Deutschland und Südkorea: eine Partnerschaft auf dem Vormarsch
Vertiefte Beziehungen nützen beiden Seiten
Die jüngste Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz nach Südkorea markiert einen bedeutenden Meilenstein in den bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Südkorea. Als erster deutscher Regierungschef seit 13 Jahren besuchte Scholz das Land und unterstrich damit die wachsende Bedeutung der Partnerschaft. Diese Reise ist Teil einer umfangreicheren Reisediplomatie des Kanzlers, um die Beziehungen zu Ländern zu intensivieren, mit denen Deutschland seine Bande verstärken möchte. Nur kurz zuvor hatten Bundeskanzler Scholz und der südkoreanische Präsident Yoon Suk Yeol am G7-Gipfel in Hiroshima teilgenommen, zu dem Südkorea als Beobachter eingeladen wurde.
Dieses Jahr markiert den 140. Jahrestag der diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Südkorea, die im Jahr 1883 offiziell eingeleitet wurden. Eine lange Geschichte der Zusammenarbeit und Freundschaft hat seitdem diese Partnerschaft kontinuierlich gestärkt. Ein bedeutendes Kapitel in der Geschichte der deutsch-koreanischen Beziehungen waren die 1960er Jahre, in denen Südkorea mehr als 18 000 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen nach Deutschland entsandte. Dies geschah, um den Bedarf an Bergarbeitern und Krankenschwestern in der Nachkriegszeit in Deutschland zu decken. Als Gegenzug unterstützte Deutschland während der 1960er und 1970er Jahre die wirtschaftliche Entwicklung Koreas und leistete somit einen bedeutenden Beitrag zum späteren “Wirtschaftswunder am Han-River”, was mit dem “Wirtschaftswunder am Rhein” verglichen werden kann, das Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg erlebt hatte.
Deutschland hat seit den 1960er Jahren etwa 15 Mrd. USD in Südkorea investiert. Deutsche Unternehmen beschäftigen etwa 100 000 Arbeitskräfte in Südkorea, und im Jahr 2022 exportierte Deutschland Waren im Wert von rund 22,8 Mrd. USD in das Land. Südkorea ist inzwischen nach China der wichtigste Markt für Deutschland in Ostasien.
Besonders im Automobilsektor spielt sich ein bedeutender Handel zwischen beiden Nationen ab. Deutschland ist seit 2011 der größte Waffenlieferant für Südkorea. Zudem wurde im Jahr 2019 eine Energiepartnerschaft ins Leben gerufen, um die Zusammenarbeit beider Länder im Bereich der Energiewende zu stärken. Regelmäßige Treffen eines Ausschusses bieten beiden Parteien die Möglichkeit, über Energiepolitik und Kooperationsmöglichkeiten zu diskutieren. Beide Staatsführer diskutierten neuerlich auch eine Vertiefung der Zusammenarbeit in der Halbleiterproduktion und anderen Bereichen.
Zudem setzte sich Scholz während seines Südkorea-Besuchs für ein Ende der nordkoreanischen ballistischen Raketentests ein und betonte die Bedrohung, die diese Tests für den Frieden und die Sicherheit in der Region darstellen. Deutschland, das seine eigene Geschichte der Teilung überwunden hat, kann die andauernde Spaltung auf der koreanischen Halbinsel gut nachvollziehen. Im Zuge des Besuchs haben Deutschland und Südkorea vereinbart, in Kürze ein Abkommen über den Austausch von militärischen Informationen und die Verteidigungszusammenarbeit zu unterzeichnen. Angesichts des Krieges in der Ukraine und anderer globaler Spannungen, wie z. B. dem Taiwan-Konflikt, hat Südkorea seine Verteidigungsindustrie in den letzten Jahren erweitert, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden.
In den letzten Jahren haben sie ihre politische Zusammenarbeit aufgrund des gemeinsamen Engagements für Werte wie die regelbasierte internationale Ordnung, Demokratie, Menschenrechte und die Bewältigung der Klimakrise erhöht. Beide Länder teilen politische Prioritäten wie die Stärkung von Demokratie, Menschenrechten, Multilateralismus, die Konsolidierung des globalen Wirtschafts- und Finanzsystems sowie die Teilnahme an internationalen Friedenseinsätzen und dem Kampf gegen den Klimawandel. Südkorea wurde kürzlich für zwei Jahre in den UN-Sicherheitsrat gewählt, wie von der UN-Vollversammlung beschlossen wurde.
Angesichts der angespannten Beziehungen zwischen China und den USA strebt Deutschland danach, seine Abhängigkeit von China zu verringern, und sucht verstärkt nach Möglichkeiten, die Bindungen zu anderen asiatischen Ländern zu stärken. Südkorea, das ebenfalls dem internationalen Regelwerk verpflichtet ist und unter ähnlichem Druck aufgrund seiner geopolitischen Lage steht, erweist sich als wichtiger Partner. Die Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Südkorea bringt beiden Seiten große Vorteile.
Deutschland und Südkorea betrachten sich gegenseitig als “Werte-“ und “wertvolle” Partner. Im April 2023 betonte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock während ihres Besuchs, dass Deutschland Südkorea als einen der “engsten und wertvollsten Partner außerhalb Europas” betrachtet. Die aktuellen politischen Besuche sind ein deutliches Zeichen für die gemeinsamen Prioritäten beider Länder. Deutschland und Südkorea stehen vor ähnlichen Herausforderungen und teilen das Bestreben, die internationale Ordnung zu stärken und globale Probleme gemeinsam anzugehen.
Die gemeinsamen Werte, Interessen und Anreize des globalen Marktes lassen darauf schließen, dass Deutschland und Südkorea ihre politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit noch enger als bisher fortsetzen werden. Diese Partnerschaft wird zweifellos weiterwachsen und zu einer engeren Zusammenarbeit in politischen und wirtschaftlichen Belangen führen. Die Zukunft der deutsch-koreanischen Beziehungen ist vielversprechend.
Andreas Schapowalow, LL.M., Rechtsanwalt, und Jeung-Jun Park, Rechtsanwalt, beide Seoul