Umsetzung der Fünften EU-Geldwäscherichtlinie – Einsichtnahmerecht in das Transparenzregister für jedermann
Am 26.6.2017 trat das Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie (BGBl. I 2017, 1822) in Kraft, mit dem vor allem das Geldwäschegesetz (GwG) geändert wurde. Seit 1.10.2017 sind erstmals die gesetzlichen Vertreter juristischer Personen des Privatrechts und eingetragener Personengesellschaften sowie Trustees bestimmter Rechtsgestaltungen (“mitteilungspflichtige Vereinigungen”) verpflichtet, Angaben über ihre “wirtschaftlich Berechtigten” an das Transparenzregister zu melden. Zur Umsetzung der Fünften EU-Geldwäscherichtlinie vom 30.5.2018 – hierfür hat der deutsche Gesetzgeber bis 10.1.2020 Zeit – liegt seit 31.7.2019 ein Gesetzesentwurf vor, der auch einige Änderungen zum Transparenzregister enthält. Der Bundestag verabschiedete den Gesetzesentwurf mit wenigen Änderungen am 14.11.2019; die Zustimmung des Bundesrats ist für den 29.11.2019 (nach Drucklegung dieser Ausgabe) vorgesehen.
Die wohl wesentlichste Änderung betrifft die Einsichtnahme in das Transparenzregister gemäß § 23 GwG. Bislang können gemäß § 23 Abs. 1 GwG zunächst Aufsichts- und Strafverfolgungsbehörden einschränkungslos in das Transparenzregister Einsicht nehmen, soweit dies zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlich ist. Auch Verpflichtete im Sinne des § 2 GwG (vor allem Finanzinstitute, Versicherungsunternehmen, Rechtsanwälte und Notare) sind einsichtsberechtigt, sofern sie der registerführenden Stelle darlegen, dass die Einsichtnahme in Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten gemäß § 10 Abs. 3 GwG erfolgt. Sonstige Personen benötigen zur Einsichtnahme ein berechtigtes Interesse. Danach können zum Beispiel Fachjournalisten Einsicht nehmen, die sich ernsthaft und sachbezogen mit der Bekämpfung von Geldwäsche beschäftigen.
Der Gesetzesentwurf sieht nun vor, dass gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 GwG n. F. zukünftig jedermann, unabhängig von einem berechtigten Interesse, in das Transparenzregister Einsicht nehmen kann. Diese Änderung wird den Konflikt zwischen dem Zweck des Transparenzregisters, gezielt die hinter der jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Struktur stehenden natürlichen Personen zum Zwecke der Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfung zu erfassen, und den legitimen Interessen der Unternehmen, insbesondere auch der Familienunternehmen, und ihrer Gesellschafter an der Geheimhaltung der Beteiligungsstrukturen, zum Beispiel mit Blick auf Konkurrenzunternehmen oder der Gefahr, Opfer von Straftaten zu werden, weiter verschärfen. Nicht nur die interessierte Öffentlichkeit, sondern auch Wettbewerber werden sich künftig detailliert über die inneren Strukturen direkt mit ihnen im Wettbewerb stehender Unternehmen informieren können. Dies kann zum Teil sehr weitreichende Folgen mit sich bringen. Denn nach herrschender Meinung kann eine natürliche Person auch aufgrund schuldrechtlich vermittelter Kontrolle zum wirtschaftlich Berechtigten werden. Werden einem Investor beispielsweise im Rahmen einer Beteiligungsvereinbarung Zustimmungsvorbehalte oder ein Vetorecht bezüglich wiederkehrender Beschlussgegenstände eingeräumt (etwa bezüglich Investitionsentscheidungen) oder steht dem Investor das Recht zu, die Geschäftsführer dauerhaft zu bestimmen, kann dies den Investor – sofern es sich bei ihm um eine natürliche Person handelt – zu einem wirtschaftlich Berechtigten machen. Die Vereinigung, an der sich der Investor beteiligt hat, wäre verpflichtet, neben dem Vor- und Nachnamen, dem Geburtsdatum, dem Wohnort sowie zukünftig der Staatsangehörigkeit auch Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses, d. h. konkrete Vetorechte oder Zustimmungsvorbehalte, an das Transparenzregister zu melden, bei dem im Anschluss jedermann das Bestehen dieser Sonderrechte in Erfahrung bringen kann. Für jeden wäre dann im Transparenzregister offengelegt, wer aufgrund der vorstehend genannten Rechte Einfluss auf das Unternehmen nehmen kann.
Dieses uneingeschränkte Einsichtnahmerecht für jedermann ist zu weitgehend, insbesondere vor dem Hintergrund, dass trotz eines bereits regen Meinungsstreits in der Literatur über die Anforderungen an das Tatbestandsmerkmal “Kontrolle in sonstiger Weise” der Gesetzesentwurf keine nähere Umschreibung oder Konkretisierung dieses Tatbestandsmerkmals enthält. Die Unternehmen stehen daher vor der schwierigen Entscheidung, ob sie natürliche Personen, deren Rechte nicht zweifelsfrei Kontrolle in sonstiger Weise begründen, gegenüber dem Transparenzregister melden mit der Folge, dass diese Angaben für jedermann zugänglich sind, oder nicht melden mit der Folge eines Bußgeldes. Bei dem erweiterten Kreis der Einsichtnahmeberechtigten wäre es wünschenswert gewesen, auch den praxisrelevanten Begriff der Kontrolle in sonstiger Weise näher zu umschreiben.
Dr. Ulrich-Peter Kinzl, (li.) ist Rechtsanwalt und Steuerberater bei BRP Renaud und Partner mbB in Stuttgart. Er berät nationale und internationale Mandanten in allen gesellschaftsrechtlichen Fragen. Sein Schwerpunkt als Steuerberater liegt auf der gestaltenden Steuerberatung.
Dr. Stefan Reuter, (re.), LL.M., Maître en droit, ist Rechtsanwalt bei BRP Renaud und Partner mbB in Stuttgart. Er berät nationale und internationale Mandanten in allen gesellschaftsrechtlichen Fragen, insbesondere mittelständische und börsennotierte Unternehmen bei Umwandlungen, Restrukturierungen, M&A-Transaktionen und Nachfolgeregelungen.