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ZHR 176 (2012), 137-143
Strohn 

Beratung der Geschäftsleitung durch Spezialisten als Ausweg aus der Haftung?

Haftungsklagen gegen Organmitglieder beschäftigen die Rechtsprechung in immer stärkerem Maße. Häufig macht der Insolvenzverwalter Ansprüche aus § 64 S. 1 GmbHG, § 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG geltend, weil Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife geleistet worden sind. Es werden aber auch „normale“ Schadensersatzklagen wegen fehlerhafter Geschäftsführung nach § 43 Abs. 2 GmbHG, § 93 Abs. 2 AktG erhoben.1 Dabei wird die Pflichtwidrigkeit und das Verschulden des Geschäftsleiters gemäß § 93 Abs. 2 S. 2 AktG – für die GmbH in analoger Anwendung2 – vermutet. Der beklagte Geschäftsleiter hat darzulegen und ggf. zu beweisen, dass ein bestimmter Schaden nicht auf eine Verletzung seiner Pflichten zurückzuführen ist, hilfsweise, dass ihn kein Verschulden trifft.3

1. Eine Pflichtwidrigkeit liegt im Wirtschaftsleben nicht schon immer dann vor, wenn eine bestimmte unternehmerische Entscheidung sich nachträglich als falsch herausstellt. Vielmehr scheidet eine Pflichtverletzung trotz unternehmerischen Misserfolgs aus, wenn die Voraussetzungen der business judgement rule des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG4 erfüllt sind. Dogmatisch zum Verschulden gehört dagegen der Sorgfaltsmaßstab, der an die Person des Geschäftsleiters zu legen ist.5 Dabei geht es im Regelfall um den Vorwurf der Fahrlässigkeit. Nach § 276 BGB handelt der Geschäftsleiter fahrlässig, wenn er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Dieser Sorgfaltsmaßstab ist variabel. Für Kaufleute gilt etwa der gesteigerte Maßstab des § 347 Abs. 1 HGB, die Sorgfalt „eines ordentlichen Kaufmanns“. Für Organmitglieder wie Geschäftsführer und Vorstände gilt ebenfalls der höhere Sorgfaltsmaßstab.6 Von ihnen erwartet der Rechtsverkehr eine überragende Kompetenz. Wer diesen Anforderungen nicht gerecht wird, darf das Amt des Geschäftsführers ZHR 176 (2012) S. 137 (138)oder Vorstands nicht übernehmen. Tut er es dennoch, haftet er für ein Übernahmeverschulden.7

Auch unter dem Gesichtspunkt des Übernahmeverschuldens kann aber von einem Geschäftsleiter keine allumfassende Sachkunde verlangt werden. Setzt sich ein Vorstand etwa aus einem Juristen, einem Kaufmann und einem Ingenieur zusammen, so liegt auf der Hand, dass jede dieser Personen vertiefte Kenntnisse nur auf ihrem Fachgebiet haben muss. Wird nur ein Geschäftsführer bestellt und hat dieser lediglich eine Ausbildung als Ingenieur, so kann man von ihm ebenfalls nicht unbedingt erwarten, schwierige juristische Fragen zuverlässig beantworten zu können.

An dieser Stelle setzt die hier zu erörternde Frage an. Haftet ein Geschäftsleiter bei festgestellter – objektiver – Pflichtwidrigkeit dann nicht, wenn er sich hat beraten lassen und seine Entscheidung danach – scheinbar – pflichtgemäß war?8 Dazu hat der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in jüngerer Zeit zwei Fälle entschieden. In dem ersten ging es um eine zweifelhafte Bilanzierungsfrage, von der abhing, ob die GmbH insolvenzreif war und der Geschäftsführer daher keine Zahlungen mehr leisten durfte. Der Geschäftsführer hatte einen Wirtschaftsprüfer mit der Begutachtung beauftragt, und dieser war zu dem Ergebnis gekommen, die Gesellschaft sei nicht insolvenzreif. Der Geschäftsführer hat daraufhin Zahlungen geleistet.9 In dem zweiten Fall hatte der Vorstand einer Aktiengesellschaft zu der schwierigen Rechtsfrage, ob eine Kapitalerhöhung mittels eines Verzichts auf die Rückgabe geliehener eigener Aktien der Gesellschaft durchgeführt werden kann, eine Anwaltskanzlei befragt. Vertrauend auf deren positive Antwort hat der Vorstand entsprechend gehandelt.10 In beiden Fällen war die Auskunft falsch. Im ersten Fall hat der Senat die gegen den Geschäftsleiter erhobene Klage abgewiesen, im zweiten hat er sie zugesprochen.

In beiden Fällen ging es um die Frage, ob der Vorstand einem schuldausschließenden Rechtsirrtum unterlegen war. Nach allgemeinen zivilrechtlichen Regeln wird die Fahrlässigkeit – ebenso wie der Vorsatz – ausgeschlossen, wenn der Täter einem unverschuldeten Rechtsirrtum unterliegt.11 Damit war in den beiden Fällen des II. Zivilsenats zu entscheiden, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen der Rat eines Fachmanns einen schuldlosen Rechtsirrtum des Geschäftsleiters begründen kann.

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2. Die grundsätzliche Möglichkeit eines derartigen schuldlosen Rechtsirrtums hat der Senat bejaht. Das war folgerichtig, nachdem er zuvor ausgesprochen hatte, dass ein Geschäftsleiter sich notfalls fachkundig beraten lassen müsse.12 Dafür muss der Geschäftsleiter allerdings erkennen, dass ein rechtlicher Zweifel begründet ist. Diese Sensibilität13 wird man von ihm aber im Regelfall verlangen können. Hat er sie nicht, kommt eine Haftung aus dem oben dargelegten Gesichtspunkt des Übernahmeverschuldens in Betracht.

Für die schuldausschließende Wirkung eines eingeholten Rats hat der Senat in den beiden Entscheidungen hohe Anforderungen gestellt. Der Geschäftsleiter muss sich danach „unter umfassender Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft und Offenlegung der erforderlichen Unterlagen von einem unabhängigen, für die zu klärende Frage fachlich qualifizierten Berufsträger beraten“ lassen und „die erteilte Rechtsauskunft einer sorgfältigen Plausibilitätskontrolle“ unterziehen.14

a) Die erste Voraussetzung – umfassende Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft und Offenlegung der erforderlichen Unterlagen – versteht sich von selbst. Wenn der Berater die Insolvenzreife eines Unternehmens beurteilen soll, muss er umfassende Informationen über die betrieblichen Verhältnisse und Einblick in alle Bücher erhalten. Bei einem eingeschränkten Prüfungsgegenstand genügen entsprechend geringere Informationen. Dabei kann es vorkommen, dass der Geschäftsleiter irrtümlich bestimmte Informationen für unerheblich hält. Dann setzt der schuldlose Rechtsirrtum voraus, dass auch der Irrtum über die erforderliche Informationsgrundlage schuldlos ist. Das wird selten der Fall sein.15 Der Geschäftsleiter muss den Umfang der erforderlichen Informationen notfalls mit dem Gutachter erörtern.

Für einen späteren Haftungsprozess ist darauf zu achten, dass die Informationsgrundlage in dem Gutachten offengelegt wird. Denn der Geschäftsleiter hat sowohl nach § 93 Abs. 2 S. 2 AktG (analog) als auch nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen eines schuldlosen Rechtsirrtums. Dazu gehört auch der Beweis, dass dem Gutachter alle für die zu begutachtende Frage möglicherweise bedeutsamen betriebinternen Informationen erteilt worden sind.

b) Das zweite Merkmal – unabhängiger Berater – wirft mehr Schwierigkeiten auf. Scheinbar unproblematisch ist der Fall, dass der Geschäftsleiter bei Auftauchen einer schwierigen, von ihm nicht zuverlässig zu beantwortenden Rechtsfrage einen betriebsfremden Rechtsanwalt mit einer Begutachtung beauftragt.

Wie ist es aber, wenn dieser Anwalt den Vertragsentwurf oder das zu begutachtende Konzept selbst erstellt hat? Kann der Geschäftsleiter dann davon ZHR 176 (2012) S. 137 (140)ausgehen, dass der Anwalt die rechtliche Zulässigkeit seines Vorschlags auch ohne besonderen Auftrag geprüft hat und reicht das für einen schuldlosen Rechtsirrtum aus? Ersteres wird man unbedenklich annehmen können. Es gehört zu den allgemeinen Berufspflichten eines Anwalts, den rechtlich sichersten Weg vorzuschlagen und auf dennoch bestehende Bedenken aufmerksam zu machen. Für einen schuldlosen Rechtsirrtum hat der II. Zivilsenat diesen allgemeinen Gesichtspunkt aber nicht ausreichen lassen.16 Denn es geht bei dem Rechtsirrtum in diesem Zusammenhang um die Frage, ob der Geschäftsleiter seinen Sorgfaltspflichten in Bezug auf die eigene Überprüfung eines ihm unterbreiteten Vorschlags genügt hat und ob er dazu einen – sachverständigen – Dritten einschalten durfte. Dann aber muss zu der Ausarbeitung des zu überprüfenden Vorschlags eben auch eine eigenständige Überprüfung hinzutreten.

Das leitet über zu der weiteren Frage, ob mit der Überprüfung derjenige Anwalt oder diejenige Anwaltskanzlei beauftragt werden darf, der oder die den zu überprüfenden Vertragsentwurf oder den sonstigen Prüfgegenstand zuvor selbst erstellt hat. Nimmt man den Gesichtspunkt der an sich dem Geschäftsleiter obliegenden, von ihm aber auf einen sachkundigen „Stellvertreter“ übertragenen Prüfung ernst, muss eine Begutachtung durch den Urheber des zu begutachtenden Gegenstandes ausscheiden. Denn dieser Urheber ist nicht mehr unabhängig. Er wird aller Erwartung nach versuchen nachzuweisen, dass er – wozu er ja verpflichtet war – eine rechtlich einwandfreie Arbeit abgeliefert hat. Wenn der Geschäftsleiter also einen irgendwie gearteten Anlass hat, dem Vertragsentwurf oder dem Konzept, das ein externer Anwalt ausgearbeitet hat, zu misstrauen, die damit veranlasste Prüfung aber nicht selbst vornehmen kann, muss er einen anderen, eben unabhängigen Berater mit der Prüfung beauftragen. Kommt dieser zu dem Ergebnis, dass der begutachtete Vorschlag rechtlich nicht einwandfrei ist, muss der Geschäftsleiter entweder von diesem Vorschlag Abstand nehmen oder eine weitere Prüfung veranlassen. Keinesfalls darf er die Warnung des unabhängigen Gutachters außer Acht lassen und der ihm genehmeren Meinung des zuerst tätig gewordenen Anwalts folgen.17

Eine in der Praxis bedeutsame Frage hat der II. Zivilsenat noch nicht beantwortet: Kann auch die Rechtsabteilung des eigenen Unternehmens „unabhängig“ sein? Darf sich also der Geschäftsleiter darauf verlassen, dass eine Prüfung der Rechtslage durch die eigene Rechtsabteilung zutrifft?

Vorbehaltlich der jedenfalls anzustellenden Plausibilitätsprüfung dürfte gegen eine maßgebliche Einbeziehung der eigenen Rechtsabteilung in den Entscheidungsfindungsprozess grundsätzlich nichts einzuwenden sein.18 Einer der Zwecke einer Rechtsabteilung besteht ja gerade darin, die Geschäftslei¬ZHR 176 (2012) S. 137 (141)tung bei der Beurteilung juristischer Probleme zu unterstützen. Dabei kommt es aber – stärker noch als bei der Beauftragung eines externen Anwalts – auf die Fragestellung und die Art der Beauftragung an. Wird beispielsweise gefragt, auf welchen rechtlichen Wegen eine bestimmte Unternehmenstransaktion durchgeführt werden kann, so ist der damit betraute Mitarbeiter frei in seiner Antwort. Von ihm wird nicht ein bestimmtes Ergebnis erwartet. Hat sich die Geschäftsleitung dagegen schon auf ein Vorgehen festgelegt und beauftragt nun die Rechtsabteilung nur noch damit, diesen Weg rechtlich abzusichern, kann darin im Einzelfall eine bestimmte Erwartungshaltung zum Ausdruck kommen, die in Bezug auf die Unabhängigkeit des Mitarbeiters der Rechtsabteilung und auch des Leiters dieser Abteilung problematisch sein kann. Das wird vollends deutlich, wenn dem Mitarbeiter das Ergebnis seines Gutachtens vorgegeben wird.

c) Bei dem dritten Merkmal des Anforderungskatalogs des II. Zivilsenats – fachlich qualifizierter Berufsträger – kommt es auf die jeweils zu begutachtende Materie an. Der Geschäftsleiter ist nicht etwa frei, zur Prüfung einer juristischen Frage irgendeinen Rechtsanwalt zu beauftragen. Denn Rechtsanwälte haben unterschiedliche Interessen- und Tätigkeitsschwerpunkte. Hat sich der Anwalt etwa auf Wohnraummietrecht spezialisiert, kann er kaum als Gutachter für eine schwierige aktienrechtliche Frage in Betracht kommen. Immerhin wird man aber als Grundsatz formulieren können, dass bei gesellschaftsrechtlichen Fragen im Regelfall jeder Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht konsultiert werden kann, bei steuerrechtlichen Fragen jeder Fachanwalt für Steuerrecht. Daneben kommen Anwälte in Betracht, die tatsächlich auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts bzw. des Steuerrechts tätig sind und entsprechende Erfahrungen gesammelt haben. Für steuerrechtliche Fragen kann auch ein Steuerberater, für bilanz- und prüfungsrechtliche Fragen ein Wirtschaftsprüfer beauftragt werden. Macht der Geschäftsleiter von seinem Auswahlermessen einen fehlerhaften Gebrauch, haftet er allein schon deshalb, falls sich der Rat später als falsch herausstellt.

d) Das vierte Merkmal – die Plausibilitätskontrolle – ist das problematischste. Mit dem Erfordernis einer Plausibilitätskontrolle durch den Geschäftsleiter will die Rechtsprechung sicherstellen, dass der Geschäftsleiter sich nicht hinter einem Gefälligkeitsgutachten versteckt, das nur eine „Feigenblattfunktion“ erfüllt.19 Würde dieser Gefahr nicht wirksam vorgebeugt, so würde nicht nur das System des Ausgleichs schuldhaft verursachter Schäden ausgehöhlt, sondern auch die das Verhalten von Organmitglieder präventiv steuernde Funktion des Schadensersatzrechts20 untergraben. Deshalb bedarf es eines ZHR 176 (2012) S. 137 (142)eigenen Beitrags des Geschäftsleiters, um daran seine Verantwortung für die Übernahme der Meinung des Gutachters festmachen zu können.

Was ist unter dem Begriff „Plausibilitätskontrolle“ zu verstehen? Grenzt man den Begriff negativ ab, so ist jedenfalls ein Gutachten, das in sich Widersprüche aufweist oder nicht erkennen lässt, dass die ober- und höchstrichterliche Rechtsprechung berücksichtigt worden ist, nicht plausibel. Das Gleiche gilt bei einer erkennbar oberflächlichen Bearbeitung oder bei Ergebnissen, die offenkundig zu einer ganz einseitigen, nicht näher begründeten Berücksichtigung nur eines Interesses von verschiedenen miteinander konkurrierenden Interessen führen. Eine positive Begriffsbildung fällt dagegen schwer. Der Geschäftsleiter muss jedenfalls das Gutachten gründlich lesen und dabei überlegen, ob er aus seinem insoweit laienhaften Verständnis heraus die Darlegungen versteht und sie ihm einleuchten. Ist das Gutachten sehr umfangreich, etwa mehrere hundert Seiten lang, wird er eine Zusammenfassung verlangen müssen. Denn eine Überflutung mit Informationen kann den Informationszweck zunichte machen.

Dass umgekehrt eine nur mündliche Beratung bei schwierigeren Fragen regelmäßig nicht ausreicht, versteht sich von selbst. Denn die Qualität eines längeren mündlichen Vortrags lässt sich erfahrungsgemäß weniger gut beurteilen als die Qualität eines schriftlichen Textes.21 Etwas anderes könnte etwa gelten, wenn die Entscheidung unter einem großen, vom Geschäftsleiter nicht verschuldeten Zeitdruck getroffen werden muss und deshalb eine schriftliche Begutachtung nicht in Betracht kommt. Das dürfte aber der Ausnahmefall sein.

Da dem Geschäftsleiter der Beweis obliegt, ohne Verschulden gehandelt zu haben, empfiehlt es sich für ihn, die Art der Plausibilitätskontrolle und deren Ergebnis zu dokumentieren. Er sollte also festhalten, warum er das Gutachten für plausibel gehalten hat, um zum einen sein eigenes Verhalten zu überprüfen und zum anderen in einem späteren Prozess dazu substanziiert vortragen zu können. Diese Darlegung mag im Einzelfall schwierig sein, ist aber erforderlich, um das Merkmal der Plausibilitätskontrolle nicht leer laufen zu lassen.

3. In der umgekehrten Richtung leer laufen würden die oben skizzierten Anforderungen an einen Geschäftsleiter, wenn er sich das Verschulden des Beraters nach § 278 BGB zurechnen lassen müsste. Eine solche Zurechnung hat der II. Zivilsenat ausdrücklich abgelehnt.22 Im Rahmen des typisierten Sorgfaltsmaßstabs des § 276 BGB ist es nicht Sache des insoweit nicht fachkundigen Geschäftsleiters, die entsprechende Frage selbst zu beantworten. Von ihm kann nur erwartet werden, dass er sich ordnungsgemäß beraten lässt. Deshalb ist der Berater nicht Erfüllungsgehilfe des Geschäftsleiters. Derartige Beratungsverträge werden üblicherweise auch namens der Gesellschaft und nicht ZHR 176 (2012) S. 137 (143)namens des Geschäftsleiters geschlossen. Ob der Gutachter für schuldhafte Fehler – etwa nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation – auf Schadensersatz haftet, steht auf einem anderen Blatt.

4. Fazit: Die beiden eingangs genannten Entscheidungen des II. Zivilsenats haben einige Klarheit in Bezug auf die Möglichkeit gebracht, als im Einzelfall fachunkundiger Geschäftsleiter einer Haftung für Fehlentscheidungen zu entgehen. Der Geschäftsleiter darf sich der Hilfe Dritter bedienen, muss dabei aber im Hinblick auf die Auswahl und die Information des Gutachters hohe Anforderungen erfüllen. Hervorzuheben ist, dass im Regelfall auch die eigene Rechtsabteilung beauftragt werden kann, nicht aber gerade derjenige, der den zu begutachtenden Vorschlag zuvor selbst ausgearbeitet hat. Festzuhalten ist weiter, dass die von der Rechtsprechung geforderte Plausibilitätskontrolle so einzelfallbezogen sein muss, dass der Geschäftsleiter in einem möglichen Prozess dazu Tatsachen vortragen kann, die dem Gericht eine Überprüfung der Frage erlauben, ob es sich nur um ein Feigenblattgutachten gehandelt hat oder ob eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem zu lösenden Problem stattgefunden hat. Wenn alle diese Voraussetzungen erfüllt sind, haftet der Geschäftsleiter auch dann nicht, wenn der Rat falsch war.

Lutz Strohn

1

Aus der BGH-Rechtsprechung siehe etwa BGH ZIP 2011, 766.

2

BGH BGHZ 152, 280, 283 f.

3

BGH ZIP 2011, 766, Rdn. 17.

4

Die business judgement rule gilt auch für die GmbH: BGH NJW 2008, 3361 Rdn. 11; Strohn, ZInsO 2009, 1417, 1420.

5

BGH DStR 2007, 1641 Rdn. 3; Schäfer, ZIP 2005, 1253, 1258; zur Abgrenzung der Pflichtwidrigkeit vom Verschulden siehe auch Fleischer, ZIP 2009, 1397, 1405.

6

MünchKommBGB/Grundmann, 5. Aufl. 2007, § 276 Rdn. 59 m. w. N.

7

BGH ZIP 2003, 1990, 1992.

8

Nicht erörtert werden sollen die Fragen, inwieweit sich ein Geschäftsleiter auf das Verhalten seines Mit-Geschäftsleiters in dessen Ressortverantwortung oder ein Aufsichtsrat auf die Berichte der Geschäftsleitung verlassen darf, siehe dazu Fleischer, ZIP 2009, 1397, 1399 ff.

9

BGH ZIP 2007, 1265 Rdn. 14 ff.; ähnlich BGH DStR 2007, 1641.

10

BGH ZIP 2011, 2097 Rdn. 16 ff.

11

BGH BGHZ 69, 128, 143; 89, 296, 303; NJW 1994, 2754, 2755; NJW 2002, 3255, 3256; Erman/H. P. Westermann, BGB, 11. Aufl. 2008, § 276 Rdn. 14.

12

BGHZ 126, 181, 199 unter Hinweis auf Lutter, DB 1994, 129, 135.

13

Binder, AG 2008, 274, 283 f.

14

BGH ZIP 2007, 1265 Rdn. 16, 18; ZIP 2011, 2097 Rdn. 18.

15

A. A. Binder, AG 2008, 274, 286.

16

BGH ZIP 2011, 2097 Rdn. 22.

17

BGH VersR 1968, 148, 150.

18

Fleischer, ZIP 2009, 1397, 1403.

19

BGH NJW 1979, 1882; Fleischer, ZIP 2009, 1404.

20

Dazu siehe Hopt in: GroßkommAktG, 4. Aufl., § 93 Rdn. 11 f.; Dreher, AG 2008, 429, 432 ff.; zweifelnd KölnKommAktG/Mertens/Cahn, 3. Aufl. 2010, § 93 Rdn. 7.

21

BGH ZIP 2011, 2097 Rdn. 24.

22

BGH ZIP 2011, 2097 Rdn. 17; anders im allgemeinen Vertragsrecht, siehe BGH NJW 2007, 428 Rdn. 15.

 
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