Im Blickpunkt
Über die Besetzung der Präsidenten- und Vizepräsidentenstelle am BFH wurde an dieser Stelle schon kritisch berichtet. Nun ist die Angelegenheit um eine weitere Wendung reicher. Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts München gab Eilanträgen statt. Sie hält die durchgeführte Auswahlentscheidung für rechtswidrig. Zu Unrecht habe das BMJV der ausgewählten Bewerberin, Anke Morsch, den Vorrang eingeräumt, obgleich ihr aktuelles Amt als Präsidentin eines Finanzgerichts in einen niedrigeren beamtenrechtlichen Status (Statusamt R 5) eingestuft ist als die Ämter der Konkurrenten des BFH (Statusamt R 8). Damit liegt keine Gleichwertigkeit der Ämter vor. Aufgrund des Leistungsvorrangs des höheren Statusamtes spielt eine Spitzennote in aktuellen Beurteilungen keine Rolle. Das höhere Statusamt bringt regelmäßig gesteigerte Anforderungen und eine größere Verantwortung im höherrangigen Amt zum Ausdruck. Eine mögliche Ausnahme habe das BMJV nicht ausreichend begründet. Insbesondere nicht vor dem Hintergrund der niedrigeren Eingruppierung der Bewerberin sei der Leistungsvorsprung nicht ersichtlich. Das Argument, die ausgewählte Bewerberin habe bis 2017 das Amt einer Staatssekretärin (Statusamt B 8) innegehabt, lässt das Verwaltungsgericht nicht gelten. Daher müsse das Auswahlverfahren neu durchgeführt werden. Das Verwaltungsgericht befasste sich ausdrücklich nicht mit der Regel, dass ein wesentliches Auswahlkriterium, die fünfjährige Bewährung und Erfahrung als Richter an einem obersten Bundesgericht, im Auswahlverfahren keine Rolle mehr gespielt habe. Tja, ein Selbstläufer scheint die politische Besetzung der Stellen wohl nicht zu sein.
Prof. Dr. Michael Stahlschmidt, Ressortleiter Steuerrecht