Krise des Immobilienmarkts: weitere Reformen des Investmentrechts dringend erforderlich
Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der von der Immobilienkrise gebeutelten deutschen Fondsbranche muss durch den Abbau regulatorischer Hürden gestärkt werden.
Nachdem offene Immobilienfonds schon 2023 ein schwieriges Jahr hatten, könnte es 2024 noch schlimmer kommen: Die Fondsrating-Agentur Scope erwartet für dieses Jahr negative Nettomittelzuflüsse. Und wer glaubt, den offenen Immobilienfonds gehe es schlecht, der sollte die geschlossenen Immobilien-Publikumsfonds betrachten. Deren Volumen ist seit 2012 von 7,38 Mrd. Euro auf derzeit nur noch 2,72 Mrd. Euro geschrumpft. Vor diesem Hintergrund kann die deutsche Fondsindustrie jeden positiven Impuls gut gebrauchen. Trotz eindringlicher Appelle der Branche (s. dazu z. B. auch Stadler/Ludwig/Peters, RdF 2023, 297, 302 f.) blieb die politische Unterstützung aber bisher leider verhalten. Jüngstes Beispiel dafür ist die Enttäuschung im Zusammenhang mit dem sog. Zukunftsfinanzierungsgesetz. Nachdem die Ampel im Regierungsentwurf zunächst als “Tiger” und Champion der Energiewende durch Deregulierung des Betriebs von Photovoltaik-Anlagen durch Immobilienfonds losgesprungen ist, kann die Landung nicht einmal mehr als die eines “Bettvorlegers” bezeichnet werden. Das Vorhaben hat sich vielmehr Mid Air einfach in Luft aufgelöst. Schuld daran sind wohl ungelöste steuerliche Fragen betreffend mögliche Wettbewerbsverzerrungen für gewerbliche Stromerzeuger. Ob diese tatsächlich so unfassbar komplex sind, dass die Thematik nunmehr für womöglich ein Jahr bis zum Jahressteuergesetz 2024 verschoben werden musste, erscheint fraglich. Jedenfalls besteht nun die absurde Situation weiter fort, dass viele Immobilienfonds aus Angst vor der Überschreitung aufsichts- oder steuerrechtlicher Grenzen die Potentiale ihrer Dachflächen bewusst nicht voll ausnutzen oder Solaranlagen aus Angst vor Überproduktion abschalten. Es bleibt daher nur zu hoffen, dass die guten Ansätze des Regierungsentwurfs schnellstmöglich wieder aufgenommen werden.
Doch auch über Nachhaltigkeitsaspekte hinaus sollten weitere Schritte zur Stärkung des deutschen Fondsstandorts erwogen werden. Noch immer wird die deutsche Fondsindustrie durch vermeidbare regulatorische Hürden ausgebremst. Obwohl der Gesetzgeber den Reformbedarf durchaus erkennt, werden entsprechende Reforminitiativen oft nur mit wenig Engagement betrieben und bleiben häufig auf halbem Weg stehen.
Beispiele dafür sind die Versuche, den seit Jahren von der Praxis kritisierten § 240 KAGB zu reformieren. Zuletzt wurden seine Finanzierungsgrenzen für 100 %-Beteiligungen aufgehoben. Zu einer kompletten Aufhebung, zumindest für Mehrheitsbeteiligungen, konnte sich der Gesetzgeber aber nicht durchringen, so dass z. B. die Pflicht zur “ausreichenden” Besicherung von Gesellschafterdarlehen weiter besteht – eine Regelung, die jeder Sinnhaftigkeit entbehrt und die in der Praxis bei parallelen Bankfinanzierungen für erhebliche Probleme sorgt (u. a. mögliche Ratingverschlechterung und damit Verteuerung des Bankdarlehens). Ein weiteres Beispiel ist die fortwährende Diskussion um das sog. “Garantieverbot”, das vom Gesetzgeber für Alternative Investmentfonds (AIF) aufgehoben wurde, von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht aber ohne Not und ohne jede gesetzliche Grundlage weiter angewandt wird. Der Versuch, durch Einführung neuer Fondskategorien den Investmentmarkt zu beleben, kann auch als gescheitert angesehen werden. Das geschlossene Sondervermögen ist eine interessante Rechtsform, durch Beschränkung auf den Spezial-AIF-Bereich und Ausschluss der steuerlichen Transparenzoption ist es aber von der Praxis kaum angenommen worden. Neidisch kann der Fondspraktiker da nur nach Luxemburg schauen, wo die vorgenannten Produktprobleme unbekannt sind und eine breite Palette an Strukturoptionen zur Verfügung steht. Dass Deutschland Luxemburg den Rang bei internationalen Anlegern und Fondsinitiatoren ablaufen könnte, ist wohl nicht realistisch. Zumindest aber sollte es der Anspruch sein, dass deutsche Anleger und Fondsanbieter nicht wegen unnötiger regulatorischer Hürden im Inland in Luxemburger Strukturen ausweichen müssen. Das Sprichwort von der Krise, die auch eine Chance ist, mag alt und abgestanden sein. Ein Stück Wahrheit enthält es aber doch, und so wäre es sehr zu wünschen, dass sich der Gesetzgeber im Interesse des deutschen Fondsstandorts ein Herz fasst und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der von der Krise gebeutelten Immobilienfondsbranche durch weitere Deregulierung steigert.
Dr. Andreas Böhme ist Partner der King & Spalding LLP in Frankfurt a. M.