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NUR 2022, 1
Schwarz-Schilling 

Neues TKG in Kraft: Was steht an?

Dr. Cara Schwarz-Schilling*

Abbildung 1

Seit dem 1. Dezember 2021 ist das neue TKG in Kraft, das den europäischen Kommunikationskodex (Richtlinie [EU] 2018/1982) vom 1. Dezember 2018 umsetzt, und seit dem 8. Dezember 2021 ist eine neue Bundesregierung im Amt. Das Ziel der Beschleunigung des Gigabit-Ausbaus steht hinter vielen neuen Regelungen. Einige davon sind bereits in anstehenden Entscheidungen und Diskussionsprozessen der Bundesnetzagentur konkretisiert worden:

Bei der Marktregulierung, insbesondere der Entgelt- und Zugangsregulierung, sehen der Kommunikationskodex bzw. das TKG für Netze mit sehr hoher Kapazität Regulierungserleichterungen vor. Einige der neuen Instrumente sind im Entwurf der Regulierungsverfügung zu Markt Nr. 3a (im Verfahren zum Az. BK3i-19/020) bereits zur Anwendung gekommen: Der Zugang zu glasfaserbasierten Vorleistungsprodukten wird durch eine Nichtdiskriminierungsverpflichtung nach dem „Equivalence of Input“-Prinzip ersetzt und für diese glasfaserbasierten Vorleistungsprodukte wird die klassische Entgeltregulierung durch die Kontrolle der wirtschaftlichen Nachbildbarkeit der Vorleistungspreise (sog. „Economic Replicability Test“, ERT) ersetzt (§ 38 TKG). Dabei wurden kommerziell von den Marktparteien geschlossene Vereinbarungen (sog. „Commitment“-Verträge) berücksichtigt (§ 18 TKG). Als ein zentrales Anliegen des Kodex wurde eine generelle Zugangs- und Entgeltgenehmigungsverpflichtung zu baulichen Anlagen vorgesehen (§ 26 Abs. 3 Nr. 10 TKG).

Das Thema wettbewerbsfördernder Rahmenbedingungen für eine Migration von Kupfer- auf Glasfasernetze (§ 34 TKG) muss als eine der großen Herausforderungen der nächsten Jahre angesehen werden, zumal in Deutschland Glasfaser von unterschiedlichen Netzbetreibern ausgebaut wird. Um über ein entsprechendes Migrationskonzept zu diskutieren, hat die Bundesnetzagentur im März 2021 ein Gigabit-Forum eingerichtet und Mandate zur Erarbeitung einer an den Glasfaserausbau angepassten und interoperablen Schnittstellenarchitektur sowie ein wissenschaftliches Gutachten als Diskussionsgrundlage beauftragt.

Eine weitere wesentliche Neuerung des TKG besteht in einem Anspruch auf einen schnellen Internetzugangsdienst für eine angemessene soziale und wirtschaftliche Teilhabe. (§ 157 Abs. 2 TKG), der die Nutzung grundlegender Online-Dienste und -Anwendungen (Anhang V des Kommunikationskodex) sowie darüber hinaus – als nationale Besonderheit – Teleheimarbeit und Online-Inhaltedienste (Videostreaming) im marktüblichen Umfang ermöglichen soll. Bis zum 1. Juni 2022 müssen in einer Rechtsverordnung wesentliche Parameter (§ 157 Abs. 3 TKG) konkretisiert werden. Dazu hat die Bundesnetzagentur am 22. Dezember 2021 drei Sachverständigengutachten (technische Mindestanforderungen, Realisierungsoptionen einer angemessenen Versorgung über Satellit und über Mobilfunk) und ein darauf aufsetzendes Konsultationsdokument veröffentlicht, das derzeit von den Marktparteien kommentiert werden kann. Eine Herausforderung besteht auch darin, die Mindestanforderungen für die im TKG genannten Dienste so festzulegen, dass dabei auch die Anreize zum privatwirtschaftlichen Breitbandausbau und zu Breitbandfördermaßnahmen erhalten bleiben. Eine Koordinierung der nebeneinander bestehenden Instrumente des Universaldienstes und der Förderung dürfte notwendig sein, damit der Gigabit-Ausbau vorankommt.

Die konkrete Auswirkung der Anwendung anderer Neuregelungen des TKG sind noch nicht absehbar: Dies gilt für die im TKG vorgesehenen Maßnahmen zur Beschleunigung des Ausbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen (Genehmigungsfiktion in § 127 Abs. 3 TKG, Schaffung koordinierender Stellen bei den Ländern in § 127 Abs. 4 TKG, Förderung alternativer Verlegemethoden in § 127 Abs. 7 TKG). Ebenso gespannt darf man sein, ob das im Gesetzgebungsverfahren bis zuletzt umstrittene Glasfaserbereitstellungsentgelt (§ 72 TKG) oder andere Instrumente (Modernisierungsumlage, Anspruch nach § 145 und § 149 Abs. 5 TKG) langfristig zur Finanzierung der hausinternen Infrastruktur für Glasfaseranschlüsse bis in die Wohnung („Fiber To The Home“, FTTH) genutzt werden. Eine unmittelbare Anwendung der unabhängig von Marktbeherrschung bestehenden Zugangsverpflichtung bei Hindernissen der Replizierbarkeit („symmetrische Regulierung“ nach § 22, § 149 Abs. 6 TKG) ist nicht zu erwarten.

Eine große Baustelle bleibt in jedem Fall der effiziente Einsatz von Fördermitteln zum FTTH-Ausbau (Priorisierung und räumlicher Zuschnitt von Fördergebieten sowie eine möglichst vollständige Erschließung, um teuren Lückenschluss zu vermeiden).

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Geschäftsführerin und Direktorin des Wissenschaftlichen Instituts für Infrastruktur und Kommunikationsdienste (WIK).

 
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