Deutsche Geldwäschestandards – Note „Durchwachsen“
Der Druck wird spürbar steigen.
Ende August erschien der mit großer Spannung erwartete Deutschland-Prüfungsbericht des weltweiten Standardsetzers im Bereich der Geldwäschebekämpfung, der Financial Action Task Force (FATF). Das Ergebnis hat große Relevanz für Deutschland. Denn es geht nicht nur um einen Vergleich bei dem internationalen Stand der Geldwäscheprävention. Vielmehr werden schlecht abschneidende Länder als Risikoländer eingestuft. Die Folgen sind empfindliche Einschnitte im internationalen Handelsverkehr.
Betrachtet man nun den 330-seitigen Prüfungsbericht, dann fällt das Ergebnis – immerhin – durchwachsen aus. Es gibt Bereiche in Deutschland, in denen die Geldwäschebekämpfung gut funktioniert und andere Bereiche, wo erheblicher Nachholbedarf besteht. Deutschland kann wieder aufatmen. Denn der Prüfungsbericht erscheint in einer Zeit, in der die Medien regelmäßig über Deutschland als „Geldwäscheparadies“ berichten, in der Wirecard als Finanzskandal stattfinden konnte und in der der FIU als Empfangsbehörde für die Geldwäscheverdachtsmeldungen vorgeworfen wird, dass die vielen Verdachtsmeldungen nur unzureichend bearbeitet und insbesondere nicht an die Staatsanwaltschaften weitergeleitet werden.
Auch wenn der Bericht nicht so schlecht ausfällt, sollte doch beachtet werden, dass die FATF mit den vielen Monita eine Erwartungshaltung formuliert hat. Deutschland wurden Hausaufgaben gegeben und die FATF wird in absehbarer Zeit wieder eine Nachprüfung durchführen. Daher lohnt sich für alle Betroffenen eine detaillierte Auseinandersetzung mit dem Bericht.
Im Finanzsektor erhielt die BaFin ein gutes Zeugnis, denn sie „setze einen zufriedenstellenden Rahmen für die Beaufsichtigung von Finanzintermediären“. Dagegen holte sich der Nichtfinanzsektor die schlechteren Noten ab. Der Nichtfinanzsektor umfasst dabei z. B. Immobilienmakler, Güterhändler, Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Nach Ansicht der FATF haben Unternehmen und Kanzleien große Probleme damit, Präventionsmaßnahmen umzusetzen. Das zeigt sich besonders deutlich bei der Meldung von verdächtigen Transaktionen. Die FATF führt das auf Faktoren wie ein mangelndes Bewusstsein, Missverständnisse in Bezug auf die Meldeschwellen und Verwirrungen bezüglich beruflicher Geheimhaltungspflichten zurück. Wenig überraschend wurden die staatlichen Stellen bei der Effektivität der Geldwäschebekämpfung kritisiert. Bemerkenswert ist, dass es auf Länderebene eine Vielzahl an Aufsichtsbehörden (ca. 337) für den Nichtfinanzsektor gibt. In diesen Aufsichtsbehörden arbeiten allerdings nur ca. 214 Vollzeitäquivalente. Zugespitzt formuliert gibt es also deutlich mehr Aufsichtsbehörden als Mitarbeiter.
Positiv wird bewertet, dass Deutschland durch tiefgreifende Reformen in den letzten fünf Jahren erhebliche Fortschritte gemacht hat. Dazu gehört auch der Paradigmenwechsel durch die Einführung des „All-Crime-Approach“ des Straftatbestandes der Geldwäsche. Nach diesem Ansatz sind keine bestimmten oder qualifizierten Straftaten als Vortaten der Geldwäsche mehr nötig, sondern jede Straftat (also auch der Lolli-Diebstahl im Supermarkt) ist für eine Geldwäsche ausreichend. Allerdings stellt die FATF in dem Zusammenhang auch fest, dass nach wie vor die Gesamtzahl der Verurteilungen wegen Geldwäsche zu gering ist. Gemessen wird dies an der Größe des Landes und der Volkswirtschaft. Ob die bloße Menge wirklich ein entscheidendes Merkmal ist, lässt sich wohl diskutieren. Überzeugender ist hingegen die Aussage der FATF, dass es nicht ersichtlich ist, dass komplexe Geldwäschestrukturen aufgedeckt werden.
Wie geht nun Deutschland mit dieser durchwachsenen Bewertung um? Von der staatlichen Seite wurde bereits eine Antwort gegeben. Das Bundesfinanzministerium hat schon einen Tag vor Veröffentlichung des FATF-Deutschlandberichts einen Maßnahmenplan angekündigt. Danach soll eine neue Bundesbehörde – das Bundesfinanzkriminalamt – aufgebaut werden. Diese Behörde soll unter anderem erweiterte Ermittlungsbefugnisse haben und neben der bisherigen FIU und einer Zentralstelle für die Aufsicht über den Nicht-Finanzsektor Teil einer zentralen Bundesbehörde zur Bekämpfung von Finanzkriminalität werden. Als weitere Maßnahmen sollen staatliche Stellen besser ausgebildet und die Registerdaten stärker digitalisiert werden.
Zwar steht eine genaue Ausgestaltung noch aus. Aber sicher ist, dass durch die Stärkung der staatlichen Stellen eine Folge eintreten wird: Der Druck für alle Unternehmen und Kanzleien bei der Umsetzung des Geldwäschegesetzes wird spürbar steigen.
Dr. Jacob Wende ist CEO des RegTech- und Beratungsunternehmens Regpit für Geldwäscheprävention.