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NUR 2009, 77
Richmann 

Noch viel Arbeit für die Bundesnetzagentur

von Dr. Alfred Richmann*

Das neue EnWG weckte große Erwartungen, die sich bisher leider nicht alle erfüllten, obwohl die Bundesnetzagentur durchaus große Fortschritte erzielte. Beispiel Anreizregulierung: Diese hat die Politik „extra light“ gemacht, also „bekömmlich“ für jeden Netzbetreiber. So haben die Netzbetreiber mehrere Jahre länger als zunächst geplant Zeit, effizient zu werden. Der geforderte allgemeine Produktivitätsfortschritt liegt weit unter internationalen Vergleichswerten. Der individuelle Produktivitätsfortschritt der Netzbetreiber ist – fast ins Belieben gestellt – der günstigste Wert aus vier unterschiedlichen Vergleichssystemen. Schließlich hat die Bundesnetzagentur attraktiv hohe Eigenkapitalzinssätze zugestanden. Aus dem „forcierten Jogging“ für die Netzbetreiber sei ein „Nordic Walking“ geworden, meinte der Präsident der Bundesnetzagentur. Ist es nicht eher der bekannte „gemütliche Spaziergang am Sonntagnachmittag mit Zeit zum Kaffeetrinken und Zuprosten“? Und die Qualitätsregulierung fehlt noch völlig. Positiv ist, dass die Ferngasleitungen, die bisher nicht der Anreizregulierung unterlagen, ihr nunmehr unterworfen sind. Erfreulich ist auch die Entwicklung der Strom-Regelzonen. Jährlich fast 500 Mio. Euro kostet die Stromkunden die fehlende „Eine-Regelzone“!

Beim Gas ist der Fortschritt immer noch eine Schnecke! Die viel zu hohe Zahl der Marktgebiete erinnert an die Landkarte Deutschlands vor 1848: Das ist überholte Kleinstaaterei! Und die junge Tochter der Bundesnetzagentur mit dem schönen Namen GABi bereitet der Industrie heftigste Bauchschmerzen. Denn die Industrie verursacht erheblich niedrigere Regelenergiekosten als andere Kundengruppen. Dennoch liegen ihre Belastungen für die Regelenergie – so will es die schöne GABi – deutlich höher als die der privaten Haushalte mit den höchsten Regelenergiekosten. Das verletzt das Verursacherprinzip. Die ausgeprägte Subventionierung der Haushalte durch die Industrie widerspricht dem EnWG! Auch die Möglichkeit individueller Netzentgelte für Industriekunden nach § 19 Abs. 2 StromNEV funktioniert nicht gut.

Diese ungelösten Themen führen in ihrer Summe zu ungerechtfertigten Mehrbelastungen der industriellen Strom- und Gaskunden und können diese – angesichts der katastrophalen wirtschaftlichen Lage global und national – in ihrer Existenz bedrohen. Das muss sich schnell ändern!

Abbildung 1

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Geschäftsführer des Verbandes der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) e.V.

 
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