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BB 2019, I
Freiberg 

Referentenentwurf zur Umsetzung der elektronischen Finanzberichterstattung nach ESEF – Weitreichende Änderungen für Unternehmen, Aufsichtsrat und Prüfer

Abbildung 1

Am 23.9.2019 wurde der Referentenentwurf zur weiteren Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie im Hinblick auf ein einheitliches elektronisches Format für Jahresfinanzberichte (ESEF-RefE) in deutsches Recht veröffentlicht. Die Übernahme der Vorschläge des ESEF-RefE geht mit umfassenden Änderungen der bestehenden Prozesse einher.

Um was geht es? Nicht nur bezogen auf den Inhalt, sondern auch auf das Format sollen kapitalmarktorientierte Mutterunternehmen (Emittenten) in unmittelbarer Zukunft europaweit eine einheitliche Sprache für die Finanzberichterstattung verwenden. Die Substanz wird unverändert durch die qua Verordnung zu beachtenden International Financial Reporting Standards (IFRS) geprägt, Änderungen ergeben sich für die Form. Eine Veröffentlichung als pdf- oder HTML-Dokument reicht nicht mehr aus. Für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1.1.2020 beginnen, haben Emittenten ihre Jahresfinanzberichte in einem einheitlichen elektronischen Berichtsformat – European Electronic Single Format (ESEF) –, konkret in inline Extensible Business Reporting Language (iXBRL) zu erstellen und in Extensible Hypertext Markup Language (XHTML) zu veröffentlichen. Klarheit besteht – mangels Einwands des Europäischen Rats – bereits seit Inkrafttreten der Delegierten Verordnung (EU) 2018/815 (ESEF-VO) am 18.6.2019. Vorausgegangen ist eine Empfehlung seitens der European Securities and Markets Authority (ESMA), basierend auf der IFRS-Taxonomie des International Accounting Standards Board (IASB), den IFRS-Konzernabschluss mit iXBRL-Etiketten (sog. Tagging) zu versehen. Der Umfang der Auszeichnungspflicht ist zeitlich gestaffelt: Ein Tagging ist ab 2020 obligatorisch für die Strom- und Bestandsgrößen, Angaben im Anhang müssen – wenige Basisinformationen ausgeklammert – erst ab 2022, allerdings auch nur nach Gruppierung etikettiert werden.

Was soll das Ganze? Die digitale Finanzberichterstattung ist lange überfällig; bereits im Jahr 2013 wurde die Notwendigkeit einer Aufnahme in der Transparenzrichtlinie verankert. Die Vorteile überwiegen etwaige Nachteile deutlich. Elektronische, in einem standardisierten Format verfügbare Informationen lassen sich ohne großen Aufwand vergleichen und auswerten, insbesondere entfällt die Barriere aus den 24 Amtssprachen innerhalb der Europäischen Union. Die häufig angeführten Nachteile einer zusätzlichen Belastung und eines Informationsverlusts aufgrund einer Beschneidung unternehmensindividueller Freiheitsgrade überzeugen nicht. Bereits 2010 wurde seitens des BMF das XBRL-Format für die ab 2012 nach § 5b EStG elektronisch zu übermittelnde E-Bilanz vorgeschrieben. Schaut man über den “Großen Teich”, wird der dringende Nachholbedarf in der digitalen Berichterstattung bei uns besonders deutlich: Bereits 1984 wurde dort mit der Sammlung elektronischer Finanzinformationen im Electronic Data Gathering, Analysis and Retrieval System (EDGAR) begonnen, seit 2009 besteht für bestimmte Unternehmen die Pflicht zur Nutzung von XBRL.

Wer muss das machen? Europaweit sind von der ESEF-VO ungefähr 7500 Unternehmen betroffen, von denen ca. 5300 für einen IFRS-Konzernabschluss als Bestandteil des Jahresfinanzberichts ein Tagging vornehmen müssen. In Deutschland angesprochen sind zunächst die Unternehmen, die nach § 114 Abs. 1 Satz 1 WpHG einen Jahresfinanzbericht erstellen müssen und dem Enforcement unterliegen (Stand 2018 ungefähr 550 Unternehmen). Allerdings entfällt in Deutschland die Pflicht zur Erstellung und Publizität eines Jahresfinanzberichts, wenn bereits eine Offenlegung der Bestandteile (§ 114 Abs. 2 WpHG) nach handelsrechtlichen Vorgaben erfolgt. Der ESEF-RefE schafft Klarheit und verlangt das Tagging bereits bei der Aufstellung des Abschlusses, also nicht erst im Rahmen einer Erstellung des Jahresfinanzberichts. Gefordert ist die digitale Aufstellung des Jahres- und Konzernabschlusses sowie des Lage- und Konzernlageberichts und des korrespondierenden Eids. Das WpHG kommt nahezu ohne Änderung aus, aufgenommen werden sollen lediglich Hinweise und Klarstellungen. Für das Gesellschaftsrecht sind nur Anpassungen bezogen auf die Informationsbereitstellung vorgesehen.

Was bedeutet das? Der minimale Eingriff in die bestehenden gesetzlichen Vorgaben geht mit weitreichenden Konsequenzen einher. Regelungsgegenstand der Transparenzrichtlinie ist – dem Wortlaut in Art. 4 Abs. 1 folgend – die Veröffentlichung von Jahresfinanzberichten; die Erstellung des Berichts und die Aufstellung der einzelnen Bestandteile sind nicht angesprochen. Gleichwohl werden der geprüfte (Konzern-)Abschluss und (Konzern-)Lagebericht zu Bestandteilen erklärt. Der ESEF-RefE löst die Unklarheit durch die (Vor-)Verlagerung der Anforderungen der ESEF-VO in die Aufstellung. Die bloße Übertragung zunächst geprüfter Finanzinformationen in ein elektronisches Kleid scheidet daher ebenso aus wie die inhaltliche Kontrolle durch einen Dritten. Der Gesetzgeber folgt somit der Annahme einer Pflicht zur Abschlussprüfung der EU-Kommission, die ihren Weg allerdings nicht in die ESEF-VO selbst, sondern nur in begleitende Q&A gefunden hat. Durch die Bindung der digitalen Berichterstattung an die Aufstellung muss nicht nur der Abschlussprüfer, sondern auch der Aufsichtsrat die Richtigkeit des Tagging beurteilen. Bezogen auf den Umfang der vorgeschlagenen Änderungen mag die Frist zur Kommentierung bis zum 11.10.2019 ausreichend (gewesen) sein, in Anbetracht der Auswirkungen ist sie zu kurz.

Dr. Jens Freiberg, WP, ist Leiter der Accounting Advisory Group der BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Er ist Mitglied des IASB Advisory Council sowie Herausgeber und Autor des Haufe IFRS Kommentar.

 
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