Im Blickpunkt
“Kaum schien die Corona-Krise bewältigt, setzt der Ukraine-Krieg die deutsche Wirtschaft u. a. mit gestiegenen Energiepreisen und Unsicherheiten gewaltig unter Druck”, heißt es in einer PM des Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmens Deloitte vom 25.4.2022. Infolgedessen erwarteten einer Deloitte-Umfrage zufolge viele Finanzvorstände in Deutschland sinkende Gewinnmargen und schraubten ihre Investitions- und Beschäftigungspläne zurück. Am stärksten falle die zuletzt stark gestiegene Unsicherheit unter den zwischen Ende März und Mitte April befragten 140 CFO deutscher Konzerne auf. Aktuell bewerteten 74 % den Grad der Unsicherheit als hoch oder sehr hoch; das seien fast ebenso viele wie unmittelbar nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie (78 %). Noch im Herbst 2021 habe der entsprechende Wert bei 32 % gelegen. Neben den gestiegenen Energiepreisen (77 %, +35 % gegenüber Herbst 2021) fürchteten die CFO besonders geopolitische Risiken (77 %, +37 %), gefolgt von steigenden Rohstoffkosten (71 %, +14 %). Rund zwei Drittel sähen sich durch den Fachkräftemangel sowie steigende Lohnkosten (59 %, +25 %) gefährdet. Hoch seien auch die Inflationserwartungen der Finanzchefs, hier rechne man für die kommenden zwölf Monate mit einer Rate von 6,1 %. Damit verdoppele sich der Wert im Vergleich zum letzten Herbst fast. In einer längerfristigen Perspektive gehe gut die Hälfte der Befragten gehen davon aus, dass die Teuerung bis Ende 2023 zwischen drei und vier Prozent liegen werde, während 42 % einen Wert deutlich darüber sähen. Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) teilt in einer PM vom 27.4.2022 mit, dass sich die Lage der deutschen Wirtschaft nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine eingetrübt habe. Das Konjunkturbarometer des DIW Berlin sei im April auf nur noch 86 Punkte eingebrochen. Damit liege es deutlich unter seinem neutralen Wert von 100 Punkten. Zu den direkten Auswirkungen des Kriegs in Form hoher Energiepreise und des Wegfalls von Exportmärkten kämen die Unsicherheiten hinsichtlich des weiteren Verlaufs des Krieges und eventueller weiterer Sanktionen etwa im Energiebereich. Auch wenn sich die Lage der deutschen Wirtschaft nach dem Schock der ersten Kriegswochen nun wieder allmählich erholen dürfte, sei für das laufende zweite Quartal bestenfalls mit einem geringen Wachstum des Bruttoinlandsprodukts zu rechnen.
Gabriele Bourgon, Ressortleiterin Bilanzrecht und Betriebswirtschaft