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K&R 2018, I
Hitz 

Lex Ebamazon – Regulierung des Online-Handels greift zu kurz

Abbildung 1

RA StB Rüdiger Hitz, Hannover

Seit Jahren ist bekannt, dass beim Handel mit Waren über Internet-Marktplätze wie Amazon und Ebay verstärkt Umsatzsteuer hinterzogen wird. Insbesondere beim Verkauf von Produkten aus Nicht-EU-Staaten – vor allem China – seien immer wieder Steuerzahlungen ausgeblieben. Die Steuerausfälle betragen auf Bundesebene jährlich wenigstens 100 Mio. Euro, auf europäischer Ebene summiert sich der Schaden auf über 1 Mrd. Euro. Dem schiebt die Bundesregierung nun einen Riegel vor. Am 1. 8. 2018 hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf gegen Steuerbetrug beim Online-Handel (Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet) beschlossen. Mangels sprachlicher Kenntnisse und territorialer Befugnisse der Steuerfahndung in Fernost nimmt der Gesetzgeber dabei “Hilfe” der Betreiber von Online-Marktplätzen in Anspruch. Sollen nun Online-Plattformen für Steuerbetrug bezahlen? Soweit ist es noch lange nicht!

Ab Januar 2019 sollen alle elektronischen Marktplatzbetreiber gesetzlich verpflichtet werden, u. a. Verkäuferdaten wie Namen, vollständige Anschrift, Steuernummer, Versand- und Lieferadresse, Zeitpunkt und Höhe des Umsatzes aufzuzeichnen. Dabei soll u. a. der Nachweis der Steuernummer vom Betreiber durch eine zum Zeitpunkt der Lieferung des Unternehmers gültige, auf längstens drei Jahre befristete Bescheinigung über die steuerliche Erfassung des für den liefernden Unternehmer zuständigen Finanzamts zu führen sein (Registrierungsbescheinigung). Soweit die technischen Voraussetzungen geschaffen sind, erteilt das Bundeszentralamt für Steuern dem Betreiber eines elektronischen Marktplatzes – ähnlich der qualifizierten Abfrage der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer – im Wege einer elektronischen Abfrage Auskunft über die dort gespeicherte (Registrierungs-)Bescheinigung. Der Marktplatzbetreiber soll außerdem künftig für die nicht entrichtete Umsatzsteuer aus der Lieferung eines Unternehmers haften, die auf dem von ihm bereitgestellten Marktplatz rechtlich begründet worden ist.

Bereits die Ankündigung dieser Neuregelung sowie die Aussagen der Sprecher von Amazon und Ebay, die Verkäufer-Konten bei Verstößen gegen steuerrechtliche Verpflichtungen zu schließen, soll bei dem für die Umsätze ausländischer Online-Händler zuständigen Finanzamt Berlin-Neukölln eine Registrierungswelle fernöstlicher Onlinehändler ausgelöst haben. Das Personal im Bereich der Registrierung wurde entsprechend aufgestockt.

Alleine die Haftungsregelung wird jedoch voraussichtlich nicht zu den erhofften Steuermehreinnahmen führen. Denn das geplante Gesetz sieht eine Enthaftung der Betreiber von Online-Marktplätzen vor. Der Betreiber soll danach dann nicht haften, wenn er eine Registrierungsbescheinigung des hinterziehenden Online-Händlers vorlegen kann. Dies gelte nur dann nicht, wenn der Plattformbetreiber Kenntnis davon hatte oder nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns hätte haben müssen, dass der Online-Händler seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachkomme.

Komme der liefernde Unternehmer seinen steuerlichen Pflichten künftig trotz Registrierung nicht oder nicht in wesentlichem Umfang nach, soll das für ihn zuständige Finanzamt berechtigt sein, dies dem Betreiber mitzuteilen, wenn andere Maßnahmen keinen unmittelbaren Erfolg versprechen. Nach Zugang der Mitteilung haftet der Betreiber für die Steuer auf Umsätze, soweit das dem Umsatz zugrundeliegende Rechtsgeschäft nach dem Zugang der Mitteilung abgeschlossen worden ist.

Mehr als eine organisatorische Herausforderung stellen diese Anforderungen für die großen Betreiber von Online-Marktplätzen nicht dar. Mehrsteuern sind bis hierhin von illegal handelnden Verkäufern nicht zu erwarten. Das Problem des “Missing-Traders” – also des Händlers, der nach der Entdeckung seiner Steuerhinterziehung einfach aus dem Markt ausscheidet und im schlimmsten Falle unter verändertem Namen wieder auftaucht – wird gerade nicht gelöst.

Das “Outsourcing” der Steuereintreibung auf Unternehmen hat – angefangen mit der Einbehaltung der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber – lange Tradition. Die geplante Haftungsregelung ist kein zahnloser Tiger, aber auch nicht mehr als eine sehr weiche Übergangsregelung. Die einzig wirkungsvolle Lösung ist die durch die EU ab 2021 geplante direkte Verantwortlichkeit der Online-Marktplätze für die Abführung der Umsatzsteuer. Wer seinen Anteil an der Beute durch einen vertraglich vereinbarten direkten Zugriff auf den Kaufpreis einbehält, kann auch die Einnahmen des Staates sichern und an diesen zu unser aller Wohl abführen.

RA StB Rüdiger Hitz, Hannover

 
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