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BB 2019, I
Duttiné 

Jahressteuergesetz 2019: Gesetzgeber bei Share Deals auf dem Holzweg

Abbildung 1

Jahressteuergesetze haben Tradition. Unter einer ablenkenden Überschrift packt das BMF ein Sammelsurium verschiedener steuerlicher Neuregelungen zusammen. Der am 8. Mai vorgelegte Referentenentwurf eines “Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften” bringt denn auch wichtige Neuerungen für den Immobilien-Sektor mit sich.

Zunächst ist es erfreulich, dass die Elektromobilität in Deutschland weiter steuerlich gefördert wird. Die begünstigte Dienstwagenbesteuerung bei Elektrofahrzeugen wird bis Ende 2030 verlängert. Erstmals eingeführt wird eine Sonderabschreibung i. H. v. 50 % der Anschaffungskosten. Damit werden Anreize für die E-Mobilität der Fahrzeugflotte geschaffen.

Crowdlending-Plattformen müssen künftig Steuern einbehalten

Neu soll eine Verpflichtung zum Steuerabzug für sogenannte Crowdlending-Plattformen sein. Wer sich über solche Plattformen als Investor oder Kreditgeber betätigt, kann Zinsen ohne Abzug von Kapitalertragsteuer vereinnahmen. Steuerfrei sind sie freilich nicht, man muss die Einkünfte in der Steuererklärung angeben. Offensichtlich vermutet man jedoch weitreichende Einnahmeausfälle, denn die online betriebenen Plattformen sollen, wie Banken, zum Einbehalt von Steuern verpflichtet werden. Es ist schwer zu beurteilen, aber man muss diesen Vorstoß wohl als Akt der Gleichsetzung verstehen. Schon regulatorisch haben es FinTechs schwer; nun zieht man steuerlich nach.

Beschränkung von “share deals”

Kern des Gesetzentwurfs ist der erste öffentliche Entwurf zur lange diskutierten Änderung der Grunderwerbsteuer und der Beschränkung der berüchtigten “share deals”. Vor fast einem Jahr haben sich die Landesfinanzminister auf eine umfassende Reform und Verschärfung der Grunderwerbsteuer geeinigt. Viele politische Diskussionen gab es auch im Nachhinein. Wenn man Gerüchten glauben darf, war die Festlegung auf Eckpunkte der Reform sehr umstritten. Dies verwundert nicht. Wie auch die Diskussion um die vom Bundesverfassungsgericht auferlegte Überarbeitung der Grundsteuer zeigt, ist ein Kompromiss zwischen den Interessen an Steuersystematik, Pragmatik und Handhabbarkeit und, häufig dominierend, Einnahmenmaximierung nicht leicht zu finden.

Wer ein Grundstück erwirbt, zahlt Grunderwerbsteuer auf den Kaufpreis. Wer eine Gesellschaft erwirbt, welche Eigentümerin eines inländischen Grundstücks ist, zahlt nur dann Grunderwerbsteuer, wenn er mindestens 95 % erwirbt. Also werden regelmäßig nur 94 % der Anteile erworben. Handelt es sich um eine Personengesellschaft, kann man nach fünf Jahren die Restanteile zu deutlich günstigeren Steuerkonditionen zuerwerben. Die ersparte Steuer wirkt sich positiv auf die Transaktion aus und alle Beteiligten haben einen Nutzen. Man teilt den Vorteil, der Verkäufer bekommt etwas mehr und der Käufer zahlt etwas weniger. So rational agiert der Markt. Das gilt selbst bei Immobilientransaktionen mit Stadtstaaten, die sonst gerne über die Verstaatlichung von Wohneigentum diskutieren.

In Zukunft lässt sich die Steuer nicht mehr so einfach vermeiden. Die Beteiligungsgrenze für einen “schädlichen” Anteilseignerwechsel wird auf 90 % gesenkt. Außerdem werden Haltefristen, welche Voraussetzung für eine Reihe von systematisch gut begründeten Steuerbegünstigungen sind, von fünf auf zehn oder fünfzehn Jahre verlängert. Man möchte hierdurch Missbrauch verhindern. In Zukunft werden also nur noch 89 % der Anteile an einer Gesellschaft erworben und für die verbleibenden 11 % muss man den bisherigen Eigentümer monetär zum Verbleib inzentivieren. Das wird Immobilienerwerbe verteuern.

Senkung der Grunderwerbsteuer lässt auf sich warten

Die Vorschläge zur Reform der Grunderwerbsteuer sind ärgerlich. Es wird in öffentlichen Diskussionen suggeriert, eine große Ungerechtigkeit würde behoben. Tatsächlich werden wohl eine Reihe von Transaktionen in Zukunft besteuert, weil man den Aufwand der Optimierung aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten scheut. Der Käufer eines Familienwohnheims oder einer Geldanlage zur Alterssicherung wird hiervon keinen Vorteil haben. Kein einziges Bundesland hat in der Diskussion auch nur angedeutet, Einkommensneutralität anzustreben. Zu erreichen wäre das leicht, man müsste den Steuersatz senken.

Die Diskussionen zur Begünstigung von Investitionen zur Familien- und Rentensicherung durch Immobilienkäufe hat man auch schnell aufgegeben. Es ist zu komplex, sich auf die systematischen und verfassungsrechtlichen Diskussionen und Unsicherheiten einzulassen. Warum soll auch das Einfamilienhaus des Angestellten steuerlich dem Erwerb durch eine Pensionskasse oder ein Versorgungswerk vorgezogen werden?

Fakt ist, dass man Steine statt Brot geliefert hat; nicht nur für den Häuslekäufer. Bei dreistelligen Millioneninvestitionen wird man auch in Zukunft Strukturen finden, um keine Grunderwerbsteuer zu zahlen. Es lohnt sich schließlich. Für das Familienheim wird man in den meisten Bundesländern weiterhin weit überhöhte Steuersätze, bemessen auf weit überhöhte Kaufpreise, zahlen müssen.

Letztlich bleibt die Hoffnung, dass Bund und Länder zumindest unfähig sind, sich auf eine Reform der Grundsteuer zu einigen. Mit Ablauf des Kalenderjahres fiele diese dann in sich zusammen und es käme zu einer spürbaren Entlastung der Bürger. Bevor man das Ersparte aber nun anderweitig verplant, sollte man sich erinnern, dass die Finger der Finanzminister nicht ohne Grund als klebrig bezeichnet werden.

Dipl.-Kfm. Tino Duttiné, StB, ist Partner in der Steuerrechtspraxis im Frankfurter Büro von Norton Rose Fulbright. Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist die Beratung von Unternehmen in allen Fragen des deutschen und internationalen Steuerrechts. Sein besonderer Fokus liegt dabei auf projektorientierter Steuerplanung, Beratung bei M&A-Transaktionen, der Optimierung von Konzernsteuern sowie bei strukturierten Finanzierungen und Immobilienakquisitionen.

 
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