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BB 2019, I
Krause 

Marktöffnung Chinas: Lichtblick für die deutsche M&A-Praxis?

Abbildung 1

Im globalen Kontext erleben wir vermehrt protektionistische Tendenzen. So sind die US-amerikanischen handelspolitischen Schutzinstrumente kein Einzelfall. Bereits im Sommer 2017 wurde mit der Novellierung der Außenwirtschaftsverordnung auch die Übernahme deutscher Unternehmen durch Ausländer erschwert. Erst kürzlich erfolgte eine erneute Verschärfung der Regelungen zur Investitionsprüfung (s. hierzu Slobodenjuk, BB 2019, 202 [in diesem Heft]). Neben Deutschland erwägen auch z. B. Australien, Frankreich, UK und die EU das Investitionskontrollverfahren zu verschärfen.

Trotz dieser negativen Entwicklung kommt ein Lichtblick interessanteweise aus China: Während sich zahlreiche chinesische Investoren auf Einkaufstour in Deutschland befanden, war der Zugang für deutsche Unternehmen auf dem chinesischen Markt bisher insbesondere in der Automobilindustrie erheblich eingeschränkt. Das soll sich bald ändern. Die bisherige rote Linie für Auslandsinvestitionen in der Autobranche, die sogenannte “50 %+2” Beschränkung wird aufgehoben. Sämtliche Beteiligungsbeschränkungen, unter anderem die Beteiligungsgrenze im Joint Venture und die Beschränkung der Anzahl der Joint Ventures, sollen innerhalb der nächsten fünf Jahre Schritt für Schritt entfallen. Diese Änderungen eröffnen neue Investitions- und Wachstumsmöglichkeiten für deutsche Unternehmen.

Im Hinblick auf die erstrebte Herstellung eines “Level-Playing-Fields” zwischen Deutschland und China ist dieser Schritt zu begrüßen, da das geänderte regulatorische Umfeld insbesondere für die Automobilindustrie neue strategische Möglichkeiten bietet. Zukünftig können deutsche Unternehmen ihre Beteiligungen in Joint Ventures über die bisherige 50 %-Grenze hinaus erhöhen. Zudem besteht die Möglichkeit, den Joint-Venture-Partner aufzukaufen oder ganz bzw. teilweise auszusteigen. Durch Erhöhung des Joint-Venture-Anteils könnten die deutschen Konzerne vor allem von gewaltigen Absatzzahlen in China profitieren, mehr Kontrolle auf das Joint-Venture-Management ausüben und besseren Know-how-Schutz erreichen. Darüber hinaus wird die Errichtung einer Tochtergesellschaft mit ausschließlich ausländischer Beteiligung zur Autoherstellung möglich sein. Die positive Entwicklung zeigte sich unlängst an der Reaktion der großen deutschen Automobilhersteller. Bereits nach dem Inkrafttreten der Änderungen unterschrieb die BMW AG einen Vertrag, in dem sie eine Mehrheit von bis zum 75 % am Joint Venture BMW Brilliance Automotive erwarb. Laut Medienberichten steht Daimler ebenfalls in Verhandlungen mit der BAIC Motor Corporation über eine Erhöhung des Joint-Venture-Anteils.

Die scheinbaren Verbesserungen bringen bei genauerem Hinschauen indessen aber auch andere Beschränkungen mit sich. Unter anderem werden vorerst keine Genehmigungen für neue Investitionsprojekte zur Autoherstellung traditioneller Kraftstoffautos erteilt. Und trotz Förderungsmaßnahmen von Erneuerbaren-Energie-Fahrzeugen stehen auch hierfür Genehmigungen weiterhin aus. Seit Juni 2017 wurden hierfür keine Genehmigungen mehr erteilt. Darüber hinaus wurden nunmehr strengere Kriterien für die Genehmigung von Investitionsvorhaben zur Herstellung von Erneuerbare-Energie- Fahrzeugen aufgestellt.

Angesichts der strengen Genehmigungskontrolle für neue Investitionsprojekte könnten Unternehmenskäufe der maßgebliche Treiber für in den Markt eintretende Unternehmen werden, indem sie die bestehenden chinesischen Unternehmen übernehmen. Hierbei ist der Wert des bereits etablierten Vertriebskanals und After-Sales-Servicenetzwerks der chinesischen Targets für deutsche Markteinsteiger nicht zu unterschätzen, denn der Aufbau einer solchen Infrastruktur ist meistens sehr kostenintensiv. Für bereits etablierte Joint Ventures könnte eine Umstrukturierung ebenfalls eine bevorzugte Investitionsform der deutschen Partner sein.

Die Aufhebung der Beschränkungen in China wird nicht nur zur Folge haben, dass deutsche Unternehmen vermehrt in China investieren werden. Voraussichtlich werden auch die chinesischen Unternehmen in Europa wieder aktiver werden, um sich gegen die ausländische Konkurrenz in China zu rüsten. Auch wenn trotz der Aufhebung des Joint-Venture-Zwangs in China noch eine Vielzahl von Investitionsbeschränkungen besteht, ist dieser weitere Schritt zur Schaffung eines “Level-Playing-Fields” zwischen China und Europa im internationalen M&A-Kontext zu begrüßen. Allerdings darf diese positive Entwicklung nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Gesetzgebung weiterhin für ausländische Investoren schwer nachvollziehbar ist, bürokratische Marktbarrieren bestehen und gerade auch in der Behördenpraxis nicht-chinesische Unternehmen gegenüber lokalen Unternehmen teilweise diskriminiert werden. Die chinesische Regierung ist sich dieser Themen bewusst und so muss weiterhin kritisch sowie aufmerksam beobachtet werden, wie zügig die Regierung diese Probleme löst. Die Mängel des Status quo sollten aber nicht die Bedeutung des richtigen Schrittes zur Liberalisierung im Joint-Venture-Bereich schmälern.

Dr. Nils Krause, RA/Solicitor/FAHaGesR/FAStR, ist Partner im Hamburger Büro der internationalen Anwaltssozietät DLA Piper. Er leitet die deutsche Praxisgruppe Corporate/M&A sowie das deutsche China Desk der Sozietät. Zudem ist Dr. Krause im Beirat des Betriebs-Berater.

 
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