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RdF 2024, 161
Schmies 

EU-Bankenpaket: Auswirkungen auch auf Finanzinstrumente

Das EU-Bankenverbot verschiebt die Risikogewichte bei den Finanzinstrumenten.

Abbildung 1

Am 19.6.2024 wurde das sog. EU-Bankenpaket im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Es besteht u. a. aus der revidierten Kapitaladäquanzrichtlinie (CRD VI) sowie der revidierten Kapitaladäquanzverordnung (CRR III). Das EU-Bankenpaket ist 20 Tage nach seiner Veröffentlichung in Kraft getreten. Die Regelungen der CRR III finden im Wesentlichen ab dem 1.1.2025 Anwendung. Die CRD VI bedarf der Umsetzung in Bestimmungen des nationalen Rechts, die ab dem 11.1.2026 zu beachten sind. Das EU-Bankenpaket dient primär der Umsetzung bislang nicht in europäisches Recht implementierter Bestandteile der vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCSB) im Oktober 2017 angenommenen Basel III-Regelungen, dem im Rahmen des BCSB international vereinbarten Maßnahmenpaket in Reaktion auf die Finanzkrise von 2007–2009. Daneben umfasst das EU-Bankenpaket aber auch nicht durch Basel III vorgegebene Elemente, wie die Regelungen zum Marktzugang von Unternehmen aus Drittstaaten, verschärfte Anforderungen an den Umgang mit Environmental, Social and Governance-(ESG-)Risiken durch Kreditinstitute sowie überarbeitete Anforderungen an die Governance von Kreditinstituten selbst. Finanzinstrumente stehen somit nicht im Fokus des EU-Bankenpakets. Gleichwohl hat das breitgefächerte EU-Bankenpaket auch Auswirkungen auf sie. Dies bedingt primär eine der zentralen Zielsetzung der CRR III: eine risikosensitivere Ausgestaltung der Kapitalanforderungen, die u. a. auch zu Veränderungen bei der Kapitalunterlegung diverser Finanzinstrumente, insbesondere bei den im Kreditrisikostandardansatz (KSA) vorgegebenen Risikogewichten, führt. So ist bspw. für Beteiligungen im Rahmen einer Übergangsphase bis 2030 ein schrittweiser Anstieg des Risikogewichts auf 250 % vorgesehen. Das Risikogewicht nicht börsennotierter Beteiligungen mit einer beabsichtigten Haltedauer unter drei Jahren steigt sogar auf 400 %. Für nachrangige Risikopositionen ist grundsätzlich ein Risikogewicht von 150 % vorgesehen. Daneben sieht die CRR III eine Vielzahl anderer Anpassungen von Risikogewichten vor. Die Veränderung von Risikogewichten bei einer Vielzahl von Risikopositionen führt zu relativen Verschiebungen in der Kapitalintensität und damit auch zu Änderungen bei der Attraktivität von Anlageinstrumenten. Es verwundert daher nicht, dass Anbieter von Anlageprodukten für CRR-unterworfene Institute bereits die sich abzeichnenden Änderungen bei den Kapitalanforderungen zum Anlass nahmen, Strukturen für das Halten sowie die Finanzierung von Assets zu überdenken und anzupassen. Dies gilt insbesondere für die Fondsindustrie aufgrund der grundsätzlich gebotenen Durchschau für Zwecke der Kapitalanforderungen. Gänzlich neu geregelt werden die Kapitalanforderungen an Kryptowerte, wobei der europäische Gesetzgeber hierbei an das im Dezember 2022 vom Baseler Bankenausschuss verabschiedete Regelwerk anknüpft. Die neuen Regeln sehen in Anknüpfung an die Tokenkategorien der Markets in Crypto Assets Regulation (MiCAR, ABlEU vom 9.6.2023, L 150, 40) gestufte Kapitalanforderungen vor. Token, die auf traditionelle Vermögenswerte referenzieren, erhalten grundsätzlich das Risikogewicht des zugrunde liegenden Vermögenswerts; sonstige vermögenswertbasierte Token (asset referenced token) von Emittenten, welche die MiCAR einhalten, erhalten ein Risikogewicht von 250 %; sonstige Cryptoassets hingegen sind mit einem Risikogewicht von 1250 % anzusetzen. Zudem darf die risikoreichste Kategorie von Kryptowerten maximal ein Prozent des harten Kernkapitals einer Bank in Anspruch nehmen. Die neuen Regelungen gelten zunächst vorläufig, die Europäische Kommission ist aufgerufen, bis zum 30.6.2025 Legislativvorschläge für endgültige Regelungen vorzulegen. Die ESG-bezogenen Änderungen des EU-Bankenpakets zielen auf eine stärkere Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken durch Kreditinstitute ab, wobei ein Schwerpunkt auf verstärkter Offenlegung und dem Meldewesen liegt. Auch aus diesem Regelungspaket mögen sich jedoch Auswirkungen auf Finanzinstrumente ergeben, setzt der europäische Gesetzgeber Risikogewichte doch auch gezielt für ESG-Zwecke ein. Sowohl Kreditinstitute als auch Anbieter von Kapitalanlageprodukten sind gezwungen, Anlageinstrumente für Kreditinstitute im Hinblick auf die neuen Kapitalanforderungen neu zu betrachten und ggf. Produktanpassungen vorzunehmen. Angesichts des Detailgrads und der hohen Komplexität der Regelungen, welche sowohl bei den Banken als auch bei den Produktsponsoren erheblichen Aufwand verursachen, wäre zu wünschen, dass die Neuadjustierung der Kapitalanforderungen jedenfalls für einige Zeit Bestand haben wird.

Dr. Christian Schmies, RA, ist Partner bei Hengeler Mueller Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB.

 
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