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BB 2020, I
Noack 

Referentenentwurf zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts – ein Meilenstein im förmlichen Gesetzgebungsverfahren

Abbildung 1

Am 19. November 2020 hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) vorgelegt, der im Wesentlichen auf dem zuvor unter seiner Leitung erarbeiteten Gesetzentwurf einer Expertenkommission (“Mauracher Entwurf”, s. dazu Otte-Gräbener, BB 2020, 1295 ff., sowie Heckschen/Nolting, BB 2020, 2256 ff.) und den dazu eingegangenen Stellungnahmen aus dem Kreise der Länder und Verbände sowie der Wissenschaft aufbaut.

Nachdem der “Mauracher Entwurf” in der Fachöffentlichkeit auf ein lebhaftes, überwiegend befürwortendes Interesse gestoßen war, war mit Spannung zu erwarten, welche Kritikpunkte in dem Referentenentwurf aufgegriffen werden. Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass die konzeptionelle Ausrichtung im Grunde unverändert geblieben ist: Das Recht der GbR soll unter Aufrechterhaltung des systembildenden Unterschieds zwischen kaufmännischen und nicht kaufmännischen Personengesellschaften konsolidiert werden, indem der bislang nicht rechtsfähigen GbR die Variante der rechtsfähigen GbR an die Seite gestellt wird. Die Gesellschafter können, müssen aber nicht, die GbR in einem eigenen öffentlichen Register eintragen lassen. Freilich wird die Eintragung zur verfahrensrechtlichen Voraussetzung für den Erwerb und die Verfügung über bestimmte ihrerseits registrierte Rechte (z. B. Grundstücksrechte, GmbH-Geschäftsanteile) durch die GbR gemacht. Damit geht ein Leitbildwandel hin zu einer auf gewisse Dauer angelegten, mit eigenen Rechten und Pflichten ausgestatteten, nicht notwendigerweise unternehmenstragenden GbR einher. Dies wird zum Anlass genommen, das teils noch aus dem 19. Jahrhundert stammende Recht der Personengesellschaften insgesamt zu modernisieren. Dazu gehört auch, den Angehörigen Freier Berufe den Zugang zu den Rechtsformen der Personenhandelsgesellschaften (z. B. GmbH & Co. KG) unter der Voraussetzung berufsrechtlicher Zulässigkeit zu öffnen, um ihnen eine weitergehende Haftungsbeschränkung zu ermöglichen, als sie ihnen die Rechtsform der PartG mbB gegenwärtig bietet. Schließlich geht es mit der Einführung eines neuen Beschlussmängelrechts am Vorbild des aktienrechtlichen Anfechtungsmodells darum, Rechtssicherheit über die Bestandskraft eines Beschlusses herbeizuführen.

Im Wesentlichen lassen sich vier Punkte identifizieren, die den Referentenentwurf im Vergleich zum “Mauracher Entwurf” neu kennzeichnen:

Rechtsfähigkeit und Vermögenszuordnung: Der Referentenentwurf trifft für beide Rechtsformvarianten einer GbR nunmehr eine eindeutige Aussage zur Rechtsfähigkeit und Vermögenszuordnung, indem er – insoweit selbsterklärend – zwischen “rechtsfähiger Gesellschaft” und “nicht rechtsfähiger Gesellschaft” unterscheidet, wobei “Vermögensfähigkeit” ausdrücklich nur der “rechtsfähigen Gesellschaft” zuerkannt wird. Das Gesamthandsprinzip mit seiner Aufgabe, das Gesellschaftsvermögen dauerhaft für den vereinbarten Gesellschaftszweck zu sichern und gegen den Zugriff von Privatgläubigern abzuschotten, hat somit aus Sicht der Entwurfsverfasser – jedenfalls auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts – ausgedient.

Transparenz durch Registrierung: Während der “Mauracher Entwurf” sich noch verstärkt von einem rein praktischen Bedürfnis nach Transparenz leiten ließ, werden in dem Referentenentwurf die Fallgruppen, die ein verfahrensrechtliches Voreintragungserfordernis auslösen, auf ein normativ begründetes Konzept zurückgeführt. So wird z. B. für die Anmeldung eines gewerblichen Schutzrechts auf eine vorherige Registrierung der GbR verzichtet. Im Übrigen wird das Transparenzprinzip weiter forciert, indem z. B. die registrierte GbR in die geldwäscherechtlichen Mitteilungspflichten eingebunden wird.

Beschlussmängelstreitigkeiten: Im Unterschied zum “Mauracher Entwurf” beschränkt der Referentenentwurf den Anwendungsbereich des – dispositiven – Anfechtungsmodells auf Personenhandelsgesellschaften, weil es aus Sicht der Entwurfsverfasser Mindestanforderungen an die Formalisierung der Beschlussfassung und damit einen Professionalisierungsgrad erfordern würde, der bei der gebotenen typisierenden Betrachtung eher bei den kaufmännischen Rechtsformen der OHG und KG zu erwarten sei. Den nicht kaufmännischen Rechtsformen der GbR und PartG steht das Anfechtungsmodell gleichwohl offen, wenn ihre Gesellschafter dies im Gesellschaftsvertrag vereinbaren.

Inkrafttreten: Um den für die Führung der Registergerichte zuständigen Ländern ausreichend Zeit zu geben, die elektronischen Gesellschaftsregister – in zu erwartender technisch-organisatorischer Nähe zu Handels-, Genossenschafts- und Partnerschaftsregister – einzurichten, soll das Gesetz nicht sofort nach Verkündung, sondern erst am 1. Januar 2023 in Kraft treten.

Mit dem Referentenentwurf ist ein “Meilenstein” im förmlichen Gesetzgebungsverfahren gesetzt, dem nach einer voraussichtlich kurzen Beteiligungsrunde ein Regierungsentwurf folgen würde, um schließlich in das parlamentarische Verfahren überleiten zu können. Die Modernisierung des Personengesellschaftsrechts rückt damit näher; das Gesetz könnte noch rechtzeitig vor dem Ende dieser Legislaturperiode verabschiedet werden.

Dr. Max Noack, RiLG, derzeit Referent am Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Referat III A 1 (Europäisches Gesellschaftsrecht, Konzernrecht, Recht der Umstrukturierung, Personengesellschaftsrecht) in Berlin. Der Beitrag gibt ausschließlich die persönliche Auffassung des Autors wieder.

 
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