder zumindest eine Eigenverwaltung beantragt hat, obwohl ich im Rahmen meiner gutachterlichen Stellungnahme gegenüber dem Insolvenzgericht die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens bestätige. Offensichtlich besteht bei der Beurteilung von Unternehmern die laienhafte Vorstellung, dass jeder, der einen Sanierungsversuch ohne die Beantragung von Schutzschirmverfahren oder zumindest Eigenverwaltung startet, quasi ein Verbrecher und das Unternehmen nicht sanierungsfähig ist. Dass eine Sanierung auch ohne Schutzschirmverfahren und Eigenverwaltung gelingen kann, scheint dabei immer mehr in Vergessenheit zu geraten. Entscheidend ist damit insbesondere für den Unternehmer die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit.
Genau für diese Wahrnehmung ist es nicht hilfreich, wenn die Presse immer wieder von Kollegen dafür gescholten wird, dass diese im Rahmen ihrer Berichterstattung titelt, dass das Schutzschirmverfahren zur Verhinderung der Insolvenz eingeleitet worden wäre, da es sich bei einem solchen ja um ein Insolvenzverfahren handelt. Dies ist aus der Sicht eines Sanierungs-
Hier ist es aus Sicht des Verfassers zu begrüßen, wenn sich in der Öffentlichkeit die Sichtweise auf einen Unternehmer, welcher versucht, sein Unternehmen im Rahmen eines Schutzschirmverfahrens unter best möglicher Gläubigerbefriedigung zu retten, ändert, da dieser sich in keinster Weise von einem Unternehmer unterscheidet, welcher dies im Rahmen eines Restrukturierungsverfahrens tut.
Ich möchte daher die Gelegenheit nutzen und mich bei allen Sanierungsberatern und Kollegen ebenso wie den unterstützenden Insolvenzrichtern bedanken, welche täglich ihren Beitrag dazu leisten, dieses Bild in der Öffentlichkeit zu stärken.
* | Rüdiger Weiß ist Fachanwalt für Insolvenzrecht und Gründungsgesellschafter der auf Unternehmenssanierung spezialisierten bundesweit tätigen Unternehmensgruppe WallnerWeiß. Mehr über den Autor erfahren Sie auf S. III. |