Im Blickpunkt
Da die Pfändung von Energiepreispauschale (EPP) und Inflationsausgleichsprämie weiterhin nicht abschließend geklärt sei, fordert die ARGE Insolvenzrecht & Sanierung im Deutschen Anwaltverein (DAV) Klarheit für den Berufsstand (vgl. Newsletter vom 27.1.2023/PM Nr. 02/23). Auch wenn das AG Köln aktuell die Unpfändbarkeit der Inflationsausgleichsprämie festgestellt habe (Beschluss vom 4.1.2023 – 70k IK 226/20), bleibe durch eine unzureichende Klarstellung zur Pfändbarkeit der Hilfsmittel durch den Gesetzgeber eine unnötige Unsicherheit für alle Verfahrensbeteiligten. EPP und Inflationsausgleichsprämie seien zwei der umfassenden finanziellen Hilfsmittel, die der Gesetzgeber seinen Bürgern als Antwort auf die Krisen und Preisentwicklungen des vergangenen Jahres zugesichert hat. Ungeklärt blieben auch viele Monate nach der Einführung der Maßnahmen der Umgang und die Pfändbarkeit im Falle einer Insolvenz des Beitragsempfängers. Praktische Hindernisse erlebe der Berufsstand im Moment durch die ungeklärte Frage nach der Pfändbarkeit der Inflationsausgleichsprämie. Der Bund habe im Rahmen seines 3. Entlastungspakets den Arbeitgebern die Möglichkeit gegeben, von Oktober 2023 bis Ende 2024 an ihre Beschäftigten steuer- und abgabenfrei einen Betrag von bis zu 3 000 Euro auszuzahlen. Der Gesetzgeber habe in der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung klargestellt, dass die Inflationsausgleichsprämie bei einkommensabhängigen Sozialleistungen nicht als Einkommen angerechnet wird – die Frage der Pfändbarkeit sei allerdings erneut offengelassen worden. Dr. Ruth Rigol, Fachanwältin für Insolvenzrecht sowie ebenfalls Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses der ARGE Insolvenzrecht & Sanierung, sagte hierzu aus ihrer Sicht als Insolvenzverwalterin: “Die Inflationsausgleichsprämie soll Verbrauchern helfen, mit den gestiegenen Gaspreisen zurechtzukommen und ihre Lebenshaltungskosten weiterhin aufbringen zu können. Stellen wir auf diesen Sinn und Zweck der Maßnahme ab, dürfen wir davon ausgehen, dass die Inflationsausgleichsprämie unpfändbar ist.” Rigol verweist hierzu auch auf die aktuelle AG Köln-Entscheidung, in der die Inflationsausgleichsprämie nicht als voll pfändbar, aber als Einkommen bei der Lohnpfändung anrechenbar angesehen werde. Rigol gehe dies nicht weit genug: “Auch wenn sie über den Arbeitgeber ausgezahlt wird, so entspricht die Prämie eher den Corona-Hilfen, die ebenfalls über den Arbeitgeber gezahlt und vom BAG (25.8.2022 – 8 AZR 14/22 [BB 2023, 51, Ls.]) als unpfändbar eingestuft wurden, als dem regelmäßigen Arbeitseinkommen. Bis der Gesetzgeber allerdings eine klare Stellung hierzu bezieht, bleibt die abschließende Bewertung für die Praxis der Insolvenzverwalter offen – eine Rechtsunsicherheit, die mit enormen praktischen Problemen für den Berufsstand verbunden ist.”
Uta Wichering, Ressortleiterin Wirtschaftsrecht